Bloodstained: Ritual of the Night im Test – Symphony of Igarashi?

Eines der erfolgreichsten Kickstarter Projekte, zumindest wenn es um das eingesammelte Budget geht, ist ganz sicher Bloodstained: Ritual of the Night, hinter dem niemand geringeres als das Castlevania Mastermind Koji Igarashi steckt und das seinerzeit 5,5 Millionen US-Dollar bei Kickstarter einsammeln konnte. So ganz problemfrei lief die Entwicklung bei ArtPlay allerdings nicht, der Titel musste mehrfach verschoben werden und die Wii U Fassung wurde, aus nachvollziehbaren Gründen, sogar eingestellt. Da fragen wir uns natürlich, ob das Endprodukt überzeugen kann.

Wie bei den Draculas Zuhause

Wer die Castlevanias ab Symphony of the Night bis Order of Ecclesia gespielt hat wird sich bei Bloodstained: Ritual of the Night sofort Zuhause fühlen. Denn Bloodstained folgt weitestgehend dem gleichen Metroidvania Muster der Castlevanias unter Igarashis Federführung. Die Rollenspiel-Einflüsse haben vielleicht noch etwas zugenommen, natürlich weist Bloodstained auch so seine Eigen- und Besonderheiten auf aber alles in allem ist die Marschrichtung klar.

Wie bei anderen Metroidvanias erkundet ihr die 2D Umgebung Stück für Stück nach Art eines Action Plattformers, allerdings auch relativ nonlinear und vor allem gewinnt ihr natürlich nach und nach neue Eigenschaften, die euch Zugang zu weiteren Bereichen ermöglichen. Hier liegt schon eine der Besonderheiten von Bloodstained, denn unsere Scherbenbinderin Miriam kann unterschiedliche Scherben verwenden und zwischen ihnen wechseln. So ist der Doppelsprung zwar eine feste Eigenschaft, aber Lichtstrahl Teleport oder die Hindernisse aus dem Weg räumende Riesenhand müssen entsprechend ausgerüstet werden. Auch Begleiter können wir in Form von Scherben freispielen und auswechseln. Allerdings steigen treue Begleiter im Rang, werden besser und natürlich sind alle Scherben generell verbesserbar.

Damit nicht genug, kann fleißig zwischen verschiedenen Waffengattungen gewechselt werden. Schwert, Peitsche oder Schusswafffe? Eure Wahl. Miriam sammelt natürlich auch selbst Erfahrungspunkte und levelt auf. Darüber hinaus kann man auch Nahrungsmittel mit den passenden Zutaten brutzeln lassen, die nicht nur heilen sondern auch schon mal Buffs bieten können. Klingt kompliziert? Ist es nur bedingt, weil uns das Spiel nach und nach in alles einführt.

Nebencharaktere gibt es übrigens auch. Der japanische Dämonenjäger Zangetsu wird Circle of the Moon Spielern bereits bekannt sein. Ordensschwester Dominique versorgt uns unter anderem mit Items und Waffen sowie gelegentlichen Infos. Alchemist Johannes fertigt für uns Gegenstände, hilft beim Herstellen von Nahrungsmitteln und verbessert unsere Scherben. Dorfbewohner wie Abigail oder Lindsey versorgen uns mit Nebenaufgaben. Und auch im Dämonenschloss (Sorry, ist halt kein Castlevania) treffen wir auf einen Outfits ändernden Killerfriseur oder Bücher verleihenden Vampir.

Komm hol die Peitsche raus

Das Kampfsystem unterscheidet sich teilweise von klassischen Castlevanias, bietet aber auch reichlich Gemeinsamkeiten. Da wir unsere Primärwaffe nach eigenem Gutdünken aussuchen können und jene sich unter anderem in Reichweite und Angriffsgeschwindigkeit unterscheiden, liegt hier schon ein erster Unterschied. Aber auch die Spezialfähigkeiten durch einzelne Scherben bieten deutliche Unterschiede. Von der Möglichkeit, sich rein defensiv auszurüsten bis zu mächtigen, aber Mana verschlingenden, Offensivfertigkeiten ist so ziemlich alles drin. Die Gegner sind wirklich vielfältig: von der riesigen Rüstung bis zu formlosen Schlammdämonen, vom Tintenfisch bis zum Gitarrrenspieler (samt entsprechendem Sound natürlich) und von der Kröte bis zum Drachen. Auch hier sind teilweise deutliche Reminiszenzen an Castlevania zu finden, ohne dass es zur Kopie abdriftet. Klar, Kerzenständer lassen sich auch zerschmettern und enthalten alles mögliche von Gold bis Items. Und dann wären da natürlich die teils ziemlich großen Bossgegner, die fast durch die Bank überzeugen können. Nicht jeder davon ist bildschirmfüllend, aber jeder hinterlässt seinen ganz eigenen Eindruck. Sei es nun ein doppelköpfiger Drache oder eine Vampirin mit mächtigen Blutzaubern.

In der guten, alten Zeit…

Storyseitig erinnert Ritual of the Night im Guten wie im Schlechten doch sichtlich an die Neunziger. Stellenweise bleibt die Story rund um Alchemisten, Scherbenbinder und Dämonen doch recht wirr, es gibt reichlich Verwicklungen und der eine oder andere Charakter hat natürlich seine dunkle Seite. Alles in allem bleiben die Charaktere aber verglichen mit manch anderen Metroidvanias der letzten Zeit recht blass, während andere es wiederum schaffen, mit deutlich weniger Worten viel mehr zu erzählen. Mich persönlich hat das nicht gestört, weil es eben an die ‘gute, alte Zeit‘ erinnert, also genau so wie beim PC-Engine CD Intro von Rondo of Blood. Oder wie es seinerzeit halt mal auf GameBoy Advance war. Dennoch, genug Spiele zeigen einfach, wie es besser gehen kann. Vor der erzählerischen Komponente eines Ori wirkt Bloodstained schon eher blutleer.

Auch das Balancing wirkt nicht ganz ausgefeilt. Ziehen beispielsweise bei Metroid: Samus Returns generelle Spielschwierigkeit und Bossfights kontinuierlich an, konnte auf eine überraschend schwierige Passage in Bloodstained auch wieder eine eher leichte folgen. Auch die Bosse wirkten auf mich nicht so fein ausbalanciert wie bei einigen anderen Titeln. Dennoch ist das Niveau insgesamt schon ziemlich hoch und der Spielspaß wollte mich zu keiner Zeit verlassen.

Schicke Bude?

Ist die englische Sprachausgabe zumindest solide kann die Musik von Bloodstained fast durch die Bank überzeugen. Hier werden allerdings auch besondere Assoziationen zu Castlevania wach. Kein Wunder, da die Musik von Michiru Yamane stammt, die sich auch für diverse Castlevania Soundtracks verantwortlich zeichnet. Kurzum, musikalisch lässt Bloodstained nix anbrennen.

Visuell kommt es leider nicht so eindeutig daher. Wirken unsere Protagonistin und verschiedene Gegner vom Look her eher handgemalt, kommen die Hintergründe als dreidimensionale Polygonkonstrukte daher. Zusammen mit verschiedenen Effekten wirkt das oft nicht ganz homogen. Auch wenn die Optik des Spiels insgesamt ordentlich funktioniert, Titel wie Ori wirken hier insgesamt deutlich schöner und stimmiger. Dazu kommen auf der normalen Xbox One Ladezeiten teils zwischen einzelnen Räumen, die manchmal gar nicht so kurz sind und eine Bildrate, die sich nicht immer konstant anfühlt. Dabei wirkt Bloodstained optisch so, dass auch die Switch es locker ohne Probleme packen müsste. Leider ist das zumindest aktuell ja nicht der Fall und die Switch Fassung ist zur Zeit technisch besonders problematisch. Auf der Xbox One X dagegen gibt es nicht nur die höchste Auflösung, auch spürbare Ladezeiten hat man fast nirgends.

Fazit:

So ganz frei von Fehlern ist Bloodstained am Ende nicht geworden. Trotzdem macht das Erkunden des dämonischen Schlosses unterm Strich reichlich Spaß und Ritual of the Night ist nicht nur ein würdiger Castlevania Nachfolger, sondern ein Muss für Fans des ganzen Genres. Auch wenn ein wenig Potenzial verschenkt wurde. Man darf sicher auch auf die Gratis-DLC’s gespannt sein, die in nächster Zeit noch folgen sollen. Bleibt zu hoffen, dass die Fassung für die Switch mit den nächsten Patches auch noch die nötigen, technischen Verbesserungen bekommen wird. Bis dahin sollten Nintendo Spieler gedanklich so einige Prozente abziehen.

 

Bloodstained: Ritual of the Night
Präsentation (Grafik, Sound)
81
Story, Atmosphäre
79
Gameplay
86
Spielspaß
88
Leserwertung0 Bewertungen
0
Sehr gutes 'Igavania'
Gelungener Soundtrack
Gelungene Mischung aus vetraut und neu für Castlevania Fans
Etwas altbackene Story
Balancing könnte runder sein
Grafikmix geht nicht immer auf
84