Skyrim: Special Edition im Test – Ein Fest für Käfer?

Himmelsrand, unendliche Weiten – Dies sind die Abenteuer des Dovahkiin und seiner über tausend Bugs starken Fehlersammlung, die unterwegs sind neue Dungeons zu plündern, fremde Drachen zu besiegen und neue Drachensprüche zu entdecken…

Ok. Das mit den Bugs war gemein. Aber nach Himmelsrand zurückzukehren fühlt sich schon ein wenig wie die Wiederholung einer Lieblingsserie an. Irgendwie fühlt man sich sofort wie zu Hause. Sofern man schonmal die nördlichen Gefilde des Kaiserreichs besucht hat. Aber lohnt der Besuch noch oder haben andere Rollenspiele Bethesdas Open World Sandkasten mittlerweile den Rang abgelaufen? Wie steht’s um die Verbesserungen? Und wie ist der Stand der Fehlerbehebungen?

the-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-3Mittlerweile serientypisch starten wir auch im fünften Elder Scrolls als Knacki. Anders als in Morrowind oder Oblivion ist unser Gefangenentransport allerdings auf dem Weg zur Hinrichtung. Hier dürfen wir auch direkt den Charaktereditor bemühen und uns optional eine/n Held/in nach Maß basteln. Da sich ein vorzeitiges Ableben aber nur bedingt gut mit über hundert Stunden Spielzeit vereinen lassen würde, sorgt der effektvolle Auftritt eines Drachen für unseren dringend benötigten Exitus Interruptus. Ebenfalls anders als gewohnt, können wir uns direkt auf die Seite der Kaiserlichen oder Sturmmäntel schlagen. Auch wenn das erstmal keine weiteren Folgen hat, werden sich die Auseinandersetzungen der beiden Fraktionen durch das gesamte Spiel ziehen. Dabei spielt mit den Thalmor auch eine dritte Gruppe eine wichtige Rolle, sofern man den Part der Handlung denn weiterverfolgt.

Denn sobald die Flucht erfolgreich absolviert ist, hat man die totale Narrenfreiheit. Ob wir nun der Hauptquest direkt folgen oder sie sogar völlig links liegen lassen, bleibt fortan allein uns überlassen. Ich würde zwar empfehlen der Hauptquest vorläufig zu folgen, zumindest bis man die Graubärte das erste Mal besucht hat, aber generell gibt es absolute Narrenfreiheit.

Folgt ihr nicht der Geschichte um die wiedergekehrten Drachen, bleiben euch große Questreihen wie die der unterschiedlichen Gilden ebenso offen wie kleinere Nebenquests. Gerade die Gildenquests geben dabei handlungsseitig deutlich mehr her als in vergangenen Serienteilen und auch mehr als die größtenteils generierten Fraktionsquests eines Fallout 4. Einige der interessantesten bis abgefahrensten Abenteuer sind wiederum eng mit den Daedralords verbunden. Für Serienneulinge: Daedra könnte man am ehesten als die Dämonen von Tamriel bezeichnen, die großen Daedra allerdings eher als die eher dunkle Seite des Götterreigens. Eher dunkel, weil Schwarzweißmalerei hier, wie so oft bei Elder Scrolls, nur bedingt funktioniert.

Völlig anders geartet ist etwa die möglichethe-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-21 Aufklärung einer Mordserie in Windhelm, die unterm Strich eine der ernstesten Nebenaufgaben im Spiel darstellt. Als wäre das alles nicht genug, enthält die Special Edition natürlich alle drei DLCs. Herdfeuer befriedigt dabei Fans des virtuellen Häuslebaus, während Dawnguard eine neue Questreihe samt weiterer Fraktionen hinzufügt. Besonders interessant ist allerdings Dragonborn, der mit Solstheim eine (Serienveteranen bereits bekannte) neue Landmasse in Form von Solstheim hinzufügt und die sehr praktische Möglichkeit auf Drachen zu fliegen.

So weit, so umfangreich – Die Skyrim Special Edition bietet von sich aus genug Umfang für etwa 200 Stunden, wenn man alles gesehen haben will. Dazu gehört unter anderem eine gar nicht kleine Unterwelt. Dabei darf man, trotz aller Fortschritte die Bethesda gemacht hat, allerdings keine Erzählwunder erwarten. Einzelne Abenteuer sind kaum an ein Spielerlevel oder gar an eine Klasse gebunden. Stattdessen wird oft spielerische Freiheit großgeschrieben. Das Dialogsystem ist davon allerdings bestenfalls peripher betroffen. Entsprechend blass bleiben Storytelling und Dovahkiin im Vergleich zu Geralt von Riva und seinen Abenteuern.

the-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-9Das betrifft auch mögliche Begleiter. Die treue Lydia etwa bleibt um Längen blasser als eine Piper aus Fallout 4 und lässt sich schon gar nicht zu launigen Kommentaren Marke Dragon Age hinreißen. Mit Mod oder nicht mit Mod? – Was bereits bei Fallout 4 ein Schlagwort war, bietet neuerdings auch Skyrim. Anders als Bethesdas letztes Endzeitabenteuer kann Skyrim jedoch auf PC-Mods aus einer halben Dekade zurückgreifen, die ‘nur noch’ auf Konsole umgesetzt werden müssen. Anders als am Rechenknecht braucht ihr für Konsolenmods eine Bethesda.net Registrierung. Seit ihr im Spiel auf euren Bethesda Account angemeldet, können Mods heruntergeladen werden. Jeder Mod kann einzeln aktiviert oder deaktiviert werden. Das kann auch dringend nötig sein, denn im Einzefall können sich grundunterschiedliche Mods gegenseitig beeinflussen und so zu Problemen im Spiel führen. Licht und Schatten liegen hier nun mal eng beieinander.

Dennoch bringt die erste Ladung Mods reichlich neues. Gerade weil Skyrim hier auf den großen Katalog an PC-Mods zurückgreifen kann, findet man neben Begleitern, Ausrüstung und kleinen Änderungen deswegen auch schon neue Quests und sogar komplett neue Landmassen. Leider sind PlayStation 4 Spieler hier dezent benachteiligt. Denn Sony hat Mods sichtlich engere Vorgaben gestellt, als Microsoft es getan hat. Auch wenn es für diese Entscheidung von Sonys Seite wirklich gute Gründe geben darf, im Endresultat haben Xbox One Besitzer so einfach mehr von Mods und Sonyspieler leider das Nachsehen. Das macht sich auch in Zahlen bemerkbar, bereits jetzt bieten sich Xbox Spielern über 50% mehr Mods.

In der Praxis ist es wiederum nicht ganz so dramatisch. the-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-15Ohnehin großes Spiel und immer noch großer Pool an Mods reichen bereits um lange zu beschäftigen. Für diesen Test waren Mods ohnehin außen vor. Zwar bieten sie großartige Möglichkeiten zur Erweiterung und Personalisierung, neben theoretisch zumindest weiteren Fehlerquellen weicht man hier aber auch einfach vom Spiel, wie es ausgeliefert wird, ab. Gerade wenn noch ein wenig an der Grafik gedreht wird.

Die kann sich insgesamt noch sehen lassen. Gerade die Außenbereiche mit reichlich neuer Vegetation, deutlich aufgehübschter Beleuchtung und knackigeren Texturen sehen oft gut aus, können ihren Last Gen Ursprung aber nicht immer verbergen. Gleichzeitig ist es gerade die Ausleuchtung, die am stärksten am Look von Skyrim dreht. Vormals harte Kontraste weichen wesentlich weicheren Tönen. Das kann, etwa in Waldabschnitten zur Morgendämmerung, für fantastische Lichtstimmungen sorgen. Es sieht aber auch teils einfach normaler aus als der oft harschere Look auf den alten Konsolen. Ganz anders sieht es in Innenbereichen aus. Zwar legen auch hier Texturen teils deutlich zu und auch die Beleuchtung offenbart ein paar weitere Feinheiten, die Unterschiede fallen hier aber deutlich geringer aus als in Außenarealen und müssten in Einzelfällen fast schon mit der Lupe gesucht werden, wäre da nicht die schärfere 1080p Ausgabe.

Durch die Bank weg unverändert blieben auch sämtliche Animationen, denen ein gewisser Hang zur Hölzernheit auch nicht abgesprochen werden kann. Anders ausgedrückt wirkt Skyrim hier nicht mehr ganz zeitgemäß. Da auch NPC’s nach heutigen Maßstäben nicht gerade vor Details strotzen, kann Skyrim sein Alter gerade bei der Interaktion mit Charakteren nicht wirklich verheimlichen. Dennoch, im Vergleich zu vielen anderen aktuellen Remastern steckt hier Arbeit drin von der die Special Edition eben nicht immer, oft aber deutlich profitiert.

the-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-34Am Soundtrack kann man jedenfalls auch nach einer halben Dekade nichts aussetzen. Die einzelnen Themen funktionieren immer noch hervorragend. Kompressionsartefakte bei der Sprachausgabe, unter denen gerade die Xbox 360 Version litt, sucht man in der Neuauflage vergebens. Soundeffekte und Umgebungsgeräusche sind immer noch gut. Bleiben die Sprecher. Hier hat sich nichts geändert. Trotz gewisser Schwankungen ist die deutsche Sprachausgabe insgesamt gut, allerdings wiederholen sich die Sprecher irgendwann recht häufig. Praktischerweise kann man mittlerweile auch auf englische Dialoge wechseln.

Ganz allgemein angenehm sind die deutlich kürzeren Ladezeiten im Spiel, meist muss nicht mal halb so lange gewartet werden wie früher.- Bethesda und die lieben Bugs -. Gerade PlayStation 3 Besitzer können davon ein Lied singen, generell blieb bis heute aber keine Plattform von Macken verschont. Das liegt auch an der Komplexität der Open World Spiele. Wenn sich nicht nur Quests beliebig absolvieren lassen, sondern Gegenstände auch nach 30 Stunden noch da liegen können, wo man sie hingeworfen hat und man von einem NPC, der natürlich seinen individuellen Tagesablauf hat, auf liegen gelassenen Müll angesprochen wird, dann ist das ein Maß an Verflechtungen, die sonst einfach kein anderes Spiel bietet.

Die Skyrim Special Edition ist hier erfreulicherweise auf einem sehr hohen Patchstand. Das schließt kleinere Bugs keineswegs aus, auch größere Fehler nicht. Auf dem Weg nach Ivarstatt konnte ich sogar einen Clippingfehler wiederfinden, der mir vor fünf Jahren schon begegnet war (Ein Loch im Felsen, das eigentlich nicht an der Stelle sein sollte). Der einzige andere Bug bisher war ein Fuchs, der auf der Flucht vor mir durch einen See gelaufen ist. – Unter Wasser.

the-elder-scrolls-v-skyrim-special-edition-29Nennenswerte oder gar spielgefährdende Fehler konnten, vom Unterseefuchs mal abgesehen, allerdings nicht ausgemacht werden. -Vielleicht, wirklich nur vielleicht auch ein Vorteil der Versionsnummer, den Skyrimklassiker mit dem Pfeil ins Knie musste ich bisher noch nicht über mich ergehen lassen. Auch wenn das redundant ist, Bugs und Glitches können nicht ausgeschlossen werden. Erst recht nicht, falls ihr Mods nutzen solltet. Gemessen an Skyrim Maßstäben dürfte die Special Edition aber die ultimativ “bugarme” sein.

Das Kampfsystem ist immer noch arg simpel gestrickt, Rätsel bleiben praktisch durch die Bank weg immer noch blass und die gegnerische KI ist manchmal dumm wie Brot. Daran ändert die Special Edition nichts. Allerdings könnten auch hier Mods noch zukünftiges Gameplay-Tuning bieten.

Inhaltlich stellen diese auch die größte Bereicherung dar, hat sich sonst doch spielerisch rein gar nichts geändert. Technisch profitiert Skyrim natürlich von der Power aktueller Konsolen. Und sieht in Außenbereichen definitiv eine nette Ecke schicker aus. Im Gesamtpaket lohnt sich das fünfte Elder Scrolls für Neueinsteiger ebenso wie für Fans. Gerade letztere profitieren auf Konsole von der Einführung der Mods, während erstere Skyrim vielleicht erstmal ohne spielen sollten.

Fazit

Normalerweise kaufe ich eher keine Remaster. Der Mehrwert hält sich allzu oft in engen Grenzen. Teilweise kann man froh sein, wenn die ehemalige PC-Fassung auf die aktuellen Konsolen portiert wird. Die Skyrim Special Edition ist hier eine der löblichen Ausnahmen. Die grafische Aufbereitung geht zwar nicht in allen Aspekten gleich weit und ist auch nicht auf dem Niveau der aktuellen Rollenspielhighlights, dennoch profitiert Himmelsrand sichtlich von der verbesserten Grafik. Endlich die Wahl zwischen Deutsch und Englisch zu haben, ist zumindest praktisch. Die wichtigste Neuerung stellen aber letztlich die Mods, die Futter für viele Stunden und reichlich Raum zur Individualisierung bieten.

Skyrim: Special Edition
Grafik/Präsentation
81
Story/Atmosphäre
86
Gameplay
85
Spielspaß
88
Leserwertung2 Bewertungen
59
85