Carl Faubert hat es nicht leicht. Als ganz normaler Privatdetektiv hat man eben selten wirklich interessante Fälle. Dafür muss man irgendwie über die Runden kommen. Und so nimmt Carl auch den Job an und kümmert sich somit um einen Fall von Vandalismus mitten in der kanadischen Pampa. Der gut betuchte Mister Hamilton hat ein Problem mit seinem Haus am Lake Atamipek. Soweit die Ausgangssituation des Ego-Adventures, das uns Entwickler Parabole präsentiert. Das über Kickstarter finanzierte Kona sollte laut Kickstarter Kampagne unter anderem viel Lokalbezug haben und durch landschaftlichen wie lokalen Bezug weniger austauschbar sein. Keine kleine Aufgabe für ein Team, das nicht groß ist und bisher nur Werbespiele produziert hat. Ob Parabole die hochgesteckten Ziele wirklich erreichen konnte?
Frostiger Empfang!
Anfang der Siebziger: Carls Auftraggeber ist der gut betuchte W. Hamilton. Dieser hat in der Gegend um den Lake Atamipek nicht nur eine Sommerresidenz erworben, sondern auch eine ganze Reihe Geschäfte. Seitdem er plant, eine alte Mine wieder in Betrieb zu nehmen, gibt es allerdings Ärger mit den Cree Indianern. Da Hamiltons schmucke Bude seitdem auch regelmäßig das Ziel von Vandalismus wird, hat Hamilton einen Privatdetektiv gesucht. Kriegsveteran Carl ist nicht unbedingt wählerisch, zumindest solange die Bezahlung stimmt und macht sich auf in die kanadische Wildnis. Kurz vor unserem Zielort, es scheint plötzlich kälter zu werden, kommt uns ein Wagen entgegen. Carl versucht auszuweichen, landet im Straßengraben und wird erstmal ohnmächtig.
Als wir wieder aufwachen, ist es kälter als in einer Tiefkühltruhe und wir sind von Schneemassen umgeben. Ein Blizzard im Herbst? Darauf ist Carl so gar nicht vorbereitet. Gott sei Dank finden wir ziemlich schnell Schneeketten und Feuerholz in einer nahen Hütte. Aufgewärmt und mit Schneeketten auf den Reifen geht es weiter. Allerdings kommen wir nicht allzu weit, denn der Tank ist auch nicht mehr gerade voll. Praktisch, dass ganz in der Nähe eine Tankstelle mit Store ist, die unserem Auftraggeber gehört. Dumm nur, dass der Strom aus ist und Hamilton tot auf dem Boden des Ladens liegt. Erschossen wie es aussieht. Wer jetzt ordentlich sucht, kann ziemlich schnell die Tatwaffe finden, einen Revolver. Wer etwas weitläufiger sucht, findet seltsame Eiskristalle und schließlich auch etwas, das wie eine Eisskulptur aussieht. Scheint der Mitarbeiter aus dem Laden zu sein, der mit Hamilton anscheinend noch eine Rechnung offen zu haben schien. Irgendwie alles sehr mysteriös. Dass Carl nun auch noch Visionen (an den passenden Stellen) bekommt und u. a. schemenhaft erlebt, wie die regelrecht eingefrorenen Personen gestorben sind, macht das alles nicht besser. Klar ist nur, dass hier wirklich überhaupt nichts stimmt und so gar nicht klar ist, wie wir die Situation lösen können.
Coole Geschichte?
Klar, die Handlung von Kona hat ganz klar einen übernatürlichen Touch. Der erschließt sich allerdings erst nach und nach. Gleichzeitig spielt der Mord an unserem Auftraggeber erstmal eine Rolle, denn der starb ganz sicher nicht an Erfrierung. Und da wir nicht einfach aus diesem Karibu-Kaff abhauen können, das Eis macht uns einen Strich durch die Rechnung, bleibt uns gar keine Wahl, als der Sache auf den Grund zu gehen. Die meisten Bewohner scheinen allerdings entweder abgehauen zu sein oder aber tot. Da wäre etwa der Arzt, anscheinend derjenige welcher uns entgegen kam. Dann entdecken wir die Hütte eines Patrioten oder doch eher eines fanatisch libertären Terroristen? Außerdem entdecken wir einen Schrottplatz eines geistig nicht ganz gesunden Mechanikers, der versucht hatte, in seiner Werkstatt ein UFO zusammenzuzimmern. Der aber auch ein Schneemobil in Einzelteilen besitzt. Nicht nur anwesend, sondern auch noch lebendig, ist dagegen ein seltsamer alter Frankokanadier, der uns eine dicke Pelzjacke nur gegen Caribou herausrücken will. Ob nun anwesend oder nicht, alle Charaktere haben eine durchaus interessante Geschichte in der Geschichte. Leider erlaubt sich Parabole hier auch den Schnitzer, arg dick aufzutragen. Zwar funktionieren die jeweiligen Persönlichkeiten,
im Gesamtbild wirkt das Dorf aber dann eher wie eine Irrenanstalt mit Freilandhaltung als wie ein verschlafenes Dörfchen. Ein bisschen weniger wäre hier womöglich mehr gewesen. Die Geschichte selbst arbeitet an sich gut mit den Mysteryelementen, verläuft Richtung Ende aber etwas abrupt. Im Zusammenspiel funktioniert das Konzept von Kona zwar sehr ordentlich, die Charaktere eines Firewatch wirken aber deutlich bodenständiger und glaubwürdiger.
Achtung Glatteis!
Kona ist kein reiner Walking Simulator. Es wollen eher einfache Auseinandersetzungen mit streunenden Wölfen bestritten, aber auch echte Rätsel gelöst werden. Letztere sind meist auch nicht wirklich schwer, erwarten aber von uns, dass wir auch kleine Details treffsicher erkennen. Das ist leider nicht immer leicht. Einerseits fühlt sich die Steuerung unnötig schwammig an, andererseits werden Objekte dadurch markiert, dass sich unser (weißer) Interaktionspunkt auf Gegenständen ändert, wenn wir denn nah genug dran sind. Ein bisschen doof ist an der Stelle schon, dass man den weißen Punkt in besonders weißen Umgebungen (Schnee zum Beispiel) ab und an auch mal übersehen kann. Ganz allgemein gaben sich ein paar der interaktiven Gegenstände schon mal etwas zickig. Dramatisch ist das wegen des gemächlichen Spieltempos zwar letztlich nicht, gerade die schwammige Charaktersteuerung kann auf Dauer aber enervierend sein. Meist ziemlich problemlos sind dagegen die meisten Rätsel. Durch einfaches Lesen finden wir schnell Dinge heraus. Beispielsweise das Teile eines Schneemobils überall verstreut liegen, aber die Texte Hinweise auf deren Aufenthalt enthalten. Natürlich muss hier und da auch erstmal was getriggert werden, heißt in diesem Fall vielleicht, erstmal das UFO zu aktivieren. Harte Kopfnüsse im Stil klassischer Adventures bietet Kona nicht. Meist bleiben die Rätsel wirklich simpel, aber nicht immer sind sie logisch.
Durchaus realistisch, spielerisch allerdings streitbar: Carl ist nicht sonderlich fix zu Fuß unterwegs. Obendrein ist es nun mal schweinekalt und an bestimmten Orten noch viel kälter. Also machen trotz des mäßig großen Areals die Fahrzeuge Sinn. Obendrein sollten wir generell Holz, Anzünder und Streichhölzer dabei haben. Sonst gibt es einen Satz verdammt oft zu hören: It was so cold, Carl couldn’t feel his toes anymore.
Boah, ne, ich weiß es. Erzähl doch mal was Neues.
Eigentlich macht Kona auf akustischer Seite wenig verkehrt. Ein professioneller Erzähler macht das, was seine Berufsbezeichnung sagt, mehr als ordentlich. Und auch die musikalische Untermalung der Folkband CúreLabel wirkt ausgesprochen passend. Leider kann gerade der Erzähler ab und an durch Wiederholung nerven. Da wäre der immer und immer wiederkehrende Satz, während wir uns ggf. etwas zu lange durch die Kälte schleppen oder Beschreibungen, die wir bei bestimmten Aktionen jedes Mal wieder hören. Das ist insofern schade, dass Kona in dem Bereich sonst punkten kann.
Grafisch hinterlässt Kona dann wirklich gemischte Gefühle. Die Entwickler haben sich für einen realistischen Stil entschieden, der das Nordamerika-Feeling an sich auch ganz gut rüberbringt. Die eher altbackene Technik mag man dabei noch verzeihen, matschige Texturen und eher grobschlächtige Objekte sind nämlich an der Tagesordnung, den nicht gerade seltenen Baukastenlook dagegen eher weniger. Gerade der Landschaft fehlt es dabei oft völlig an nennenswerten Orientierungspunkten. So bleibt stellenweise nix als immer wieder auf die Karte zu schauen, sollte man wirklich mal ein Stück quer durch den Wald laufen. Regelmäßig auftretende kurze Nachladepausen, die nicht wirklich nachvollziehbar sind, machen das Thema Technik dann auch nicht wirklich besser.
Fazit
Schade, denn am Ende nutzt Kona sein Potenzial nicht wirklich aus. Ein schlechtes Spiel ist es dabei nicht. Gerade der Adventure-Part weiß an sich durchaus zu gefallen, Kona ist eben kein Selbstläufer. Allerdings könnte Paraboles Ego-Adventure gerade bei den Rätseln fordernder sein. An vielen kleinen Ecken mangelt es letztlich aber schlicht an Feintuning, das zeigt sich gerade auch an der Steuerung. Die funktioniert, ist aber einfach nicht so richtig gut. Für Adventure-Fans aber auch für Freunde von Walking Simulatoren, die mal ein wenig mehr gefordert werden möchten, ist Kona dennoch auf jeden Fall einen Blick wert.