Dakar 18 im Test – auf Abwegen in der Wüste

Fast 9.000 Kilometer per Auto, Motorrad, Quad, UTV oder Truck durch Peru, Bolivien und Argentinien. Die Rally Dakar, welche aus Sicherheitsgründen seit zehn Jahren in Südamerika stattfindet, ist wohl die bekannteste Veranstaltung dieser Art. Vorbei an kargen Landschaften, Sandbänken, Felsen und ausgetrocknete Flussbetten führt uns Bigmoon Entertainment in der offiziellen Videospielumsetzung von Dakar 18 auf der Xbox One und PlayStation 4. Für Bigmoon ist es ein großer Schritt zum eigenen Spiel, während sie bisher bekannt dafür waren Kylotonn und Milestone zugearbeitet zu haben. Ob der Schritt zu groß war, verraten wir euch im Test.

Wo geht’s hier eigentlich zur Dakar 18?

Man sollte schon wissen, worauf man sich bei Dakar 18 einlässt. Denn das Spiel geht zwar als Rennspiel durch, ist aber alles andere als ein klassischer Vertreter dieses Genres. Kernpunkt des Spiels ist der Abenteuer-Modus in dem man in einer der fünf Fahrzeugklassen die komplette Dakar Rally absolviert. Gegnerische Rennfahrer sieht man dabei eher selten, daher bewegt man sich größtenteils alleine durch die Einöde von Peru, Bolivien und Argentinien. Bewaffnet mit dem sogenannten Roadbook, wo einem mit Piktogrammen und Distanzen der Weg beschrieben wird, irrt man durch die Wüste. Zwar hat man je nach Fahrzeug auch einen Co-Piloten, der einem Kommandos zuruft, als eine besonders große Hilfe erweist sich dieser allerdings nicht.

Zum einen ist die Sprachausgabe auf Englisch und die deutschen Untertitel lenken mehr ab als dass sie helfen, zum anderen liest er einfach stumpf vor, was in dem Roadbook steht, auch wenn man bereits vom Weg abgekommen oder schon an dem jeweiligen Punkt vorbei ist. So kann man schon einige Kilometer vom richtigen Kurs entfernt sein, bis der Co-Pilot einem verrät, dass man sich verfahren hat und zum letzten bekannten Checkpoint zurückkehren sollte. Weil er in der Zwischenzeit munter weiter gequasselt hat, obwohl man schon längst falsch unterwegs war, weiß man gar nicht mehr wohin man muss und es bleibt einem nichts anderes übrig, als sich zum letzten Checkpoint zurücksetzen zu lassen, was eine ordentliche Zeitstrafe mit sich bringt.

So richtig verlassen kann man sich also nicht auf den Kollegen vom Beifahrersitz und man ist gut beraten selber ein offenes Auge auf die Strecke zu haben. Dadurch, dass aber alles irgendwie gleich aussieht und man sich schwer an bestimmten Landmarks orientieren kann, irrt man die meiste Zeit planlos in der Wüste umher. Leider schaffen es die Entwickler hier nicht trotz des Tutorials dem Spieler das Kernfeature und zwar das Navigieren zu vermitteln. In meinem Fall hat sich sehr schnell Frust aufgebaut, was für ein Spiel dieser Art absolutes Gift ist.

Wie bei der echten Dakar Rally kann das Gefährt eurer Wahl auch beschädigt werden oder sich festfahren. Auf einer Skala von 1 bis 100 seht ihr wie sehr beschädigt das jeweilige Teil ist und könnt es mithilfe von Credits reparieren. Habt ihr nicht genug, so müsst ihr leider aufgeben. Solltet ihr euch nur festgefahren haben, könnt ihr euch mittels eines Spatens wieder freibuddeln, euch je nach Gefährt mit einer Seilwinde aus dem Schlamassel ziehen oder wild fuchtelnd nach Hilfe rufen, sofern gerade ein Konkurrent in der Nähe ist.

Fahrphysik aus der Wüste

Wenn wenigstens das Umherfahren Spaß machen würden, könnte man vielleicht noch irgendwie über die schwierige Orientierung hinwegsehen und sich etwas hineinfuchsen, aber leider bewegt sich auch die Fahrphysik auf einem ähnlich schlechten Niveau. Richtig gut lässt sich keines der Gefährte steuern, zum Glück sind aber nicht alle gleich schlimm. So habe ich beim Auto nach kurzer Zeit aufgegeben, weil dieses sich aus unerfindlichen Gründen bei der kleinsten Lenkung oder Sprung über Dünen gedreht hat und das Heck ausgebrochen ist. Man konnte quasi nur auf ebener Strecke geradeaus fahren. Besser klappte es beispielsweise mit dem Motorrad, aber durch die schwammige Steuerung, die übrigens alle Fahrzeugklassen gemeinsam haben, fühlte es sich auch auf dem Motorrad alles andere als realistisch an. Auch die verschiedenen Einstellungen, die man vornehmen kann, führten nicht zu einem annähernd zufriedenstellenden Ergebnis. Unterm Strich habe ich aber die meisten Kilometer auf dem Motorrad zurückgelegt, weil es sich für meinen Geschmack am besten beherrschbar und nachvollziehbar verhalten hat.

Hat man diese Hürde genommen, muss man allerdings noch die Hürde der Spielwelt an sich nehmen. Zugegeben, diese ist ziemlich groß und nicht nur wegen der schwierigen Navigation kann man sich darin leicht verfahren. Hier und da entdeckt man immer mal wieder etwas Neues wie eine alte, verlassene Rennstrecke oder kleine Oasen, nur leider ist alles dazwischen viel zu repetitiv. Klar, es ist eine Wüste, da sieht nunmal alles gleich aus, stimmt schon. Aber spätestens, wenn man zum fünften Mal an derselben Felsformation, dem selben Baum und derselben verlassenen Lehmhütte vorbeifährt, wünscht man sich ein bisschen mehr Abwechslung. So hätten beispielsweise ändernde Bedingungen des Untergrunds irgendwie optisch ersichtlich gemacht werden sollen. Fährt man in tieferem Sand, dann merkt man das nur dadurch, dass man plötzlich einfach langsamer wird. Kein tieferes Einsinken des Autos, keine optische Veränderung des Untergrunds und auch Fahrspuren vorausfahrender Fahrzeug sehen nicht anders aus als im Rest der Wüste.

Womit ich mich ebenfalls bis zum Schluss nicht anfreunden konnte, war wie das Auto auf einige Gegebenheiten reagiert. Kleinere Felsen sorgen manchmal für Überschläge, wogegen größere kein Problem zu sein scheinen. Am nervigsten war es aber, dass scheinbar jedes kleinste Hindernis zu einem Totalschaden und damit zur Disqualifikation führen kann. Als Beispiel sind die kleinen Fähnchen, die sich manchmal auf der Strecke zu finden sind. Wirklich klein aus Stoff und kleinen Stangen. Eigentlich sollte man meinen, dass man egal mit welchem Gefährt einfach darüberbrettern kann. Ist aber leider nicht so. Erwischt man aus Versehen oder aufgrund der schwierigen Steuerung doch mal eines dieser Fähnchen, ist euer Auto mit einem Totalschaden außer Gefecht gesetzt.

Grafisch und technisch nicht auf der Höhe

Ähnlich repetitiv wie die sonstige Spielwelt sind auch die Texturen. Die sich immer wieder wiederholenden und kachelnden Texturen sorgen besonders bei der Weitsicht für eine ungewollte Zeitreise in längst vergangene Zeiten. Vor einigen Jahren hat man diese kachelnden Texturen als völlig normal angesehen, aber mittlerweile geht es aufgrund des technischen Fortschritts und der Leistungsfähigkeit der Konsolen besser. Hier ist es vermutlich auch der großen Spielwelt und der Unerfahrenheit des Entwicklers geschuldet, dass sich die Texturen einfach ein bisschen zu oft wiederholen.

Besonders auffallen tut das natürlich in der Vogelperspektive, in der man das Fahrzeug aus einem Helikopter oder einer Drohne, ähnlich wie bei einer TV-Übertragung von oben, sieht. In der Cockpit-Ansicht oder der Verfolgungskamera fallen einem die sich kachelnden Texturen nicht unbedingt auf und so kommt fast sowas wie Wüstenfeeling auf. Dazu tragen auch die recht detaillierten und ordentlich umgesetzten Fahrzeugmodelle bei.

Auch technisch ist das Spiel nicht ausgereift. Besonders störend sind beispielsweise die langen Ladezeiten. Selbst auf dem Testsystem Xbox One X dauerte es zu lange bis die einzelnen Etappen geladen wurden oder wenn man sich wie oben beschrieben verfahren hat, wieder zum letzten Checkpoint zurückgesetzt wurde. Man merkt einfach immer wieder, dass das Entwicklerteam Schwierigkeiten hatte das Spiel rund zu machen. Dafür spricht auch der kurzfristig verschobene Release des Spiels.

Multiplayer und mehr

Bei den ganzen Problemen des Spiels reißt es auch der in Rennspielen mittlerweile viel zu selten vorkommende Splitscreen-Modus nicht mehr raus. Auch wenn ich zugeben muss, dass es den Spielspaß etwas steigert, wenn man zu zweit durch die Wüste irrt. Wobei Spielspaß steigern schon fast übertrieben ist, sagen wir es mindert den Frust ein wenig. Insgesamt hätte man sich diesen Teil des Spiels aber auch sparen können und die Energie eher in den Hauptteil des Spiels stecken sollen.

Gleiches gilt für die doch eher sinnlos wirkenden Sammelaufgaben. So kann man neben den gut versteckten Checkpoints auch Dinge finden wie Cocktails, Panflöten, Statuen und Kochrezepte finden. Was man damit erreichen will, ist mir leider bis zum Schluss nicht klargeworden. Zum einen gibt es keinerlei Hinweise wo und nach was man überhaupt suchen soll, es ist ein bisschen so wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Zum anderen hat es keinerlei Mehrwert für das Spiel. Immerhin haben die jeweiligen Schätze, so wie sie im Spiel genannt werden, immer einen Bezug zum jeweiligen Gebiet, in dem man sich gerade befindet.

Fazit

Ach, schwierig! Unterm Strich hat Bigmoon Entertainment nicht das abliefern können, was sie sich vorgenommen haben. Vor dem Release wurde immer betont, dass man Realismus bieten will und es sich bei dem Spiel um eine Simulation handelt. Rausgekommen ist allerdings ein Spiel, welches mehr Sand im Getriebe hat als die virtuelle Wüste Sandkörner. Leider schafft es das Spiel nicht dem Spieler die Kernfeatures zu vermitteln und lässt ihn quasi hilflos in der Wüste zurück. Zudem ist das Spiel grafisch als auch technisch nicht auf der Höhe.

Dakar 18
Grafik/Präsentation
50
Story/Atmosphäre
55
Gameplay
45
Multiplayer
65
Spielspaß
30
Leserwertung0 Bewertungen
0
Große Karten
Splitscreen
Lange Ladezeiten
Zu oft wiederholende Texturen
Teilweise unfahrbare Fahrphysik
Schwierige Navigation
Nutzloser Co-Pilot
49