MLB The Show 24 im Test: Nicht nur ein Spiel für Baseball-Fans?

In Deutschland ist Baseball lediglich ein Nischensport, in den USA hingegen fast eine Religion. Das von den San Diego Studios entwickelte und von Sony Interactive Entertainment herausgebrachte MLB The Show ist die einzige Baseball-Simulation auf dem Markt. Am heutigen Dienstag erschien der neue Teil „MLB The Show 24“ für Nintendo Switch, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One und Xbox Series X/S. GAMINGNERD hat das Spiel bereits getestet.  

Die Videospielreihe „MLB The Show 24“ ist in Deutschland längst nicht so populär wie EA Sports FC, NHL oder Madden. Es ist eben vorrangig ein Spiel für Baseball-Fans, von denen es in Deutschland bekannterweise nicht allzu viele gibt. Wer kein eingefleischter Baseball-Fan ist, kann mit diesem Sport oftmals wenig anfangen – und kauft das Spiel gar nicht erst. Ob einem dadurch etwas entgeht?

MLB The Show 24 bietet jedenfalls eine große Vielfalt an Spielvarianten und spricht Einsteiger wie auch Fortgeschrittene an, weil es drei unterschiedliche Playstyles (Casual, Simulation, Competitive) gibt, die unterschiedlich fordernd sind. Mit dem einfachsten Gameplay gelingt selbst Anfängern relativ schnell der erste Homerun. Dass das komplette Spiel in Englisch ist und keine deutschen Untertitel enthält, ist einerseits bedauerlich, war jedoch bei einem Baseball-Spiel nicht anders zu erwarten.

Der Karrieremodus – als Mann oder Frau

Im Mittelpunkt des Spiels steht der Karrieremodus, der den Namen „Road to the Show“ trägt. Der Gamer kann einen männlichen oder (das ist neu) weiblichen Spieler erstellen und sich den Traum von der Major League Baseball zumindest virtuell erfüllen. Die Position (Pitcher, Two-Way-Player etc.) lässt sich auswählen. Es ist möglich, sein Gesicht zu scannen und in das Spiel zu importieren. Zudem gibt es neben der Namenseingabe eine sehr große Auswahl an vorgegebenen Namen, die vom Kommentator in dem Spiel genannt werden. Wenn man keinen total außergewöhnlichen Namen hat, findet man hier den richtigen Vor- und Nachnamen und wird mit dem richtigen Namen im Spiel benannt.

Die Karriere beginnt mit einer Videosequenz, in der man zur MLB Combine eingeladen wird. Zur Erklärung: Die Combine ist eine Talente-Sichtung, bei der junge Spieler vor den Augen der Scouts verschiedene sportliche Prüfungen meistern. Wie gut man dabei abschneidet, entscheidet im Spiel (und oft auch in der Realität) darüber, an welcher Position man von einem Profiteam beim Draft gepickt und somit unter Vertrag genommen wird.

Der gesamte Prozess ist im Spiel atmosphärisch gut eingefangen. Drei Experten vom MLB-Network, einem Baseball-TV-Sender, stimmen mit ihren Einschätzungen jeweils auf die bevorstehenden Aufgaben ein. Zudem finden immer wieder telefonische Gespräche mit dem Agenten statt, der über den aktuellen Stand der Dinge informiert. Bedauerlich ist, dass es hier keine Stimmausgabe gibt und die Gespräche lediglich textlich eingeblendet werden.

Nach dem Draft und dem Combine fehlt die Abwechslung

Nach der Combine und dem Draft beginnt die eigentliche Karriere. Der Spieler startet nicht direkt bei der Profimannschaft der MLB, sondern arbeitet sich von den Minor Leagues (Nachwuchs-Ligen) bis in die Major League hinauf. Zwischen den Spielen, die man entweder selber spielen oder simulieren lassen kann, gibt es die Möglichkeit, die Skills des Spielers mit verschiedenen Trainingsmethoden zu verbessern.

Zwischendurch finden immer wieder Gespräche im Büro des Managers statt. Allerdings ist relativ schnell zu spüren, dass sich die Gespräche praktisch immer wiederholen. Der Manager fragt, wie zufrieden man mit den eigenen Leistungen ist, dann gibt er eine eigene Einschätzung zu dem Spieler ab und nennt die Statistiken. In seltenen Fällen kann man Entscheidungen treffen, die Einfluss auf den Spielverlauf haben – zum Beispiel, dass man nur noch eine und nicht mehr zwei Positionen spielen möchte. Ähnlich verhält es sich bei den Telefongesprächen mit dem Agenten, der sich regelmäßig meldet.

Insgesamt hat der Karrieremodus in MLB The Show 24 ähnliche Stärken und Schwächen wie zum Beispiel der Karriere-Modus in Madden NFL 24 oder NHL 24. Der Anfang ist mit der Combine, dem Draft und den TV-Studio-Videosequenzen sehr abwechslungsreich. Danach wiederholt sich alles sehr, sodass es dem Spiel an Abwechslung fehlt. Für einen gewissen Langzeitspaß ist trotzdem gesorgt.

Storyline-Modus: Baseball-Geschichte nacherleben

Ein echter Volltreffer für Baseball-Fans ist der Storyline-Modus, in dem der Spieler legendäre Momente des Sports nacherleben kann. Es gibt zwei unterschiedliche Varianten: In der Derek Jeter Storyline lässt sich die Karriere von der Ikone der New York Yankees nachspielen. Mit Videosequenzen von damals, die Jeter selber kommentiert, wird auf die jeweiligen Aufgaben eingestimmt.

Die Aufgaben im Storyline-Modus sind allerdings nicht sehr fordernd. Oftmals genügt ein guter Schlag, um das Ziel zu erreichen. Und selbst wenn man es nicht hinbekommt, kann man die Aufgabe überspringen und mit der nächsten Episode fortfahren. Das kann man schlecht finden, weil man alles sehr schnell durchgespielt hat, oder auch gut finden, wenn man selbst als Anfänger die Geschichte von Derek Jeter schnell erzählt bekommen möchte.

Der zweite Storyline-Modus handelt von der Geschichte dieses Sports. Der Spieler kann die Karrieren von fünf früheren Baseball-Ikonen nachspielen. Darunter auch von Toni Stein, die im Jahre 1953 die erste Frau gewesen ist, die als Stammspielerin in einem amerikanischen Profi-Baseballteam spielte. Die Stimmung von damals wird gut eingefangen, indem man zum Beispiel in den früheren Stadien spielt. Dies ist auch bei der Storyline von Jeter der Fall, mit dem man wahrheitsgemäß im alten Yankee-Stadium spielt, welches 2009 abgerissen wurde.

Viel Liebe zum Detail

Überhaupt beweist MLB The Show 24 viel Liebe zum Detail. Die Intros verbreiten die richtige Stimmung. Die Stadien sind zudem sehr wahrheitsgetreu wiedergegeben. Wer schon einmal ein Baseball-Stadion in der Realität besuchen konnte, dürfte sich im Spiel stark daran erinnert fühlen. Nicht nur die Arenen an sich sind gut dargestellt. Auch die Umgebung mit den dahinterliegenden Häusern, zum Beispiel im PETCO Park von San Diego, gleichen dem Original.

Grafisch hat sich das Spiel gegenüber MLB The Show 23 zwar nicht allzu sehr weiterentwickelt, allerdings gibt es Verbesserungen im Detail zu finden, zum Beispiel bei der Haarphysik der Spieler. Gerade bei Akteuren mit längeren Haaren ist festzustellen, dass diese nun passender zu den jeweiligen Bewegungen fallen.

Für Fantasy Fans: Diamond Dynasty kehrt zurück

Zu den weiteren Spielvarianten: Für die Fantasy-Fans (ich muss zugeben, dass ich keiner bin) kehrt die „Diamond Dynasty“ zurück. Der Gamer sammelt Spielerkarten, kann in den Ranglisten aufsteigen, den Look des eigenen Teams bestimmen, das Heimstadion gestalten und in Online- oder Offline-Duellen antreten.

Die Management-Fähigkeiten des Spielers kommen im Franchise zur Geltung. Hier kann man zu Beginn entscheiden, welche Aufgaben man selber übernehmen möchte. Wer das komplette Aufgabenfeld eines General Managers abdecken will, kann zum Beispiel Mitglieder des Trainerstabs einstellen und entlassen, den Kader auswählen oder Spieler und Vertrag nehmen bzw. traden – also gegen andere Spieler tauschen.

Wer eine Saison spielen möchte, ohne sich um die ganzen Nebenschauplätze zu kümmern, könnte mit dem Saisonmodus „March to October“ seine Freude haben. Hier wurde berücksichtigt, dass nur die wenigsten Spieler genügend Zeit haben, um eine komplette MLB-Saison mit 162 Saisonspielen plus Playoffs durchzuspielen. Daher kann sich der Spieler auf die wichtigsten Saisonmomente konzentrieren.

MLB The Show 24 im Test: Nicht nur ein Spiel für Baseball-Fans?
Ein Top-10-Sportspiel
MLB The Show 24 dürfte in Deutschland zwar kein Verkaufsschlager werden, weil Baseball hierzulande nur wenig Fans hat. Tatsächlich aber gehört MLB The Show 24 mit dem großen Spieleumfang, der stimmungsvollen Atmosphäre und der Einsteigerfreundlichkeit zu den zehn besten Sportspielen auf dem Markt. Wer einmal etwas anderes als FIFA & Co spielen oder einfach die Faszination des typisch amerikanischen Sports nachvollziehen möchte, kann zweifelsohne zugreifen.
Leserwertung0 Bewertungen
0
Pros
Einsteigerfreundlich mit verschiedenen Playstyles
Toller Storyline-Modus zur Baseball-Historie
Gute Grafik, tolle Stadion-Atmosphäre
Saisonmodus mit oder ohne Management-Aufgaben
Diamond Dynasty für Fantasy Fans
Karriere ist mit weiblicher Spielerin möglich
Cons
Karrieremodus wird nach einer Zeit eintönig
Keine deutsche Sprachausgabe bzw. keine deutschen Untertitel
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