Hitman 3 im Test – Ein Nerd mit Barcode im Nacken

Aller guten Dinge sind drei. So sagt man wohl schon seit dem Mittelalter. Es hatte wohl ein Angeklagter zu dieser Zeit dreimal bei einem Thing (Volks- oder Gerichtsversammlung nach germanischen Rechten) im Jahr die Möglichkeit, sich den Richtern zu stellen. Erschien der Angeklagte auch dann nicht, wurde er in Abwesenheit verurteilt. Agent 47 könnte man dabei wohl als Henker oder Gerichtsvollzieher verstehen. IO Interactive schickt in der World of Assassination nun zum dritten Mal den Hitman auf eine Reise um den Globus, um allen möglichen Leuten den Gar auszumachen. Ob der abschließende Teil den beiden schon hervorragenden Vorgängern gerecht wird, verrate ich euch im Test.

Im Hintergrund

Die Story wird über alle drei Teile erzählt und findet nun in diesem ihren gekrönten Abschluss. Na ja, ob die Story nun wirklich adelig ist, ist wohl Geschmacksache. Insgesamt ist das Writing über alle drei Teile zwar ordentlich aber nichts Herausragendes. Wer die Vorgänger nicht gespielt hat, kann sich in Hitman 3 eine Zusammenfassung der Geschehnisse anschauen. Alles in allem reicht das auch, um einen groben Plan von dem zu bekommen, was vorher passiert ist. Wer die beiden Vorgänger allerdings besitzt, kann auch die gesamte Kampagne in Hitman 3 spielen. Die Vorgänger bekommen die grafischen Verbesserungen von Hitman 3 und alles ist gesammelt in einem Teil. Wenn da nicht dieser fürchterliche Verifizierungsprozess gewesen wäre, der mich fast einen gesamten Nachmittag gekostet hat, um alle Inhalte sauber zu importieren. Das möchte ich hier aber nicht weiter thematisieren. Alles in allem ist die Absicht dahinter super und ich finde es hervorragend, dass ich nun alle Missionen in Hitman 3 gesammelt habe.

Wir spielen Agent 47. Ein ausgebildeter Auftragskiller, der gemeinsam mit seiner Händlerin Diana Burnwood für die International Contract Agency arbeitet. Gemeinsam stoßen sie auf eine geheime Organisation und ihre Verbindungen, die es von der Landschaft zu tilgen gilt. Mehr möchte ich zu der gesamten Story auch gar nicht sagen, um niemanden zu spoilern. Alles in allem ist der Verlauf der Story aber sehr vorhersehbar. Die Story selbst wird mit kleinen Zwischensequenzen erzählt und vorangetrieben. Während der Missionen sind nur selten Story relevante Informationen zu bekommen. Aber die Jagd auf die geheime Organisation schickt Agent 47 um den gesamten Globus, wodurch die verschiedensten Szenarien entstehen, was IO Interactive hervorragend ausnutzt um vor allem interessante Orte und Events als Schauplätze zu kreieren.

Der Weg ist das Ziel

Wer die beiden direkten Vorgänger kennt, kennt auch das Prozedere in Hitman 3. Wir werden mit einem kurzen Briefing an unseren Einsatzort gebracht und müssen mit den Mitteln vor Ort und wenig eigener Ausrüstung unsere Ziele eliminieren. Beim ersten Start einer Mission sind wir noch deutlich eingeschränkt und müssen uns erst einmal die Umgebung anschauen und erkunden, um die verschiedenen Möglichkeiten auszuloten. So belauschen wir Mitarbeiter, Wachen oder andere Personen, die uns mehr Informationen über unser Ziel und ihre Gewohnheiten geben. So finden wir beispielsweise heraus, dass eines unserer Ziele einen neuen Wachmann bekommen soll. Dieser befindet sich aber in der Umkleide und kann seine Uniform nicht finden. Schnell schlüpfen wir in seine Rolle und passen den richtigen Moment ab, um als getarnte Leibwache unser Opfer vom Balkon zu werfen. Das Prinzip wiederholt sich im Grunde aber die extrem hohe Zahl an verschiedenen Wegen zum Ziel machen einfach diesen besonderen Kniff aus. Durch die hohe Anzahl der verschiedenen Möglichkeiten ist auch der Wiederspielwert enorm und man ist mit den gesammelten Informationen aus dem ersten Durchlauf meist so motiviert und interessiert, dass man die Mission gerne ein zweites oder drittes Mal wiederholt. Natürlich ist der beste Weg das Ziel ohne Aufmerksamkeit zu erledigen oder es gar wie einen einfachen Unfall aussehen zu lassen. Ich meine, wenn der Golfball versehentlich durch eine explosive Attrappe vertauscht wird ist das doch glaubwürdig, oder? Na ja, das zählt vielleicht nicht gerade zu den unauffälligen Methoden aber zu einer, die erst auffällt, wenn man bereits über alle Berge ist. Wahrscheinlicher ist es da schon, wenn das Ziel im Wasser steht und sich eine Lampe von der Aufhängung löst und ins Wasser fällt. Ups!

Um die Welt meucheln

Jede Mission hat bei mir beim ersten Durchlauf zwischen 30 und 60 Minuten gebraucht. Einmal abgeschlossen werden alle Möglichkeiten aufgedeckt. Also das “Was” möglich ist, dass “Wie” muss man dabei immer noch selbst herausfinden, aber durch die Hinweise wird es einfacher. Zusätzlich schalten wir neue Möglichkeiten frei. So startet man die Mission beispielsweise direkt in dem Briefingraum für Mitarbeiter oder als Techniker in einem Museum und kann von der Agency Gegenstände an verschiedenen Orten hinterlegen lassen. Das gibt direkt neue Möglichkeiten und verkürzt häufig auch die Dauer der Missionen, weil die Kombination von gesammeltem Wissen und den freigeschalteten Möglichkeiten ausschlaggebend sind. Wenn man Hitman spielt, versteht man auch relativ schnell, warum man versucht hat den ersten Teil im Episodenform auf den Markt zu bringen. Bei der Mehrheit kam diese Variante aber nicht so gut an, worauf IO Interactive mit dem zweiten Teil wieder das Spiel als Ganzes veröffentlichte. So auch im dritten Teil. Insgesamt stehen sechs Missionen zur Verfügung. Agent 47 reist von Dubai über England bis nach China. Dabei könnten die Schauplätze nicht unterschiedlicher sein. Vom feinsten Hotel Wolkenkratzer zum vernebelten Castle und über in einen Slum, unter dem sich eine komplett geheime Einrichtung befindet. Die Schauplätze sind abwechslungsreich und machen einfach jeder für sich Spaß zu erkunden. Als wirklich neues Spielelement gibt es nur ein Fotohandy, womit wir in manchen Missionen die Umgebung scannen oder Security Geräte hacken können. Sonst ist aber nach wie vor alles beim Alten geblieben. Wer so überhaupt keine Lust auf Stealth hat, kann sich zwar auch versuchen durch die Menge zu schießen, wird dabei aber wenig Spaß haben, da das Gunplay mit der Deckungsmechanik nicht gut umgesetzt ist. Agent 47 ist für solche Aktion aber auch eher der Falsche und es ist zwar eine Möglichkeit die Missionen zu lösen, aber diese liegt nicht im Fokus der Entwickler.

Selbst ist die Community

Aber selbst nach den vom Entwickler vorgegebenen Missionen gibt es noch etwas zu tun, denn IO Interactive hat einen Editor hinzugefügt, mit dem wir selbst Herausforderungen auf den Karten erstellen können. Hier bestimmen wir wer eliminiert werden soll und auf welche Art und Weise. Diese Herausforderungen können wir dann hochladen, damit andere Spieler die von uns erstellten Missionen spielen können. Die Ergebnisse werden am Ende in einem Rankingboard festgehalten. Die Entwickler stellen auch regelmäßig von der Community erstellte Herausforderungen vor und verknüpfen diese mit Events. So wird auch auf Dauer der Wiederspielwert von Hitman 3 hochgehalten. Nichtsdestotrotz fühlen sich 6 Schauplätze für einen Vollpreistitel insgesamt nach wenig und dadurch eher nach einem Levelpack an.

Grafisch macht Hitman 3 auf der Xbox One X eine hervorragende Figur. Hier hat mir das Neon beleuchtete Slum in China besonders gut gefallen. Der Regen und die Spiegelungen in den Pfützen fangen die Stimmung hervorragend ein. Leider kommt es hier und da zu nachladenden Texturen oder plötzlich aufpoppenden Gegenständen. Wie das auf den neuen Konsolen von Microsoft und Sony aussieht, kann man wohl am besten in einem Digital Foundry Video beobachten. Alles in allem sieht Hitman 3 aber auch auf der Last-Gen hervorragend aus. Die Soundkulisse trägt hier ihren Teil zur gesamten Atmosphäre bei. Der Soundtrack ist wunderbar stimmig und bleibt eher im Hintergrund. Wer auf eine deutsche Synchronisation hofft, den muss ich hier aber enttäuschen. Es gibt lediglich eine englische Synchronisation mit deutschen Untertiteln. Dafür ist die englische Vertonung aber wirklich gelungen und bringt die verschiedenen Akzente von Personen wunderbar zur Geltung.

Fazit

Hitman 3 ist ein krönender Abschluss für eine hervorragende Trilogie, die zwar im dritten Teil nur mit sechs Missionen daherkommt, die aber durch den hohen Wiederspielwert ihr Geld wert sind. Um die Kampagne von Hitman 3 durchzuspielen braucht man ungefähr sechs bis acht Stunden. In Kombination mit den verschiedenen Herausforderungen des Entwicklers und der Community gibt es genug Stoff für dutzende weitere Stunden. Wer einen hohen Wert auf eine Story legt, der wird vielleicht durch die Vorgänger schon ein wenig enttäuscht worden sein. Das bessert sich durch Hitman 3 insgesamt nicht. Wer diese aber als nettes Beiwerk interpretiert, bekommt hervorragende Spielwiesen, die das Stealth Herz höher schlagen lassen. Fans der Reihe können blind zugreifen, andere sollten vielleicht auf einen Sale oder eine Edition mit allen drei Teilen warten.

Hitman 3
Präsentation (Grafik, Sound)
82
Story, Atmosphäre
83
Gameplay
85
Spielspaß
85
Leserwertung0 Bewertungen
0
Pros
Cons
84