Resident Evil 7 biohazard im Test – Das Böse kommt nach Hause

Es scheint so als seien die großen japanischen Spielestudios auf einer beachtlichen Wiedergutmachungstour. Erst im November letzten Jahres konnte Square Enix mit Final Fantasy XV endlich wieder einen würdigen Serienvertreter der Reihe präsentieren der größtenteils überzeugte. Knapp zwei Monate später ist nun Capcom an der Reihe und schickt mit Resident Evil 7 biohazard den neusten Ableger ihrer einst großen Spielereihe in den Ring. „Besinnung auf alte Tugenden“ war das oberste Credo der Entwickler, hatte man sich doch nach Meinung der Fans mit den beiden letzten Hauptteilen der Gruselreihe zu sehr an den Call of Dutys dieser Welt orientiert und die einstigen Horrorwurzeln endgültig verlassen. Doch Capcom will die Zeit nicht etwa zurückdrehen sondern die alten Tugenden mit einer neuen Optik und frischen technischen Ideen auch konsequent weiterentwickeln. Man versucht also quasi alte Fans durch neue Ideen wieder mit an Bord zu bekommen. Auf der Playstation 4 soll dank VR-Unterstützung zudem für ein neues und einzigartiges Horrorfeeling gesorgt werden. Als Resi-Fan der ersten Stunde war ich daher auf die Neuausrichtung und besonders den VR-Modus äußerst gespannt. Ob Resident Evil 7 wieder zu alter Stärke zurückfindet oder uns doch wieder nur durch schlechte Design- und Gameplayentscheidungen das Fürchten lehrt, werden wir im folgenden Test herausfinden.

Eine schrecklich nette Familie

Resident Evil 7 spielt im US-Bundesstaat Louisiana und versprüht schon im Intro ein besonderes Flair. Die Anfangssequenz wirkt von Serien und Filmen wie True Detective und Texas Chainsaw Massacre inspiriert. Wir spielen einen Mann namens Ethan Winters. Ein einfacher Zivilist ohne besondere Militärausbildung, der aus heiterem Himmel eine Nachricht seiner seit drei Jahren vermissten Frau Mia erhält, die eigentlich schon für tot gehalten wurde. *Hust*Silent Hill 2*hust*.  Seine Spur führt ihn zum Anwesen der Familie Baker welches in einem abgelegenen Waldstück liegt. Schon auf dem Weg zum Haus macht sich ein mulmiges Gefühl in uns breit. Das komplette Anwesen scheint seine besten Tage schon lange hinter sich zu haben und die seltsamen Totems aus Tier(!?)knochen und alten Schrottteilen wirken alles andere als einladend. Wer es hier schon mit der Angst zu tun bekommt sollte Resident Evil 7 jetzt aus seinem Laufwerk nehmen und sich ein anderes Spiel einlegen oder alternativ ein gutes Buch lesen, denn sobald wir das Haus der Bakers betreten beginnt eine Horrortour sondergleichen, die vor allem in VR inklusive Kopfhörer sein volles, schrecklich schönes Potential entfaltet.

Die Räume sind arg eng und verwinkelt, die meisten Fenster verriegelt so dass kaum Licht in die modrigen Wände erhellt. Selbst unsere Taschenlampe spendet nur Licht für wenige Meter, überall knarzt und rasselt etwas, hin und wieder vernehmen wir seltsame Geräusche aus verschiedenen Richtungen. Schon die ersten drei Stunden bieten dank hervorragender Grafik und Soundkulisse mehr Horror und Gruselatmosphäre als die letzten 4 Resident Evils zusammen. Im VR-Modus werden die ersten Stunden zu einer Spielerfahrung bei der man sich hin und wieder die Frage stellt ob das noch Spielspaß oder schon mentale Folter ist.

Recht schnell lernen wir die Familie Baker auch persönlich kennen. Diese lässt uns mehr oder weniger freiwillig an einem Stuhl gefesselt an ihrem Abendessen teilhaben. Da wäre der äußerst zähe Oberhaupt der Familie, Jack, der uns gerade zu Beginn des Spiels das (Über)leben zur Hölle machen wird. Die Mutter der Familie, Marguerite, die eine Schwäche für Ungeziefer jeglicher Art hat. Lucas, der Sohn der Familie, hat wohl einen Saw-Film Zu oft gesehen und wird uns im weiteren Verlauf des Spiels mit seinen Fallen und Spielchen gehörig auf die Nerven gehen. Zu guter Letzt wäre da noch die seltsame alte Frau im Rollstuhl, die uns an den verschiedensten Orten des Baker-Anwesens begegnet und ebenso auf mysteriöse Weise wieder verschwinden wird. Mehr durch Glück denn durch Können gelingt es Ethan, sich in einem Moment der Abwesenheit der Bakers aus seinem Stuhl zu befreien um sich auf die Suche nach Mia zu begeben und einen Weg aus diesem Alptraum zu finden. Ein gelungener Auftakt, doch nun nimmt das Spiel erst richtig Fahrt auf.

Alte Mechaniken neu verpackt

Schnell fällt auf angenehme Weise auf, wie sehr sich die Entwickler bei der Konzeption von Resident Evil 7 auf die alten Serienteile besinnt haben. Viele der damals geliebten Spielmechaniken haben ihren Weg in den neusten Serienableger geschafft. Da wäre etwa das Inventarsystem, welches uns nur eine bestimmte Anzahl von Gegenständen gleichzeitig tragen lässt. Selbst die Restrooms, wo wir in Form von Tonbandgeräten unsere Spielstände speichern können sowie die praktischen Lagerkisten zum verstauen überschüssiger Gegenstände, kommen wieder zum Einsatz. Es gibt kleinere Rätseleinlagen für die wieder bestimmte Schlüssel oder Gegenstände gefunden und richtig eingesetzt werden müssen.

Trotz der Egoperspektive stellt sich aufgrund dieser Designentscheidungen das alte Resident Evil-Feeling ein. Zudem erinnern einige Teile des Baker-Anwesens frappierend  an das Herrenhaus aus dem ersten Serienteil. So wird beispielsweise die Beschaffung einiger wichtiger Gegenstände wie des Gewehrs Fans der ersten Stunde ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern. Bezüglich der Waffenauswahl hält man es ebenfalls sehr traditionell. Zu einem einfachen Messer gesellt sich wenig später eine Pistole und im späteren Verlauf halten sogar wieder ein Granat- sowie Flammenwerfer Einzug. Zudem dürften es viele Kritiker dankend zur Kenntnis nehmen, dass nun auch endlich im Laufen geschossen werden kann. Neu ist zudem eine Blockfunktion, mit der wir einen Teil des Nahkampfschadens bestimmter Gegnertypen abwehren können.

Im letzten Drittel wird das Waffenarsenal durch Haftbomben und eine MP abgerundet. Man ist dem Schrecken des Baker-Anwesens also nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert wobei die Munition meist äußerst rar ist und somit jeder Fehlschuss doppelt ärgert. Zum Glück ist es möglich, mit Hilfe von Chemikalien und Schießpulver den Munitionsbestand wieder aufzubessern. Die Sache hat jedoch einen Haken. Die erwähnten Chemikalien dienen, in Verbindung mit Kräutern, ebenso zu Herstellung von Heilmitteln. Das heißt wir müssen also immer abwägen, ob wir gerade dringender Munition oder Heilitems brauchen, was für zusätzlichen Nervenkitzel sorgt.

Stranger Things

Die Story hält sich anfangs sehr bedeckt und gibt uns mehr Fragen als Antworten auf. Ziemlich schnell wird uns bewusst, dass die Familie Baker zäher zu töten ist als gewöhnliche Menschen und ihre Zähigkeit mit ihrem Wahnsinn scheinbar Hand in Hand einhergeht. Wir hören sie nur hin und wieder von einer „Gabe“ sprechen die sie empfangen haben. Worum es sich dabei genau handelt und was es damit auf sich hat, kristallisiert sich erst im späteren Verlauf des Spiels heraus. Tatsächlich ging es mir im Spiel auch so, dass ich irgendwann nicht mehr nur wissen wollte wie ich hier am Stück raus komme, sondern was genau in diesem Anwesen vor sich geht. Zahlreiche Manuskripte und Videotapes (ja, 2017 greifen die Bakers tatsächlich noch auf Magnetband zurück) liefern Hinweise oder Andeutungen über die Ereignisse die diesen finsteren Ort heimgesucht haben. Die erwähnten Videotapes können wir sogar selber nachspielen. Das ist insofern interessant, da wir in diesen Sequenzen oft schon Bereiche erkunden, die wir später in der Rolle von Ethan wieder begehen und somit schon auf die eine oder andere Gefahr aufmerksam gemacht werden. Ein Aufmerksames Suchen und Spielen der Videotapes ist also durchaus lohnenswert, zumal sie auch zusätzliche Infos zur Story preisgeben.

Auf die serientypischen Zombies müssen wir in Resident Evil 7, ähnlich wie in den Teilen vier und fünf, ebenfalls wieder verzichten. Dafür begegnen wir in den dunklen Winkeln des Bakers des Öfteren sogenannten  Moldeds. Diese Wesen erinnern optisch entfernt an die Regenerators aus dem vierten Serien Teil und sind in bestimmten Formen sogar noch schneller und aggressiver als die schlurfenden Untoten. Serientypisch werden wir natürlich auch wieder mit einer Reihe von Bosskämpfen konfrontiert, die sich angenehm abwechslungsreich gestalten.

Als seien dies noch nicht genug Leckerbissen für ein Horrorabenteuer, hält das Spiel zudem noch einige interessante Szenarien bereit. So werden wir beispielsweise an einer Stelle des Spiels all unserer Gegenstände beraubt und müssen in bester Saw-Manier an einem von Lucas makabren Psycho- und Folterspielchen teilnehmen, wobei wir mit nichts weiter als einer Kerze ausgerüstet sind. In einem anderen Abschnitt ist es unsere Aufgabe mit Hilfe eines  Entfernungsmessers auf die Suche nach einer Reihe bestimmter Gegenstände machen. Diese Tempowechsel gestallten den Spielfluss angenehm abwechslungsreich wobei lediglich das letzte Viertel des Spiels ein wenig zur Ballerorgie verkommt, was jedoch nie die Ausmaße von Resident Evil 6 annimmt.

In Puncto Atmosphäre weiß das Spiel ebenfalls zu überzeugen. Auch spätere Teile des Anwesens sind sehr liebevoll und detailliert designt, es gibt immer genug Schränke und  Schubladen zu durchsuchen und neue Räume oder Gebiete zu entdecken. Die Soundkulisse trägt zur düsteren Grundstimmung bei und entfaltet bei einer guten Soundanlage oder Kopfhörern ihr volles Potential. Bei der Gewaltdarstellung geizt das Spiel auch nicht mit teils heftigen Splatter und Gore-Effekten die jedoch nie überstrapaziert werden.

Wieviel Horror hältst du aus!?

Der eingangs bereits erwähnte VR Modus bietet im Vergleich zum normalen Modus einige Vor- und Nachteile. Als Nachteil darf sicherlich die etwas verwaschene Auflösung erwähnt werden. Gerade Texturen oder Gegenstände in weiter Ferne kommen nicht an den Detailgrad heran, der uns im normalen Modus geboten wird. Zudem wird in manchen geskripteten Sequenzen im VR-Modus der Bildschirm kurz schwarz, bis sich Ethan in eine bestimmte Blickrichtung ausgerichtet hat. Das nimmt einen kleinen Teil des „Mitten drin-Gefühls“ bietet aber sicherlich auch Schutz vor eventuellen Schwindelgefühlen. Und wo wir gerade beim Thema Motion- Sickness sind. Anders als in Robinson: The Journey wurde mir beim Spielen von Resident Evil 7 zu keinem Zeitpunkt schlecht, jedenfalls nicht aufgrund des VR-Modus.

Die Vorteile von VR überwiegen hingegen deutlich. Das Gefühl der freien Erkundung des Herrenhauses ist dank VR-Brille nochmals intensiver. So ist es uns möglich im Ecken oder Winkel zu gucken um zu sehen, ob etwas dahinter lauert. Gelegentliche Jumpscare-Einlagen wirken im VR-Modus plastischer und realistischer. Das Zielen mit der Waffe, erweist sich per Headtracking-Funktion (Zielen durch Blickrichtung) sogar als eine Spur präziser und einfacher. Tatsächlich entfaltet sich aber auch im VR-Modus der volle Horror nur, wenn man zur VR-Brille noch zusätzliche Kopfhörer trägt. In dieser Kombination wird das Spiel zu einer wahren Mutprobe fürs Nervenkostüm. Das Gefühl, wenn man sich in einem dunklen Kellergewölbe durch eine Enge Passage quetscht während von links und rechts undefinierbare Geräusche vernommen werden und im Augenwinkel noch meint eine Gestalt in der Ferne erkannt zu haben ist derart intensiv, dass man es selbst wohl nur nachvollziehen kann, wenn man es persönlich gespielt hat. Dankenswerter Weise, bietet das Spiel auch genug Erkundungspassagen in denen kurz durchgeschnauft werden kann, wobei das unbehagliche Gefühl der Unsicherheit und Angst nie ganz verschwindet. Der VR-Modus stellt in Resident Evil 7 ohne Zweifel einen Mehrwert für die Spielerfahrung dar.

Fazit

Leck die Ziege ist das krass! Das war noch einer der harmloseren Flüche die mir beim Spielen von Resident Evil 7 über die Lippen ging. Ehrlich gesagt weiß ich nicht worüber ich mich mehr freuen soll. Capcom hat es tatsächlich geschafft die Serie aus der COD-isierten Totenstarre zu befreien und ihr neues Leben mit alten Tugenden einzuhauchen. Trotz der serienuntypischen Egoperspektive wirkt hier vieles so angenehm vertraut. Seien es die Rätseleinlagen, das Verwalten von Items, die Munitionsknappheit oder das mulmige Gefühl einen unbekannten Bereich zu betreten. All das sind Dinge die Fans der ersten Stunde über die Jahre so sehr vermisst haben und nun endlich im schicken, neuen Gewand wiederbekommen. Bezüglich der Story hält sich das Spiel angenehm zurück, liefert aber bis zum Ende hin genug Antworten auf die wichtigsten Fragen und lässt sogar noch ausreichend Spielraum für Interpretationen. Kleine aber fein gesetzte Bezüge auf frühere Serienteile sollten selbst den größten Skeptiker zurück ins Boot holen. Obendrein liefert Capcom mit Resident Evil 7 den wohl bisher besten Grund für Playstation VR. Das gesamte Spiel im VR-Modus zu spielen grenzt an einer Mutprobe. Der Grad des Mittendrin-Gefühls gewinnt mit dieser Technologie eine Intensität wie ich sie bisher in keinem Horrorspiel erlebt habe. Doch statt sich entspannt zurück zu lehnen und uns Spieler einem Jumpscare nach dem anderen auszusetzen werden uns neben diesen schweißtreibenden Gruseleinlagen auch noch Schießereien, Erkundungen und Recherchen geboten. Nur für sich bewertet, bietet Resident Evil 7 intensive Surrvival-Horror-Kost auf sehr hohem Niveau und würde bei mir wohl eine Wertung im hohen 80iger Bereich erhalten. Mit VR-Unterstützung bin ich jedoch tatsächlich der Meinung, dass Capcom das Genre in einer Weise neu definiert, wie sie es anno 1996 mit dem ersten Serienteil geschafft haben. In diesem Sinne: Juhu, Resident Evil lebt wieder! Und das heftiger denn je!

Resident Evil 7 biohazard
Grafik/Präsentation
95
Story/Atmosphäre
91
Gameplay
85
Spielspaß
90
Leserwertung1 Bewertung
96
90