Test: Resident Evil Zero macht sich hübsch

Vor etwa einem Jahr weckte Resident Evil in der Remasterd Edition alte Begeisterungsstürme in mir. Auch wenn die Spielmechanik für moderne Verhältnisse als hoffnungslos veraltet gilt und die zugegebenermaßen antiquierte Inventarfunktion für den ein oder anderen Seufzer sorgte, so begeisterte mich das Spiel erneut durch seine dichte Atmosphäre und den angenehm hohen Wiederspielwert. Dank moderner Anpassungen, wie eine verbesserte Steuerung und ein anspornendes Trophy-System konnte ich sogar genug Motivation für einen erfolgreichen „Unter drei Stunden“-Lauf aufbringen.

screenshot-resident-evil-zero-05Das Remake wurde positiv von den Fans aufgenommen, so dass Capcom es für lukrativ genug hielt ein Jahr später den zweiten Game Cube-Teil, Resident Evil Zero aus dem Jahr 2003, für die aktuellen Konsolen ebenfalls neu aufzulegen. Als Fan der ersten Stunde war es natürlich eine Herzensangelegenheit mich erneut mit den beiden Protagonisten Rebecca Chambers und Billy Coen auf die Suche nach den Ursprüngen der Katastrophen, die sich rund um den Umbrella-Konzern zutrugen, auf den Grund zu gehen. Um herauszufinden ob das Spiel mich wie sein Vorgänger ebenfalls motivierend an den Bildschirm fesseln konnte oder der Zahn der Zeit doch stärker an dem Spiel genagt hat als mir lieb wäre, klärt der folgende Test.

Am Anfang war die Bahn

Das Spiel startet mit einem Intro und zeigt uns eine gemütliche Nachtfahrt mit dem Zug durch das idyllisch anmutende Arklay-Gebirge. Doch die gemütliche Reise wird auf unangenehmste Weise gestoppt. Allerdings sind hier, anders als bei der deutschen Bahn, keine Gleisschäden, ausfallende Klimaanlagen oder vorrausfahrende Züge Grund für die Unannehmlichkeiten, nein irgendwie haben es handtaschengroße Blutegel ins Innere des Zuges geschafft und gehen auch gleich in aggressiver Weise auf die fahrende Kundschaft los. Ein kurzer Szenenwechsel in einen Helikopter. Das berühmt berüchtigte Bravo-Team, also eben jenes Team, dessen Verschwinden es im ersten Resident Evil-Teil aufzuklären galt, wurde screenshot-resident-evil-zero-04in die Wälder von Racoon-City geschickt um den eigenartigen Geschehnissen die sich an diesem Ort ereignen auf den Grund zu gehen. Wie es das Schicksal jedoch so wollte, erleidet besagter Helikopter während des Fluges einen Rotorschaden und unsere Crew muss zwangsmäßig im dunklen Wald und bei tiefster Nacht notlanden. Als stecke man aber noch nicht genug im Schlamassel, entdecken unsere wackeren Bruchpassagiere wenige Meilen weiter ein ramponiertes Militärfahrzeug samt den sterblichen Überresten der Fahrer. Da die Missionsmappe noch im Handschuhfach lag, erfahren wir, dass es sich um einen Gefangentransport für einen gewissen Billy Coen handelte. Ein 27 jähriger Söldner der wohl das Leben vieler Unschuldiger auf dem Gewissen hat. Da von dem vermeidlichen Schwerverbrecher jede Spur fehlt und ein abgestürzter Helikopter in der tiefsten Wildnis kein Hindernis für unseren charismatischen Anführer Enrico darstellt gilt es nun zusätzlich, Billy wiederzufinden und ihn dingfest zu machen.

Wir schlüpfen dabei in die Rolle des jüngsten Bravo-Team-Mitglieds, Rebecca Chambers. Ja richtig, eben jene Rebecca die im ersten Teil Chris Redfield unter anderem vor einer Vergiftung heilte und ihm Nachhilfeunterricht im Klavierspielen gab. Schon wenige Augenblicke später, erspäht unsere blutjunge Heldin den eingangs erwähnten Gruselexpress, der gespenstisch still auf den Gleisen stehen geblieben ist. Ob Billy Coen sich hier drin versteckt hat!? Nachdem wir den Zug betreten haben, beginnt unser Abenteuer mit den etwas sperrigen Worten „Die Tür zur Sicherheit ist verschlossen. Es gibt kein Zurück“. Im diesem Sinne, lasst die Zombiehatz erneut beginnen.

Nostalgie für Spießer und Genießer

screenshot-resident-evil-zero-02Wie das Intro bereits vermuten ließ, bekam die Blutegeltherapie der Besatzung des Zuges nicht besonders. Unsere treuen Bahnkunden haben sich in der Zwischenzeit in blutrünstige Zombies verwandelt und geben unserer Heldin in deutlicher Weise zu verstehen, dass sie nicht nach ihrem gültigen Fahrticket suchen.

Das Spiel steuert sich in den ersten Minuten wie ein Resident Evil „alter Schule“, doch dank der leicht modernisierten Steuerung, lenkt sich Rebecca etwas angenehmer und direkter als im Game Cube-Original. Zum Zielen und Schießen muss man hingegen immer noch stehen bleiben, was mich persönlich nicht groß störte, den ein oder anderen aber sicherlich die Freude am genussvollen Zombietöten nehmen dürfte. Auch die klassisch alten „Tugenden“ der ersten Resident Evils haben es ins Spiel geschafft. Speichern können wir nur an Schreibmaschinen und mit Hilfe von Fahrbändern, die sich meist praktischer Weise in unweiter Nähe finden lassen. Das limitierte und dadurch auch so „beliebte“ Inventarsystem ist ebenfalls wieder mit von der Partie. Ganze 6 freie Slots stehen uns zur Verfügung, was nicht sonderlich viel ist, wenn man bedenkt das man bei einer gut vorbereiteten Begegnung mit Zombies und anderen mutierten Getier auf jeden Fall eine Waffe inklusiver Munition mit sich führen sollte. Somit wären also schon mal zwei Plätze quasi dauerbelegt. Feste Kameraeistellungen sind ebenfalls wieder gegeben und ergeben, wie auch schon in früheren Teilen, ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite nerven die festen Perspektiven beim Zielen auf Gegner, was vor allem bei schnelleren Gegnern im späteren Verlauf des Spiels ärgerlich aufstößt. Inszenatorisch gelingt es so hingegen natürlich wieder einen gewissen Grad an Spannung aufzubauen, da man die Feinde, je nach Kameraposition, erstmal nur hört und eben nicht sieht.

Im Prinzip fühlten sich die ersten 15 Minuten von RE Zero wie der Vorgänger an und ich freute mich auf einige gruselige Stunden vor meinem Fernseher. Leider kam es dann doch etwas anders und schon nach kurzer Zeit entdeckte ich mit Rebecca unseren entflohenen Häftling Billy wieder. Ab diesem Zeitpunkt beschäftigte ich mich mit einem Feature des Spiels, dessen Funktion mir zeitweise die Freude doch ein wenig versaute. Der Pseudo-Koop Modus.

Solo für Zwei

screenshot-resident-evil-zero-08Nachdem sich unsere beiden Protagonisten aufgrund der etwas widrigen Umstände entschlossen haben, gemeinsam ums Überleben zu kämpfen machen wir uns mit einem der Hauptfeatures des Spiels vertraut, dem Koop Modus. Doch anstatt sich ein zweiter Spieler per Controller zu uns gesellt, ist es nun unsere Aufgabe sowohl Rebecca als auch Billy zu steuern. Dies tun wir in dem wir jeder Zeit zwischen unseren beiden Helden per Kopfdruck hin und her Switchen. Zudem können wir unserem KI-Gesteuerten Partner jeder Zeit befehligen vor Ort stehen zu bleiben, während man sich selbst alleine weiter auf Entdeckungstour macht. Sollte unser KI-Begleiter in Bedrängnis kommen, so weiß er sich auch mit entsprechend ausgerüsteter Waffe zu Wehr zu setzen. Auf ausreichend Munition sollte man natürlich auch weiterhin achten.

Vom Prinzip her liest sich der Ansatz gar nicht mal so schlecht, zumal unsere Helden auch über unterschiedliche Stärken und Schwächen verfügen, die in späteren Rätseleinlagen durch intelligentes hin und her Schalten und positionieren der Partner zu lösen gilt. Problematisch wird die Sache erst durch die damals schon antiquierte Menüverwaltung, die man leider größtenteils unbearbeitet übernommen hat. Da sich das Inventar unser beider Helden auf 6 Slots pro Figur beschränkt, müssen öfters mal wichtige Items oder Munition und Waffen untereinander getauscht werden. Dies funktioniert über ein umständliches Menüverwaltungssystem, wofür natürlich auch jedes Mal das Spiel pausiert werden muss. So richtig nervig wird die Sache aber erst, wenn wir mal mit einem Helden alleine unterwegs sind. Befindet sich beispielsweise Rebecca an einem Ort, den sie vorerst nur alleine betreten kann und findet dort ein neues Item müssen wir, sofern alle unsere Slots belegt sind, notgedrungen ein anderes dafür ablegen. Das ist deswegen so umständlich, da wir den anderen Gegenstand zur gegebenen Zeit an gleicher Stelle wieder abholen müssen und wir so oft den ein oder anderen Umweg in Kauf nehmen werden müssen. Gerade beim erstmaligen Durchspielen stört dies ungemein. Hier wünschte ich mir die praktischen „Zaubertruhen“ aus dem Original Resident Evil wieder, wo man alles Hab und Gut praktisch verstauen konnte und an anderer Stelle wieder aufnehmen konnte.

In Kämpfen zu zweit erwies sich der meist ständige Begleiter als praktisch. Wurde einer meiner Recken mal von einem Zombie erwischt, so feuerte die KI auch weiter auf den Unhold ein um mich schnellstmöglich aus der misslichen Lage zu befreien. Hingegen geht so natürlich auch etwas von dem Schrecken und Grusel, den das „allein unterwegs Sein“ mit sich bringen würde, verloren. Mit etwas Zeit und Eingewöhnung in die Kernmechaniken des Spiels, stellte sich dann doch auch ein gewisser Spielfluss ein, der jedoch nie ganz die Qualität früherer Solo-Episoden erreichen konnte.

Business as usual

screenshot-resident-evil-zero-06Was das Grafikdesign betrifft, so erwartet einem die gewohnte Resident Evil-Kost. Das ist in diesem Fall jedoch lobend gemeint. Die Zugabteile zu Beginn des Spiels versprühen durch den viktorianisch angehauchten Stil der Waggons angenehmes Gruselflair und auch die späteren Bereiche des Spiels, wie ein weiteres Herrenhaus und Laborbereiche wissen optisch zu überzeugen. Das Gegnerdesign mit seinen zahlreichen Zombievariationen und allerlei mutierten Getier, welches bei drei nicht schnell genug aus dem Reagenzglas flüchten konnte, trägt zum einem weiteren feuchtfröhlichem Horror im bester Resident Evil-Manier bei. Angenehm fällt auch die HD-Optimierung auf die dem Spiel merklich gut tut und so auch für moderne Zockeraugen geeignet ist. In Sachen Beleuchtung und Schatten hat man technisch ebenfalls nochmal nachgebessert, so dass die Remasterd-Version eine Spur Runder wirkt als im Game Cube-Original. Leider hat man diese Liebe zur Überarbeitung bei den Zwischensequenzen missen lassen. Diese sehen immer noch so aus wie 2003 inklusiver Unschärfe und Artefakten.

Der Sound klingt nach wie vor stimmig und die düstere Hintergrundmusik tut ihr übriges. Die Dialoge wirken noch eine Spur käsiger als in den Vorgängern, was man in Anbetracht der teils eh konfusen wie zeitweise unfreiwillig komisch wirkenden Story (Stichwort: Opernsänger) aber schon eher schmunzelnd zur Kenntnis nimmt.

Natürlich dürfen auch Auftritte unserer Lieblingsbösewichte Albert Wesker und Dr. William Birkin nicht fehlen. Es bedurfte schon ein wenig erzählerische, nun, nennen wir es Kreativität, um die beiden in eine gemeinsame Storyline zu bringen aber spätestens wenn man etwas über die genaueren Absichten der beiden Antagonisten erfährt, hält man sich mit klugen Argumenten eh besser zurück. Es ist schon erstaunlich, mit welchen methodischen Mitteln ein renommiertes Pharmaunternehmen anno 1998 Zombieviren testet und man nach gefühlt hundert Misserfolgen immer noch an gleichen festhält. Kein Wunder das Umbrella zeitweise Probleme am Aktienmarkt hatte.

Trotz oder vielleicht gerade wegen des hohen Trashfaktors, kann man dem Spiel einen besonderen Unterhaltungswert nicht abstreiten. Hat man Rebecca und Billys Odyssee durch den Horrorentertainmentpark gemeistert, wartet in der Remasterd Edition, neben den fast schon standardmäßigen neuen Outfits, der Wesker-Modus, in dem wir anstelle von Billy in die Haut des Erzbösewichts selbst schlüpfen, inklusiver seiner übernatürlichen Fähigkeiten. Ein wirklicher „Mehrspielwert“ stellte sich in dem neuen Modus für mich jedoch nicht ein.

Fazit

Es ist schon irgendwie komisch. Während ich mit der HD Version des ersten Resident Evil Tagelangen Spaß hatte, blieben ähnliche Begeisterungsstürme im Zero Remaster aus. Das lag vor allem an dem, meiner Meinung nach, verbockten Coop-Modus. Auch wenn er in der Theorie einige interessante Ansätze mit sich bringt, so ist es irgendwann doch immer das gleiche Rätselmuster, das es zu bewältigen gibt. Zudem leidet der Spielfluss merklich an den ständigen „Objekte ablegen und/oder Tauschen“ Vorgängen. Bezüglich Story und Charaktere ging Capcom hier schon anno 2003 auf Nummer sicher. Rebecca, zeigt sich im Gegensatz zum ersten Teil, von ihrer taffen Draufgängerseite die man ihr zu Zeiten des Originals gar nicht zugetraut hätte. Billy ist der typisch männliche Held eines Resident Evil- Spiels und reiht sich irgendwo zwischen Chris Redfield und Leon S. Kennedy ein ohne wirklich genug Alleinstellungsmerkmale mitzubringen. Vielleicht haben wir auch deswegen seit Zero nichts mehr von ihm gehört.

Grafisch und inszenatorisch macht das Abenteuer, gerade im neunen HD-Look, wie damals schon eine gute Figur und schwächelt dabei nur in den Videosequenzen, die aussehen als hätte Capcom sie unbearbeitet mit übernommen. Man merkt dem Spiel deutlich an, dass sich die Schaffer der Reihe damals in einer kleinen Sinneskrise befanden und versuchten, dem Spiel neue Impulse zu verleihen. Auf der einen Seite kann man diese Experimentierfreude, gerade in Zeiten von Marketinganalysen und Kundenoptimierung, nur loben da man die Veränderungsansätze hier deutlich spürt. Nur kann so ein Vorhaben, wie eben in diesem Falle, auch mal nach hinten losgehen.

Wer also wissen möchte, wie sich das letzte „klassische“ Resident Evil spielte, bevor man mit dem vierten Teil neue Wege einschlug, macht mit Zero nichts falsch. Wer hingegen ein wirklich gutes Resident Evil alter Schule spielen will, sollte sich das HD-Remake des ersten Teils geben oder Teil 2 mit entsprechender alter Konsole aufsuchen.

Resident Evil Zero Remastered
Grafik/Präsentation
84
Story/Atmosphäre
75
Gameplay
70
Spielspaß
70
Leserwertung0 Bewertungen
0
75