Uncharted 4: A Thief’s End im Test – Das Ende einer Ära

Versteht man den (vermeintlich) letzten Teil einer bekannten Spielereihe überhaupt ohne die Vorgänger gespielt zu haben? Funktioniert Uncharted 4 auch als eigenständiges Spiel? Und welche Rolle spielt ein bekannter Nasenbeutler im letzten Uncharted-Teil? In diesem Test verrate ich euch die Antworten auf diese Fragen.

Bromance

Screens-Uncharted4-PS4_1Wir helfen Nathan Drake wieder einmal dabei einen uralten Schatz zu finden. Dabei verlässt er sich aber nicht nur auf die Hilfe von Victor Sullivan und seiner Frau Elena, sondern auch auf die seines für 15 Jahre totgeglaubten Bruders Sam.
Sam und Nathan hatten eine schwierige Kindheit. Aufgewachsen in einem katholischen Waisenhaus folgte vor allem Sam dem Drang nach Rebellion. Er stichelt Nate dazu an aus dem Waisenhaus auszubrechen. Hierbei erfahren wir mehr über die Mutter der beiden und warum Sam und Nate später auf der Suche nach einem ganz speziellen Schatz sind – dem Vermächtnis des berühmten Piraten Henry Avery.

Die rebellische Art von Sam und Nate verfrachtet sie einige Jahre später in ein panamaisches Gefängnis – oder ist es doch nur Teil des Plans? Denn zu dem Duo gesellt sich Rafe Adler. Ein weiterer Schatzjäger mit dessen Vermögen es ihnen gelingt, sich in das Gefängnis zu schleusen und so an den ersten Hinweis zu Averys Schatz zu kommen. Diese Aktion bleibt jedoch nicht unbemerkt und bei dem Versuch aus dem Gefängnis Screens-Uncharted4-PS4_14auszubrechen, hinterlässt Nate den verwundeten Sam und lebt seitdem in dem Gedanken, dass Sam diese Flucht nicht überlebt hat… Bis er 15 Jahre später wieder auftaucht und Nate um Hilfe bittet. Sam selbst konnte einige Jahre später aus dem Gefängnis entkommen, schuldet aber Hector Alcázar, der ihm half auszubrechen, eine hohe Summe, die er mit Averys Schatz begleichen möchte. Nach einiger Überzeugungskraft machen sich Nate und Sam nun auf die Suche. Doch Rafe Adler verfolgt parallel das gleiche Ziel. Averys Reichtümer teilen, kommt für ihn aber nicht in Frage. Aus diesem Grund versucht er alles, um die Brüder aufzuhalten und ist dazu sogar bereit eine Partnerschaft mit Nadine Ross und ihren Schergen von Shoreline einzugehen.

Anekdoten an alte Spieleklassiker

In insgesamt 22 Kapiteln plus Pro- und Epilog versuchen Nate und Sam, sich an den Shoreline Gegnern vorbei zum Schatz von Henry Avery vorzukämpfen.

Die Geschichte selbst wird sehr linear erzählt. Ab und zu gewinnt man ein wenig an Open World-Feeling, wenn man verschiedene Ruinen durchforsten kann. Der Forschungsdrang wird aber jäh unterbrochen, wenn Hinweise angezeigt werden, wo sich Sam und Co. befinden. Neben der doch sehr ernsten Stimmung verlieren die Charaktere aber nie ihren Humor. Auch wenn die deutsche Synchronisation meiner Meinung nach super ist, habe ich trotzdem nach einigen Stunden auf die englische Fassung umgestellt. Manche Witze haben im Englischen eine ganz andere Tragweite.

Auch ein paar Anekdoten an alte Klassiker lockern die Ernsthaftigkeit ein wenig auf. Direkt zu Anfang versucht sich Nate in Crash Bandicoot – der übrigens ein Nasenbeutler ist –, um Elenas Highscore zu knacken. Und später finden wir unter den unzähligen Piraten einen mit einem Affen-Symbol, der verdächtig nach Guybrush Threepwood aussieht.

Störung im Paradies

Screens-Uncharted4-PS4_2Shorelines Handlanger begegnen Nate und Sam sehr häufig auf Reise von Schottland bis nach Madagaskar. Wer jetzt aber eine lemmingähnliche Meute erwartet, liegt falsch. Die KI ist überraschend intelligent und verfügt neben unterschiedlichen Waffensets – von verschiedenen Sniperwaffen bis hin zur Minigun ist alles dabei – auch die Fähigkeit Leichen zu entdecken und sich fortan aggressiver auf die Suche nach Nate zu machen. Trotzdem gibt es einige Momente in denen die Gegner entweder im Kreis laufen oder es sie nicht stört, wenn drei Meter von ihnen ein Verbündeter erdrosselt wird. Das hat den eigentlich anhaltende Realismus, den das Spiel vermittelt, ein wenig getrübt. Leider reißt einen auch die Steuerung aus dem Spielgeschehen. Das Wechseln der Deckungsmöglichkeiten endet meistens darin, dass man aus der Deckung mit einer Ausweichrolle offen für jeglichen Beschuss steht. Auch das Steuern der Fahrzeuge ist an einigen Stellen ungenau und mühsam.

Dafür sind die Schooter-Passagen für Leute wie mich, die Shooter hauptsächlich am PC spielen, trotzdem recht gut zu absolvieren und bringen durch die Screens-Uncharted4-PS4_3verschiedenen Waffen viel Abwechslung. Durch die zusätzlichen Features Gegner im hohen Gras hinterhältig zu erdrosseln oder diese über eine Kante in den Abgrund zu werfen, bringt Uncharted sogar einige Stealth-Game-Eigenschaften mit sich. Auch die Klettereinlagen waren intuitiv zu bewältigen, aber für mich fast schon zu einfach. Neben den klassisch hell markierten Felsvorsprüngen, die man verwenden kann, ist es möglich sich mit dem Kletterhaken an offensichtlich platzierten Holzbalken zum nächsten Felsen hinüber zu schwingen. Die mentale Herausforderung blieb leider auch bei den wenigen Rätseln in Uncharted 4 aus. Viele Hinweise muss man gar nicht selbst herausfinden, Nate oder seine Gefährten verraten einem schon, wie man das Rätsel lösen kann.

Schaue ich gerade einen Film?

Screens-Uncharted4-PS4_11Audiovisuell lässt Uncharted 4 einen dennoch sprachlos vor dem Monitor. So gut kann PS4-Grafik aussehen? Naughty Dog hat hier wirklich das beste aus der Konsole rausgeholt. Das Motion Capture hat jede noch so kleine Mimik eingefangen und lässt die Charaktere noch realer wirken. Die Zwischensequenzen hätten auch Live-Action-Szenen sein können. Und dank dem Fotomodus mit zig Kameraeinstellungen und Filtern verbringt man mehr Zeit damit Screenshots zu machen, als einem lieb ist.

Der Soundtrack, der von keinem geringeren als Henry Jackman (Captain America: Civil War oder auch Just Cause 3) komponiert wurde, untermalt die Stimmung der einzelnen Kapitel dazu noch perfekt.

Multiplayer

Der Multiplayer in Uncharted 4 scheint auf den ersten Blick wie jeder andere Shooter – nur im Uncharted-Universum. Nichts außergewöhnliches.

Durch ein paar Besonderheiten hebt sich der Multiplayer trotzdem ein wenig vom Rest ab. Neben den gängigen Klassen wie Sniper oder Support, die von verschiedenen Charakteren wie Nathan oder Sam gespielt werden können, gibt es einige Helfer oder mystische Fähigkeiten, die man sich im laufenden Spiel kaufen kann. Man kann zum Beispiel einen Scharfschützen herbeirufen und ihn an eine Position stellen, die er verteidigen soll. Eine mystische Fähigkeit ist zum Beispiel der Stab von Ayar Manco , der bei Kontakt mit dem Boden Gegner auf der Karte anzeigt – ähnlich wie die Aufklärungsdrone in Call of Duty.

Es gibt insgesamt 4 Spielmodi: Deathmatch, Command (Capture the Flag-Prinzip), Plunder – hier müssen sogenannte Götzen in Kisten gebracht werden, und Ranked Deathmatch. Die Ränge im Ranked-Spiel gehen von Bronze III bis Diamond I. Durch Abschließen von Spielen erhält man Reliquien, die man gegen Truhen eintauschen kann, die Outfits oder neue Charaktere freischalten.

Außerdem gibt es noch Uncharted-Points, die man für Echtgeld einlöst. Hierbei überlässt man nichts zum Zufall der Truhen und kauft gezielt die Outfits und Charaktere, die man haben möchte.Screens-Uncharted4-PS4_6 Wechselnde Herausforderungen, wie 5 Teammitglieder wiederbeleben, geben im Verhältnis zu abgeschlossenen Spielen einen großen Batzen an Reliquien. Auch Prüfungen, die die Grundlagen des Spiels erklären und gegen Bots gespielt werden, bringen je nach Schwierigkeitsstufe Reliquien ein.

Der Multiplayer fühlt sich an wie Uncharted, ist trotz der kleinen Besonderheiten aber kein Kaufgrund für dieses Spiel. Es hält einen nach der abgeschlossenen Story noch ein wenig in der Uncharted-Welt. Mich persönlich hat der Multiplayer aber nicht angesprochen. Er bedient sich an anderen gängigen Shootern und macht eigentlich nicht viel neues. Wer aber einen Shooter im Uncharted-Universum sucht, wird hier dran sicherlich seinen Spaß finden.

Ist Uncharted 4 also auch für Leute geeignet, die Teil 1-3 nicht durchgespielt haben?

Screens-Uncharted4-PS4_10Definitiv. Die Story rund um Sam und Nathan steht für sich und benötigt keinerlei Vorwissen, um sie zu erleben und zu genießen. Dennoch gibt es am Anfang und auch im Epilog einige Trophäen aus vergangenen Teilen, deren Hintergrundgeschichte man natürlich nur kennen kann, wenn die Vorgänger gespielt wurden.

Die Story ist mitreißend, nicht zuletzt auch durch die atemberaubende Grafik und den grandiosen Soundtrack. Die Steuerung reißt einen oftmals aus der Story raus, aber hindert einen nicht daran, mit der Suche nach Averys Schatz fortzufahren. Ich erledige nun auch meine schon längst hinfälligen Hausaufgaben und hole Teil 1-3 der Nathan Drake-Saga nach.

Fazit

Mit Uncharted 4 ist Naughty Dog ein echtes Meisterwerk gelungen. Auch wenn Teil 1-3 von mir nicht angespielt wurden, kann der letzte Teil der Nathan Drake-Saga als eigenständiges Spiel ohne große Abhängigkeit von seinen Vorgängern gesehen werden. Die toll erzählte Geschichte, die Welt, die atemberaubende Grafik und der Soundtrack machen Uncharted 4 zu einem grandiosen Action-Adventure. Die Steuerung hakelt an manchen Stellen und auch der Multiplayer birgt nicht viele Neuerungen. Dennoch wissen Naughty Dog, wie man eine fesselnde Story zum Leben erweckt und haben es mit Uncharted 4 noch einmal bestätigt.

Uncharted 4: A Thief's End
Grafik/Präsentation
97
Story/Atmosphäre
94
Gameplay
85
Multiplayer
77
Spielspaß
92
Leserwertung0 Bewertungen
0
89