Sword Art Online – Fatal Bullet: Rückkehr der Ladezeiten

Reki Kawahara hat mit Sword Art Online eine in Japan überaus erfolgreiche Romanserie veröffentlicht, die später als Anime ebenfalls große Erfolge feierte (seit Ende Februar 2018 auch auf ProSieben zu bestaunen). Nun legt Bandai Namco mit Fatal Bullet das neueste Spiel zum Franchise vor und möchte mit einem in der Serie bisher recht unverbrauchten Setting punkten: Fatal Bullet basiert auf den 2010 veröffentlichten Büchern „Sword Art Online 5+6: Phantom Bullet“.

Gun Gale Online

Am 6. November 2022 startet das VRMMORPG (Virtual Reality Massively Multiplayer Online Role-Playing Game) Sword Art Online (SAO), dessen Besonderheit es ist, den Spieler vollständig in eine virtuelle Realität abtauchen zu lassen und durch die Nachbildung sämtlicher Sinneswahrnehmungen die Einbildung zu vermitteln, dass er tatsächlich in dieser zu leben scheint. Einer der ersten 1000 Beta-Tester ist der Schüler Kirito. In den dem Spiel zugrundeliegenden beiden Romanen wechselt Kirito das Spiel: Auf Wunsch von Kikuoka, einem Offizier des Innenministeriums, taucht er in Gun Gale Online (GGO) ein, ein VRMMORPG voller Schießpulver und Feuerwaffen. Mit Hilfe des Scharfschützen Sinon untersucht er dort eine Mordserie, die von dem mysteriösen Death Gun begangen wurde. Aus dieser Vorlage strickt Bandai Namco einen lupenreinen Third Person-Shooter mit deutlichen RPG-Elementen.

Jede Menge Arbeit

Nach der genretypischen Charaktererstellung, die sich rein auf die Optik beschränkt und mittels diverser Schieberegler vorgenommen wird, startet der Spieler mit seinem komplett neuen GGO-Alter Ego auch gleich ins Geschehen ein. Als absoluter Newbie nimmt uns Kindheitsfreundin Kureha, die einen überhaupt erst zum Spielen von GGO gebracht hat, und anfangs als eine Art Mentorin fungiert, zunächst an die Hand. In den anfänglichen Tutorials lernen wir die grundlegende Steuerung und auch schon einige Charaktere der Spielwelt kennen, wobei die Dialoge in den zahlreichen Zwischensequenzen aus Textzeilen (die per Tastendruck alle einzeln weitergeschaltet werden müssen) und japanischer Sprachausgabe bestehen. In diesen Dialogen suggerieren vereinzelte Multiple Choice-Fragen Interaktivität, wobei die zur Verfügung stehenden Antworten sich in ihren Konsequenzen allerdings absolut nicht unterscheiden.

Der Start ins Spiel geschieht dann auch passenderweise, als GGO gerade ein Update fährt. Und so fällt dem Spieler praktischerweise ein unglaublich seltener KI-Begleitroboter mit dem klangvollen Namen ArFA-Sys vor die Füße, der fortan als Wegbegleiter und Kampfgefährte fungiert. Aus Gründen, die nie ausreichend erläutert wurden, wurden Teile dieser KI über die ganze Welt verstreut und müssen gesammelt werden. Es gibt keine Logik hinter irgendwelchen Fortschrittsanforderungen im Spiel; die Spieler gehen entweder irgendwohin, weil ihnen die Karte das sagt, oder weil ein anderer Charakter aufgetaucht ist und gesagt hat, dass dort etwas zu finden ist. Also auf die Füße gestellt und dem Marker auf der Minimap hinterhergelaufen. Auf dem Weg befindliche Gegnermassen werden mit der Handfeuerwaffe der Wahl niedergemäht – alles ganz kindgerecht: So sind die Gegner selbst Roboter oder extraterrestrischen Ursprungs, lösen sich beim Tod in bunte Funken auf und Blut spritzt hier zu keinem Zeitpunkt.

Zu tun gibt es dann auch jede Menge: Innerhalb der bis zu 40 Stunden umfassenden Einzelspielerkampagne warten die klassischen Storymissionen ebenso wie massenhaft (enttäuschend generische) Nebenquests, Jagdmissionen, Spezialgegner- und Schatzsuchen sowie das Sammeln eintauschbarer Medaillen, der Handel mit Informationen und vieles mehr.

Frontalangriff mit Macken

Das Gameplay in Fatal Bullet ist eher simpel gehalten. In schon erwähnter Third Person-Perspektive bewegt man sich mit gezückter Waffe auf den nächsten Gegner zu. Die Schusswechsel sind schnell, eine besondere Deckungsmechanik gibt es nicht. Dafür gibt es ein sehr einsteigerfreundliches Auto-Aiming: Einfach die Spielfigur auf den Gegner ausrichten und die Feuertaste drücken, schon treffen die Kugeln automatisch das Ziel. Je höher die Zielgenauigkeit der Waffe und je geringer Entfernung und Schussrate sind, desto höher ist die Trefferquote. Es gibt Nahkampfwaffen, aber die sind eher nutzlos und wurden in erster Linie nur hinzugefügt, um Kiritos Erscheinen in GGO nachahmen zu können. Versierte Shooter-Fans werden von den Ballereien sicher nicht ausreichend gefordert, aber das Herumlaufen und Abknallen von kanonenfutterartigen Feinden, die sich in einen bunten Strauß von Polygonen auflösen, kann ziemlich befriedigend sein, während einige Bosse hingegen interessante Angriffsmechaniken aufweisen.

Neben der reinen Schusstechnik kann mit den im Kampf erworbenen Boni und Erfahrungspunkten der eigene Charakter noch rollenspielmäßig weiter aufgepimpt werden. Bei Stufenaufstiegen lassen sich nicht nur Statuswerte wie Stärke, Vitalität, Intelligenz, Beweglichkeit, Geschick und Glück erhöhen, sondern auch neue Fertigkeiten erwerben. Mit bis zu vier ausgerüsteten Gadgets und zwei wechselbaren Bewaffnungen ist die Steuerung dann aber endgültig überladen, da nämlich nach wie vor noch manuell gehüpft, gesprintet, ausgewichen oder nachgeladen und der KI Anweisungen erteilt werden müssen. Da ist der Knoten in den Fingern vorprogrammiert.

Wie in einem ordentlichen Rollenspiel zieht es den Spieler dann auch in klassische Dungeons. Wenn die allerdings durchquert werden, laden sie kaum zum Entdecken ein. Die Truhen, die viel zu auffällig versteckt sind, sind nicht attraktiv genug, um sie aktiv zu suchen. Praktisch nichts von der In-Game-Spannung passiert auf dem Bildschirm. Das ist umso ärgerlicher, wenn große Teile der Zwischensequenzen während oder unmittelbar nach Spielereignissen so klingen, als wäre gerade etwas total aufregendes passiert. Die Dungeons teilen auch ein identisches Theme und Template, was sie nur noch austauschbarer und belangloser wirken lässt. In jedem Dungeon wird der Spieler mit einer unscheinbaren, verlassenen Einrichtung konfrontiert, die von den stets gleichen feindlichen Robotern bevölkert wird.

Ebenfalls enttäuschend ist das Itemsystem. Gerade auf der Waffenseite kann es kein Interesse wecken, denn obwohl es verschiedene Raritäten gibt, ist eine seltene Waffe einfach eine Version einer gewöhnlichen Waffe, die bessere Werte hat, anstatt einzigartig zu sein. Es gibt keine Rüstung, stattdessen können die Spieler Baustoffe finden, um ein einzelnes Outfit zu basteln (oder einfach nur zu kaufen), das dann gefärbt werden kann. Die Art und Weise, wie die Benutzeroberfläche eingerichtet wurde, macht es auch sehr mühsam, Elemente zu vergleichen und herauszufinden, was am besten für welchen Zweck geeignet ist. Andere Systeme leiden ebenfalls unter mangelnder Klarheit.

Technisch hinten dran

Lassen sich die angesprochenen Schnitzer im Gamedesign vielleicht noch verschmerzen, rutscht Fatal Bullett technisch komplett in die Abstiegszone. Trotz Unreal 4-Engine ist der Titel grafisch bestenfalls auf PS3-Niveau anzusiedeln und nutzt die Grafikfähigkeiten der aktuellen Konsolengeneration kaum aus. Musikalisch erhält der Käufer einfache Synthesizer-Sounds japanischer Machart, passend zum japanischen Musikgeschmack, was dann sehr schnell in Fahrstuhlgedudel abdriften kann. Zudem ist die japanische Sprachausgabe irgendwann nur noch nervig. Die Kulissen und Hintergründe sind standardisiert, generisch, austauschbar und lieblos. Hinzu kommen alle Naselang halbminütige Ladezeiten, was man von einem Spiel im Jahre 2018 überhaupt nicht mehr gewohnt ist. Diese permanenten Unterbrechungen stören den Spielfluss und nehmen den Spieler aus seiner Konzentration.

Fazit

Fatal Bullet sieht mies aus, nervt mit seinem Japano-Gequäke und hat spielerisch primär außer Grind nichts zu bieten. Die überaus nervtötenden Ladezeiten geben dem Ganzen dann den Rest. Schade, denn das Szenario ist attraktiv und die Intention keine schlechte: Die Kombination aus Third Person-Geballer und RPG kann funktionieren. Kann… wenn einem die erwähnten technischen Böcke keinen Strich durch die Rechnung machen würden. Die Multiplayer-Modi bieten keinen Koop, sondern lediglich stumpfes Geballer wie weiland bei Quake 3 Arena. Die Story ist dünn bis kaum vorhanden, das Gameplay bald repetitiv bis monoton. Unterm Strich selbst für Fans eine Enttäuschung.

Sword Art Online – Fatal Bullet
Grafik/Präsentation
36
Story/Atmosphäre
42
Gameplay
63
Multiplayer
45
Spielspaß
57
Leserwertung3 Bewertungen
22
49