Schaut man in die Spielelisten der aktuellen Konsolen-Generation, dann sieht man, dass Online-Rollenspiele quasi Mangelware sind. Genrefans können verdammt froh sein, dass Bethesda mit The Elder Scrolls Online einen Titel dauerhaft mit neuen Inhalten versorgt, der zu den besten Vertretern seiner Zunft gehört. Mit Greymoor haben die Entwickler diesen Monat ein weiteres umfangreiches Kapitel für das Hauptspiel auf die Konsolen gebracht. Ob hier wieder geglänzt wurde und ob sich die Erweiterung gleichermaßen für Neueinsteiger, Rückkehrer wie auch Veteranen eignet, erfahrt ihr im folgenden Test.
Es geht immer weiter!
Schaut man sich die Übersicht aller Erweiterungen von The Elder Scrolls Online an, kann man zum aktuellen Zeitpunkt bereits schnell den Überblick verlieren. Es dürften mittlerweile 20 sein, je nachdem was man mitzählt und was nicht. Erweiterungen, die einen jeweils für mehrere Stunden (bzw. Wochen!) vor die Konsole bannen und neben einer individuellen Geschichte auch neue Klassen, Berufe, Rüstungen und sonstige Gimmicks mit sich bringen. Der Inhalt und die Abwechslung, die die Entwickler von Zenimax in die jeweiligen Erweiterungen einbringen, bietet dermaßen viel Umfang, dass man neben The Elder Scrolls Online eigentlich kein weiteres Spiel benötigt, um die zur Verfügung stehende Zeit mit Zocken zu füllen. Das kann für Veteranen sehr befriedigend sein, für Rückkehrer oder gerade Neueinsteiger aber schnell abschreckend wirken.
Dies haben die Entwickler aber im Blick und bieten, wie bei einigen Erweiterungen vorher ebenfalls, auch bei Greymoor ein eigenständiges neues Tutorial an, dass Neueinsteigern die grundlegenden Spielmechaniken erklärt und eine gelungene Einführung darstellt. Ergänzt wird dies durch die drastischen Änderungen, die vor geraumer Zeit mit “One Tamriel” eingeführt wurden. Dazu gehört die Entfernung der Allianzbeschränkungen und die Implementierung einer Charakterstufen-Skalierung. Diese erlaubt es den Spielern, sich frei in der gesamten Spielwelt zu bewegen und den Teil zu “erleben”, den sie gerade erleben möchten. Das bietet zum einen sehr viel Flexibilität, wenn man als Neueinsteiger in die Welt von The Elder Scrolls eintauchen möchte, zum anderen können Rückkehrer (wie bspw. ich) immer auf dem Stand des neuen Addons einsteigen und mit den alten Kameraden losziehen, ohne vorab große Spielabschnitte nacharbeiten zu müssen.
The Elder Scrolls V lässt grüßen
Die Hauptgeschichte “Das Schwarze Herz von Skyrim” bildet die Grundlage für die jeweiligen Kapitel-Erweiterungen, zu denen auch Greymoor gehört. Spieler, die wie ich, The Elder Scrolls V rauf und runter gespielt haben, werden die eine oder andere Örtlichkeit wiedererkennen und etwas Nostalgie verspüren. Auch wenn die Hauptstory mich dieses mal nicht wirklich packt, fügt sie sich nachvollziehbar in die bisherige Spielwelt ein. Punkten kann Greymoor meiner Meinung nach viel mehr mit den vielen Nebenschauplätzen, die es zu erkunden gilt und die einfach erneut beweisen, wie viel Arbeit in die einzelnen Erweiterungen investiert wird. Die Charaktere sind auch im deutschen wieder voll vertont und versprühen allein aus diesem Grund schon viel Atmosphäre. Es wird durchaus Spieler geben, die die entsprechenden Textpassagen aus Zeitgründen “wegdrücken”, wer sich die Zeit nehmen will, kann sich aber erneut in die Spielwelt einfühlen und diese auf sich wirken lassen.
Natürlich gibt es neben bekannten Plätzen auch zahlreiche neue Gegenden zu erkunden. Interessant ist dabei, dass mit Greymoor eine Art “Unterwelt” eingeführt worden ist, die sich Schwarzweite nennt. Dort erwarten uns zahlreiche neue Aufgaben in einer von leuchtenden Pilzen überzogenen Landschaft, die die Spielwelt nicht nur gefühlt nochmals deutlich erweitert.
Wer suchet, der findet
Zeitintensive Nebenaktivitäten wie Crafting etc. waren noch nie meine Leidenschaft in Online-Rollenspielen. Man hat nie das Gefühl wirklich fertig zu sein und könnte immer weiter suchen, sammeln, basteln. Schlimm! Hätte man doch nur mehr Zeit. Mit dem Antiquitätensystem wird in Greymoor ein solch neuer Nebenschauplatz eingeführt. Mit diesem System sollen wir verborgene Relikte und Schätze finden. Dabei winken Belohnungen wie Einrichtungsgegenstände, Reittiere und einiges mehr. Pflicht ist das alles nicht und man kann erneut darauf verzichten, was ich gut finde. Nichtsdestotrotz habe ich mir das System für euch und den Test angeschaut und kann sagen, dass es eigentlich ganz lustig ist. Nachdem wir in Einsamkeit dem Antiquarenzirkel beigetreten sind, erhalten wir das Auge des Antiquars, mit dem wir entsprechende Spuren lesen können. Diese Hinweise finden wir zukünftig in der gesamten Spielwelt. Haben wir einen Fundort ausfindig gemacht, können wir bei dem eingefügten Minispiel bei einer Ausgrabungsstätte mit Pinsel und Schaufel versuchen das jeweilige Relikt zu bergen.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die Entwickler hier erneut eine lustige und passende Ergänzung einbauen, die das gesamte Portfolio sinnig erweitert. Gleichzeitig wirken sich solche Integrationen immer positiv auf den Gesamteindruck einer Erweiterung aus, da man merkt, dass man sich Gedanken gemacht hat, um sinnvolle Ergänzungen vorzunehmen und nicht einfach eine weitere, ggf. kurze, Storyline zur Gelddruckerei auf den Markt geschmissen wurde.
Keine neue Klasse, dafür bessere Vampire
Auf eine neue Klasse müssen die Spieler von The Elder Scrolls Online bei dieser Erweiterung leider verzichten. Das ist beim aktuell bereits verfügbaren Umfang an neuen Inhalten aber zu verzeihen, zumal neue Klassen auch wieder mehr Zeit fressen und davon haben wir bekanntlich ja sowieso zu wenig. Dafür haben die Entwickler umfangreich an den Vampiren gewerkelt und die Fertigkeitslinie überarbeitet. Diese Änderung steht übrigens allen Spielern unabhängig vom Addon zur Verfügung.
Da ich seit Tag eins mit einem Zauberer durch die Lande streife, werde ich an dieser Stelle lediglich die offiziellen Anpassungen nennen und keine Wertung vornehmen. Die besagte Fertigkeitslinie des Vampirs verfügt nun über deutlich mehr aktive Fertigkeiten und eine nennenswerte neue ultimative Fähigkeit namens Blutspross, die den Charakter kurzzeitig in eine blutrünstige Bestie verwandelt. Die Entscheidung, als Vampir zu spielen, sollte weiterhin gut überlegt sein, da die machtvollen Fähigkeiten auch einige Nachteile mit sich bringen, wie bspw. weniger Feuerresistenz oder eine geringere Gesundheitsregeneration.
Technisch unverändert gut
Mit der PlayStation 4 Pro und der Xbox One X erhielt The Elder Scrolls Online ein technisches Update, dass sich noch heute bemerkbar macht. Für ein Online-Rollenspiel, was auf den Konsolen nun gut fünf Jahre auf dem Buckel hat, sieht es noch fantastisch aus. Durch die höhere Auflösung und die Anpassung der Sichtweite ist der Titel nochmal ansehnlicher geworden. Daran hat auch Greymoor nichts verändert.
Zahlreiche Meldungen in diversen Foren sprachen von einem technischen Fehlstart Greymoors und Problemen am Release-Tag. Da ich grundsätzlich an Release-Tagen von Erweiterungen gar nicht erst versuche auf einen Server zu kommen, habe ich mit dem Test am Folgetag begonnen und konnte keine derartigen Probleme feststellen. Natürlich kann ich es verstehen, dass Spieler sich ärgern, wenn sie sehnsüchtig auf eine Erweiterung warten, endlich beginnen wollen und es dann zu Verbindungsabbrüchen und sonstigen Problemen kommt und das Spiel demnach unspielbar erscheint. Dennoch muss man auch sagen, dass Spiele wie The Elder Scrolls an Release-Tagen von Erweiterungen und die Tage danach den Peak an täglichen Spielern auf ihren Servern erreichen. Allein schon aus finanziellen Gründen macht es keinen Sinn für den Dauerbetrieb die Server aufzustocken, nur um am Release-Tag der Masse Herr zu werden. Wer jetzt beginnt, dürfte von alledem nichts mehr merken.
Fazit
Zenimax macht mit Greymoor konsequent weiter, wo sie beim letzten Addon aufgehört haben und bringt ein durchaus rundes Erweiterungspaket für The Elder Scrolls Online. Veteranen können sich meiner Meinung nach glücklich schätzen, in so kurzen Abständen mit Story-Erweiterungen und Gameplay-Ergänzungen gefüttert zu werden. Wer sich allein mit The Elder Scrolls Online beschäftigen möchte, kann dies seit Jahren und wohl noch auf längere Sicht tun. Für Neueinsteiger ist der einsteigerfreundliche Umgang in Bezug auf individuelle Tutorials in den neuen Gebieten ebenfalls lobenswert. Nur für Rückkehrer wie mich, die jeweils individuell einen Grund dafür hatten, irgendwann mal aufgehört zu haben, könnte es schwierig werden in der immer weiter wachsenden Welt einen neuen “Pack-an” zu finden. Dieser Umstand, der bei mir aus zeitlichen Gründen greift, soll aber nicht die hohe Qualität von Greymoor schmälern oder den Gesamteindruck trüben. Es hat mir sehr viel Freude bereitet nach Tamriel zurückzukehren und erneut den alten Zauberer zu spielen. Der (Wieder-)Einstieg ist immer wieder ein Genuss! Spannend bleibt für mich die Frage, ob es eine Portierung für PlayStation 5 und Xbox Series X geben wird. Zu wünschen wäre es, den Veteranen, den Neueinsteigern und den Rückkehrern!