Konami Anniversary Collection: Arcade Classics im Test – Alles aus Holz?

Früher war alles aus Holz, sogar Gummistiefel. Und die Arcade Automaten. Also auf jeden Fall die Gehäuse. Zumindest die, die nicht aus GFK waren. Dummerweise waren dank völlig überzogener Verbote Arcade Automaten bei uns ab 1985 außerhalb der ‚ab 18‘ Spielotheken verboten. Ich erinnere mich zum Beispiel selber noch an einen Defender Automaten in einer Pommesbude. Und ja, ich glaube, auch einen Scramble Automaten hätte ich mal gesehen. Ansonsten kannte man die Spiele, um die es in dieser Collection geht aber eher aus dem Urlaub, etwa in Italien. Oder als Heimumsetzung. Zumindest als deutsches Kind der Achtziger. Das macht einen Blick auf die Arcade Classic Collection von Konami direkt mal interessant.

87,5% Geballer

Vorweg, genau ein Spiel von acht ist kein Shoot em Up. Alle anderen Titel zeigen die Evolution der Konami Ballereien in den glorreichen Achtzigern. Leider ist dieses eine Spiel, nämlich Haunted Castle, spielerisch absolut kein Highlight. Die Arcade Variante von Castlevania macht zwar optisch für ihre Zeit durchaus was her und vor allem die Musik kann sich hören lassen, spielerisch kommt es aber in jeglicher Hinsicht deutlich simpler daher als die gesamten Heimversionen.

Auch Scramble wird heutzutage kaum jemanden begeistern. Mit Blaster und Bomben bewaffnet, schießen wir unter anderem feindliche Raketen ab und zerbomben Fuel-Tanks für neuen Treibstoff. Damals waren psychedelisches Farbgewitter und butterweiches Scrolling definitiv ein Highlight, heute wird das die wenigsten hinterm Ofen hervor locken. Der Comic Shooter TwinBee geht da schon in eine etwas andere Richtung. In der Vertikalballerei gibt es bereits ein Power-Up System, bei dem wir Glocken vor uns her ballern um entweder zu punkten oder stärkere Waffen aufzusammeln, einen Zwei Spieler Modus, Bossgegner und die guten, alten Feindformationen. Zugegeben, so ganz frisch spielt sich auch TwinBee nicht, was unter anderem an nicht so toll designten Bossfights und teils seltsamen Flugverhalten der Gegner liegt. Der Grundstein der TwinBee Reihe ist aber bis heute ganz ordentlich spielbar.

A-Jax respektive Typhoon holt wiederum 2019 niemanden mehr hinterm Ofenrohr hervor. Abgesehen von einigen heute belanglosen Spritezoom Spielereien, die auch kurze, an Afterburner erinnernde Pseudo-3D Abschnitte ermöglichen, gibt sich Typhoon als typisches und heute wirklich belangloses Vertikal Shoot em Up. Auch Thunder Cross ist nicht unbedingt ein spielerischer Überflieger. Im normalen Modus dürfte der Schwierigkeitsgrad auch für viele zur echten Spaßbremse werden. Mit konventionellem Power-Up System, Satellitengeschützen und allem üblichem Drum und Dran kann man dem Horizontalshooter aber definitiv mal eine Chance geben.

Damit kommen wir auch endlich zum Highlight der Sammlung, den drei Shoot em Ups mit der berühmten Vic Viper in der Hauptrolle. Nemesis und Vulcan Venture, die heutzutage wohl eher unter ihrem japanischen Namen Gradius bekannt sind, sowie Life Force alias Salamander oder auch Life Force: Salamander. Und da sage mal einer, die Contra/Probotector Namensgebung wäre verwirrend. Ach ja, mit dem Achtziger SciFi Trash LifeForce sollte man Life Force erst Recht nicht verwechseln.

Spielerisch stellt Life Force das gewöhnlichste der drei Spiele dar. Das liegt vor allem am konventionellen Power-Up System. Anders als bei Gradius rüsten wir beim Einsammeln entsprechender Items direkt auf. Dafür kann der Titel neben Vertikalabschnitten vor allem mit den Umgebungen punkten. So ballert man sich unter anderem durch lebendes Gewebe, was gerade in der Automatenfassung auch heute noch seinen optischen Reiz hat.

Gradius. Neben den Moai-Statuen wohl vor allem für sein besonderes Power-Up System bekannt. Wir können uns nämlich bestimmte Eigenschaften ansparen, weil Gradius, hier unter dem Namen Nemesis, mehrere Stufen hat. So gibt es auf Stufe eins das Speed Up, aber auch Doppelschuss und andere Specials. Der Clou dabei ist, dass man beispielsweise das Speed Up auch mehrfach verwenden kann, wodurch die anfangs träge Vic Viper ein geradezu aberwitziges Tempo erreichen kann. Alternativ ist mit diversen Multishots auch wahnsinnige Feuerkraft machbar, oder natürlich beides. Vulcan Venture folgt dem spielerisch, bietet aber einige Verbesserungen, die es unter anderem von Life Force übernimmt. Auch das Trefferfeedback bei Bossfights ist hier deutlich besser.

Alles easy

Naja, wir wollen mal nicht übertreiben. Aber Arcade Spiele sind im Original eh oft knüppelhart. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Nettospielzeit, auch bei allen Spielen aus der Sammlung, für gewöhnlich bei 15 bis 30 Minuten lag. Der Schwierigkeitsgrad streckt also gewaltig. Obendrein sollten Spieler auch reichlich Münzen versenken. Das ist bei den Heimversionen natürlich nicht mehr der Fall. So kann man nun bei jedem Spiel auf einen Easy aber auch Hard Modus umstellen, mehr Leben einstellen und auch die Steuerung anpassen. Auch Steuerungsinfos lassen sich ein- oder ausblenden. Außerdem lässt sich bei jedem Spiel ein ordentlicher, zweistufiger Scanline Filter aktivieren, der hier allerdings aus unerfindlichen Gründen Bluring heißt. Dauerfeuer kommt als Option den Daumen entgegen, die langsam nicht mehr ganz so schnell und ausdauernd sind wie früher mal. Oder auch Spielern von heute, die Schnellfeuer in Handarbeit noch nie leisten mussten. Leider muss man sämtliche Optionen für jedes Spiel einzeln einstellen, was manchmal ein wenig nervig sein kann. Ganz nett ist das im Spiel enthaltene Bonus Book, das unter anderem Infos zu den Spielen sowie diverse Designdokumente bietet.

Achtziger Chic

Rom, die Sonne brennt, die Frisur hält… Wer diesen Werbetext vervollständigen kann, dem wird die Optik aller Spiele außer vielleicht Scramble wohl immer noch gefallen. Es gibt fast durch die Bank schicke Achtziger Jahre Arcade Optik, dabei bieten außer Scramble auch alle Titel zumindest frühen 16Bit Look. Trotzdem kommt TwinBee optisch deutlich simpler daher als etwa Thunder Cross, das mit Paralax-Scrolling, Projektilen und Animationsphasen nur so um sich schmeißt. Auch beim Sound fallen sehr deutliche Unterschiede auf. So kommt Nemesis akustisch noch deutlich piepsiger daher als Vulcan Venture. Zu viel sollte man hier trotzdem in beiden Richtungen nicht erwarten, schon alleine weil sich die Collection auf die frühen 16Bit Automaten konzentriert. Thunder Force IV fürs Mega Drive beispielsweise ist so ziemlich jedem Spiel aus der Sammlung technisch überlegen. Gerade die Gradius Reihe war aber ohnehin nie für ihre Optik bekannt sondern vor allem fürs Gameplay.

Fazit:

Leider ist nicht alles Gold, was irgendwann mal glänzte. Und das gilt auch für die Arcade Classics Collection von Konami. Jubiläum hin oder her, einige der beinhalteten Spiele sind einfach dürftig gealtert oder waren eh nie besonders gut. Zu letzteren gehören ganz klar Haunted Castle oder Typhoon, zu ersteren Scramble. Titel wie Contra oder Parodius glänzen dagegen leider durch völlige Abwesenheit. Für die meisten Spieler wird damit maximal die Hälfte der Spiele interessant sein. Vor allem natürlich die drei Gradius/Salamander Titel. Der Rest ist eher was für ausgewiesene Shoot em Up beziehungsweise Arcade Fans, weswegen man sich überlegen sollte, ob die Anschaffung am Ende lohnt.

Konami Anniversary Collection: Arcade Classics
Präsentation (Grafik, Sound)
65
Story, Atmosphäre
59
Gameplay
69
Multiplayer
52
Spielspaß
68
Leserwertung0 Bewertungen
0
Gradius 1 und 2 sowie Salamander
Nemesis, Life Force und Vulcan Venture
Viele praktische Optionen
Die Hälfte der Spiele ist schlecht gealtert oder war nie gut
Sehr Shoot em Up lastig
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