Saturday Moaning Live: Out of Print – Das sterben der Videospielezeitschriften

Nächsten Monat ist es soweit, die letzte Computerbild (CB) Spiele erscheint. Zugegeben trauere ich dem Heft keine Sekunde hinterher, die CB Spiele fand ich immer ziemlich mies. Aber Geschmäcker sind nun mal unterschiedlich. Vor allem aber markiert die Einstellung eines 20 Jahre alten Magazins, das mal über 700.000 Hefte pro Monat an die Spielerschaft bringen konnte einen Schlusspunkt. Der Markt für klassische Spielehefte ist faktisch tot. Auch wenn sich einige letzte Helden, wie die altehrwürdige M! Games (früher mal Maniac) noch hartnäckig weigern, abzutreten.

Alles anders

Die Gründe dafür sind sicher vielfältig, der wichtigste dürfte aber sein, dass es heutzutage einfach nicht mehr reicht, News und Infos oder Spieletests erst Wochen, nach denen sie online für jedermann kostenlos verfügbar sind in einem Heft lesen zu können. Selbst wenn die Print-Redakteure außergewöhnlich gut sein sollten, bevor ich einen Test der GamePro im Heft lese, habe ich ihn ziemlich sicher schon auf Dutzenden Websites sehen können. Auch auf der besagten GamePro übrigens. Die Info über die Core Grafx Mini mal eben anderthalb Monate, nachdem sie überall sonst zu lesen war, ist erst recht sprichwörtlicher Anachronismus. Das gilt erst Recht in Zeiten, in denen selbst die Online Magazine mit Youtube, Twitch und Co. konkurrieren müssen. Entsprechend teilt sich die Zockerschaft auch auf. Der U18 Gamer liest tendenziell eher gar keine Tests, sondern informiert sich über Streams und Let’s Plays. Die älteren Spieler lesen da schon eher, aber warum zur Hölle bitte eine Zeitschrift? Selbst wenn es eine gescheite ist wie Gamestar oder M! Games?

Sicher kommt hier auch unsere moderne Gratis-Mentalität dazu. News, Tests und natürlich Metacritic-Werte sind alle kostenlos zu finden. Ich sehe mich hier übrigens selber nicht als Ausnahme. Obendrein haben sehr viele Online Tests mittlerweile eine ziemlich hohe Qualität. Ausführliche Tests zu Indie Titeln darf man in gedruckter Form sowieso mit der Lupe suchen. Und davon ab, verglichen etwa mit den frühen Neunzigern ist die Durchschnittsqualität heute verdammt hoch. Trotz des einen oder anderen miesen Spiels.

Der bessere Eindruck

Trotzdem gibt es genug Bereiche, in denen Print noch punkten kann. Die findet man übrigens auch bei der M! oder der Gamestar. Gute Reportagen etwa, ausführliche Interviews und vieles mehr. Denn in gedruckter Form kann man oft aufmerksamer, entspannter und konzentrierter lesen, als das auf irgend einem Screen der Fall ist. Kollege Philipp etwa liest unter anderem das Gain Magazin. Da gibt es zwar auch die eine oder andere Spielekritik, aber die Schwerpunkte liegen ganz anders, nämlich bei gar nicht so anspruchslosen Artikeln. Einige davon, etwa einer über den ersten Weltkrieg in Videospielen oder New Work und Games, kann man übrigens auch auf der Website lesen. Die Marschrichtung ist jedenfalls eine ganz andere als bei den klassischen Printheften.

Mein primäres Print Steckenpferd ist wiederum die Retro Gamer. Mal abgesehen davon, dass Retro und Papier nun mal irgendwie zusammen gehören, steht das Heft bei mir deshalb hoch im Kurs, weil es von Dingen wie Firmen-Geschichten, Interviews, ausführlichen Making Ofs zu Klassikern und anderem lebt. Die Artikel sind letztlich auch fast alle ohne Aktualitätsbezug. Ob ich etwas zu Spin Dizzy im letzten Winter gelesen habe oder mir gerade am Baggersee unterm Baum liegend vornehme, das ist eigentlich Pott wie Deckel.

Tatsächlich gibt es momentan so einige spannende Projekte in Papier- und ePaper-Form. Alle haben aber eines gemein, sie sind aus dem klassischen News- und Tests-Journalismus ausgebrochen und bedienen andere Themen rund ums Gaming. Das macht sie spannender, lesenswerter und auch druckwürdiger.

Das Papier ist tot, lang lebe das Papier

Ich lese die Man!ac, oder meinetwegen auch M! Games, schon länger nicht mehr. Und dennoch werde ich dem Heft eine Träne nachweinen, wenn es eines Tages eingestellt wird. Einfach, weil die Man!ac, neben Mega Fun, Total!, Amiga Games, Video Games und all den anderen ein Teil meiner Jugend war. Genau genommen hatte ich sogar mal eine Heftsammlung jenseits von Gut und Böse. Nur hat sich genau die Art von Printjournalismus, für die entsprechende Hefte standen, mittlerweile einfach überlebt. Das zeigt auch gerade der Tod des früheren Auflagenkönigs Computerblöd Spiele. Ein paar letzte, alte Helden kämpfen derzeit noch gegen ihren Untergang an. In Wahrheit findet die Art von Spielejournalismus, für die die großen Magazine mal standen aber längst anderswo statt.

Und trotzdem ist Platz für Gamesmagazine. Nur bedienen die mittlerweile ganz andere Schwerpunkte, die in gedruckter Form oft einfach besser aufgehoben sind. Diese Magazine sind einfach lesenswert, sie sind kein Anachronismus und sie sind auch bisweilen einfach die bessere Art, sich mit bestimmten Dingen auseinander zu setzen. Deswegen wünsche ich mir, dass uns Spielemagazine noch sehr lange erhalten bleiben. Nur die klassischen Testhefte, die braucht es in Wahrheit einfach nicht mehr, es sei denn aus purer Nostalgie. Denn dafür hat sich die Gamingwelt zu schnelllebig entwickelt. So werden auch die alten Platzhirsche wohl nur überleben, wenn sie neue Wege gehen. Und wer weiß, irgendwann müssen vielleicht wir Online Magazine mal dran glauben.