Slaps And Beans im Test – „Du hast die Hosen voll und nur eine mit?“

Sie sind längst Kult: Die Haudrauf-Filme mit Bud Spencer und Terrence Hill (bürgerlich Carlo Pedersoli und Mario Girotti). Eine Kickstarter-Kampagne hatte zum Ziel, einen klassischen Brawler zu entwickeln, der sich an den Leinwandhelden und deren Werken orientierte. Nun ist der Titel fertig – 6808 Backer trugen insgesamt 212.557 Euro zusammen, das Ergebnis lässt sich nun bei Steam sowie auf PS4, Xbox One und Switch käuflich erwerben.

Retro, Retro, Retro

Wem der Begriff „Brawler“ jetzt spontan nichts sagt: Slaps And Beans ist ein seitwärts scrollendes 2D-Beat’em Up, bei dem der Spieler festen vorgegebenen Pfaden folgt und die seitlich von den Bildschirmrändern ins Bild strömenden Gegnerhorden in der Regel vertrimmt, bis sie besiegt sind. Prominente Beispiele für dieses Genre war die in den 1990er Jahren gnadenlos populäre Final Fight-Serie, in die gleiche Zeit fallen die Streets of Rage-Titel. Etwas früher, in den 1980ern, lockten die Double Dragon-Automaten in die Spielhallen. Für die klar im Retro-Bereich angesiedelte Spencer/Hill-Thematik ist es dann auch nur konsequent, schon mal ein Retro-Genre auszuwählen.

Diese Konsequenz zieht sich wie ein roter Faden durch das Spiel: Genrebedingt ist die Steuerung nicht allzu komplex, auch die Technik orientiert sich an vergessenen Tagen: Die Grafik ist in etwa gehobenes 16 Bit-Niveau (also ungefähr beim SNES/Mega Drive anzusiedeln), die Musik ertönt in CD-Qualität – aber welche, das ist schon wieder retro. Denn fast alle der Hintergrundstücke kennt man aus einem Film der beiden Italiener, überwiegend war es Oliver Onions, der einige der großartigsten Songs der Filmgeschichte zu den eigentlich eher seichten Unterhaltungsfilmen der beiden Haudegen komponierte.

Wie bei den heiß geliebten Filmen verfolgt auch das Spiel eine kleine Story. Die Prügellevels orientieren sich an einer Story, wie sie problemlos vor 30 Jahren einem echten Drehbuch zu einem Spencer/Hill-Film entsprungen sein könnte: Eigentlich wollten beide nur als Filmschauspieler ein bisschen Kohle machen, aber natürlich läuft mal wieder alles schief. Die Buchhalterin der Filmfirma wird in einer spektakulären Aktion von einem ominösen Herrn Tango entführt – die Lohntüten der beiden Akteure nimmt er gleich mit. Geld weg, Mädchen entführt, ein Haufen böser Schergen mit mehr Tollpatschigkeit als Prügelkompetenzen – fertig ist das Setting.

Und was ist abgesehen von den skurrilen Prügeleien immer das Schönste an den Filmen gewesen? Natürlich das umfangreiche Arsenal an heute noch witzigen Sprüchen und One-Linern, die dem Duo vom legendären deutschen Synchronregisseur Rainer Brandt auf den Leib geschrieben wurden. Zwischen den Levels wird die Handlung in Form von Dialogen zwischen den Spielerfiguren und den NPCs fortgeführt (natürlich nur in reinen Text-Dialogboxen), in denen nicht wenige Sprüche aus den Filmen zitiert werden – und der Humor dieser Filme insgesamt überraschend gut eingefangen wird, auch wenn Rainer Brandt seine Finger jetzt nicht mit im Spiel hatte.

Detailverliebter Stil

Das Spiel orientiert sich insgesamt ganz klar an seligen Spielhallenzeiten. Zum Spielstart gibt’s nicht nur eine Begrüßung mit „Insert Coin“-Bildschirm, sondern im Pausenmenü ist sogar der gesamte (imaginäre) Spielautomat mitsamt Joysticks und flackerndem Bildschirm zu sehen. Wer solo spielt, wird am oberen Bildschirmrand permanent mit „Insert Coin“ darüber informiert, dass jederzeit Spieler 2 dazustoßen kann. Zwischen beiden Charakteren kann während des Spiels grundsätzlich munter gewechselt werden.

Nach der Auswahl der Figur, die durch das Spiel gesteuert werden soll, beginnt eine Reise durch die bekanntesten Filme des Duos, die jeweils als Ausgangspunkt für mindestens ein Level dienen. Diese Tribut-Charakteristik der gesamten Produktion ist sehr exponiert, ausgehend von dem bereits erwähnten Soundtrack und der Pixelgrafik bis hin zu den Soundeffekten bei Schlägen und Treffern, die wie original aus den Filmen klingen: albern, überzogen, chaotisch.  Der gesamte Bewegungsablauf des Paares wird nahezu komplett aus den Filmen übernommen: Bud ist langsamer und kraftvoller, während Terence hauptsächlich seine Geschwindigkeit nutzt. Das Grinsen beim Spieler steigt, wenn Terence eine ganze Gruppe von Bösewichten abschüttelt, dann rammt Bud Spencer einem von ihnen die Faust auf den Kopf, während die anderen zwei auf den Boden fallen, nachdem ihre Köpfe wie zwei Walnüsse zusammengestoßen worden sind. Jede einzelne Bewegung der Protagonisten wurde bis ins kleinste Detail nachanimiert und so kann Terence den Feind ablenken, indem er einen Krug Bier nach oben wirft, dann dem Gegner auf die Füße stampft und den Gegner in einem Hagel von Ohrfeigen mattsetzt.

Damit die Sidescroll-Prügelei nicht allzu monoton wird, lockert Entwickler Trinity Team das Geschehen mit einigen Minispielen auf. So geht es mit dem Buggy aus „Zwei wie Pech und Schwefel“ (dem roten mit dem gelben Häubchen) über eine Rennstrecke oder mit der Limo aus „Zwei bärenstarke Typen“ in eine automatisch scrollende Verfolgungsjagd. Am originellsten ist das Wettessen im Stile von Dance Dance Revolution, in dem es innerhalb von drei Minuten möglichst viele Würstchen zu vernichten gilt.

Wermutstropfen

Leider ist die große Sorgfalt und Detailverliebtheit, die in Grafik, Musik, Levelgestaltung und Story gesteckt wurde, nicht in gleichem Maße ins Gameplay gesteckt worden. Ein Brawler besteht nicht nur aus Punch und Kick, das fragliche Genre erfordert eine große Präzision, Timing, präzise Kollisionsabfragen und viele andere Details.

In der Theorie münden die erwähnten leichten und harten Schläge je nach Charakter und Treffern am Stück in unterschiedliche Schlagkombinationen. Schade ist jedoch, dass das Ergebnis oft verwirrt, vor allem, weil „Serientreffer“ nur im Schluckauf gelandet werden und die Kollisionsabfrage nicht genau ist: Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Salve von Schlägen den falschen Feind trifft. Die übermäßige Anzahl von Feinden auf dem Bildschirm macht die Situation noch chaotischer: Captain Commando oder Final Fight waren immer in der Lage, eine angenehme Balance des richtigen Schwierigkeitsgrades mit einer angemessenen Anwesenheit von Gegnern zu kombinieren – ein Kunststück, was Slaps And Beans leider abgeht.

Für das Kind im Manne

Die Filme von Bud Spencer und Terence Hill waren harmlose und unterhaltsame Produktionen, die ihren Erfolg vor allem dem Charme des Duos verdanken. Wenn man sie heute schaut, kehrt man unweigerlich in jenes Zeitalter der kindlichen Unschuld zurück, von dem es emotional unmöglich ist, sich loszureißen.

Ohne allzu viel Brimborium funktioniert alles dank einer extremen Leichtigkeit. Was auf dem Bildschirm passiert, ist nicht als eine Geschichte, sondern als ein eine ganze Ära feierndes Werk zu verstehen.

Fazit

Die aktuelle Ü30-Generation wird mit Freudentränen in den Augen sofort den nächsten Download-Store ansteuern: Slaps And Beans ist eine herrliche Hommage an Filme, Figuren und Charaktere, ein beeindruckend sympathisches Zitatefeuerwerk mit großer Detailverliebtheit. Das Gameplay ist selbst für einen Brawler etwas eindimensional, aber das macht nichts – zu viel Spaß macht das Nachspielen bekannter Szenen. Die Minispiele sind nett, aber belanglos, sie stören nicht, aber bringen jetzt auch keinen Mehrwert. Insgesamt ist der ganze Spaß nach vier Stunden vorbei, aber das sind vier herrliche Stunden voller großartiger Unterhaltung. Die U30-Generation wird sich dagegen fragen, was das jetzt schon wieder für ein verpixelter Opa-Kram sein soll – aber nun gut, das Studium der Filme setzt der Titel irgendwie zwingend voraus.

Slaps and Beans
Grafik/Präsentation
81
Story/Atmosphäre
82
Gameplay
70
Multiplayer
74
Spielspaß
79
Leserwertung0 Bewertungen
0
77