Mordheim: City of the Damned im Test – Ein Nerd steht im Dunkeln

Schon meine Mutter sagte mir früher immer, dass man nicht im Dunkeln in den Straßen herum lungern solle. Dabei wuchs ich persönlich recht beschaulich in den Straßen von Köln auf. Für den neusten Test zog es mich jetzt jedoch in die finsteren, virtuellen Gassen Mordheims, wo das Wort beschaulich mal so gar nicht zutrifft. Mordheim: City of the Damned ist ein Action-Strategie-Rollenspiel-Mix aus dem Hause Rogue Factor und bedient sich der bekannten und beliebten Warhammer-Lizenz. Seltener passte ein Genre besser zu einer Gameswork-Tabletop-Lizenz, was jedoch Segen und Fluch zugleich darstellt. Als fähiger Kriegslord stellen wir also unsere persönliche Kriegerbande zusammen, verwalten und leiten das Geschehen rund um die heruntergekommene Hafenstadt Mordheim. Was wir dabei so alles erlebt haben und ob wir daran Freude hatten, lest ihr in unserem Test.

Mordheim – Das Ruhrgebiet des Imperiums

screenshot-mordheim-city-of-the-damned-06Normalerweise beginnen meine (oder auch viele andere) Tests mit einer Einleitung, welche im Handlungsrahmen des Spiels übergeht. Bei Mordheim: City oft he Damned tauchen hier schon die ersten Probleme auf. Das Spiel hat im Grunde keine wirkliche Story. Ihr übernehmt als Kommandant die Befehlsgewalt über eine sogenannte Kriegerbande. Hierbei handelt es sich um ein Zusammenschluss aus verschiedenen Individuen bzw. Charakterklassen, was letztlich als Squad angesehen werden könnte. Mordheim selber ist ein finsterer Ort, welcher jedoch, dank eines Meteoriteneinschlags, eine äußerst wertvolle Ressource beherbergt: Die sogenannten Morsteine. Unsere Bande aus „Söldnern“ verdient sich ihren Lebensunterhalt also damit für andere, weniger kämpferisch begabten Personen, diese wertvollen Kristalle aus Mordheim zu schmuggeln. So untersteht ihr in der Kampagne dem Baron und müsst ihn und sein Reich mit Morstein versorgen. Jetzt wäre diese Aufgabe natürlich eigentlich sehr einfach. Kristalle abtransportieren klingt jetzt nicht sonderlich gefährlich. Das Problem sind die anderen Kriegsbanden, die selbiges vorhaben, was also zwangsweise zahlreiche gewaltsame Konflikte mit sich bringt.

Action-RPG-Strategie-Mix

screenshot-mordheim-city-of-the-damned-07Das Spiel selber startet bedauerlicherweise erst einmal äußerst holprig. Es werden euch stolze 12 Tutorials empfohlen, die teilweise gute 30 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Zugegeben, dass Gameplay ist relativ komplex, die Tutorials sind dabei aber auch stark verbesserungswürdig. Jeder Schritt zieht sich furchtbar lang und die hohen Ladezeiten vermiesen sicher so manchem Spieler den anfänglichen Enthusiasmus. Generell wird in den anfänglichen Lernmissionen sehr viel und vor allem ausschweifend erklärt. Hier täten die Entwickler gut daran, die Beschreibungen etwas kompakter zu gestalten und die lange Textwände zu reduzieren. Los geht der Start der Kampagne mit der Wahl eurer Kriegsbande. Warhammer-Veteranen erkennen natürlich die entsprechenden Fraktionen sofort, alle anderen entscheiden wohl instinktiv. Zur Wahl stehen vier Möglichkeiten. Imperiale Söldner, die Schwestern des Sigma, die fiesen Rattenwesen Skaven oder die Kultisten des Chaos. Spieltechnische Unterschiede gibt es weniger als man meinen möchte. Unterm Strich verfügen alle Fraktionen mehr oder weniger über dieselben Standardeinheiten – sprich Nahkämpfer, Fernkämpfer oder Magier. Für den Test fällt die Wahl auf die Reikland Söldner und nach ein paar Klicks steht sie bereit, meine Kriegerbande. Und damit startet die Kampagne, sowie meine Probleme.

XCOM lässt grüßen

screenshot-mordheim-city-of-the-damned-03Vom reinen Ablauf her orientiert sich der Titel sehr am großen Vorbild der XCOM-Reihe. Ihr befehligt eure eigenen Krieger, die euch über längere Zeit begleiten werden und die sich verletzen und auch sterben können. Jeder eurer Recke ist zudem ein Individuum, dessen Klasse und Aussehen ihr euch aussucht, seine Fertigkeiten nach einem Level-Aufstieg verwaltet und ihm Ausrüstung zuweist. Nach und nach schaltet ihr weitere Startplätze für die Missionen oder auch Reserveplätze frei. Auf diese Weise entwickeln sich eure ersten Krieger irgendwann zu kampfgestählten Veteranen, die in den Missionen ein wenig auf die Neulinge aufpassen müssen. So erhaltet ihr bald eine schlagfertige Einsatztruppe, in der ihr frei nach dem Bayern München-Konzept auch mal den Nachwuchs aus der Reserve ins Team rotieren könnt. Umso bedauerlicher natürlich, wenn dann wirklich mal jemand das Zeitliche segnet – im schlechtesten Falle nämlich einer eurer besseren Krieger. Mordheim: The City oft he Damned läuft wie die Alien-Hatz von 2K rundenbasiert ab. Jede eurer Spielfiguren hat Bewegungspunkte, die darüber bestimmen, wie weit ihr euch auf dem Schlachtfeld fortbewegen dürft. Weiter verfügt jeder Charakter noch über Offensiv-Punkte. Diese regulieren primär den Einsatz eurer Nahkampfattacken. Aber auch ohne in direkte Duelle verwickelt zu sein, braucht ihr diese Punkte um beispielsweise wachsame Haltungen einzunehmen. Begeben sich feindliche Einheiten nun in eure Nähe, greifen eure Streiter diese umgehend an. Nun befinden sich die Modelle im direkten Nahkampf und jede Aktion kostet euch wieder Punkte. Ein normaler Hieb kostet beispielsweise zwei Offensiv-Punkte und zeigt euch auch direkt an, wie hoch die prozentuale Chance steht den Feind auch zu treffen. Selbiges gilt für eure Parier -und Ausweichhaltung. Es gibt natürlich noch mehr zahlreiche Aktionen und Kommandos, wie man sie aus Strategiespielen kennt. Die Parierhaltung empfiehlt sich als letzte „Offensiv-Aktion“, um den kommenden Gegnerangriff besser zu überstehen, eure Magier beackern die Gegenseite aus dem Hintergrund mit Zaubern oder eine angeschlagene Einheit muss aus einem Kampf fliehen. Dabei ist wirklich jeder Schritt den ihr macht sehr wichtig. Das Spiel verzeiht kaum Fehler und ihr solltet eure Kriegerbande stets zusammenhalten. Ähnlich wie bei XCOM könnt ihr euren Spielstand nämlich in ein faktisches Game Over manövrieren. Sprich: Ihr verliert ungünstig eine Mission, es sterben Charaktere und ihr seid pleite – Dann hilft nur ein kompletter Neustart.

Der Krieg ist hart – Bewahrt Disziplin

screenshot-mordheim-city-of-the-damned-04Habt ihr jedoch einmal verinnerlicht, dass ihr keinesfalls von eurer „Block-Taktik“ abweichen solltet, kommt man im Grunde ganz gut über die Runden. Die Kampagne verläuft äußerst unspektakulär und präsentationsarm. Es gibt keine Geschichte, lediglich feste Story-Missionen, die ein kleines bisschen anders ablaufen als die sonstigen Standard-Aufträge. Hauptziel dort ist, den wertvollen Morstein zu ergattern. Auf einer festgelegten Karte, kämpft ihr also mit der feindlichen Kriegerbande darum, wer mehr Morsteine einsammelt. Die grünen Kristalle hebt ihr entweder vom Boden auf oder plündert besiegte Feinde und moppst sie diesen aus den Taschen. Mit dem seichten Basisausbau, dem Erlernen neuer Fertigkeiten und der Beobachtung wie eure Bande stärker und mächtiger wird, macht das “Alles” auch wirklich viel Spaß. Negative Punkte muss man bei Mordheim aber kaum suchen, da sie einem leider schneller auffallen werden, als einem lieb ist. So ist die Optik des Spiels wirklich erwähnenswert unterdurchschnittlich. Der Nebel erinnert ältere Semester an die seeligen Nintendo 64-Zeiten, die Texturen sind unschön und wiederholen sich ständig und generell ist alles undetailliert und dunkel. Damit könnte man soweit natürlich auch zurechtkommen. Gute Optik macht bekanntlich kein gutes Spiel. Mordheim leidet einfach an vielen verschiedenen Krankheiten, die sehr dubiosen Entscheidungen der Entwickler zugrunde liegen.

Mordheim – Wenns mal wieder länger dauert

screenshot-mordheim-city-of-the-damned-01So ist es zum Beispiel einfach ein Unding, dass man sämtliche Züge der Gegner abwarten muss und diese nicht „überspringen“ kann. Im späteren Verlauf der Kämpfe, befinden sich gerne mal bis zu neun feindliche Truppen auf dem Feld. Der Initiativwert jeder Figur entscheidet darüber, in welcher Reihenfolge die Charaktere ihre Aktionen ausführen dürfen. Macht der Gegner also mit drei Figuren seine Züge, lest ihr auf dem Bildschirm die Info, dass ihr bitte warten sollt und das dummerweise in Echtzeit. Vielleicht trägt so etwas bei manchen Spielern zu einem authentischen Spielgefühl bei, aber dann doch bitte einfach optional. Die Wartezeiten, bei denen ihr lediglich stumm auf eure letzte bewegte Figur starren müsst, betragen gerne mal bis zu einer Minute. Bei neun Gegner-Modellen könnt ihr ja selber die Zeiten nachrechnen, die ihr mit Warten verbringen werdet. Dazu kommt ein Schwierigkeitsgrad, der keine Fehler erlaubt und euch teilweise vollkommen willkürlich Steine vor die Füße wirft. Seien es etliche Fehlschläge bei 85% oder mehr Trefferwahrscheinlichkeit oder unfair-langen Verletzungsdauern nach den Kämpfen. Hauptmissionen enthält das Spiel als reine Zugabe zu den immer selben Sammel-Missionen. Diese weichen durch andere Aufgaben zwar vom grauen Mordheim-Alltag ab, sind jedoch einfach viel zu lange. Die erste Story Mission beschäftigt euch gute zwei bis drei Stunden. Ihr bekommt nur sehr spärlich erklärt, was überhaupt zu tun ist und die Züge ziehen sich quälend in die Länge. Die zweite Mission setzt dem Ganzen die Krone auf. Ohne zu spoilern: Ihr sollt drei Gegenstände finden, diese an bestimmten Stellen „aufladen“ und dann noch zurück zu eurem Kriegswagen bringen. Nach fünf Stunden habe ich die Mission entnervt aufgegeben, weil ich das dritte Item nicht finden konnte und gefühlte fünf Meter Bewegung gute 15 Minuten Echtzeit in Anspruch nehmen. Bei mir herrscht daher Unverständnis, wieso der Entwickler solch heftige Überschreitungen an Spielzeit für eine Mission nicht bemerkt und unterbindet. Generell ist das Spiel sehr unbequem. Ihr seid ständig fast pleite und der Laden führt nur alten Krempel, den man am liebsten nicht kaufen würde, weil es sich eh nicht lohnt.

Fazit

Mordheim: City of the Damned hätte das Zeug zu Höherem. Leider drücken die teilweise doch schwerwiegenden Design-Entscheidungen gehörig den Spielfluss. Die Missionen laufen äußerst zäh und langwierig ab und fühlen sich unangenehm unspektakulär an. Auffallend ist deshalb vielleicht die, im Verhältnis, hohe Spielspaß-Wertung. Es hat als Fan des Warhammer-Universums schon seinen Charme die eigene Kriegsbande zu verwalten und zu verstärken. Nach erfolgreichen Missionen freut ihr euch mit “den Jungs” über Level-Aufstiege und gefundene bessere Waffen. Die umständliche, träge und etwas unfaire Bedienung ärgern einen deshalb um so mehr. Nach über 20 Stunden Spielzeit muss ich mir eingestehen, dass mich das Konzept und der Aufbau-Gedanke hinter dem Spiel schon reizt und fasziniert. Doch am Ende einer Spielsession bleibt immer dieser fade Beigeschmack, dass alles hätte so viel spaßiger sein können, hätten die Entwickler mehr Zeit in die Bedienbarkeit gesteckt. Beinharte Rollenspiel-Strategie-Mix-Fans können mal einen Blick riskieren. Der Rest sollte sich im klaren sein, dass ihr wenig reine netto-Spielzeit bekommt.

Mordheim: City of the Damned
Grafik/Präsentation
67
Story/Atmosphäre
66
Gameplay
69
Spielspaß
73
Leserwertung3 Bewertungen
76
69