Bombslinger im Test – Bomberman auf Roguelike

Es gibt Spielkonzepte, die sind einfach Klassiker. Genau in diese Kategorie gehört mit absoluter Sicherheit Bomberman. Hudson Softs Kultklassiker treibt nun seit 35 Jahren sein explosives Unwesen auf allen erdenklichen Spieleplattformen. Und er ist nach wie vor für bombige Mehrspieler Couchduelle prädestiniert. Weniger stark sind dagegen seine Einzelspieler Abenteuer. Genau hier setzt Bombslinger von Entwickler Mode4 an. Ein Titel, der Roguelike und klassisches Bomberman Gameplay verbindet. Ob das funktioniert?

Clint Eastbomb

Die erste Überraschung von Bombslinger sind Setting und Hauptcharakter. In bester Spaghettiwestern-Manier übernehmen wir die Kontrolle über einen Poncho-tragenden Ex-Desperado. Eigentlich hatten wir uns ja schon längst auf unserer McMean Farm zur Ruhe gesetzt. Dumm nur, dass sich unsere ehemalige Bande an uns rächen will und unsere Bude abfackelt. Dabei bleibt nicht nur unsere Frau auf der Strecke, sondern auch die Ruhe und Gelassenheit der vergangenen Jahre als Farmer. Jetzt zählt nur noch eines. Rache!

Wirklich mehr Story bietet Bombslinger nicht. Es gibt zwar ein bisschen Text vor jedem Bossfight, aber wirklich von Belang ist das alles nicht. Mehr Handlung als zu seligen 16-Bit Zeiten dürft ihr einfach nicht erwarten. Macht aber nix, das Setting und so die manchmal ziemlich abgedrehten Gegner reißen das locker raus.

Sergio Bombone

Da wären zum Beispiel alte Männer in Unterhose und Ziegen im ersten Level. Die Ziegen wollen uns immer rammen, bleiben aber an einer in den Weg gelegten Bombe hängen. Als Bossgegner können in diesem Abschnitt einer unserer Ex-Kumpane lauern, ein klassischer Feuerteufel, der tornadohaft duch die Bossarena wirbeln kann, oder ein geradezu diabolischer Ziegenbock. Der unsere Bomben übrigens zu uns schleudern kann.

Der ein oder andere Gegner nutzt auch Fernkampfwaffen wie Schrotflinten. Wieder andere Gegner schleudern unsere Bomben per Spitzhacke auf uns. Gut, dass sich allerhand Items finden lassen. Da wäre beispielsweise der Revolver, der uns als Fernkampfwaffe dienen kann. Oder Explosivfässer. Weil der Spitzhackenfuzzi die nicht wegkloppen kann, bieten sie sich ja vielleicht für eine schöne Kettenreaktion an. Auch Heilitems wie Pflaster oder das heimtückische Schlangenöl gibt es. Ob uns das hilft oder schadet und welche Boni es vielleicht vergibt, das weiß man beim Schlangenöl halt nicht. Generell lassen sich immer ein Angriffs- und ein Heilitem mittragen. Heilgegenstände sind dabei immer Einweg-Items.

Auch XP gibt es, natürlich für ausgeschaltete Gegner. Stufenaufstiege bieten uns eine fieserweise immer zufällige Auswahl an Verbesserungen, oder auch die Möglichkeit, uns zu heilen. Dabei stehen generell immer drei Dinge zur Auswahl, etwa schneller rennen, größerer Explosionsradius, mehr Bomben gleichzeitig ablegen können, ein weiteres Herz…

Bomb Spencer

Klingt eigentlich alles gut, allerdings ist Bombslinger gerade in der ersten Spielzeit knallhart. Die prozedural generierten Level bieten keine Möglichkeit, optimale Pfade zu lernen, der Schwierigkeitsgrad kann sogar ordentlich schwanken. Dabei beginnen wir nach dem Bildschirmtod aber immer wieder bei Null. Einzig die vor Spielbeginn ausrüstbaren Items, von denen wir durch Besiegen von Bossgegnern nach und nach bessere Startchancen bekommen, machen uns das Leben etwas leichter. Dazu gesellt sich eine Steuerung, die gerade per Analogstick nicht so richtig präzise daher kommt. Auf Switch, wo dem Joycon ein richtiges Steuerkreuz fehlt kann das besonders nervig sein, denn immer wieder laufen wir so genau im falschen Moment in Gegner oder eigene Bomben.

In Verbindung mit dem ziemlich hohen Schwierigkeitsgrad und der Tatsache, dass man immer wieder beim ersten Level startet sollte man für die Bombslinger Kampagne eine hohe Frusttoleranz mitbringen. Oder leicht masochistisch veranlagt sein. Anderenfalls hat man hier sehr früh keinen Spaß mehr.

Vier Bomben für ein Halleluja

Das sieht im Mehrspielermodus schon anders aus. Lokal dürfen bis zu vier Spieler ran, alternativ können aber auch Bots als Ersatz für menschliche Bombenschwinger mitspielen. Zur Auswahl stehen dabei nur Deathmatch und Last Man Standing. Die Einstellungen, nämlich Anzahl der zu erreichenden Frags bzw. Last Man Standing Runden und die Kartenauswahl, sind dabei ziemlich minimalistisch. Im Gegenzug gibt es reichlich Power Ups. Die sind natürlich aus dem Einzelspieler beziehungsweise von anderen Genrevertretern altbekannt. Etwa der klassische Explosionsradius Boost. Weil man Items meist wirklich reihenweise einsammelt ist der eigene Bombslinger ziemlich schnell aufgerüstet. Manchmal sogar schneller, als man selbst registriert hat. Auch sonst spielt sich Bombslinger irgendwie deutlich chaotischer und hektischer als Hudsons Bomberman. Zusammen mit der etwas dürren Auswahl an Modi und Einstellungen macht der Mehrspieler zwar definitiv Spaß für ein paar schnelle Runden zwischendurch, fesselt aber nie so sehr ans Pad wie der behelmte Bomber aus Japan.

Für ein paar Bomben mehr

Eigentlich könnte man auch schreiben basst scho. Die pixelige Optik von Bombslinger hat reichlich Charme, wozu auch die schrägen Gegnerdesigns beitragen. Alle erdenklichen Italowestern Klischees wurden prima in ihre RGB Bestandteile zerlegt. Betritt man im Einzelspieler den Store schaltet die Kamera auch nett um. Die Soundkulisse und vor allem die Musik stehen dem in Nichts nach. Alleine unser Antiheld McMean erinnert schon unweigerlich an Clint Eastwood im Poncho, aber auch an so manch andere Westernfigur. Fast schon The Good, The Bad, The Ugly in Personalunion. Ganz wichtig natürlich auch, die Explosionen machen immer wieder Spaß, nicht zuletzt wenn man auf bildschirmfüllende Kettenreaktionen hingearbeitet hat.

Unterm Strich fehlt auf spielerischer Seite leider eine gute Ecke Feintuning. Bombslinger ist definitiv kein schlechtes Spiel. Der knackige Schwierigkeitsgrad in der Roguelike aufgebauten Kampagne kann hier aber ernsthaft abschreckend und frustrierend sein. Der Mehrspieler Part wiederum kann das auch nicht so richtig rausreißen, weil es hier letztlich an Modi und somit Abwechslung fehlt und weil die hektischere und chaotischere Spielweise einfach nicht so raffiniert und ausgefeilt ist wie beim großen Vorbild.

Stört man sich daran nicht und kann mit Schwierigkeitsgrad und Multiplayer für Zwischendurch leben, dann bietet Bombslinger aber trotzdem Spaß für einige Stunden.

Fazit

Man könnte es auch Bombermans Friend nennen. Ist Bombslinger zu stark bist du zu schwach. Fakt ist, man muss sich wirklich durch die Kampagne durchbeißen und die Motivation kann sehr schnell kippen. Wäre etwas einsteigerfreundlich wirklich so schlimm gewesen? Eher nicht. Und auch der Multiplayer verschenkt unterm Strich einiges an Potenzial. Trotzdem kann Bombslinger Spaß machen und dürfte für Bomberman Fans immer noch einen Blick wert sein. Und ja, für ein paar chaotisch-hektische Multiplayer Runden auf der Couch kann man hier ebenfalls Spaß haben. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass hier noch eine ganze Ecke mehr drin wäre.

Bombslinger
Grafik/Präsentation
75
Story/Atmosphäre
70
Gameplay
68
Multiplayer
74
Spielspaß
69
Leserwertung0 Bewertungen
0
71