Prey im Test – Im Kampf um die Zukunft der Menschheit

Prey
Grafik/Präsentation
88
Story/Atmosphäre
86
Gameplay
82
Spielspaß
87
Leserwertung0 Bewertungen
0
86

Da ist es nun, etwas weniger als ein Jahr seit der Ankündigung auf der E3 2016 hat es gedauert. Prey von den Arkane Studios und Publisher Bethesda steht in den Läden. Aber Moment mal, gab es Prey nicht schon? Ja, bereits 2006 kam ein Spiel namens Prey auf den Markt. Mit Physikspielchen, einem deutlich schleimigeren Auftritt und der Prämisse als Indianer den Geist vom Körper lösen zu können, warf man sich in den Kampf gegen die Aliens. Ein zweiter Teil wurde damals schon angekündigt, allerdings hat das neue Prey bis auf den Namen und dass es um Außerirdische geht nichts mehr gemein. Was das First Person Action Adventure so auf die Bühne bringt, will ich in meinem Test erzählen.

Kaffeetasse 1 : Forscher 0

Aus vielen Trailern, Let’s Plays und der First Hour Demo kennt man die vermeintlich erste Prämisse. Wir wachen als Morgan Yu in unserem Apartment im Jahr 2032 auf, es ist ein besonderer Tag, ist schließlich heute unser vermeintlich erster Arbeitstag auf der Talos I. Eine Raumstation, welche eine komplett autonome Forschungseinrichtung ist. In eine Familie voller Wissenschaftler hineingeboren, welche im Vorstand der Arbeit gebenden Firma Transtar sitzt, sind wir natürlich ehrgeizig und versuchen nachzueifern wo es nur geht. Bevor es allerdings auf die Talos I geht, müssen wir im Hauptgebäude ein paar Tests durchlaufen. So werden wir per Helikopter transportiert, ein knalliger Retrowave Sound lässt mich und sogar unseren Protagonisten während des Fluges mit dem Fuß wippen. Aus dem Helikopter gesprungen und voller Elan hinein in die Testkammern. Eine kurze Begrüßung von unserem Bruder Alex und schon geht es los. Drei Forscher starren uns durch eine Glasscheibe an und erklären uns kurz was zu tun ist. Wirklich gerecht scheint unsere Leistung nicht den Vorstellungen der Forscher zu werden. In der letzten Kammer passiert es dann, außerhalb der Kammer verwandelt sich eine Kaffeetasse, welche sich als sogenannter Mimic enttarnt und greift die Forscher an. Alarm, Gas strömt in die Testkammer und wir fallen in Ohnmacht. In der nächsten Szene wachen wir wieder in unserem Apartment auf. War es vielleicht nur ein Traum? Es ist derselbe Tag, die selbe Uhrzeit, der Champagner von Alex steht auch auf der Küchenzeile mit den Glückwünschen, aber irgendwie ist es doch anders. Schnell stellen wir fest das wir uns als Versuchskaninchen gemeldet haben und unser Gedächtnis durch die Installation und Deinstallation sogenannter Neuromods immer wieder auf den selben Tag zurückgesetzt wird. Das wussten die meisten wohl leider schon bevor sie das Spiel überhaupt gespielt haben. Wir erforschen auf der Talos I fernab von der Erdbevölkerung die Typhoon, eine Alien Rasse, welche eine Art Phasenwesen sind und so mit der Umwelt agieren. Die Forscher haben es geschafft die Muster und das Verhalten der Typhoon zu imitieren und sogenannte Neuromods entwickelt. Mit deren Hilfe können wir Programme in das menschliche Hirn einspielen. Sei es nun die Fähigkeit ein Instrument zu spielen oder die Möglichkeit uns in Serversysteme zu hacken. Haben wir genug Daten über die Typhoon gesammelt, lassen sich sogar die Fähigkeiten der Aliens aneignen. Ein Sprung in der Forschung aber auch eine sehr fragwürdige Technik. Nachdem wir in der Testkammer sediert wurden, schien es als seien die Typhoon, ausgebrochen. Die Station ist wie leergefegt und überall wimmelt es von Mimics und Phantomen, vorausschauend als eingefleischter Wissenschaftler haben wir eine KI entwickelt, die quasi ein Backup unserer selbst darstellt. Die KI namens January erklärt uns, dass im Fall eines Ausbruchs der Typhoons die Forschungsstation auf unseren eigenen Befehl hin unbedingt zerstört werden muss, damit die Phasenwesen nicht auf die Erde gelangen können. Das bedeutet aber auch, dass wir uns selbst und die gesamte noch lebende Besatzung opfern müssen. Puh keine leichte Aufgabe, aber vielleicht ergibt sich auch noch eine andere Möglichkeit.

Viele Wege führen nach Rom

Geleitet von January bewegen wir uns frei durch die Talos I und schnell bekommen wir den Drang, wirklich jede Ecke zu erforschen. Die Story wird neben den Dialogen immer wieder durch Szenen auf Bildschirmen vorangetrieben. Die sogenannte „Looking Glass“ Technologie ist hier wirklich die perfekte Bezeichnung. Stehen wir vor einem der riesigen Bildschirme, haben wir das Gefühl durch ein Fenster in den benachbarten Raum zu schauen. Indem wir unsere Position verändern, können wir so auch um die Ecke schauen und neue Hinweise wie Türcodes und Verstecke entdecken. So beginnt die Hatz und wir lernen und wachsen an unseren Aufgaben. Arkane Studios weiß die Neugier wie bei zuvor genanntem Beispiel zu belohnen. Immer wieder finden wir neue Teile, Hinweise auf Verstecke oder Wege an unseren Gegnern unbemerkt vorbei zu schleichen. Generell ist schleichen ein sehr probates Mittel, ist unser Waffenarsenal doch recht eingeschränkt. Wir finden zwar schnell eine schallgedämpfte Pistole und eine Schrotflinte, das sind aber die einzigen richtigen Schießprügel. Daneben gibt es dann noch eine Rohrzange, einen Taser und eine Laserkanone. Die beiden letzten finden aber eher weniger Verwendung im Spiel. Zu guter Letzt gibt es aber noch ein Universalwerkzeug, welches ein Kernelement von Prey darstellt. Die „Gelifoam Lattice Organism Obstractur“ oder kurz GLOO-Gun feuert einen schnell festwerdenden, klebenden Schaum ab. Durch den festwerdenden Schaum bekommt die GLOO-Gun mehrere Einsatzmöglichkeiten. Wir können beispielsweise Feinde damit festkleben um mit der Rohrzange in Ruhe auf sie einprügeln zu können oder versperren damit eine Tür. Wir können aber auch eine Treppe an die Wand kleben um eine höhere Plattform zu erreichen. Unsere Umgebung lässt sich mit den sich aufblähenden Schaumkugeln aber auch reparieren, ein Loch in einem defekten Gasrohr stopfen ist kein Problem und einen Schaltkasten kurzzeitig auszuschalten um daran vorbeizulaufen oder ihn zu reparieren stellt auch kein Problem dar. Unsere Umgebung ist auch gut um sie gegen unsere Gegner einzusetzen. Schießen wir beispielsweise mit der schallgedämpften Pistole auf ein Gasrohr setzt der harausschießende Feuerschwall gerne mal unsere Gegner in Brand anschließend stopfen wir dann wieder das Rohr mit unserer GLOO-Gun. Es macht wirklich Spaß verschiedene Varianten auszuprobieren. Die Gegnervielfalt und das Design wirken etwas mager und auch der offene Kampf erweist sich als extrem schwer ohne richtiges Schießeisen. Die Phantoms, welche neben den spinnenartigen Mimics am häufigsten vorkommen, können sich nämlich teleportieren und verschwinden so schnell aus unserem Sichtfeld, was leicht zu ziemlich frustigen Momenten führen kann. Nichts also für schwache Nerven. Daher am besten vorsichtig anschleichen und entweder mit der Schrotflinte unentdeckt in den Rücken oder mit der GLOO-Gun erst einmal einfrieren. Die Mimics sind durch die Fähigkeit Alltagsgegenstände zu imitieren die lebenden Jumpscares in Prey. Noch nie bin ich so misstrauisch auf so viele Alltagsgegenstände mit der Rohrzange losgegangen wie hier. Wirklich gefallen hat mir der Laborraum wo ein Forscher alles mit diesen wunderschönen gelben Notizzetteln beklebt hat. Diese herrlich entwarnende Nachricht „Not a Mimic“ hätte ich wohl genauso überall draufgedrückt. Generell baut die Umgebung mit den Gegnern und dem Sound, auf den ich später noch zu sprechen komme, eine tolle Atmosphäre auf, welche nur durch das Hacking Minispiel ein wenig gedrückt wird. In jenem müssen wir unter Zeitdruck eine Kugel durch ein Labyrinth zu einer Position bewegen. Damit können wir, wenn wir genug Neuromods in die Hacking Fähigkeit gesetzt haben, Geschütze, Techniker, Computer oder Türen hacken und zu unserem Vorteil nutzen. Die Neuromods erinnern ein wenig an alte 8mm Kameras, die uns allerdings fies in unser Auge stechen um neue Fähigkeiten zu implantieren. Dabei haben wir die Auswahl zwischen sechs verschiedenen Skillbäumen. Davon sind drei menschliche Fähigkeitenbäume und drei Typhoon Fähigkeitenbäume. Um die außerirdischen Fähigkeiten freizuschalten müssen wir zuvor aber noch die Gegner mit einem Psychoskop scannen. Fähigkeiten wie sich als Alltagsgegenstand zu tarnen, Feuerbälle werfen zu können oder eine Schockwelle auzulösen haben allerdings ihren Preis, denn die Sicherheitssysteme auf der Talos I reagieren auf Alien Material, das bedeutet also auch für uns je mehr Alien Fähigkeiten wir transplantieren, desto höher ist die Gefahr, dass die KI-gesteuerten Abwehrsysteme uns ebenfalls angreifen. Es ist also abzuwägen, ob wir uns alles und jeden zum Feind machen oder uns auf die Typhoon beschränken. Durch das zuvor genannte Hacking können wir aber die Geschütze immer noch auf unsere Seite bringen. Alternativ können wir technische Geräte aber auch mit einer EMP Granate ausser Gefecht setzen oder wir zerlegen Geschütze mit einer Recycling Granate, welche alles in der Umgebung in Materialien umwandelt. Generell gibt es nichts befriedigenderes als all unseren gesammelten Schrott in einen Recycler zu stecken, den virtuellen Hebel zu ziehen und dabei zuzusehen wie die einzelnen Materialklötzchen wie aus einer Slot Maschine beim Hauptgewinn purzeln. Mit Bauplänen können wir aus den gewonnen Materialien dann Munition, Medikits oder sogar Neuromods herstellen. Mit den richtigen Plänen können wir sogar Verteidigungsanlagen herstellen.

Morgan Yu schlägt zurück

Durch die Talos I bewegen wir uns insgesamt relativ frei. Wir schalten zwar nach und nach immer weitere Bereiche frei, können aber manchmal nicht alle Orte erreichen. Im späteren Verlauf kommen wir durch die verschiedenen Missionen immer mal wieder zurück in den Bereich und können mit neuen Fähigkeiten die nicht erreichbaren Orte begehen. Schnell findet man ein System und einmal an einem Ort gewesen und die Luftschleuse geöffnet, können wir außerhalb der Station flugs zu einem gewünschten Bereich gelangen. In der Schwerelosigkeit ist die Steuerung ein wenig gewöhnungsbedürftig. Wir geben mit unserem Anzug Schub und können uns drehen und seitwärts bewegen. Haben wir zu viel Schwung, können wir mit beiden Schultertasten abbremsen. Sollten wir eine Wand zum Abbremsen benutzen nehmen wir ziemlich viel Schaden, schließlich sind wir kein Crashtest Dummy. Auf der Station bewegen wir uns wie gewohnt in First Person Manier. Springen, schneller Waffenwechsel oder Fähigkeiten sind direkt auf Tasten gelegt. Über ein Auswahlrad, welches die Zeit verlangsamt können wir in Ruhe Fähigkeiten oder Waffen direkt ausrüsten. Ein wenig schwieriger ist es mit der Karte. Wir müssen häufiger mal in unseren Transcripe schauen um zu wissen, wo wir gerade sind. Haben wir keinen Checkpoint durch eine Mission oder ein Trackingarmband aktiviert verirrt man sich zu Beginn gerne einmal. Freie Punkte auf der Karte setzen zu können wäre eine nette zusätzliche Möglichkeit für die Orientierung gewesen. Über das Transcripe haben wir auch Zugriff auf unser Inventar und können Gegenstände wegschmeißen oder neu sortieren um für weitere Gegenstände Platz zu schaffen. Neben Karte und Inventar gibt es noch eine Liste mit den aktiven Missionszielen und ein Glossar wo alle gescannten Daten, Emails, Notizen und gefundene Bücher noch einmal nachgelesen werden können.

Eine Prise hier von und eine Prise davon

Der Soundtrack von Prey ist in der meisten Zeit gerne recht mysteriös und ruhig gehalten. Wenn aber dann doch mal Musik aus den Boxen kommt, knallt uns ein schön bassiger Retrowave angehauchter Soundtrack um die Ohren, welcher hervorragend in das Setting passt. Der miese Sound der mit der Rückverwandlung der Mimics abgespielt wird, verstärkt noch einmal den Effekt der Jumpscare‘s. Die Texte und Soundlogs sind ebenfalls gutgeschrieben und sollen uns die Beziehung der Crewmitglieder untereinander näherbringen. Bei der Lokalisierung hat man sich wirklich Mühe gegeben, ist der Synchronsprecher Dennis Schmidt-Foß (unteranderem die Stimme von Deadpool) wirklich überzeugend in seiner Arbeit und es macht Spaß den Monologen und Dialogen zu folgen. Hier und da sind auch wieder kleine Hinweise auf Verstecke integriert, was wirklich motiviert herauszufinden was aus den Leuten nach dem Ausbruch der Typhoon geschehen ist. Der leicht angehauchte Steampunk Stil, welches sich durch die komplette Raumstation zieht ist vielleicht Geschmackssache aber es ist in jedem Fall stimmig und ist komplett durchdacht. Der Effekt den die Looking Glass Technologie in die Räume bringt, lässt einem manchmal sogar denken auf einem Planeten zu sein. Sollte mal ein Schuss in einen der Bildschirme landen zerbricht nicht gleich das ganze „Fenster“, sondern es entsteht nur ein kleines Loch, was manchmal sogar einen Raum dahinter enthüllt. Man merkt deutlich, dass das Gesamtwerk aus dem Hause Arkane Studios kommt. Der Grafikstil und die Animationensind  denen von Dishonored 2 sehr ähnlich, auch wenn man hier die CryEngine 4 benutzt anstelle der eigens entwickelten Void Engine. Beim Gegnerdesign hätte ich mir allerdings ein wenig mehr Abwechslung erhofft, als immer wieder schwarze schemenhafte Wesen. Auf der Xbox One konnte ich an der ein oder anderen Stelle leichte Einbrüche der Bildwiederholrate feststellen, dennoch bleiben es eher Ausnahmen. Die Ladezeiten sind nach dem ersten Laden auch angenehm kurz.

Fazit

Als ich Prey schon auf dem Event sehen durfte, habe ich zuvor möglichst vermieden mir viel vom Spiel zu Spoilern. Ich find es ein wenig Schade, dass man gerade am Anfang eine so erfrischende Prämisse durch die Öffentlichkeit schleust. Nichts desto trotz konnte Prey mich über die gesamte Spielzeit hervorragend Unterhalten und ich werde garantiert noch einen weiteren Durchlauf anstreben um ein weiteres der verschiedenen Enden freizuschalten. Shooter Fans werden allerdings wohl eher enttäuscht, sind die Passagen mit dem Controller in der Kombination der sich sehr schnell bewegenden Gegner häufig zu hektisch und wirken dadurch frustend. Spieler die lieber ein schleichendes Vorgehen bevorzugen, werden mit Prey deutlich glücklicher. Ein Erkundungsdrang darf aber auf keinen Fall fehlen. Insgesamt fühlt sich der neueste Titel der Arkane Studios ein wenig wie ein Best Of Album der Gameplayelemente an, bedient man sich hier bewusst an gut funktionierenden System aus vergangenen Spielen und mischt es mit seinen ganz eigenen Vorstellungen. Für mich ist Prey ein wirklich gelungener Reboot und ich hoffe, dass man noch häufiger in den Genuss der Typhoons kommen wird.