Test: Rise of the Tomb Raider: Lara Croft im kalten Sibirien

Die Aufregung war groß, als Microsoft auf ihrer Pressekonferenz zum Start der Gamescom 2014 bekannt gab, dass Rise of the Tomb Raider exklusiv für die Xbox One und Xbox 360 auf den Markt kommen würde. Zwar stellte sich dies später in eine auf ein Jahr begrenzte Exklusivität heraus, aber besonders Fans der PlayStation waren dennoch nicht besonders begeistert darüber. Immerhin ist Tomb Raider mit der Protagonistin Lara Croft auf der Sony-Konsole groß geworden, wenngleich sie ihr Debüt auf dem SEGA Saturn gab. In unserem Test zeigen wir euch, ob sich der Deal für Microsoft lohnt und ob sich das Warten für alle PlayStation-Besitzer lohnt.

Lara verschlägt es dieses mal ins kalte Sibirien

screenshot-rise-of-the-tomb-raider-01Lara Croft hat noch an den Erlebnissen auf Yamatai und der Katastrophe mit der Endurance zu knabbern, gleichzeitig lässt sie aber auch der Drang auf ein neues Abenteuer und neue Schätzen nicht los. Während der Vergangenheitsbewältigung findet sie Aufzeichnungen ihres verstorbenen Vaters und einer Expedition nach Syrien, in der es um die Suche nach dem Grab des Propheten geht. Trotz Bedenken und der Befürchtung, dass die gleiche Besessenheit ihres Vaters auch mal ihr Ende sein könnte, macht sie sich auf den Weg, das Werk des Vaters zu beenden.

Nach einem kurzen Abstecher in Syrien landet Lara schließlich im tiefsten Sibirien, wo sie sich zunächst alleine durch die Widrigkeiten des Terrains und der Witterung kämpfen muss. Der Aufbau der Kapitel und Ablauf der Geschichte ist dabei ähnlich gut erzählt, wie die des Reboots von 2013, wobei die Areale natürlich aufgrund der höheren Leistung der Xbox One weitläufiger sind und auch mehrere Wege bieten, um der verlorenen Stadt und somit dem Ziel näher zu kommen – natürlich ganz stilecht in Tomb Raider-Manier kletternd, rutschend oder schießend durch die abwechslungsreiche Wildnis von Sibirien. Etwas dagegen haben aber die Widersacher von Trinity. Sie stellen sich Lara immer wieder in den Weg um sie aufzuhalten. Wer gut aufgepasst hat, denen wird Trinity ein Begriff sein und kennt sie bereits aus dem Vorgänger, bei dem die Organisation hin und wieder in gefundenen Schriftstücken erwähnt wurde oder der Rettungshubschrauber beispielsweise von einem Frachter namens „Trinity“ kam. Richtig in Erscheinung tritt die Organisation aber erst jetzt in Rise of the Tomb Raider.

screenshot-rise-of-the-tomb-raider-04Denn nur zu gerne möchte Trinity die ganzen Schätze für sich alleine beanspruchen und Lara ausschalten. Dem puren Überlebenswillen nach muss Lara also Allianzen eingehen und findet beispielsweise Zuflucht bei einem alten Bergvolk, das ihr Unterschlupf in seinem Bergdorf gewährt. Alleine im Kampf gegen Trinity kann auch eine Lara Croft nicht bestehen.

Grafisch als auch von der akustischen Unterstützung bewegt sich Rise of the Tomb Raider auf einem sehr hohen Niveau. Hierbei merkt man deutlich, dass Microsoft den Entwicklern bei Cristal Dynamics unter die Arme gegriffen hat. Wo andere Dritthersteller immer wieder Probleme haben, das Letzte aus der Xbox One herauszukitzeln, schafft das neue Lara Croft-Abenteuer dies spielend. Mir sind beim Zocken keine Ruckler oder Slowdowns aufgefallen, die den Spielspaß beeinträchtigen hätten können. Alles lief butterweich und sah wunderschön, sehr detailliert und abwechslungsreich im Leveldesign aus. Gleiches gilt für die unaufdringliche, musikalische Untermalung und Sound-Effekte. Beides lässt den Spieler sehr gut in das Abenteuer eintauchen und regelrecht mit Lara mitfiebern. Falls ihr die Möglichkeit habt, spielt das Spiel unbedingt mit einer gut abgestimmten Surround-Anlage. Die Umgebungsgeräusche als auch jegliche mit Interaktionen in Verbindung stehenden Geräusche kommen so unheimlich gut rüber und sind, genau wie beim Vorgänger, sehr gut abgemischt.

Mehr zu tun für Jäger und Sammler

Wie im Reboot sind in der Spielwelt von Rise oft he Tomb Raider natürlich wieder zahlreiche Geheimnisse versteckt, die es zu suchen und entdecken gilt. Hierbei können sich die Jäger und Sammler unter euch noch deutlich mehr austoben, als es noch im Vorgänger der Fall war.

screenshot-rise-of-the-tomb-raider-03Neben versteckten Relikten, Schriftstücken, Aufzeichnungen und natürlich die mit Rätseln gespickten, geheimen Gräber, welche es in dieser Form bereits im Reboot gab, gibt es zusätzlich noch Gemälde, Reliefplatten oder Monolithe mit altertümlichen Schriften zu entdecken. Um aber beispielsweise letzteres entziffern zu können, muss Lara zuerst andere Relikte oder Schriften mit selbiger Sprache gefunden und gelesen haben, um die Sprache zu lernen und die Monolithe entziffern zu können. Ob mongolisch, russisch oder griechisch, je mehr man findet, desto besser kann Lara die jeweilige Sprache und desto mehr Monolithen können entschlüsselt werden. Ist Lara dazu noch nicht in der Lage, so muss man wohl oder übel noch einmal an den Ort zurückkehren oder lässt diesen einfach links liegen. Für den Spielfortschritt sind diese nicht wirklich wichtig, in der Story kommt man auch ohne weiter. Zu bereits besuchten Orten zurückkehren kann man übrigens genau wie im Vorgänger per Schnell-Reise in den immer wieder auffindbaren Lagern mit wärmendem Lagerfeuer.

Diese Lager sind aber nicht nur für die Schnell-Reise praktisch, zusätzlich sind sie auch dazu da, um sich oder seine Ausrüstung weiter zu entwickeln. Die während des Spielens gesammelten Ehrfahrungspunkte und Rohstoffe können hier in neue Fähigkeiten oder verbesserte Ausrüstung wie Kletteräxte, Waffen, Munition oder Taschen, um mehr davon mit sich tragen zu können, umgesetzt beziehungsweise erlernt werden. Allerdings hat sich das Spiel hier ein wenig weiterentwickelt, oder besser gesagt, die Entwickler machen es dem Spieler schwerer, an besondere Ausrüstung zu kommen. Hatte man im Vorgänger noch eher das Gefühl, dass das Jagen von Tieren oder Sammeln von Pflanzen eher nutzlos ist und nur dem Freischalten von Erfolgen diente, werden die gesammelten Rohstoffe wie Giftpilze, Holz, Häute und Felle, zusätzlich zu dem oft in Kisten versteckte Bergungsgut benötigt, um beispielsweise Gift- oder Feuerpfeile herzustellen. Die bloße Fähigkeit reicht nicht mehr aus, man braucht auch die dafür benötigten Rohstoffe. Ein wenig erinnert diese Art von Ressourcen-Entwicklung an Far Cry, wo das Aufwerten ganz ähnlich abläuft. Allerdings wird in Tomb Raider nicht immer zwischen den verschiedenen Tierfellen unterschieden. Sammler werden also nicht nur mit Erfolgen belohnt, sondern haben auch Vorteile in Kämpfen gegen Trinity durch die bessere Ausrüstung.

Ist in einem Abschnitt die Auseinandersetzung mit Trinity vorüber und alle Gegner ausgeschaltet, lohnt es sich also, die Gegend oder Räume noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Gemälde oder eine Kiste mit Rohstoffen kann sich screenshot-rise-of-the-tomb-raider-02überall verstecken. Aber ähnlich wie bei den Monolithen muss man auch hier manchmal an die Orte zurückkehren wo man bereits war, denn teilweise sind Abschnitte oder Räume mit Hindernissen versperrt, die man erst im Laufe des Spiels beseitigen kann. Beim Testen fiel mir allerdings auf, dass es teilweise nicht reibungslos funktionierte, Sammelgut mit der X-Taste aufzuheben, obwohl man direkt daneben stand. Es musste erst der Winkel ein wenig korrigiert werden, dann klappte es auch. Hoffentlich wird dieser Umstand vor Release des Spiels noch per Update ausgebessert. Es ist zwar kein wirklich schlimmer Fehler, aber hin und wieder war es schon ein wenig störend und wirkte etwas unsauber.

Crystal Dynamics hat das Rad mit Rise of the Tomb Raider nicht neu erfunden, aber wozu auch? Es rollte ja mit dem Reboot von 2013 bereits hervorragend. Mochte man diesen, dann wird man auch mit dem neuesten Tomb Raider einige spaßige Stunden verbringen können. Die Steuerung und Spielmechanik ist größtenteils gleich geblieben und wurde nur punktuell angepasst, so dass man sich gleich wieder heimisch fühlt. Aber auch Neulingen wird der Einstig mit dem Prolog und dem Erklären der grundlegendsten Fähigkeiten von Lara sehr einfach gemacht. Zwar kann sie im Gegensatz zum Vorgänger anfangs deutlich mehr, allerdings ist sie bereits auch eine waschechte Abenteurerin.

Expeditionen ersetzen Multiplayer

Ich muss zugeben, auch ich habe den Multiplayer im Vorgänger-Tomb Raider nicht einmal gespielt, für mich sind die Lara Croft-Abenteuer einfach ein Singleplayer. Ähnliches haben sich jetzt scheinbar auch die Entwickler gedacht, so wurde der Multiplayer-Part kurzum aus dem Spiel gestrichen. Ersetzt wird dieser durch das Expeditionen-Feature, mit dem man bereits in der Kampagne absolvierte Abschnitte noch einmal spielen kann.

screenshot-rise-of-the-tomb-raider-07Zur Auswahl stehen dabei verschiedene Modi. So können Kapitel ganz normal oder mit angepassten Fähigkeiten noch einmal gespielt werden, um weitere Herausforderungen zu meistern. Angepasst wird hier mit Spielkarten ähnelnden Sets. Bis zu fünf Karten können pro Kapitel eingesetzt werden, die Laras Fähigkeiten verändern oder ein Ziel bilden. So könnte dieses beispielsweise lauten, dass man im Laufe des gewählten Abschnitts nicht einmal sterben darf.

Spannender fand ich persönlich aber den Modus “Punktangriff”, bei dem man ebenfalls Kapitel noch einmal spielt und auch die neu eingeführten Karten zum Einsatz kommen können. Dabei unterscheidet sich der Modus zur Kapitelwiederholung darin, dass es nun gilt, besonders schnell unterwegs zu sein, keinen Schaden zu nehmen, Objekte einzusammeln und sogenannte Irrlichter besonders schnell einzuheimsen, damit der Kombozähler steigt. Je besser man abschneidet, desto mehr Punkte bekommt man, was in einer Bestenliste geprüft werden kann. Ebenfalls sehr spannend ist der Modus „Widerstand der Verbliebenen“, bei dem das bereits erwähnte Bergdorf vor Angriffen geschützt werden muss und dabei eigene Herausforderungen erstellt werden können, die dann mit Freunden geteilt werden und sich gemessen werden kann.

Mich persönlich reizt der Expeditionen-Part deutlich mehr, als der Multiplayer im Vorgänger. Besonders angetan hat es mir der Punktangriff-Modus, bei dem ich das ein oder andere Mal durch die Kapitel gehetzt bin und mich der kleinste Fehler dazu veranlasst hat, es noch einmal zu spielen, um ein noch besseres Ergebnis zu erlangen.

Fazit

Crystal Dynamics hat mit Rise of the Tomb Raider ein wirklich großartiges Action-Adventure geschaffen. Das, was im ersten Teil richtig gemacht wurde, hat man beibehalten und mit sinnvollen Neuerungen ergänzt. Der in meinen Augen überflüssige Multiplayer-Part ist entfallen und wurde durch den herausfordernden Expeditionen-Part ersetzt. So lädt das Spiel auch nach dem Durchspielen dazu ein, es nochmal in das Laufwerk zu schieben. Neben den ganzen neuen Features sieht das Spiel auch noch verdammt gut aus und läuft auf der Xbox One butterweich. Alle Fans des Genres oder der Serie können also bedenkenlos zugreifen und auch Freunde der PlayStation 4 dürfen sich kommendes Jahr auf ein sehr gutes Spiel freuen.

Rise of the Tomb Raider
Grafik/Präsentation
89
Story/Atmosphäre
85
Gameplay
90
Spielspaß
85
Leserwertung0 Bewertungen
0
87