PACER im Test – WipEout für Alle?

Es gibt Spieleserien, die begleiten mich nun schon verdammt lange. Bei den Rennspielen gehören ganz klar F-Zero und WipEout dazu. Bei der SNES Version von ersterem spiele ich bis heute jedes Jahr mal wieder ein paar Runden. Wobei GX natürlich auch verdammt gut ist. Bei WipEout hab ich dagegen ganz besonders 2097 in bester Erinnerung. Nur die Bildrate ist, zumindest auf Originalhardware, heute nicht mehr das Gelbe vom Ei. Davon ab macht WipEout mir bis heute verdammt viel Spaß, gerade Teil zwei. Umso enttäuschender, dass beide Reihen nicht mehr fortgesetzt werden. Immerhin bekommen Anti Grav Racing Fans seit einiger Zeit kontinuierlich Nachschub. Da wäre nicht zuletzt das wirklich gute und von einem Kollegen, (dessen Name nicht genannt werden soll) um mindestens 5% unterbewertete FAST RMX von Shin’en. Oder auch Redout. Der neueste Kandidat im Bunde ist aber PACER von R8Games. Hinter diesem Namen verstecken sich unter anderem einige alte WipEout Macher und sogar Tim „CoLD SToRAGE“ Wright, der ehemalige Psygnosis Hausmusiker (pun intended) steuert seinen Teil zum Soundtrack bei. Müsste ja eigentlich gut werden, oder?

Das passt

Tatsächlich, schwingen wir uns erstmal für das erste Testrennen in den Gleiter, kommt der eine oder andere WipEout Vibe auf. Das Fahrverhalten, samt Luftbremsen auf den Triggern, weckt klare Erinnerungen und selbst das Gefühl von Gewicht erinnert mich am ehesten an WipEout. Und klar, da wäre das Steckenlayout, das, surprise, ebenfalls an WipEout erinnert. Die gewundenen, mit Sprüngen aufwartenden Tracks haben vom ganzen Layout her ungemein viel mit der Vorlage gemein. Anders als etwa FAST RMX, das sich noch am ehesten Beispiele bei den neueren F-Zero Teilen nimmt.

WipEout heißt aber auch Waffeneinsatz. Bereits der erste Teil hatte damals ein wenig von Mario Kart für junge Erwachsene. Hier geht PACER aber andere Wege. Es gibt nämlich Loadouts. Die können wir auch selbst erstellen. Mini Gun, Lenkrakete, Mine, Energielasso und mehr stehen zur Auswahl, aber nur zwei davon können wir auf unsere Bumper bzw. L1 und R1 legen. Sammeln wir ein oranges Waffenitem auf der Strecke auf, dann werden die Ballermänner freigeschaltet und wir können sie nutzen. Mit den Renneinnahmen lassen sich übrigens auch Mods dafür kaufen. Einen Energietankstreifen gibt es übrigens auch nicht mehr. Unseren Schild laden wir mit lilafarbenen Items auf. Es gilt also gerade in höheren Rennklassen, sich mehr als nur das Streckenlayout zu merken. Natürlich gibt es die klassischen Beschleunigungspfeile. Aber im Lauf des Rennens laden wir auch unseren Kers-Boost auf. Ganz besonders bei Einsatz der Luftbremse. Damit kommt noch eine taktische Note ins Spiel.

Wählen wir schnelles Spiel, dann können wir aus einer ganzen Reihe von Rennereignissen aussuchen, Rennen natürlich, Eliminator, Zeitrennen, aber auch Ereignisse wie Zonenrennen, Sturm (wir müssen im immer kleiner werdenden Auge des Sturms bleiben) oder ein Stealth-Zeitrennen, bei dem wir sobald sichtbar von Geschützen beharkt werden. Endurance Rennen, in denen wir ständig unseren nachlassenden Schild aufladen müssen, gibt es unter anderem auch.

Bei den Karriererennen der Kampagne müssen wir dagegen mit den Rennkategorien klar kommen, wie sie uns vorgesetzt werden. Das kann auch mal etwas zäh werden, denn leicht ist PACER nicht, trotz Gummiband-KI. Um weiter zu kommen müssen wir auch immer einen Platz auf dem Treppchen ergattern. Anders als bei WipEout können wir für unsere Gleiter Leistungsprofile aussuchen, etwa High Speed oder Defensive. Das kann hier auch enorm wichtig werden, weil die eine Strecke am besten in High Speed zu schaffen ist und die nächste mit Agility.

Das passt nicht

Dummerweise kann man innerhalb der Karriere nur das abarbeiten, was einem vorgesetzt wird. Einfluss auf die Reihenfolge nehmen? Is nich. Eine Rennkategorie liegt mir nicht? Pech gehabt, beiß dich durch oder stirb. Hier hätte ich gerne zumindest ein paar Einstellungsmöglichkeiten gehabt. Davon ab ist der Karrieremodus zumindest verglichen mit Titeln aus der Hochphase Ende 90er, Anfang 2000er doch etwas sehr lieblos. Eine ganz andere Frage, sind die Strecken in den schnellen Klassen einfach zu eng oder werde ich einfach zu alt? Spiele ich die WipEout Episoden, die ich gut kenne, dann hab ich jedenfalls weniger Probleme mit dem guten, alten Banden-Pingpong, aber gleichzeitig das Gefühl, ein tiefsitzendes Muskelgedächtnis greift. Mein Körper scheint die alten Pisten auch nach Jahren noch zu kennen. Das ist bei PACER nun mal nicht der Fall. Die 14 Strecken gehen für mich klar. Vorwärts, rückwärts, gespiegelt und zu verschiedenen Tageszeiten gibt es genug Abwechslung.

Anders sieht es bei der mickrigen Auswahl an Gleitern aus, die auch optisch kaum Highlights setzen. Nur fünf optische Varianten sind eh schon dünn. Dazu kommt leider, dass genau hier in den letzten Jahren die Konkurrenz optisch einfallsreicher war. Davon abgesehen sind manche Texte je nach Abstand zum TV schwer lesbar und, was wirklich nervt, nicht nur der Sound an sich überdurchschnittlich laut, sondern vor allem die Soundeffekte in der Voreinstellung.

Und warum zum Geier muss ich die Tracks für schnelles Rennen so mühsam freispielen oder freikaufen, wofür ich wiederum verdammt viel fahren muss?

Was auch noch erwähnenswert ist, der Online Multiplayer konnte bisher mangels Spielern auf der Xbox nicht getestet werden, entsprechend reichen wir eine Mehrspieler Wertung erst zu einem späteren Zeitpunkt nach.

Schick? Schnell!

Einer der Vorteile von PACER ist definitiv, dass es auch auf den Basiskonsolen sauber läuft, PS4One Besitzer müssen sich ausnahmsweise mal keine Sorgen machen. Das liegt zum Teil auch daran, dass PACER von vornherein ebenfalls für Low End PC’s geplant war. Zum Ausgleich gibt es aber auch keine Next Gen Verbesserungen. Nicht mal HDR. Unterm Strich sorgt das dafür, dass ich PACER nicht hübscher finde als FAST RMX, welches im Prinzip ein aufgebohrtes Wii U Spiel war. Klar, hier gibt es schickere Schatten und hochauflösende Texturen, genug Randbebauung, und einen eher ‘realistischen’ Look statt der arcadig-bunten Optik von FAST. Und ja, die Streckengestaltung an sich gefällt mir bei PACER. Der optische Stil wirkt halt in vielen Bereichen tatsächlich so wie man ein Neunziger Jahre Rennpspiel gerne gehabt hätte. Aber halt nicht mit dem Bonbonbunten Arcade Look von FAST, sondern dem eher realistischen, manchmal auch düsteren und gelegentlich Neon Look von WipEout. Das Ganze auch noch garniert mit Schriftzügen und Schildern von Designers Republic. Eigentlich fehlt nur die ganze Red Bull Werbung. Nicht dass ich das Zeug trinken würde. Wow-Effekte und optische Highlights fehlen mir dann aber doch ein wenig. Und Next Gen Updates fehlen mir auf der Series X hier ohnehin.

Was sich dafür sehen lassen kann ist der Soundtrack. Der muss zwar ohne Chemical Brothers oder The Prodigy auskommen, bietet aber neben den Tracks von CoLD StoRAGE extrem viel weitere Auswahl. Insgesamt an die 100 Stücke können wir uns anhören, müssen aber nicht. Denn was einem nicht gefällt, das kann man aus der Tracklist werfen. Blöd könnte es natürlich sein, wenn man elektronische Musik hasst. Falls das nicht der Fall ist, dann gibt es hier aber keinen vernünftigen Grund zur Beschwerde. Gut, das klingt alles nicht mehr so wirklich nach 90er. Auch ein Tim Wright hat sich halt weiter entwickelt.

Fazit:

Ich mag PACER. Allerdings hat es mich nicht so gepackt, wie etwa WipEout 2097 oder auch nur so sehr wie Pulse. Zumindest noch nicht. Denn am Ball bleiben will ich trotzdem. Modern ist das alles aber nicht. Daran wird auch der Online Part nix ändern. Kurz vor Release läuft die Xbox Fassung bei mir dafür bugfrei. Das ist aktuell auch was wert. Was ich mir gewünscht hätte? Eine bessere und schöner präsentierte Karriere zum Beispiel. Ansprechendere Gleiter etwa. Gerade wenn man so viele Reminiszenzen an WipEout einbaut. Auch das Gegrinde, was es anfangs braucht um für Quick Races alles freizuschalten, nervt hier mehr als bei FAST RMX alles freizuspielen. Unterm Strich macht mir das Gesamtpaket auf altmodische Weise aber trotzdem mehr als genug Spaß.

Pacer
Präsentation (Grafik, Sound)
79
Story, Atmosphäre
75
Gameplay
82
Spielspaß
81
Leserwertung0 Bewertungen
0
Pros
Gelungenes Fahr-/Flugverhaltenm
Gute Streckenauswahl
Umfangreicher Soundtrack
Cons
Etwas lieblose Karriere
Schwache Gleiterauswahl
Saubere aber nicht allzu detaillierte Grafik
79