The Technomancer im Test – Abenteuer auf dem Mars 

Focus Home Interactive und Spider haben letzte Woche das Action-Rollenspiel The Technomancer auf den Markt gebracht. Die Macher sind vor allem durch die kleine RPG-Perle Bound by Flame bekannt. Von Mittelalter-Fantasy schwenkt der Entwickler nun auf ein Mars Sci-Fi Setting um, das aber auch nicht ganz unerfahren, hat man schließlich mit Mars War Logs bereits erste Erfahrungen mit dieser unwirtlichen Welt sammeln können.

The-Technomancer-08In The Technomancer spielen wir Zachariah Mancer, einen jungen Mann mit dem wir die Prüfung zum Technomancer ablegen und zum Leutnant befördert werden. Technomancer kann aber lange nicht jeder werden, denn diese müssen eine besondere Veranlagung haben. Sie haben das Zehnfache an elektrischer Spannung im Körper und haben durch die Ausbildung gelernt, sie zu kontrollieren. Ob wir nun wie Darth Sidious Blitze auf unsere Gegner schleudern, oder unsere Waffe unter Spannung setzen um dem Feind mehr Schaden zuzufügen, hier gibt es diverse Möglichkeiten die Fähigkeit zu nutzen. Aber diese Veranlagung hat auch ein dunkles Geheimnis, von dem der Orden der Technomancer zwar weiß, aber zum eigenen Schutz still schweigt. Bei der Prüfung erfahren wir, dass es eine durch Menschen verursachte genetische Veränderung ist. Mit dieser geschenkten Macht, kommen aber natürlich auch die Neider und großen Organisationen, welche den Orden kontrollieren wollen.

The-Technomancer-01Wir werden direkt nach dem Bestehen der Prüfung und dem Initiationsritus mit unseren ersten Missionen beauftragt. Einerseits unterstehen wir der Armee von Ophalis auf der anderen Seite dienen wir dem Orden der Technomancer. Als einer der Anhänger versucht man zu allererst Informationen über das alte Zuhause der Menschen zu finden, denn der Kontakt zum Blauen Planeten wurde verloren. Als Leutnant der Armee, bekommen wir zu Beginn zwei Soldaten an die Seite gestellt, die uns im Kampf unterstützen. Mit ihnen erfüllen wir diverse Aufgaben in der Stadt, bei der wir zeitgleich mehr über die verschiedenen Parteien erfahren. Neben der Armee und den Technomancern gibt es natürlich noch weitere Fraktionen. Die Mutanten, die als Kinder ihren Eltern aufgrund von Deformierungen des Körpers weggenommen werden und als Sklavenarbeiter dienen müssen, stellen wohl die Gruppierung die am meisten verachtet wird. Der Kult steht in genauer Beobachtung der ASC, die wohl das FBI vom Mars darstellt. Dann gibt es noch ein paar kleinere Gruppierungen.

The-Technomancer-05Wichtig ist, wir bekommen von allen Gruppierungen neue Aufgaben, die sich zu Beginn aber sehr oft in der Aufgabenstellung ähneln. So sollen wir Gegenstand A nach Ort B bringen oder eine Information von Person X zu Person Y. Viele Laufwege müssen dabei in Kauf genommen werden und leider auch nicht ganz so gut geschriebene Dialoge, hierzu allerdings später mehr. Während wir die Missionen unserer Auftraggeber lösen bekommen wir aber auch diversen Entscheidungsfreiraum, denn eine der vielen Grundlehren der Technomancer ist, dass das Leben das kostbarste Gut auf dem Mars ist. So haben wir immer wieder zu freie Entscheidung, ob wir versuchen einen Konflikt friedlich zu lösen, ihnen die Hucke vollhauen und dann laufen lassen, oder sie tatsächlich töten, in dem wir den bewusstlosen Geschlagenen das Serum entziehen. Das Serum ist dabei das Blut oder Wasser, welches auf dem Planeten auch als Zahlungsmittel dient. Wollen wir unseren Geldbeutel auffüllen, ist es also wohl der schnellste Weg über Leichen zugehen, da es jedoch auch der unfreundlichste Weg ist, verschlechtert sich dadurch gleichzeitig unser Karma. Das wiederum beeinflusst unseren Ruf bei den Fraktionen, die uns als Freund oder Feind betrachten. Durch Missionen können wir wiederum auch gezielt Sympathisanten bei den Fraktionen finden, damit diese uns nicht mehr bei Blickkontakt den Kopf abreißen wollen.

The-Technomancer-03Leider dümpeln die Story, das Spielsystem und die Charaktere in den ersten Stunden ein wenig vor sich hin und eine seltsame Monotonie macht sich breit. Beim ersten Plot-Twist stellt sich dann ein AHA-Erlebnis ein und es fängt an interessant zu werden. Das Entwicklerteam hat hier bei der Einführung in das Setting einfach zu wenig gemacht. Auch so mancher Charakter wird einfach wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen. Es ist wirklich Schade wie viel Potential hier verschenkt wird. Die Idee als Underdog in eine Welt geschmissen zu werden, ist zwar nicht neu wurde hier aber gut umgesetzt. Der Titel hat leider in den ersten 4-5 Stunden ein Loch und nimmt nur langsam Fahrt auf. Zu viele Nebenmissionen, welche sich als Kurier- oder Entdeckungsmissionen entpuppen, drücken das Spielerlebnis und die Atmosphäre. Die Welt ist unterteilt in verschiedene Abschnitte, zwischen denen uns ein Ladebildschirm begrüßt. Wenn wir jede Quest einzeln angehen würden, würde man vermutlich 50% der Spielzeit in eben jenem Standbild hängen. Hier hätte man sich ein wenig auf die Einschränkung der eigenen Technik beim Questdesign beziehen können. Denn gerade bei solchen Missionen fällt die etwas veraltete Grafik und Technik auf.

The-Technomancer-04In den Dialogen wird schnell klar, dass man auf Gesichtsausdrücke eher verzichtet und lediglich eine Lippenbewegung passend zum Ton eingebaut hat. Wenn man sich zum dritten Mal einer Quest den Eröffnungssatz des Gegenüber anhören muss und mitsprechen kann, dann muss man einfach merken, dass hier ein Entwicklerstudio am Werk ist, welches ein begrenztes Budget sowie Zeit bekommen hat, ein solches Spiel auf die Beine stellen soll, das aber unbedingt 40 Stunden lang werden sollte. Die Spiellänge hat der Titel zwar bekommen, leider sind manche Systeme aber nicht ganz durchdacht und man merkt an welchen Ecken gespart werden musste. Zum einen sind da die Vertonung und die etwas veraltete Engine, dazu kommt unter anderem jedoch auch ein Mangel an Waffen. Denn als Technomancer stehen uns 3 verschiedene Kampfhaltungen zur Verfügung, welche alle eine unterschiedliche Bewaffnung voraussetzen. Als Gauner bewaffnen wir uns mit Pistole und Messer mit einem Fokus auf Beweglichkeit, um unseren Gegnern schnell ausweichen zu können. Als Kämpfer haben wir eine weitere klassische Haltung mit Knüppel und Schild. Zu guter Letzt haben wir noch den Stab mit dem wir uns durch Horden von Gegnern drehen, aber relativ Schutzlos durch die Reihen tanzen. Gerade gegen humanoide Gegner wählt man am besten Keule und Schild, denn der Gegner ist meistens ebenfalls mit Schusswaffen gerüstet und versucht uns aus der Distanz den Garaus zu machen. Auch das Blocken von einschlagenden Keulen, Messern oder Kugeln kann mit dem richtigen Timing in einen direkten Gegenangriff verwandelt werden. Zusätzlich haben wir durch unsere Veranlagung als Technomancer immer die Möglichkeit unsere Waffen unter Strom zu setzen und unsere Gegner mit so manch anderen Fähigkeit zu schocken. Alle 3 Kampfhaltungen plus der Technomancer-Fähigkeit besitzen einen eigenen Talentbaum, in denen wir hauptsächlich passive Fähigkeiten freischalten. Nach einer gewissen Anzahl an investierten Fähigkeitspunkten bekommen wir zwar auch neue aktive Fähigkeiten, was aber doch etwas länger dauert. Hinzu kommt noch die Spezialisierung einer vereinzelten Fähigkeit, ob nun passiv oder aktiv, welche einen weiteren hart erkämpften Punkt erfordert. Neben dem Kampffähigkeiten Baum, gibt es aber noch zwei weitere. Der Attribute Baum steht im direkten Bezug auf zuvor genannten, hier können wir alle fünf Level einen Punkt für Stärke, Gewandtheit, Fokus oder Ausdauer verteilen. Der zweite Baum verbessert unsere Fähigkeiten außerhalb des Kampfes wie zum Beispiel Schlösser knacken, Erkundung oder Herstellen. Hier werden alle Fähigkeiten immer wieder gebraucht und das hat der Entwickler wirklich gut im Spiel verteilt, so dass es mir wirklich schwer fällt, die The-Technomancer-09Punkte zu verteilen. Einzig unsere Gefährten helfen uns ein wenig dabei, denn haben wir uns mit diesen angefreundet schalten sie einen Bonus Punkt auf eine spezifische Fähigkeit frei.

Grafisch macht The Technomancer wie bereits erwähnt eine mittelmäßige Figur. Die Modelle wirken eher veraltet und die Gesichtsanimationen fehlen komplett. Dadurch vermittelt das Spiel leider keinen so hochwertigen Eindruck und muss auch in Punkto Atmosphäre einen Malus hinnehmen. Auch teilweise plötzlich aufpoppende NPC’s sind in der Welt von The Technomancer nicht mit einer Teleportationstechnik zu erklären. Die Auswahl an Waffentypen und Gegenständen ist neben dem ebenfalls Design nicht sonderlich abwechslungsreich. Bei der Vertonung haben die Entwickler bewusst auf eine Sprachausgabe in verschiedenen Sprachen verzichtet um vermutlich auch hier, neben dem Writing, an Kosten zu sparen. Schade ist einfach wie simpel man das Problem kaschieren könnte. Hier wäre Qualität statt Quantität ein probates Mittel gewesen, die sich schnell wiederholenden NPC Dialoge zu vermeiden. Die Effekte machen durchweg einen ordentlichen Eindruck und sind passend, ob es nun Kampf- oder Umgebungsgeräusche sind. Die musikalische Untermalung hat ebenfalls durchaus seinen Charme, trifft sie mit den elektrischen Sound und der leicht urbanen Klängen doch das Setting.

Fazit

The Technomancer ist ein herrlich unverbrauchtes Setting, das mich bei der Ankündigung sehr angesprochen hat. Ich habe zwar auch jetzt noch meinen Spaß an dem Titel, muss allerdings zugeben, dass die technischen Schwierigkeiten das Spielerlebnis deutlich drücken. Jeder der auf Rollenspiele im Sci-Fi Setting steht sollte zumindest einmal einen Blick riskieren. Mit einem Preis von 49,99 € bekommt man ein solides Spiel, welches den Spieler ca. 40 Stunden beschäftigt.

 

The Technomancer
Grafik/Präsentation
70
Story/Atmosphäre
74
Gameplay
77
Spielspaß
76
Leserwertung0 Bewertungen
0
74