Gaming Headsets haben bei HiFi Enthusiasten nicht den allerbesten Ruf. Auch wenn es bei Spielern nicht immer auf Verständnis stößt wird in entsprechenden Foren oft und gern die Klangqualität und das Preis-Leistungsverhältnis kritisiert. Zurecht? Darüber kann man sicher ausführlich streiten. Für Logitech zumindest scheint das Grund genug zu sein, seine neuen Artemis Headsets, G633 und G933, nicht mehr als solche zu bewerben sondern als Gaming Kopfhörer. Obendrein für anspruchsvolle Audiofans. Und dann auch noch für so ziemlich alle Plattformen, vom PC über Konsolen bis zum Smartphone. Damit der Werbung noch nicht genug werden beide als RGB 7.1 Gaming Kopfhörer beworben. Warum eigentlich?
Blaulicht? Blaulicht! Aber nicht überall
Ziemlich schnell geklärt ist die Sache mit dem RGB. Das Artemis Gaming verfügt, auch mit Siemens Luftleitung, über LED’s in rot, grün und blau. Damit kann man das Headset, Verzeihung, den Gaming Kopfhörer, in zwei von 16,8 Millionen Farben leuchten lassen. Allerdings nicht an Konsole oder Smartphone sondern nur am Rechenknecht. Dafür braucht das G633 wie auch der kabellose Bruder nämlich die PC Software.
Auch die Tasten an der linken Ohrmuschel sowie der 7.1 Sound bleiben Konsolenknechten wie Handyhörern verwehrt. Wer das G633 an anderen Geräten als der Master Race Maschine nutzt muss also auf einiges verzichten. Allerdings gibt es dafür einen gewissen Ausgleich und einige kluge Features. Aber werfen wir erstmal einen Blick auf den Verpackungsinhalt. Ist der Karton geöffnet sticht ins Auge, dass kein Kabel am G633 hängt. Die zugehörigen Strippen finden sich in einer weiteren Pappschachtel unter dem Headset, und zwar ein USB Kabel für den PC sowie eine Kupferleitung mit CTIA Stecker und Kabelfernbedienung samt Mikrofon. Die dient für alle anderen Geräte als Tonübertäger und funktioniert nicht nur an Playstation 4 und Xbox One sondern auch an Wii U, 3DS, Vita und, wenig überraschend, Smartphones.
Genau hier kommt uns auch das erste clevere Feature des G633 entgegen. So ist Audiomixing zwischen beiden Anschlüssen möglich. Wer am PC spielt kann beispielsweise auch einen Anruf auf dem Smartphone etgegen nehmen oder darüber Musik hören.
Für alle Interessierten, die auch am PC zocken dürfen da zumindest ein paar Worte nicht fehlen. Um alle Features zu nutzen muss die passende Treibersoftware von Logitech installiert werden. Damit bietet das G633 dann neben bunten Lichtern und Dolby Headphone DTS Headphone X, Equalizer und eben die, frei programmierbaren aber etwas gewöhnungsbedürftig positionierten, G-Tasten an der linken Ohrmuschel. Beide Surround Modi funktionieren dabei ganz gut. DTS packt unter anderem im Bass mehr drauf, Dolby wirkt hier (ungewohnt) subtiler was die virtuelle Raumabbildung angeht. Natürlich geht auch Stereo. Allerdings hatte ich hier das Gefühl, dass die Software hörbar eingreift.
Stereo! HiFi?
Konsolenspieler dürfen auf diese Features verzichten. Ein paar bekommen sie trotzdem. Das liegt auch an der gar nicht schlechten Kabelfernbedienung. Die besitzt neben einer prominent platzierten Play/Pause Taste (für Smartphones) einen Lautstärkeregler, der dummerweise auch das Mikro mit abdreht, einen Mute Schalter für eben jenes und einen Umschalter zwischen Kabelmikro und dem ausklappbaren Schwanenhalsmikrofon. Die funktionieren übrigens beide sehr gut. Das Kabelmikrofon ist sogar das lautere, nimmt aber, gerade an der Xbox, auch viele Umgebungsgeräusche mit. Selbst wenn man über das gewebeummantelte Kabel streicht ist das leise hörbar. Am Smartphone merkt man davon nichts, an der Konsole kann es allerdings auch störende Ausmaße annehmen. Klanglich kann man wiederrum nicht viel daran aussetzen.
Ganz anders gibt sich in vielerlei Hinsicht das Schwanenhalsmikrofon. Das ist etwas leiser, klanglich aber besser und verfügt über eine sehr ausgeprägte Richtcharakteristik. Neben- aber kein Negativaspekt, es muss komplett ausgezogen und möglichst genau auf den Mund ausgerichtet werden. Und das ist nicht immer ganz trivial. Leider lässt sich das Mikrofon nichtt ganz so weit rausziehen wie es vielleicht sollte.
Und wie steht es mit dem Klang auf den eigenen Ohren? Für ein Headset ziemlich gut. Das G633 bietet etwas angehobenen Bass und eine leichte Hochtonspitze. Die Abstimmung erinnert damit leicht an manche geschlossenen HiFi Kopfhörer. Der Tiefton ist dabei allerdings nicht so ausgeprägt wie bei manch anderem Gaming Headset. Tatsächlich klingt das Logitech vielleicht ‘richtiger’, der Bass überdeckt auch nichts. Je nachdem, von welchem Headset man kommt könnte das G633 allerdings erstmal etwas flach klingen. Dabei kommt es durchaus tief runter, es bietet einfach nicht den fetten Spaßbass mancher anderer Headsets. Die Hochtonspitze wiederrum ist gerade so dosiert, dass sie die meisten nicht nerven dürfte aber etwas Transparenz und Auflösungsvermögen ‘vorgaukelt’. Wer bei Zischlauten sehr empfindlich reagiert, für den könnte das vielleicht schon etwas zu viel sein. Insgesamt gesehen leistet sich das Artemis damit keine echten Schwächen, die Ortung ist zumindest passabel, für ein geschlossenes Headset sogar gut, der Klang insgesamt eher ausgewogen. Obendrein ist es vergleichsweise laut. Selbst an der, offiziell nicht unterstützen, Wii U ist eine halbwegs passable Lautstärke drin.
Die Abschirmung gegen Umgebungsgeräusche ist dabei eher Durchschnitt. Im Vergleich mit deutlich besser abschirmenden Ohrenwärmern fällt auf, dass viel mehr geht. Es gibt aber auch genug Headsets, die schlechter abschirmen.
Allerdings bemüht Logitech selbst die Schlagworte Kopfhörer und für anspruchsvolle Audiofans. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das Artemis denn auch mit solchen mithalten kann, gerade bei Musik. Klar, das hängt auch davon ab, womit man vergleicht, wie sehr der Sound am Ende zum eigenen Geschmack passt und so weiter. Anschneiden will ich das Thema dann aber doch. Von der Abstimmung her gar nicht so weit weg ist der Beyerdynamic DT 770, die Pro Variante ist auch preislich auf ähnlichem Level. Leider zeigt sich da auch, dass die Abstimmung alleine nicht alles ist. Der Beyer will mehr Verstärkerleistung, davon ab macht er am Ende aber eben doch alles besser, mal mit kleineren und mal mit größeren Unterschieden. Er verträgt eher noch mehr Maximallautstärke, löst besser auf und klingt oft einfach richtiger. Mein eigener Custom One kann wahlweise mit weniger oder mehr Bass punkten, ebenfalls maximal eher lauter, geht im Hochton etwas zurückhaltender vor, lässt aber dennoch gerade wenn es komplex wird feine Details besser raushören. Ziemlich gut schlägt sich das Logitech wiederrum gegen einen Sennheiser HD 518. Der klingt leider von Haus aus wirklich dumpf und kann gleichzeitig nicht allzu viel Tiefbass. Der Vergleich mit dem Preis-Leistungs-Tipp Teufel Aureol Real geht für den G633 wiederrum ungünstiger aus. Ganz allgemein hatte ich immer wieder mal das Gefühl das Artemis verfärbt bei Musik etwas. Das aber war noch im Rahmen und kann auch bei Kopfhörern vorkommen.
Unterm Strich, als Universalgerät taugt das Logitech hier tatsächlich. Wer allerdings primär einen Kopfhörer sucht ist damit vielleicht immer noch besser beraten.
Sitzt, passt, wackelt…
Da fehlt aber was elementares. Klar, Tragekomfort, Verarbeitung und andere Kleinigkeiten. Das sollte eigentlich noch vor dem Klang kommen. Immerhin setzt man so ein Ding ja auf den Kopf bevor man damit hört. Optisch macht das G633 dabei erstmal einen guten Eindruck. Klar, über Design lässt sich immer streiten und meinetwegen hätte es ruhig etwas nüchterner daher kommen können. Dennoch passt die Verarbeitung rein optisch einfach. Leider zieht sich der Eindruck bei unserem Testexemplar nur durch bis man es in die Hand nimmt. Die Gelenke auf der linken Seite knarzen nämlich gerne und vorlaut. Das muss nicht die Regel sein, ist bei einem Straßenpreis von ca. 120,-€ aber unschön. Sitzt es dann endlich auf dem Kopf macht das Logitech doch einen guten Eindruck. Geliehene Testköpfe (die zugehörigen Körper waren noch mit dem jeweils korrekten Kopf verbunden) bestätigen gute Anpassbarkeit und Sitzform. Wenn sich das Artemis hier einen kleinen Schnitzer erlaubt, dann dass die Ohrmuscheln einen Ticken zu weit nach hinten drehbar sind. Wer eine Seite mal kurz hinters Ohr klemmen will steht unter Umständen schnell ohne Headset da. Die Schwenkbarkeit nach vorne wiederrum ist genau richtig, so lässt sich es auch mal locker und ohne zu stören um den Hals legen.
Vor- und Nachteile haben die Ohrpolster mit Sportmesh. Tatsächlich schwitzt man im Auflagebereich nicht nennenswert, dennoch wird es unter den Ohrmuscheln wie bei jedem geschlossenen Hörer warm. Davon ab fand ich das Material aber eher weniger angenehm als Velours oder Softskin Polster. Da die Polsterung ansonsten stimmt ist das nicht störend, das Bezugsmaterial ist nur leider kein reines Plus.
Ein anderer Knackpunkt ist das beiliegende CTIA Kabel. Das macht mit seiner Gewebeummantelung eigentlich einen guten Eindruck. Auch die Kabelfernbedienung samt Mikro ist soweit gelungen. Auf der Anschlussseite fehlt jede Form von Verriegelung. Steckt das Kabel erstmal richtig drin sitzt es schon fest, der Punkt ist aber verbesserungswürdig. Gerade auf der Xbox wird man auch häufiger mit einem lauten Plöpp belohnt, wenn man zwischen den Mikros um- oder jene ausschaltet. Auch nicht schön, an der Controllerseite hat sich ziemlich schnell ein Knick gebildet, das riecht nach Kabelbruch.
Positiv wiederrum, die Ohrpolster lassen sich relativ einfach abnehmen und auch reinigen. Neu draufziehen ist zwar anfangs ein klein wenig fummelig, geht aber ebenfalls relativ fix.
Beautyqueen mit Schönheitsfehlern
Es könnte alles so schön sein, auch ohne Surround. Selbst als Stereo Headset an der Konsole macht sich das Artemis Gaming nämlich gut. Für Xbox Spieler ist das ‘Kleine’ vielleicht sogar die bessere Wahl, das G933 lässt sich an der Xbox One nämlich nicht ohne Strippe nutzen. Es könnte natürlich auch noch schöner sein, wenn Konsolenspieler auch Rundumklang bekämen. Der ist am PC nämlich gar nicht schlecht.
Leider verhageln ein paar Kleinigkeiten die Topplatzierung. Das Kabel will einfach kein richtiges Vertrauen wecken, innerhalb des Testzeitraums sind zwar keine Probleme aufgetreten, hier sollte Logitech aber dennoch nachbessern. Und bitte direkt ein zweites Drehrädchen dazupacken damit sich Mikro und Lautstärke getrennt regeln lassen. Die Gelenke sind von der Funktionalität zwar kein echtes Problem, aber auch hier könnte man in Details optimieren. Auch das Schwanenhalsmikrofon sollte einfach etwas weiter rausziehbar sein. Denn ansonsten hinterlässt es einen wirklich guten Eindruck.
Das große Ärgernis sind aber einfach die knarzenden Gelenke. Das kostet das Artemis nicht nur Punkte bei der Verarbeitung, es kann schlicht nerven. Und es sollte in dem Preisbereich schlicht nicht passieren. Trotzdem ist das G633 eine Empfehlung wert. Einerseits klingt es einfach gut für ein Headset, andererseits ist es ein gelungener Universalist. Wer ein Headset für Konsolen, Smartphone und PC sucht, obendrein vielleicht noch eines, das als Kopfhörer für Musik taugt, der kann tatsächlich glücklich damit werden.
Fazit
Warum? Warum hat das G633 Artemis bloß diese blöden, kleinen Macken? Es stimmt eigentlich fast alles. Und eigentlich ist das G633 ein sehr gutes Headset. Eigentlich. Denn bei der Verarbeitung war Logitech nicht so treffsicher wie die Göttin der Jagd. Das ist schade und hier sollten die Schweizer auch unbedingt nachbessern. Denn grundsätzlich ist das Artemis ein sehr guter Allrounder, auch wenn Konsolenspieler auf RGB Beleuchtung und 7.1 verzichten müssen.