Aufgrund des schön anmutenden Cover Art Works und der Tatsache, dass die Vorgänger eine kleine Fan-Community hervorgebracht haben, stürzte auch ich mich mit positiver Erwartung in das neue Abenteuer von Syberia-Heldin Kate Walker. Die Syberia-Reihe aus dem Hause Microids stand bisher immer für eine gelungene Mischung aus Adventure, Rätselspaß und Point&Click. Nicht zuletzt wegen der von Benoit Sokal geschriebenen Geschichte und gezeichneten Charaktere war Syberia immer etwas Besonderes. Auch im neuen Teil hat Sokal mitgewirkt und Geschichte sowie Art Work geliefert. Vertont wurde das Spiel von Inon Zur, der bereits beim Vorgänger, Fallout und Dragon Age Hand angelegt hat. Ob der neue Teil was Besonderes oder eher Sonderbares ist, erfahrt ihr in unserem Test.
Perlen vor die Säue – Story mit Potenzial, katastrophale Umsetzung
Anwältin und Abenteurerin Kate Walker ist in Sibirien auf der Suche nach dem letzten Mammut als sie sich plötzlich in einem etwas runtergekommenen Krankenhaus wiederfindet. Was war passiert? Fast wäre sie ertrunken, hätten die kleinwüchsigen Youkol-Nomaden sie nicht gerettet. Und nun steckt sie auf einer Art geschlossenen Station fest und versucht sich aus ihrer misslichen Lage und entgegen der Widerstände des verschrobenen Ärzteteams aus dem Krankenhaus zu befreien. Schnell steht fest: Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu – Kate muss fliehen. Soviel zum Storybeginn von Syberia, was auf ein spannendes Abenteuer mitsamt Verschwörung gegen Kate hoffen ließ. Leider wird die Story jedoch von der katastrophalen technischen Umsetzung überschattet. Bereits in den ersten Minuten in denen ich Kate Walker steuere wird klar, dass es bei Syberia um ein technisch überholtes Spiel handelt, was mich noch zur Weißglut treiben wird, gibt es doch tatsächlich jede Menge Areale die einfach nicht begehbar sind. So ist Kate nicht in der Lage einen kleinen Absatz hochzusteigen, um an einer Rezeption mit einer anderen Person zu sprechen. Auch die Bewegungen wirken so steif als wäre Madame Walker in der sibirischen Kälte eingefroren. Und dann kann man das Spiel nicht mal selbst manuell abspeichern, was einem angesichts der teilweisen unsteten Performance und einigen Abstürzen das Leben noch schwerer macht. Ähmm Microids, ich wollte nur kurz darauf hinweisen, dass wir uns im Jahr 2017 befinden. Auch grafisch reißt Syberia einen nicht vom Hocker. Obwohl ich keinem Highend-Grafik-Fetisch verfallen bin, kann mich das Game auch hier trotz nettem Zeichenstil nicht überzeugen. Insbesondere die Gesichter sind nicht gelungen und die Charaktere erinnern an steife Handpuppen ohne Mimik. Für ein PS4-Spiel definitiv nicht ausreichend.
Wie festgefroren – Miserable Steuerung, furchtbare Synchronisation, lästige Bugs
Die Steuerung von Syberia 3 treibt einen auch direkt zu Beginn dank vollendeter Ungenauigkeit in den Wahnsinn. Ständig bleibt Kate an einem Schrank hängen oder reagiert erst verzögert auf meine Richtungsvorgaben. Verschlimmert wird dies durch die äußerst ungünstigen Kameraperspektiven, die auch noch ständig und meist sinnbefreit wechseln. Die Erkundung der Gegend und Räumlichkeiten wird so zum frickeligen Spießroutenlauf, der seines gleichen sucht. Zumal die Interaktion mit Gegenständen oftmals eine direkte Positionierung davor voraussetzt. Auf diese Weise entgingen mir zu Beginn einige Interaktionsmöglichkeiten und ich bin suchend in der Gegend herumgelaufen, um irgendwie herauszufinden wie es weitergeht. Leider wurde dieser Umstand auch im weiteren Spielverlauf nicht besser und das ständige Austarieren wurde zu einer meiner Hauptbeschäftigungen. Neben der miserablen Steuerung und Kameraperspektiven fiel auch die furchtbare Synchronisation direkt ins Auge. Bereits im ersten Gespräch waren Stimme und Lippen in keinster Weise synchron. Zu diesem Zeitpunkt hoffte ich noch darauf, dass es sich um ein Ruckeln handelt. Weit gefehlt! Neben mieser Synchro sowie unmotivierten Sprechern reihten sich auch vorzeitig abgebrochene Gespräche ins Portfolio des audiovisuellen Grauens ein. Hinzukommen dann noch Untertitel, die nicht mit dem Gesagten übereinstimmen oder direkt fremdsprachig sind. Die Spitze des Eisbergs der technischen Unzulänglichkeiten erreicht Syberia 3 dann jedoch tatsächlich mit schwerwiegenden Bugs wie dem Feststecken in bestimmten Ecken aus dem es trotz intensiver Bearbeitung des Controllers kein Entrinnen gab.
Simples Rätselkonzept mit wenig Neuem
Die Syberia-Reihe steht ja eigentlich auch für Rätselspaß. Aber auch hier hat mich das Spiel nicht gepackt. Dies lag ebenfalls zum großen Teil an der unterirdischen Umsetzung und Steuerung, die einem noch nicht mal erklärt wird. Wenn es schon kompliziert und umständlich sein soll, dann bitte wenigstens eine kurze Einführung Freunde! Die Rätsel in Syberia basieren grundlegend immer auf der Erkundung der Umgebung, dem Sammeln und Kombinieren von Gegenständen sowie dem Freischalten von Mechanismen. Hallo Logik- und Schalterrätsel! So gilt es im Rahmen des ersten Rätsels, einen Fahrstuhlschlüssel wieder auf Vordermann zu bringen und die einzelnen Glieder des Schlüssels so auszurichten, dass diese in das Schlüsselloch passen. Im weiteren Spielverlauf werden die Rätsel anspruchsvoller und es bedarf schon etwas Cleverness, um sie zu lösen. Schön dabei ist, dass sie im Großen und Ganzen recht abwechslungsreich und immer in die Story und den Handlungsstrang eingebettet sind. Dennoch liegt mir das Spiel auch hier nicht nah genug am Puls der Zeit. Da habe ich im aktuellen Zelda in den Schreinen bessere Rätsel lösen müssen. So war ich am Ende froh die Zeitreise in die 90er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts endlich beenden zu können.
Fazit
Bei Syberia 3 fragt man sich allen Ernstes, ob in manchem Studio überhaupt getestet wird, was da auf die Menschheit losgelassen wird. Das Spiel wirkt durch und durch unfertig und macht wenig Spaß. Ich musste mich wirklich zusammenreißen den Controller nicht nach der ersten Stunde direkt frustgeladen in die Ecke zu donnern. Besonders auf den Keks geht die miserable technische Umsetzung, die sich in einer grauenvollen Steuerung, antiquierter Grafik mit starren, bizarr wirkenden Gesichtern, ultranervigen Kameraführung und einer furchtbaren Synchronisation manifestiert. Dem gegenüber steht eine im Ansatz nicht vollends miese Story, die aufgrund der katastrophalen Umsetzung letztlich jedoch nicht mehr zur Geltung kommt. Chapeau, Microids! Syberia 3 ist so ziemlich das schlechteste Spiel, welches ich je spielen durfte bzw. musste. Lediglich Hardcore-Fans der Serie können damit vielleicht etwas anfangen, aber auch ihnen sei davon abgeraten rund 50 Euro für diesen Murks hinzublättern – Enttäuschung garantiert. Das Geld kann man besser verbrennen, da hat man es dann wenigstens für einen kurzen Moment schön warm.