Spielestudio im Test – Eigene Spiele entwickeln auf der Nintendo Switch

Microsoft mit Project Spark, Sony mit Dreams – nun hat auch Nintendo seinen Spielebaukasten veröffentlicht, mit dem man sich eigene kleine Games basteln kann. Das Programm, ich sage bewusst nicht Spiel, hört auf den eher generischen Namen Spielestudio und ist für einen Preis von 29,99 Euro im eShop verfügbar. Was das Programm kann und für wen das was sein könnte, erfahrt ihr im folgenden Test.

Knotixe, überall Knotixe!

Wie funktionieren eigentlich Videospiele und kann ich das auch? Um das herauszufinden gibt es nun das Spielestudio für die Nintendo Switch. Etwas überraschend kündigte Nintendo diesen kleinen Baukasten an, um ihn bereits einen Monat später zu veröffentlichen. Bereits mit dem Super Mario Maker für die Wii U und 3DS, sowie dem Super Mario Maker 2 auf der Nintendo Switch, haben die Japaner bewiesen, dass sie komplexe Sachverhalte auf zugängliche Art und Weise umsetzen können. Ähnlich gestaltet es sich auch beim Spielstudio, auch wenn man hier nicht erwarten sollte, dass man ähnlich fantasievolle Welten und Spiele erstellen kann, wie es bei Dreams von Media Molecule für Sonys PlayStation der Fall ist. Nintendo bewegt sich hier in einem Bereich, der typisch für Nintendo ist, etwas einfacher gehalten und auf jeden Fall kindgerecht.

Ihr fragt euch sicherlich was denn diese Knotixe nun sind, die ich in der Zwischenüberschrift erwähnt habe. Dazu muss ich euch aber erstmal Bob und Alice vorstellen. Die zwei etwas hibbeligen Punkte sind unsere beiden Helfer beim Bauen von eigenen Spielen. Bob hilft uns in den Tutorials und Alice dokumentiert alles Gelernte, so dass wir immer wieder darauf zugreifen können. Denn beim ersten Starten werden wir zwangsläufig Bekanntschaft mit den beiden machen. Wer glaubt direkt drauflos programmieren zu können, der hat sich geschnitten. Bevor wir im Menü das freie Programmieren überhaupt auswählen können, müssen wir uns durch ein Tutorial wühlen, bei denen auch die erwähnten Bob und Alice auf der Bildfläche erscheinen. Müssen klingt hierbei aber negativer, als es ist. Mit viel Humor lotsen uns die beiden durch insgesamt sieben Beispielspiele, die ihr mit dem Spielestudio entwickeln könnt. Dabei werden einem die grundlegenden Mechaniken und Möglichkeiten erläutert, die das Programm mit sich bringt.

Und hier kommen die sogenannten Knotixe ins Spiel. So werden die Elemente genannt, die euer Spiel zu dem werden lassen, was ihr nachher auf dem Bildschirm erleben könnt. Jedes Element, jede Figur, jede Taste oder eben Funktion hat einen eigenen Knotix. Möchte man beispielsweise eine Figur in einem 2D-Spiel Plattformer von links nach rechts laufen und hüpfen lassen, braucht man drei Knotixe. Einmal einen für die Figur selbst, dann einen um die Figur seitlichen bewegen zu können und dann noch einen, um die Figur auch springen zu lassen. Alles richtig miteinander verbunden und schon kann die Figur sowohl nach links und rechts laufen als auch springen. Je komplexer die Elemente oder Funktionen sind, desto mehr Knotixe müssen miteinander kombiniert oder verbunden werden. Das kann mitunter ganz schön kniffelig und unübersichtlich werden.

Was? Echt? So funktioniert das?

Die Erkenntnis kommt so bereits relativ schnell, dass es gar nicht so einfach ist gute Videospiele zu entwickeln. Vermeintliche Standard Funktionen wie laufen, Dinge einsammeln oder zerstören, lassen den Programmierbildschirm schnell anwachsen. Hier müssen Knotixe erstellt, zerstörbar gemacht und definiert werden durch was diese überhaupt zerstört werden können, um dann noch einen Punktezähler hinzuzufügen, welcher die aktuelle Punktzahl darstellt. In den sieben Tutorial-Spielen steigert sich die Komplexität immer weiter, so dass man am Ende alle grundlegenden Funktionen vom Spielstudio kennt. Lobend erwähnt werden sollte hierbei auch der Aufbau der Tutorials. Während der Tutorials selbst kann man keine Fehler machen, außer die, welche das Programm selbst eingebaut hat, um eine bestimmte Funktion und ihre Wichtigkeit zu verdeutlichen. Ein beliebtes und effektives Mittel, damit das Gelernte auch wirklich im Hirn hängen bleiben. Ob das auch geklappt hat, wird nach Beendigung des Tutorials in den sogenannten Kontrollpunkten abgefragt. Hier bekommt man kleine Spielefetzen serviert, die allerdings Fehler beinhalten. Diese müssen nun mit dem gerade gelernten repariert werden. Stumpfes durchklicken hilft also nicht, wenn man das Spielestudio verstehen und richtigen anwenden will.

 

Auch wenn man direkt losprogrammieren und seiner Idee Leben einhauchen will, sollte man unbedingt vorher mehr als das Einstiegstutorial absolviert haben. Man lernt dabei wie die verschiedenen Knotixe ineinandergreifen und vor allem kann man auch seine Spielidee an das bereits gewonnene Wissen anpassen. Denn „Denke Groß“ ist hier nicht die richtige Herangehensweise. Macht am Anfang lieber kleinere Schritte, so dass ihr schnell Erfolge feiern könnt. Direkt mit einer großen Spielidee loszulegen entmutigt eher, weil gewünscht Funktionen nicht direkt so funktionieren wie ihr euch das vorstellt.

Eigene Note ins Spiel einfließen lassen, geht das überhaupt?

Die Möglichkeiten tolle Spiele zu erstellen sind groß. Ein 2D Jump’n‘Run ist genauso möglich wie ein Shoot’em‘Up (kurz Shmup) oder aber ein Rennspiel. Trotzdem ist hier auch der größte Kritikpunkt versteckt, den ich am Spielestudio habe. Den Spielen seine eigene Note zu verpassen ist nur sehr schwer möglich. Einen Editor um eigene Elemente, Musik, Soundeffekte, Texturen oder sogar 3D-Modelle zu erstellen fehlt gänzlich. Man kann sich lediglich an den Elementen bedienen, die Nintendo einem zur Verfügung stellt. Zwar sind das recht viele und man kann diese mit zahlreichen und teilweise sogar überwältigenden Einstellungsmöglichkeiten anpassen, sie sind aber trotzdem nicht so sehr zu verfremden, dass daraus ganz neue Elemente entstehen können. Die Farbe ändern, die Drehung und Winkel einstellen zu können und auch das Verhalten definieren reicht schlussendlich nicht aus. Hier hätte ich mir weitere Möglichkeiten gewünscht, um eigene Elemente zu erstellen oder sogar Musik zu komponieren. Hier verschenkt das Spielestudio leider sehr viel Potenzial.

Auch die Möglichkeit seine eigenen Spiele zu teilen oder die Kreationen von anderen zu testen ist unnötig schwer. Zwar kann man sie ähnlich wie die Level in Super Mario Maker mit einem Code teilen, aber das ist auch der einzige Weg. Es gibt keinen Marktplatz oder ähnliches, auf dem man nach Herzenslust stöbern und sich inspirieren lassen kann. Gerade bei dem kreativen Prozess Spiele zu entwickeln und vor allem wenn man darin noch nicht geübt ist, kann Inspiration und eine Möglichkeit sich die Herangehensweise anderer anzusehen Gold wert sein. Ich hoffe aber, dass sich im Internet eine große Community aufbaut, so das ihr dort eure Spiele teilen könnt. Insgesamt 66 dieser kleinen Programme könnt ihr auf eure Switch laden.

Nimm doch einfach mal die Maus

Die größten Bauchschmerzen hatte ich vorher bezüglich der Steuerung. Mit dem Controller lassen sich solche Programme eher schlecht als recht bedienen, wobei man sagen muss, dass dies aufgrund der simplen Darstellungsweise von Nintendo recht gut funktioniert. Besser klappt es allerdings per Touch im Handheldmodus, weil man die einzelnen Knotixe einfach per Finger über die Programmieroberfläche schieben kann und alle nötigen Buttons und Menüs sind ebenfalls für diese bedienungsweise optimiert und leicht zugänglich.

Schließt man eine Maus an, erscheint der Mauszeiger direkt auf dem Bildschirm.

Eine große Überraschung war für mich allerdings, dass man das Spielestudio auch mit der Maus bedienen kann. Falls ihr die Möglichkeit habt den Switch Dock an einen Monitor anzuschließen, dann probiert es einfach mal aus. Dazu müsst ihr nur eine handelsübliche USB Maus an einem der beiden USB-Ports auf der linken Seite anschließen und schon erscheint im Spielestudio ein Mauszeiger. Meine eher günstige Logitech Maus wurde direkt erkannt und ich konnte das Programm wohl auf der besten Bedienungsweise steuern. Das Ganze funktioniert natürlich auch am Fernseher, aber dann braucht ihr ein entsprechend langes Kabel für die Maus, so dass ihr nicht zu nah am Bildschirm sitzt.

Insgesamt ist die Nutzung der Oberfläche aber mit allen Bedienungsmöglichkeiten uneingeschränkt möglich, da Nintendo wie bereits erwähnt und wie man es von Ihnen auch gewohnt ist, auf eine möglichst einfache und zugängliche Benutzeroberfläche setzt.

Fazit

Das Spielestudio für die Nintendo Switch ist vielleicht nicht das was sich einige erhofft hatten, aber Nintendo hat auf ihre Weise trotzdem ein wunderbares Programm erstellt, mit dem man auch den jüngsten Gamern die Idee und Mechaniken von Videospielen näherbringen kann. Allerdings muss man es wollen sich in die Materie einzuarbeiten. Es ist nicht alles so einfach wie es auf den ersten Blick scheint. Auch wenn der Umfang des Spielestudios begrenzt ist, sind diese trotzdem noch so vielfältig, dass man sich durch die Tutorials arbeiten sollte, um die verschiedenen Knotixe und ihre Einsatzmöglichkeiten kennenzulernen. Leider hat es Nintendo aber versäumt Editoren einzubauen, um eigene Spielelemente zu erstellen und auch ein Marktplatz, um in den Kreationen anderer zu stöbern, fehlt leider komplett. Begeistert hat mich dagegen die Möglichkeit das Programm auch mit der Maus steuern zu können, aber auch die anderen Bedienungsmöglichkeiten gehen leicht von der Hand.

Präsentation
75
Gameplay
75
Spielspaß
70
Leserwertung0 Bewertungen
0
Pros
Leicht zu bedienen
Maus Unterstützung
Verständliche Tutorials
Charmentes Design
Cons
Kein Editor um eigene Elemente zu erstellen
Eingeschränkte Auswahl an Elementen
Kein Marktplatz für Spieler anderer
Nur Umsetzung von Mini-Spielen möglich
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