Star Wars: Battlefront 2 im Test- The Dark Side of the Loot

Ich bin generell kein Fan von Lootboxen. Ich habe aber auch nicht unbedingt was dagegen. Erst recht nicht, wenn Multiplayer-Erweiterungen dadurch kostenlos sind und ich gleichzeitg keine Nachteile habe, wenn ich keine Kisten kaufe. Obendrein sollte das System eher leicht im Handling und übersichtlich sein. Die REQ-Packs von Halo 5: Guardians passten haargenau in diesen Rahmen. Im Endeffekt habe ich sogar einige gekauft, aber nicht, weil sie mir Vorteile gebracht hätten. Das Balancing von Halo 5 war selbst im Warzone-Modus so gut, dass das nicht der Fall war. Ich habe die Pakete eigentlich nur gekauft, um die Entwickler für die ganzen wirklich guten Multiplayer-Erweiterungen zu entlohnen. Bei DICE’s Battlefront 2 hätte ich das gerne genau so gesehen und vielleicht auch gehandhabt. Dummerweise stehen die Lootboxen dem Spiel hier ernsthaft im Weg. Warum das so problematisch ist und wieso sie selbst ohne Mikrotransaktionen leider eine echte Spaßbremse sind, darauf kommen wir sehr bald zu sprechen.

That feels forced

Vorweg darf aber erstmal die Singleplayer-Kampagne dran glauben. Eben diese hat dabei einiges an Potenzial in mehr als einer Hinsicht. Leider bleibt das weitestgehend ungenutzt. Aber man sollte sein Tauntaun nicht von hinten aufzäumen, also ganz vorn vorne. Die Battlefront 2 Kampagne setzt dabei kurz vor der Schlacht um Endor ein und reicht bis zum Kampf auf Jakku. Wir schlüpfen in die Rolle von Iden Versio, Anführerin des Inferno Squad. Jene ist eine Mischung aus Special Forces und Gegenstück zur Rogue Squadron. Iden und ihr Trupp kämpfen dabei aus der Überzeugung heraus, dass sie auf der richtigen Seite stehen und die Rebellen Hass als primären Antrieb haben. Natürlich deutet sich hier imperiale Indoktrination an, auch wenig überraschend ist, dass diese Überzeugungen ins Wanken geraten. Auslöser dafür ist ein ausgerechnet von Idens Vater ausgeführter Plan, der noch vom verstorbenen Imperator stammt.

Die Inszenierung der Story ist dabei sogar top, die Handlung selber ist es allerdings leider nicht. Auch die Figuren bleiben, trotz reichlich Potenzial, am Ende eher blass. Schuld daran ist auch, dass mit Luke, Han, Leia und Lando vier Helden der guten Seite zu viel Raum einnehmen, ohne die Handlung wirklich voranzubringen. Die Screentime fehlt auf der anderen Seite unseren eigentlichen Protagonisten und noch mehr deren Gegenspielern. Auch der Machtgewinn radikaler Kräfte, die aus dem Imperium allmählich die erste Ordnung werden lassen, wird zwar dezent angedeutet, aber eben nicht mehr.

Das wäre alles tragbar, wenn das Spielgeschehen denn auch tragfähig wäre. Ist es aber leider nicht wirklich. Allzu oft ist absolut offensichtlich, wann wir in ein wenig spannendes Gefechtsareal reinrennen. Teilweise werden einfach Multiplayer-Karten für die Kampagne recycled. Ganz besonders offensichtlich ist, dass bei der Verteidigung eines Sternzerstörers der noch im Dock liegt. Endgültig verloren hat Battlefront 2 dann, wenn sich wie beim Luke Skywalker-Abschnitt schlicht Langeweile breit macht: Ein paar imperiale Sturmtruppen mit dann doch eher simplen Lichtschwertmanövern plattmachen, um sich im Anschluss mit ein paar Käfern anzulegen und gefühlt minutenlang einen Wegbegleiter zu verteidigen, ist nicht mal leidlich spannend. Hier fehlt dann auch die spielerische Tiefe, die Jedi Outcast oder Jedi Academy hatten. Punkten kann Battlefront 2 dann ganz zum Schluss noch mal. Das große Finale fühlt sich endlich groß an, der Mix zwischen Sternenjägeraction und kurzen Bodenmissionen klappt, auch dank der eher kurzen Fußsoldaten-Abschnitte, ziemlich gut. Leider sind beim allgemeinen Leveldesign, abseits der Grafik, ebenso wie beim Missionsaufbau, die Standards zum Großteil erschreckend niedrig. Da Idens kleiner Droide eigentlich auch nur Türöffner und Elektroschocker darstellt, Idens rudimentäre Schleichfertigkeiten ziemlich witzlos bleiben und innerhalb der Kampagne sonst einfach nix herausragendes geboten wird, bietet die Kampagne Spielern nicht wirklich mehr als der Arcade-Modus es bisher tat.

Versio’s the World

Schwerpunkt bei Battlefront 2 ist natürlich der Mehrspieler. Dazu kann man auch den Arcade-Modus zählen. Jener bietet solo, im Splitscreen oder auch per Online-Koop kurze Missionen gegen Bots. Die Ziele sind üblicherweise denkbar simpel gestrickt, Marke besiege 100 Imperiale etwa. Solo ist das Geschehen dabei eher unspektakulär, aber hilfreich, um sich in die Spielmechanik von Battlefront 2 einzuarbeiten. Deutlich mehr Spaß macht es zu mehreren. Im Endeffekt hätte ich mir eine Koop-taugliche (und gerne bessere) Kampagne dann aber deutlich mehr gewünscht.

Natürlich bietet Battlefront 2 auch Online-Multiplayer-Gefechte. Genau genommen sind diese auch nach wie vor der Hauptaspekt des Spiels. Insgesamt fünf Modi stehen hier zur Auswahl, die Gefechte für acht bis 40 Spieler erlauben.

Den kompaktesten Modus mit traditionellem vier gegen vier stellt dabei Helden vs. Schurken. Im Endeffekt klassisches Deathmatch, aber eben heldenlastig, sind hier oftmals die Figuren mit schlagkräftigen Lichtschwertern gegenüber Blasterschützen im Vorteil. Kleine Anmerkung: Auf einer Map steckte ich hier nach selbstverschuldetem Absturz minutenlang in einer Grube fest, statt den Genre üblichen Bildschirmtod zu erleiden.

Natürlich spielen die Helden auch in den anderen Modi eine Rolle, wollen dort aber erst gegen Punkte (durch Kills, Missionsziele) freigespielt werden. Serienkennern ist das Prinzip vertraut.

Angriff bietet insgesamt 16 Spielern simple Missionsziele. So muss die eine Seite mehrere Datenkristalle ergattern und zum Fluchtpunkt bringen, die andere will das natürlich verhindern. In ähnlicher Größenordnung steht Gefecht für bis zu 20 Spieler, der Modus spielt sich allerdings wesentlich direkter, gilt es hier doch schlicht darum, das Respawn-Kontingent von 100 bei der Gegnergruppe schneller aufzubrauchen als bei der eigenen. Die Maps sind hier meist relativ eng und kommen ohne schweres Gerät aus.

Ganz anders ist das bei Galaktischer Angriff. Hier dürfen 40 Spieler aufeinandertreffen, die Karten sind entsprechend groß und natürlich dürfen auch Fahrzeuge wie Y-Wing Bomber oder AT-RT Kampfläufer zum Einsatz kommen. Gewisse Missionsziele verleihen den großen Schlachten Struktur, im Kernelement geht es aber üblicherweise darum, dass die eine Seite vorrückt und die andere sie aufhalten will.

Highlight ist vielleicht der Sternenjäger-Angriff. Wie der Name schon sagt, sind hier Raumschlachten Programm. So geht es etwa darum, einen Sternzerstörer der ersten Ordnung, der in eine Falle geraten ist, auszuschalten oder eben zu verteidigen oder eben die Mission rund um die imperiale Werft von Fondor, die in der Kampagne recycled wird. Der einzige Wermutstropfen bei Sternenjäger-Angriff ist vielleicht, dass es nur den 12 gegen 12 Modus gibt und niemand Kontrolle über Großkampfschiffe übernehmen kann. Davon ab, passt das schnelle, arcadige und natürlich Dogfight-lastige Gameplay einfach perfekt zu Star Wars.

Dumm nur, dass die Mehrspieler-Schlachten ganz massiv unter den Sternkarten leiden. Diese in den Lootboxen zu ergatternden Karten bieten allerhand zusätzliche Fähigkeiten, etwa schnellere Waffencooldowns oder auch stärkere Thermaldetonatoren. Weil hier alles für jede Art von Charakter getrennt eingestellt und natürlich auch erspielt werden muss, darf man sich nicht nur einige Zeit mit den Sternkarten verbringen. Sie geben Spielern auch allzu deutliche Vorteile. Entsprechend liegen bereits jetzt im Multiplayer immer Spieler vorne, die alle Slots freigeschaltet haben und möglichst gute Karten besitzen. Auch ohne Mikrotransaktionen werden die Sternkarten so zur doppelten Spaßbremse. Einerseits weil sie definitiv zu große Vorteile geben, andererseits weil man erheblich zu viel Zeit mit dem System verplempert. Dabei gibt es genug Titel, die zeigen wie es besser geht, sogar im Free to Play Sektor. Im Vollpreissegment kann man hier aber problemlos auf eingangs genanntes Halo 5: Guardians verweisen.

Schwerer wiegt dabei am Ende noch, dass das System von Battlefront 2 einfach ganz klares Pay to Win ist, sollten die Mikrotransaktionen früher oder später wieder aktiviert werden.

Welcome to Naboo

Ganz ehrlich, audiovisuell ist Star Wars: Battlefront 2 eine Wucht. Natürlich ist das bei Soundeffekten und Musik einfach, darf man doch auf klassische Star Wars Sounds und den großartigen Score von John Williams zurückgreifen. Aber auch die Sprecher stehen hier kein bisschen zurück. In der deutschen Version sind dabei alle bekannten Figuren, bei denen es möglich war, mit den originalen Synchronsprechern besetzt. Das trägt natürlich auch zur Atmosphäre bei. Akustisch macht Battlefront also einfach Spaß.

Es sieht aber auch optisch einfach Bombe aus. Und das selbst auf einer Standard Xbox One. Zur Kritik könnte hier höchstens die nicht immer ideale Bildschärfe einladen. Allerdings ist diese besser als bei vielen bisherigen Frostbite-Spielen. Davon abgesehen wird es mit Kritik an der Optik auch schon sehr schnell eng. Sicher, gerade auf den ganz großen Multiplayer-Maps und vereinzelt auch in der Kampagne gibt es mal weniger hübsche Texturen oder nicht ganz so gelungene Effekte.

Das ist aber tatsächlich die Ausnahme. Tolle Umgebungen, hervorragend umgesetzte Star Wars Kulissen, sehr glaubwürdige Fahrzeuge und hochglanzpolierte Sturmtruppler können durch die Bank weg überzeugen. Dazu tragen sicher auch die tollen Lichteffekte bei Gefechten und Explosionen bei. Ein Besuch auf Sullust etwa bringt glühende Lava wunderbar ins Spiel ein. Alle Register werden bei der Schlacht um Jakku geschlagen, da geht optisch einfach die Post ab. Aber auch der Mehrspieler-Modus muss sich hier nicht verstecken. Zwar sind nicht alle Karten beziehungsweise Kartenabschnitte gleich hübsch anzusehen, enttäuschend ist die Optik allerdings nie. Im Gegenteil, die meiste Zeit kann Battlefront 2 hier echt blenden auch dank der sehr stabilen Bildrate. Einbrüche sind im Spiel faktisch nicht spürbar, auch wenn sie vorhanden sein mögen.

The EAmpire strikes Back

Es ist wirklich schade, dass EA einerseits keine wirklich überzeugende Singleplayer-Kampagne auf die Beine stellen konnte und andererseits mit den Sternkarten in ihrer jetzigen Form allzu effektiv den Multiplayer torpediert. Die Grundmechanik stimmt. Auch wenn Battlefront 2 nicht frei von Fehlern ist, gerade weil man eigentlich kein Shooter-Crack sein muss, kann der Mehrspieler punkten. Aktuell wird gerade die Einsteigerfreundlichkeit von den Sternkarten aber ganz massiv konterkariert. Schade ist, dass Battlefront 2 so eben nicht mehr wirklich als Casualshooter für spaßige Runden zwischendurch taugt.

Fazit

Ihr denkt bei Fondor nicht an ein Maggi-Produkt, sondern an das galaktische Imperium? Ihr habt früher vielleicht sogar einen Haufen Star Wars Romane und Comics gehabt, reihenweise Star Wars Spiele und so weiter? Oder seid ihr schon mit Star Wars statt dem Krieg der Sterne groß geworden und mit Klonkriegern statt Sturmtrupplern? Vielleicht mögt ihr Star Wars auch einfach nur? Falls ihr in letztere Kategorie fallt, das ist nicht das Spiel, das ihr sucht. Weiterscrollen! Warum? Einfach weil die Lootboxen massiv Spielspaß kosten, zumindest in der jetzigen Form. Solltet ihr Star Wars Fans sein, fällt es womöglich leichter, über diesen schwerwiegenden Fauxpas hinweg zu sehen. Dafür wird die Kampagne euch eher mit den Gefühlen der dunklen Seite konfrontieren. So toll sie aussieht und so viel Spaß in allzu kurzen Momenten die eigentlichen Hauptfiguren machen, so viel Potenzial wird am Ende verschenkt. Ich hätte gerne mehr Zeit mit Iden, Shriv und Del verbracht und auch mehr über Garrick Versio und Hask erfahren. Über das unterdurchschnittliche Missionsdesign legen wir besser eh den Mantel des Schweigens.

Star Wars: Battlefront 2
Grafik/Präsentation
90
Story/Atmosphäre
70
Gameplay
58
Multiplayer
75
Spielspaß
64
Leserwertung0 Bewertungen
0
71