Super Mario 3D All-Stars im Test – Ein teilweise blasser Stern

Geht es nach Spiele Collections, dann steht bei den Top-Sammlungen für viele Spieler, zumindest in meinem Alter, die Super Mario All-Stars Collection fürs SNES ganz weit oben in der Liste. Vier audiovisuell komplett überarbeitete Klassiker, einen davon durften wir seinerzeit das erste Mal im Westen offiziell spielen. Auch wenn damals nicht alle Fans gleich zufrieden mit dem Remake des ersten Teils in der Collection waren, die Sammlung war ein Meilenstein. Mittlerweile sind wir wirklich gute Sammlungen mit vielen Detailverbesserungen gewohnt. Ob nun die Nathan Drake Collection mit überarbeiteter Grafik, höherer Bildrate und so weiter oder die Master Chief Collection, die nicht nur alle Teile von Halo mit 60fps auf den Schirm gebracht, sondern natürlich auch die visuelle Komplettüberarbeitung von Halo 2 bietet. Was nach wie vor fehlte ist eine Sammlung der 3D Abenteuer des berühmtesten Klempners der Welt. Zumindest bis jetzt. Allerdings muss die sich nicht nur an der Konkurrenz, sondern auch an ihrer eigenen Vergangenheit messen lassen.

Zwei Meilensteine

Wenden wir uns erstmal kurz den Spielen zu, die wir nun in HD auf der Switch erleben dürfen. Nämlich zwei absoluten Meilensteinen des 3D Plattformer Genres und einem Titel, der sozusagen nur gut ist. Und ja, leider fehlt ein wichtiges Spiel hier, nämlich Super Mario Galaxy 2. Warum, das weiß wohl nur Nintendo. Aus meiner Sicht hätte der Titel einfach mit in die Sammlung gehört. Aber nun zur chronologischen Reihenfolge.

Super Mario 64 erschien zusammen mit dem Nintendo 64 vor mittlerweile 24 Jahren. Das ist nicht nur eine verdammt lange Zeit, gemessen am Alter spielt es sich auch noch relativ frisch. Das ist umso beeindruckender, weil der Titel zwar nicht der erste 3D Plattformer war, aber das Genre auf Jahre hinaus definierte. Man kann definitiv sagen, dass in den Folgejahren fast alle 3D Jump & Runs der Mario 64 Formel folgten. Verglichen mit früheren, linerareren 2D Plattformern bedeutete das auch einen dezenten Action Adventure Einschlag. Von der Hubwelt aus, Peach’s Schloss, erkunden wir eine Reihe von kleinen Welten, die sich in Gemälden verstecken. Dort besiegen wir etwa Bossgegner, sammeln acht rote Münzen, besiegen Kontrahenten in Rennen oder müssen regelrecht kleine Rätsel lösen. Jede Welt beinhaltet sechs solcher Sterne und natürlich brauchen wir eine ganze Reihe davon auf dem Weg bis zu Bowser und der Rettung des Pilzkönigreichs (mal wieder).

Super Mario Sunshine folgt der Formel in vielen Punkten. Die Hubwelt heißt hier aber Isla Delfino und mit dem Dreckweg 08/17 bekommen wir ein neues Gadget an die Hand, mit dem wir nicht nur Gegner und Schmutz wegspritzen können, das Ding fungiert auch als Wasser-Jetpack. Allerdings muss auch regelmäßig aufgetankt werden. Bugs, bisweilen zickige Kamera, der deutlich weniger ausgereifte Spielablauf und, verglichen mit anderen Mario-Teilen, eintönigeres Gameplay machten Sunshine zum bis heute am schlechtesten bewerteten 3D Mario. Ein gutes Spiel ist es zwar trotzdem noch, aber leider nicht der große Überflieger

Super Mario Galaxy lässt uns regelrecht die Galaxis erkunden. Tatsächlich bringt es nicht nur eine Reihe neuer Ideen ein, die teilweise wirklich winzigen Miniplaneten haben einen ganz eigenen Reiz. Die Auslegung auf die Bewegungssteuerung der Wii brachte dabei gewisse Änderungen mit sich. Aus heutiger Sicht ist Galaxy ganz klar das Highlight von Super Mario 3D All-Stars, auch wenn alte Säcke wie ich wohl den größeren Bezug zu Super Mario 64 haben.

Problem-Klempner

Leider ist nicht mehr alles, was 1996 ein Meilenstein war heute noch gut. Das merkt man bei Super Mario 64 ganz schnell an der Kamera. Die ist im Jahr 2020 auf den rechten Stick gemapped, C-Tasten hat die Switch natürlich nicht. Besser wird die Kamerasteuerung dadurch allerdings nicht. Im Gegenteil, man ist heutzutage von wirklich jedem Spiel besseres gewohnt. Davon ab leistet sich Super Mario 64 wenig echte Schnitzer. Allerdings lässt es Spieler gerne mal auf dem Schlauch stehen. Wo moderne Nintendo Titel es mit den Hilfen teilweise schon übertreiben, muss man im späteren Spielverlauf teilweise auf die harte Tour herausfinden, was und vor allem wie man etwas zu erledigen hat. Auch hier macht es die Kamera nicht gerade einfacher. Es kann schnell mal passieren, dass man an einer roten Münze vorbei läuft, weil man sie durch die Kameraeinstellungen erst mal übersieht. Sprünge können wegen der suboptimalen Ausrichtung unnötig schwer sein. Und so weiter.

Nicht dass wir uns hier falsch verstehen, die Grundqualitäten von Super Mario 64 sind immer noch ziemlich hoch, dennoch hat der Zahn der Zeit daran genagt.

Bei Super Mario Sunshine liegt der Fall noch ein wenig komplizierter. Was sich kaum negativ bemerkbar macht, wenn überhaupt, ist das Fehlen des Analogtriggers. Der Dreckweg lässt sich nicht wirklich schlechter nutzen als auf dem Gamecube. Leider liegen die Probleme hier eher in nicht behobenen Macken. Bugs, Glitches und gelegentliche Steuerungsprobleme, die man so von keinem anderen Mario gewohnt ist, eine manchmal leider schlicht zickige, manchmal auch verbuggte Kamera, all die Macken, die man sonst nicht von Mario kennt, bleiben weiterhin im Spiel. Das ist hier verdammt schade, weil Sunshine ganz enorm von Fehlerbehebungen profitiert hätte.

Super Mario Galaxy erlaubt sich auf der Switch dagegen fast keine Fehler. Es weist allerdings eine nervige Eigenheit auf. Ursprünglich für die Wii entwickelt, nutzte es natürlich von jeher Bewegungssteuerung. Darauf greift Galaxy für bestimmte Spielelemente auch auf der Switch zurück. So können wir die bunten Sterne mit Touch (im Handheld Modus) oder Controllerschwenk und Gyroskop-Steuerung einsammeln. Nerviger Weise gilt das auch für die Menüs. Selbst das Pause-Menü kann man nur mit Touchscreen oder Gyroskop nutzen. Sicher, das ist eigentlich nur eine Kleinigkeit gemessen an dem, was das Spiel so bietet. Die Anpassung an die Switch hätte hier allerdings durchaus besser sein können.

Technik für Heimwerker

Spielt man Super Mario 64 oder Sunshine heutzutage auf einem Emulator, dann kann man nicht nur Widescreen Support und höhere Auflösungen nutzen, beide Spiele lassen sich mit 60fps spielen und mit High Res Texturen. Was das mit Super Mario 3D All-Stars zu tun hat? Faktisch emuliert Nintendo die alten Klassiker, unterm Strich wären hier aber mehr Verbesserungen drin gewesen. Gerade Super Mario 64 hätte ohnehin ein technisches Remake verdient gehabt, gerne auch mit umschaltbarer Optik, wie es die Anniversary Halos bieten.

Stattdessen bekommen wir hier 720p, 4:3 Bildformat und 30fps. Das war es eigentlich schon. Keine Verbesserungen im LoD-System, wodurch gerade viele 2D Elemente erst unnötig spät sichtbar werden, keine besseren Texturen, kein Widescreen und schon gar nicht mehr Details. Auch die Soundsamples klingen so dumpf wie damals auf dem N64. Immerhin, die Bildrate ist mit sauberen 30fps einen Ticken höher und das HUD wurde deutlich schärfer gestaltet. Zwar funktioniert die Optik dank immer noch ansehnlicher Animationen und Comiclook irgendwie, schön ist aber definitiv anders. Technisch ist Super Mario 64 damit die größte Enttäuschung der Sammlung. Das gilt irgendwie noch mehr, wenn man das originale Super Mario All-Stars fürs SNES kennt.

Super Mario Sunshine kommt hier schon besser weg. Zwar ist so manche Textur heute wirklich nicht mehr zeitgemäß und auch hier bekommen wir nur 30fps, aber alles in allem wirkt Sunshine mit dem überarbeiteten, auf Widescreen angepassten HUD und in sauberen 1080p doch noch durch die Bank einigermaßen ansehnlich.

Super Mario Galaxy schließlich bietet den hochwertigsten Score und ja, auch die schickste Grafik. Reichlich (Fake) Lichtspielereien, vergleichsweise scharfe Texturen und überraschend detaillierte Polygonobjekte treffen hier auf angenehme 60fps. Zwar scheint die Auflösung dynamisch zu sein und nicht immer mit 1080p zu laufen, aber das Gesamtergebnis ist hier ganz klar das stimmigste. Audiovisuell kann es zwar nicht mit aktuellen Titeln mithalten, funktioniert aber immer noch wunderbar und macht einfach Spaß. Da auch das Artdesign noch mal deutlich besser ist als bei Sunshine kann man Galaxy unterm Strich als klares Highlight der Sammlung sehen.

Fazit:

Ich bin enttäuscht, das allerdings auf hohem Niveau. Woran die Enttäuschung liegt? An der teilweise eher schlechten Anpassung der einzelnen Titel auf die Fähigkeiten der Switch. An Verbesserungen, die 2020 gerade bei Super Mario 64 und Sunshine schlicht und ergreifend nötig gewesen wären. Und ja, auch daran, dass man die Möglichkeit für ein Super Mario 64 Remake einfach nicht genutzt hat. Der Zahn der Zeit nagt nun mal auch an Meilensteinen der Spielegeschichte. Ok, an Yoshi’s Island natürlich nicht. Bei Mario 64 merkt man aber dennoch, dass 3D Spiele damals gerade erst das Laufen lernten.

Dazu kommt halt noch, dass Super Mario 3D All-Stars neben Master Chief Collection, Nathan Drake Collection und ja, auch neben dem guten, alten Super Mario All-Stars für das SNES wie eine ‘No-Effort’ Umsetzung wirkt. Natürlich fehlt dann auch noch Super Mario Galaxy 2. Die Gründe dafür seien mal dahingestellt, aber mit dem Titel hätte die Sammlung noch mal deutlich gewonnen.

Kann man trotzdem Spaß mit 3D All-Stars haben? Aber hallo! Galaxy ist nach wie vor ein sehr guter 3D Plattformer, Super Mario 64 mag zwar doch ein paar graue Haare haben, macht aber immer noch Spaß und auch das vermeintliche schwarze Schaf Super Mario Sunshine ist ein gutes Spiel. Leider hat Nintendo auch einiges an Potenzial verschenkt, was gerade auch der Blick über den Tellerrand zeigt.

Super Mario 3D All-Stars
Präsentation (Grafik, Sound)
73
Story, Atmosphäre
82
Gameplay
88
Spielspaß
87
Leserwertung8 Bewertungen
60
Zwei absolute Genremeilensteine enthalten
Viel Spielzeit fürs Geld
Insbesondere Galaxy ist immer noch top
Teilweise schlechte Anpassung an die Switch
Kein Super Mario Galaxy 2
Mario 64 und Sunshine sind spür- und sichtbar gealtert
83