Kolumne: Online-Zwang in Spielen, muss das denn wirklich sein?

The Crew hat ihn, Need for Speed hatte ihn auch, Forza Horizon 3 aber nicht. For Honor soll ihn auch bekommen. Bei Tom Clancys: The Division ist er schlicht logisch, bei Steep wiederum weniger. Die Rede ist vom Online-Zwang. Von Spielern teils verhasst, teils aber auch ignoriert, von Entwicklern aber immer häufiger eingebaut. Warum eigentlich und muss das wirklich sein? Immerhin, als Microsoft der Xbox One vor dreieinhalb Jahren einen generellen Online-Zwang verpassen wollte, da war der Ärger im Netz gewaltig. Microsoft ruderte zurück, da man die One doch ohne Internet verwenden konnte. In der Praxis merkt man allerdings bei allen aktuellen Konsolen, dass Online eigentlich fest zum Konzept gehört. Man könnte also auch fragen, warum immer wieder all die Aufregung, oder?

Allein oder nicht allein?

Der von vornherein größte Punkt: Alle aktuellen Titel mit Online-Zwang auf Konsolen haben eine umfangreiche Mehrspielerkomponente. Teils ist das auch der Kernaspekt des Spieles. So kann ich zwar The Division praktischerweise auch alleine spielen, dennoch ist es eigentlich ein MMO, vielleicht in der Lightfassung, aber trotzdem steht der Multiplayer hier völlig im Fokus. Viele Passagen sind nicht wirklich darauf ausgelegt, überhaupt alleine bewältigt zu werden. Durch die Bank ist The Division auf Teamplay gemünzt, spätestens im Endgame findet man auch Passagen, die alleine schlicht nicht schaffbar sind. So gesehen dient der Soloaspekt dazu, Dinge noch kurz abschließen zu können, ggf. etwas zu grinden oder Sammelkram zu erledigen. Es ist einfach ein kleines Nebenprodukt.

Ganz anders macht das Forza Horizon 3. Und das nicht nur, weil es ein Rennspiel ist. Microsofts Open World Raserei weist einen ausgewachsenen und definitiv umfangreichen Single Player auf. So gesehen ist Forza für das Solospiel gedacht und konzipiert. Allerdings ist es gleichzeitig ein enorm umfangreicher Multiplayertitel. Das reicht vom Erstellen einer Herausforderung (Löffellistenevent) über Duelle bis hin zur klassischen Meisterschaft. Dabei sind beide Komponenten eng miteinander verflochten. Im Prinzip ist zu jeder Zeit ein bruchloser Wechsel zwischen beiden Teilen möglich. Und zwar egal ob nur mit Kumpels aus dem Autoclub oder in der freien Onlinefahrt. Der Onlinepart ist ganz massiv. Umso überraschender, dass man Forza Horizon 3 auch offline fahren kann.

Denn das geht weder bei The Crew noch ging es beim letztjährigen Need for Speed. Auch Steep schlägt aktuell wieder in die gleiche Kerbe. Der nächste Titel von Ubisoft mit Online-Zwang steht mit For Honor auch schon in den Startlöchern. Zurecht? Schaut man sich die Proteste zu Need for Speed an, die Electronic Arts dazu verleiteten, den Online-Zwang nachträglich zu entfernen.

Gebunden oder gefesselt?

Alle drei Spiele setzen, ähnlich wie Forza Horizon 3, teils aber mit stärkerem MMO Einschlag, auf die Verbindung von Einzel- und Mehrspieler. Dazu kommt gegebenenfalls noch eine Social Media Komponente. So wurde die Onlinebindung von Need for Speed unter anderem damit beworben, dass vom Spiel selbstständig Fotos erstellt und auf die Server geladen werden. Für positive Bewertungen entsprechender Screenshots durch Nutzer sollte es Bares geben. Das ist natürlich nur ein kleiner Teil der Funktionen, mit denen man seitens EA die Onlineanbindung bewarb. In der Praxis war Need for Speed aber eigentlich auch recht klassisch für Solisten spielbar.

In eine ähnliche Richtung geht The Crew. Als massive Multiplayer Rennspiel beworben, verfügt es über eine recht umfangreiche Einzelspielerkampagne, die auch tatsächlich alleine spielbar ist. Überhaupt, trotz Koop und Player vs. Player Arealen, bietet das Spiel eigentlich reichlich für Solisten. Gerade mit Blick auf Forza Horizon muss man sich hier zwangsläufig fragen, war der Online-Zwang von The Crew wirklich notwendig?

Für wen?

Man braucht gar kein Verschwörungstheoretiker sein. Always On bietet für Publisher unzählige Vorteile. Dazu gehört am Rande auch Kopierschutz, gerade wenn man nicht nur Konsolen beachtet. Spannender mag da oft schon umfangreiche Datenanalyse sein. Wie lange spielen die Spieler, welche Autos und Bereiche sind bevorzugt, welche Art von Rennen…, im Prinzip lässt sich alles zum Spiel perfekt analysieren. Dabei kommt es natürlich weniger auf die Daten des Einzelnen an. Allerdings sind auch für den entsprechende Datensätze immer wichtiger. So bieten sich immer mehr Möglichkeiten der Personalisierung. Bestzeiten von Freunde bekam man schon in Colorado. Das erste Forza Horizon war zwar noch etwas verhaltener, aber Blitzerzeiten der Onlinekumpel sind ein ebenso alter Hut wie Rundenrekorde. Gravierender waren da Änderungen bei Teil zwei, etwa nach jedem Rennen bei den Rivalen auch gegen Freunde zu fahren oder die Clubelemente. Die dritte Episode legt hier noch mal deutlich drauf, gefühlt zumindest wird mein Horizon also immer individueller. Wenn ich denn eben online bin.

Die Publisher haben hier aber auch ganz allgemein dauerhaft die Kontrolle über alle Inhalte. Von der Updateverwaltung und neuen Inhalten bis hin zur Entfernung von alten. Sollte mal ein Server endgültig abgeschaltet werden, dann guckt man halt doof in die Röhre oder kauft den Nachfolger.

Die Kontrolle über alles ist ein wichtiger wenn nicht gar der wichtigste Aspekt. Sie muss für Kunden auch nicht zwingend Nachteile haben. Und trotzdem können wir als Spieler doof aus der Wäsche gucken.

Licht und Schatten

Die Schattenseiten zu sehen ist recht einfach. Ob nun die Spieleserver endgültig ausgeknipst werden oder die eigene Online-Verbindung gerade mal nicht läuft. Ob der Spielezugang gerade überrannt wird oder irgendwelche Pfosten gerade mal wieder nix besseres zu tun haben, als eine DDoS Attacke gegen PSN, Electronic Arts oder die Telekom zu starten. Es passiert aus den blödesten Gründen eben doch mal leicht, dass man mal ohne Internet dastehen sollte. Im schlimmsten Fall vielleicht wochenlang oder, bei alten Spielen, für immer. Natürlich ist das ein guter Grund gegen einen Online-Zwang.

Es sollte aber auch auf der Hand liegen, dass das nicht in jedem Fall funktioniert. Wahrscheinlich käme niemand auf die Idee, World of Warcraft alleine spielen zu wollen. In letzter Zeit häufen sich aber auch Spiele, bei denen sich ein völliger Zwang zum Online sein eher unnötig anfühlt. Entscheidend ist dabei ganz sicher, was die Spiele jeweils bieten. Tatsächlich käme ich bei Forza Horizon 3 vermutlich nie auf die Idee, wirklich offline zu spielen, solange es nicht sein muss. Dafür bietet der Onlinepart selbst, wenn man solo spielt, schlicht und ergreifend zu viel. Ich kann aber, wenn ich will.

Genau hier liegt der Unterschied zu anderen Titeln mit ähnlichen Konzepten. Zumindest mich ganz persönlich nerven nicht die neuen Features, sondern der Zwang. Es gibt tatsächlich Spiele auf die ich dank Online-Zwang einfach keinen Bock habe. Letztendlich muss hier jeder selbst entscheiden, wie wichtig ihm (oder ihr) Offlinegaming heutzutage ist und sei es eben nur optional.

Zwanglos glücklich

Immer mehr Spiele nutzen Online-Aspekte auch abseits der klassischen Koop oder Versus Modi. Es mag auch durchaus sein, dass man in wenigen Jahren komplett über die Vorstellung von Offline-Singleplayer lacht. In der Praxis sind wir nun mal einfach Always On. Sollte meine One mal nicht im Netz sein, dann gab es Probleme bei der Verbindung. Bei 3DS und Wii U ist das kein bisschen anders. Die letzte Ausnahme von dieser Regel war meine olle Xbox 360. Und auch das nur, weil sie kein WLAN hatte und mir weder fest verlegtes Kabel noch Powerline möglich waren.

Und doch, der Weg den unter anderem Playground Games mit der Horizon Reihe aufzeigt, bin ich viel eher bereit zu gehen als die Zwangsvariante. Letzten Endes verbindet er die Vorteile beider Lager. Bei Ubisoft muss man sich dagegen teilweise fragen, warum denn nun der Onlinepart zum Zwang wird. Von außen betrachtet ist das aktuell oft nicht ersichtlich. Liebe Publisher und Entwickler, ihr braucht nicht auf neue Onlinefeatures zu verzichten, lasst uns als Spieler einfach die Wahl.