Leute, wie die Zeit vergeht. Donald Trump ist bereits seit über einem Jahr Präsident der USA, der FC Bayern München steht schon wieder kurz vor der deutschen Meisterschaft und auch der Release der Nintendo Switch jährt sich am 3. März bereits zum ersten mal. Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir uns mit ein paar aus der Redaktion in einem Party-Chat getroffen haben, um die Präsentation um 5 Uhr morgens Live aus Tokio zu verfolgen.
Die Ankündigung der Nintendo Switch
Aber gehen wir noch etwas weiter zurück. Nachdem die Wii U die meisten Nutzer enttäuschte, welche dies mit schlechten Verkaufszahlen quittierten, gab es schon frühzeitig Spekulationen über eine neue Konsole aus dem Hause Nintendo. Als dann im Oktober 2016 der erste dreieinhalb minütige Teaser und somit auch der Name Nintendo Switch veröffentlicht wurde, waren alle erstmal kurz aus dem Häuschen, um dann die große Skepsis auszupacken und zwar aus demselben Grund, die Mobilität. Schafft es die Konsole ,trotz ihrer geringen Größe genug Leistung zu saugen, um auch aktuelle und kommende Spiele flüssig und ohne Qualitätsverlust wiederzugeben?
Dass Nintendo bereits im Vorfeld des Öfteren erklärt hatte, man wolle gar nicht mit Microsoft und Sony konkurrieren und stattdessen vielmehr eine großartige Erfahrung abliefern, wurde dabei gerne vergessen. Ein weiteres Problem war zunächst die Vorgängerkonsole Wii U selbst. Bis auf einige „wenige“ treue Nintendo-Fans hatten die allgemeinen Zocker das Vertrauen in die Japaner verloren, die noch mit der Wii die Verkaufszahlen der Xbox 360 und PlayStation 3 in den Schatten stellten. Nintendo war als Kinderkonsole verschrien und hatte es teilweise immer noch schwer aus dieser Ecke rauszukommen, da half auch Skyrim im ersten Teaser wenig.
Präsentation der Switch drei Monate später
Als der angesprochene Teaser veröffentlicht wurde, ging ich noch davon aus, dass man recht schnell weitere Infos von Nintendo bekommen wird. Mindestens häppchenweise in Form weiterer kurzer Teaser. Aber nichts da. Drei lange Monate haben uns die Japaner warten lassen, bis ich mir dann wie bereits anfangs erwähnt, die Nacht um die Ohren geschlagen habe, um dann den für westliche Augen und Ohren etwas skurril wirkenden Präsentationsstil zu folgen und endlich weitere Informationen zur Nintendo Switch zu bekommen.
Um es abzukürzen, die Bedenken waren nach der Präsentation eher größer als kleiner geworden. Mit 330 Euro zu teuer im Vergleich zur Xbox One S und PS4 Slim, 32 GB interner Speicher sind nicht zeitgemäß, kein Cloud-Speicher für Spielstände und wieso hat das Display kein Full HD und was ist das überhaupt für ein Start LineUp? Die nach wie vor sehr eigenwillige Voice-Chat-Lösung über eine Smartphone-App muss hier natürlich auch genannt werden. Die Fragezeichen waren groß und reichlich vorhanden, dennoch hat sich schnell ein Hype um die Konsole entwickelt und die Vorbestellungen schossen durch die Decke. Das lag zum einen am Konzept selbst, welches über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen ließ, aber auch am positiven Feedback derer, die die Konsole bereits vor Release testen durften. Auch ich durfte damals bereits eine Woche nach der Präsentation in München das erste mal Hand an die Switch legen und mir war relativ schnell klar, dass die Konsole das Zeug zu einer Erfolgsgeschichte hat. Alles steht und fällt mit den Games, die für die Konsole veröffentlicht werden und da hatte Nintendo mit der Wii U leider viel Kredit bei den großen Publishern verspielt, so dass die Branche nicht gerade mit Ankündigungen um sich geworfen hat.
Denn zugegeben war das Release Lineup, sofern man nicht viel mit Zelda anfangen konnte, nicht besonders stark. Ein eher mieses 1-2-Switch zum Vollpreis, Super Bomberman-R, Snipperclips, Shovel Knight, Fast RMX … zwar ein paar nette Spiele dabei, aber nichts wofür man sich unbedingt eine Nintendo Switch zulegen sollte.
Allerdings steckte dahinter auch ein Plan von Nintendo. In der Vergangenheit gab es oft die Kritik, dass der Spielenachschub zu unregelmäßig war. Das wollten die Japaner dieses Mal besser machen, so dass ein stetiger Spielenachschub gesichert ist. So sollte jeden Monat ein Highlight den Weg auf die Konsole finden. Den Anfang machte Zelda Breath of the Wild als System Seller und Launchtitel, im April kam Mario Kart 8 Deluxe, im Mai Minecraft, im Juni dann Arms und im Juli Spatoon 2. Die anfängliche Kritik, wieso denn Super Mario Odyssey erst Ende des Jahres rauskommt und was man denn bis dahin neben Zelda zocken soll, wurde von Monat zu Monat immer leiser. Letztlich ging der Plan auf, da die Spieler genug zu tun hatten und mit Neuankündigung und der Aussicht auf ein neues und lange gefordertes 3D Mario bei der Stange gehalten wurden.
Kinderkrankheiten zum Start
Dennoch, die Switch war vielerorts ausverkauft, in Japan galt zudem nahezu ein Ausnahmezustand. Hunderte Meter lange Schlangen bildeten sich dort vor den Geschäften, was sich sogar nach mehreren Monaten nicht änderte. Immer wenn Geschäfte Nachlieferungen der Switch bekommen haben, wiederholte sich das Spielchen im Heimatland Nintendos immer und immer wieder. Ganz so schlimm war es hierzulande zwar nicht, dennoch war es nicht so einfach an eine der begehrten Konsolen zu kommen.
Zwar verkauften sich die Switch wie geschnitten Brot, ganz reibungslos verlief der Launch aber trotzdem nicht. Wie die meisten anderen Konsolen vorher auch, hat die Switch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen. Die prominentesten sind vermutlich das Problem des linken Joy-Cons, der gerne mal die Verbindung zur Konsole verliert oder das Displayglas, welches sich vom Gehäuse löst, wenn sich nicht gleich das ganze Gehäuse ein wenig biegt. Ärgerlich, sollte nicht passieren, wird auch Nintendo gedacht haben. Hat aber weitaus weniger Leute betroffen, als man von den etwas aufgebauschten Berichten in der Presse erwarten konnte. Trotzdem, für die Betroffenen mehr als ärgerlich, auch wenn Nintendo die Konsolen anstandslos innerhalb weniger Tage repariert oder austauscht und an die Besitzer zurücksendet. Auch Katja bei uns aus der Redaktion hatte ein Problem und musste ihre Switch einschicken.
Das schlimmste dabei war aber nicht mal die defekte Konsole und das Warten auf die Rücksendung, sondern dass je nach Fall auch die Spielstände verloren gingen. Zwar hat der Nintendo Service immer versucht die Spielstände auf die Ersatzkonsole zu überspielen, aber manchmal war dies je nach Defekt nicht möglich. Ein Cloud-Speicher, wie es beispielsweise bei Xbox und PlayStation der Fall ist, hätte dies verhindert. Jeder Ärger dieser Betreffenden ist mehr als berechtigt. Immerhin war die Konsole nicht besonders günstig und auch die Zeit, die man in die Spiele gesteckt hat, konnte erheblich sein. Wenn ich überlege, ob ich ein Zelda, in das ich bereits über 50 Stunden investiert habe, nochmal von neuen zu beginnen, hätte ich mir das zehnmal überlegt. Zwar würde es sich im Falle von Zelda lohnen, aber nochmal so viel Zeit investieren, um wieder an den vorherigen Punkt zu kommen… da muss man das jeweilige Spiel schon sehr mögen.
Unterstützung der Dritthersteller wächst
Die fehlende Unterstützung der Dritthersteller wie Electronic Arts, Ubisoft oder Bethesda war der Sargnagel der Wii U. Während anfangs aufgrund der Erfolge der Wii einige Publisher mit von der Partie waren, blieben große Titel zunehmend aus. Den fehlenden Softwarenachschub konnte Nintendo allein nicht kompensieren, auch wenn zweifelsohne einige gute Spiele für die Konsole erschienen sind. Eben dieser Umstand sollte bei der Switch anders sein und daher hat man die großen Publisher früh mit ins Boot geholt. Und tatsächlich sprangen sie mit auf und sicherten Nintendo Unterstützung in Form von Spielen zu und hielten Wort.
Activision war mit seinem Skylanders Franchise zum Launch am Start, war anschließend aber eher zurückhaltend. Zuletzt gab es Gerüchte, dass es Crash Bandicoot mit seiner N. Sane Trilogy auf die Switch schaffen könnte. Ähnlich verhielt es sich mit EA, die FIFA als ihr Versuchskaninchen auserkoren hatten. Allerdings gab es herbe Kritik aus der Spielerschaft aufgrund von Einschränkungen im Vergleich zu den Versionen für die Xbox One und PlayStation 4. Eine Ankündigung eines größeren Titels gab es von EA bisher nicht, immerhin erschien der EA Originals-Titel Fe auch für die Hybrid-Konsole. Bethesda und Ubisoft sind dagegen voll auf den Switch-Zug aufgesprungen. Ubisoft veröffentlichte mit Mario + Rabbids sogar ein überaus erfolgreiches Exklusiv-Spiel für die Switch und Bethesda ließ, etwas überraschend auf Dauerbrenner Skyrim folgend,auch den Shooter DOOM und bald auch Wolfenstein 2 auf Nintendos Konsole los. Auch spannend wird, was das neue Schwergewicht THQ Nordic mit den großen IPs anstellen wird, die durch die Koch Media Übernahme in die Verantwortung der Schweden übergegangen sind.
Die hohen Verkaufszahlen und große Akzeptanz bei den Kunden werden aber ganz sicher dafür sorgen, dass auch weitere große Titel den Weg auf die Switch finden werden. Ein Szenario, welches besonders die Kritiker der Hardware-Power nicht für möglich gehalten haben. Ja natürlich sehen die Spiele nicht so atemberaubend aus wie auf Xbox One oder PS4, aber schon die Tatsache, dass die Spielerfahrung den Switch-Spielern nicht verwehrt bleibt, ist eine tolle Geschichte. Und wenn man mal Doom als Beispiel nimmt, dann ist auch das, was auf die kleine Hybrid-Konsole gezaubert wird, aller Ehren wert.
Wirklich negativ fällt hier der erwähnte viel zu kleine Speicher der Konsole auf. Mit den 32 GB, von denen aufgrund des Betriebssystems nicht mal alles zur Verfügung steht, stößt man viel zu schnell an seine Grenzen, so dass man dazu gezwungen wird sich eine zusätzliche Speicherkarte zu besorgen. Selbst wenn man auf den Kauf von digitalen Spielen verzichtet und nur physische Datenträger kauft, kommt man schnell in Bedrängnis. Denn nicht wenige Publisher sparen bei den Modulen, kaufen bei Nintendo nur die kleineren Versionen und reichen den Rest des Spiels dann per Download nach. So braucht WWE 2K18 28GB zusätzlichen Speicher und LA Noir immerhin noch 14 GB. Wenn man sich beide Spiele auf Modul kauft, braucht man trotzdem eine Speicherkarte, um sie spielen zu können. Warum man hier nicht einfach mehr Speicher verbaut hat, ist mir ein Rätsel. Vermutlich wäre die Konsole dann etwas teurer geworden, aber aufgrund der Masse die Nintendo dann benötigt hätte, wäre es für den Kunden günstiger gewesen, da man sich die teure Speicherkarte hätte sparen können. Immerhin waren die 32 GB bei der Wii U schon arg wenig. Obwohl Discspiele dort fast nie große Downloads benötigten.
Die Switch mutiert zur Indie-Konsole
Neben der steigenden Zahl an Spielereleases der großen Publisher, sorgen vor allem Indie-Spiele für eine breite Auswahl an Software. Dass diese vermeintlich kleinen Spiele eine Bereicherung für jede Konsole sind, wissen nicht zuletzt Xbox One und PS4-Spieler. Als Nintendo-Fan war man besonders auf der Wii U und Nintendo 3DS nicht unbedingt damit verwöhnt, auf der Switch ist dies komplett anders. Dazu gibt es auch beeindruckende Zahlen. Die Kollegen von Kotaku haben dazu mal die Anzahl der verfügbaren Spiele der ersten neun Monate mit denen anderer Konsolen verglichen. Und in dieser Statistik lässt die Switch wirklich jede Konsole weit hinter sich. Die Xbox One kann ebenso wenig mithalten wie Sonys PlayStation 4. Im Gegensatz zur Wii U wurde die Anzahl der Spiele sogar verdreifacht.
Hierbei Profitiert Nintendo natürlich enorm durch eine große Indie-Szene, die sich für Konsolen unter der Xbox 360 gebildet und mit dem Release der Xbox One und PS4 richtig Fahrt aufgenommen hat. Im Vergleich zur Wii U ist die neue Plattform auch leichter zu programmieren. So äußerte sich Tyrone Rodriguez, Entwickler von The Binding of Isaac, sehr angetan von der Switch. „Die Nintendo Switch ist bei weitem die einfachste und programmierfreundlichste Plattform derzeit. Ich weiß das klingt wie ein Lippenbekenntnis zu Nintendo, aber so ist es nicht. Wenn ich nicht die Wahrheit gesagt hätte, wäre es für uns nicht möglich diese Spiele so schnell zum Laufen zu bringen und wir hätten nicht einmal einen Launch-Titel.“, so Rodriguez gegenüber Polygon.
Und scheinbar sind die Switch-Spieler sehr dankbare Abnehmer für die kleineren Spiele. Denn trotz der derzeit geringsten Spielerschaft im gegenüber Xbox One und PlayStation 4, konnten sich mehrere Indie-Games besser als bei der Konkurrenz verkaufen. Hier sind beispielsweise Oceanhorn und das vor wenigen Wochen erschienene Celeste zu nennen, Wonder Boy The Dragons Trap konnte sich der Switch sogar auf besser verkaufen, als auf allen anderen Plattformen zusammen.
Die Wii U wird bereits nach 10 Monaten überflügelt
Diese Kauffreudigkeit der Nintendo-Kunden lässt sich auch durch offizielle Zahlen belegen. So konnten die Hardwareverkäufe die der Wii U bereits nach 10 Monaten überflügeln. Zu diesem Zeitpunkt hatte Nintendo 14,86 Millionen Nintendo Switch Konsolen verkauft, zum gleichen Zeitpunkt konnte die Wii U lediglich 13,56 Millionen vorweisen und das nach ganzen fünf Jahren Lebensdauer. Als Nintendo das Ziel aufrief, mit der Switch mehr Erfolg haben zu wollen als mit der über 100 Millionen mal verkauften Wii, war ich nach dem Misserfolg der Wii U eher skeptisch. Tatsächlich konnte sich die Wii im selben Zeitraum nach Release aber nicht so oft verkaufen. Damit haben wohl selbst die meisten Optimisten nicht gerechnet und die der Konsole vor Release sehr kritisch gegenüberstanden schon gar nicht.
Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Softwareverkäufen ab. Nachdem wir ja bereits wissen, dass einige Indie-Titel trotz der kurze Lebensdauer der Switch größere Erfolge als auf der Xbox One oder PlayStation 4 feiern durften, wurden für die Nintendo Switch bereits 52,57 Millionen Spiele verkauft. Auch hier lohnt sich wieder ein Vergleich mit der Wii U, für die insgesamt 101,65 Millionen Einheiten verkauft wurden. Wenn man überlegt, dass sich die Switch Besitzer in den ersten zehn Monaten im Schnitt dreieinhalb Spiele zugelegt haben, brauchten die Wii U Besitzer ganze fünf Jahre, um im Schnitt 7,5 Spiele zu besitzen. Projektionen über zukünftige Softwareverkäufe sind zwar immer schwierig, aber Switch dürfte wohl deutlich mehr Spiele pro Konsole absetzen in den nächsten vier Jahren.
Erfolg auf (fast) der ganzen Linie
Auch wenn bei mir persönlich kurz nach der Präsentation noch ein Rest Skepsis vorhanden war, konnte mich das Hands-On in München dann letztendlich überzeugen. Nur fehlende Software in Form von Spielen konnte den Erfolg der Switch verhindern, da war ich mir sicher. Dass der Mangel an Spielen dann nicht eingetreten ist, das konnten wir in den letzten 12 Monaten beobachten. Neben den überaus erfolgreichen von Nintendo selbst veröffentlichten Spielen, gesellen sich ein riesiger Haufen Indie-Spiele und selbst die Dritthersteller-Spiele der großen Publisher wie Ubisoft, Bethesda, Activision und EA nehmen richtig Fahrt auf.
Auch wenn es hier und da Schwachpunkte gibt, die wie der nur 32 GB große und damit viel zu kleine und nicht zeitgemäße interne Speicher leicht vermeidbar gewesen wären, hat Nintendo eine tolle Konsole geschaffen. Max von Radio Nukular sagte in einer der letzten Ausgaben des Podcasts etwas sehr passendes. Die Wii U war so etwas wie der Testlauf für die Switch und genauso fühlt es sich auch an. Dinge, die bei der Wii U nicht so gut funktioniert haben, wurden für die Switch optimiert. Der Mix zwischen stationärer Konsole und Handheld funktioniert grandios gutund lässt auch über die schwächere Hardware hinwegsehen. Die Zeichen für die Nintendo Switch stehen weiterhin auf Erfolg, womit man in dieser Form vor einem Jahr nicht unbedingt rechnen konnte.