Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals im Test – Ein klassischer Klassiker

Bei der Bezeichnung JRPG denken die meisten Spieler wohl als erstes an Final Fantasy. Immerhin blickt das bekannte Nipppon Rollenspiel Franchise auf knapp 32 Jahre Geschichte zurück. Mindestens ebenso synonym für japanische Rollenspiele ist allerdings Dragon Quest. Zwar blickt das Rollenspiel Urgestein von Serien-Mastermind Yuji Horii auf noch anderthalb Jahre mehr Geschichte zurück und ist in Japan auch noch populärer als Final Fantasy, aber ihren Weg in die USA fand die Reihe für lange Zeit nur sporadisch und nach Europa gleich gar nicht. Auch wenn sich das seit Dragon Quest VIII schon deutlich gebessert hat, so richtig in Fahrt kam die Reihe in Europa erst mit den DS Remakes der älteren Serienteile und vor allem Dragon Quest IX. Da ist es doch mehr als passend, dass mit Streiter des Schicksals nun die Definitive Edition von Dragon Quest XI S ihren Weg auf die Nintendos Switch gefunden hat.

Der obligatorische Auserwählte

Natürlich wollen wir zur Story nicht zu viel verraten, aber so ganz ohne geht es natürlich auch nicht. Im schicken Renderintro dürfen wir das bunte, fröhliche Leben in der Stadt Eschenburg erleben, welches eines Nachts durch einen Angriff von Monstern ein jähes Ende nimmt. Die Königin versucht, mit ihrem Sprössling zu fliehen, letztendlich landet der Säugling samt seinem Körbchen aber im Fluss. Anders als bei Moses wird unser zukünftiger Held aber von einem alten Großväterchen gefunden. Viele Jahre später und zum jungen Mann gereift soll unser Held, samt seiner Kindheitsfreundin Sarah, den lokalen Berg erklimmen, der allerdings mysteriöser Weise vor Monstern nur so wimmelt. Auf dem Gipfel angekommen bringt ein besonders starkes Monster Sarah in akute Gefahr und das eigenwillige Mal an unserer Hand leuchtet auf. Wie sich herausstellt sind wir niemand geringeres als der Lichtbringer. Natürlich machen wir uns auf zum König des hiesigen Reiches, in die Stadt Heliodor, allerdings läuft ab dem Punkt herzlich wenig wie geplant: ziemlich schnell sind wir auf der Flucht, haben aber auch unseren ersten Kompagnon. Keine große Überraschung, die Haupthandlung ist strikt linear, bietet natürlich auch einiges an Drama und das wahre Böse zeigt sich, ganz serientypisch, erst nach geraumer Spielzeit. Einzig kleine, aber völlig optionale Nebenquests bieten ein wenig Nonlinearität. Zur eigentlichen Handlung tragen sie aber kein bisschen bei. In Punkto Handlung gibt sich also auch Teil XI absolut klassisch.

Das gilt auch für unsere Truppe, Held, flinker Dieb, schlagkräftige Kämpferin, Heilerin, Schwarzmagierin und Allzweckmagier sowie ein weiterer, agiler Kämpfer stehen uns zur Auswahl. Überraschungen sind hier Fehlanzeige Auch wenn maximal vier davon aktiv kämpfen, Erfahrungspunkte sammeln praktischerweise alle. Bei Charakterdesigns von Akira Toriyama darf auch nicht verwundern, dass die wenigsten Charaktere einfach ganz geradeaus sind. Teils sind unsere Helden ein wenig schräg oder eigenwillig, teils haben sie aber natürlich auch ihre Geheimnisse, die sich erst im weiteren Spielverlauf offenbaren. Für die Switch Fassung bieten sie teilweise neue Nebenhandlungen.

Das klassische Kampfsystem

Auch wenn wir unsere Partymitglieder von der CPU steuern lassen können und hier auch verschiedene Schwerpunkte voreinstellen dürfen, im Prinzip bietet Dragon Quest XI S das ganz klassische Dragon Quest Kampfsystem, also eine traditionelles japanische Rundenmechanik mit dem ziemlich typischen Menü. Zur taktischen Hochform läuft das natürlich auch erst auf, wenn wir die volle Kontrolle über alle Kämpfer übernehmen, was im Menü jederzeit möglich ist. Dann haben wir freie Auswahl über Fertigkeiten, normale Angriffe, Items, Magie und Zauber, sowie über unsere unter den passenden Bedingungen nutzbaren Koop Kräfte, für die dann zwei Charaktere besondere Aktionen ausführen können. Gerade im fortgeschrittenen Spielverlauf und bei Bossgegnern bietet die volle Kontrolle auch deutlich mehr Möglichkeiten, sei es nun um Hilfs- und Schutzzauber effizient zu wirken, besonders MP-freundlich zu heilen oder dergleichen mehr. Auch die besonderen Koop-Fertigkeiten, wenn unsere Kämpen den Zustand der Konzentration erreicht haben, sind so effizienter einsetzbar. Trotzdem, auch die CPU macht mehr als solide Arbeit, wenn wir sie die Kontrolle über die Partymitglieder übernehmen lassen.

Ein grundlegender Knackpunkt, im 3D Modus gibt es endlich keine Zufallsbegegnungen mehr. Ob wir also Gegnern lieber ausweichen, sie sogar präventiv attackieren oder dergleichen, das bleibt uns überlassen. Einzige Ausnahme sind unsere Abstecher nach Ticklingen. Auch wenn über diesen besonderen Abschnitt des Spiels nicht zu viel verraten werden soll, dort darf man standardmäßig die 2D Pixelgrafik bewundern, die ansonsten optional ist, und dort bzw. allgemein im 2D Modus gibt es leider auch die klassischen Zufallskämpfe, die durchaus auch mal nerven können. Theoretisch können wir Ticklingen allerdings auch komplett links liegen lassen.

Natürlich wäre da auch der Charakteraufbau. Typisch Dragon Quest lernen wir viele Fertigkeiten, Zauber und so weiter beim Stufenaufstieg automatisch. Allerdings bekommen wir auch Punkte, mit denen wir auf Charakterbrettern nach eigenem Gutdünken Entwicklungspunkte freischalten können. Ob beispielsweise Dieb Erik eher auf Schwerter oder auf Messer setzt, das liegt damit letztlich an uns.

Schöner Schein

Keine Angst, natürlich bietet Dragon Quest XI mehr als genug Gehalt. Aber tatsächlich macht es auf der Switch eine wirklich gute Figur. Kritisieren kann man vor allem, dass Namen in deutschen Texten und englischer Syncro einfach nicht zueinander passen. Das fängt bei unserer Jugendfreundin an, die in der Vertonung Gemma heißt und reicht bis zu Dundrasil statt Eschenburg. Natürlich kann man auch auf japanische Sprachausgabe wechseln und wird dann von all dem, zumindest in den meisten Fällen, eh nix mehr mitbekommen. Trotzdem wirkt das Namenschaos recht vermeidbar. Davon ab machen auch die deutschen Texte eine mehr als gelungene Figur, wobei auch die Übersetzung immer wieder an selige Neunziger Jahre Rollenspiele erinnert, inklusive reichlicher Alliterationen. Neben der guten Vertonung der Dialoge glänzt die Switch Fassung vor allem durch die neue, orchestrale Fassung des, ich traue mich kaum, es zu sagen, klassischen Dragon Quest Soundtracks. Man darf die politische Sichtweise von Komponist Koichi Sugiyama ganz sicher kritisch sehen. Besser hat der Dragon Quest Soundtrack allerdings nie geklungen.

Und auch die Grafik kann sich mehr als sehen lassen. Im Direktvergleich mit der PS4 muss die Switch Fassung zwar ein paar Federn lassen. Lichteffekte und Schattierungen sind teils einfacher, die Auflösung etwas niedriger, das Gras nicht ganz so dicht, aber trotzdem macht Dragon Quest XI S auf der Switch eine verdammt gute Figur, gerade auch im Docked Mode. Abgesehen von gelegentlichem Aliasing an geraden Kanten fällt einfach nichts negativ ins Auge. Sicher, beim direkten A/B Vergleich mag die PlayStation 4 Fassung dann doch besser abschneiden, aber man vermisst auf der Switch nichts und hat nicht das Gefühl von reduzierter Optik. Davon ab läuft das Geschehen auf dem Bildschirm stets rund. Ruckeleinlagen, große ins Bild Plopper oder andere Probleme sind Fehlanzeige. Im Handheld Modus wirkt alles zwar ein wenig unschärfer, aber auch unterwegs macht Streiter des Schicksals eine wirklich gute Figur. Vor allem aber können die Charakterdesigns durch die Bank überzeugen, ebenso wie die Gegner. Beim Krempenschwein hatte ich sogar tatsächlich leichte Probleme, die allzu niedlichen Rüsseltiere niederzumetzeln. Auch wenn längst nicht alle Gegner dermaßen niedlich daher kommen, die Optik der Gegner macht durch die Bank Spaß.

Die optionale 2D Pixeloptik macht an sich auch reichlich her, verglichen mit der moderneren Variante fehlen mir dort aber unter anderem die Animationen und auch das Kampfsystem wirkt in der 2D Variante irgendwie steifer. Die moderne Fassung mag zwar nicht wirklich viel anders sein, aber es fluppt alles besser. Dennoch kann sich Dragon Quest XI S auch in Pixeloptik sehen lassen.

Auf altbekannten Pfaden

Zu wandern kann auch viel Spaß machen. Keine Open World, nur offene Areale, ganz klassisches Rundenkampfsystem, klassische Heldentruppe und ebenso klassische Heldengeschichte, neu macht Dragon Quest XI eigentlich nichts. Selbst die sichtbaren Gegner und wahlweise automatisch gesteuerten Partymitglieder kennt man anderswo seit vielen Jahren. Manche Punkte, wie das Speichersystem an Altaren, wirken denn auch tatsächlich etwas antiquiert. Luft nach oben ist jedenfalls ganz sicher noch vorhanden. Und trotzdem, im Gesamtpaket stimmt einfach fast alles. Tatsächlich zeigt Streiter des Schicksals ganz wunderbar, wie Oldschool Gameplay auch heute noch bestens funktionieren kann. Das liegt zugegeben auch daran, dass der Titel ein hohes Maß an Perfektion durch Routine bietet. Dragon Quest ist nun mal die traditionelle Rollenspielmarke schlecht hin und sich dieser Tradition auch bewusst.

Fazit:

Man muss Rundenkämpfe und traditionelles JRPG natürlich schon ein bisschen mögen. Denn letztlich ist Dragon Quest XI S: Streiter des Schicksals genau das; traditionell wie kein anderes Nippon Rollenspiel. Gleichzeitig dreht es in vielen Punkten genau an den richtigen Schrauben, bietet tolle Charaktere, großartige Designs, eine wirklich gelungene Story. Ist die Switch Fassung nun die beste? Vielleicht nicht grafisch, die PS4 hat halt die dickeren Grafikmuskeln. Aber die geringen Defizite bei der Optik werden durch die Detailverbesserungen, Erweiterungen, den neuen Soundtrack und so weiter mehr als aufgewogen. Also ja, die Switch Fassung ist die Beste!

DRAGON QUEST® XI S: Streiter des Schicksals - Definitive Edition
Präsentation (Grafik, Sound)
89
Story, Atmosphäre
91
Gameplay
87
Spielspaß
91
Leserwertung2 Bewertungen
93
Großartige Welt und Charaktere
Kampfsystem und Gameplay 'fluppen' einfach
Sinnvolle Verbesserungen gegenüber der PS4 Version
ICharakter- und insbesondere Gegnerdesigns machen einfach immer wieder Spaß
Wenige echte Neuerungen
Zufallskämpfe im 2D Modus können nerven
Sehr lineare Handlung
90