Nun ist es also endlich soweit. Als großer Warhammer 40K und als spezieller Fan des Ordens der Dark Angels konnte ich natürlich meinen Augen zur Ankündigung von Space Hulk: Deathwing kaum trauen. Selber trage ich zwei Tattoos „meines“ Ordens am Körper und war immer ein wenig neidisch und enttäuscht, wenn andere Space Marine Orden ihren großen Auftritt in Videospiel-Umsetzungen erhielten. Jetzt endlich stehen die Dark Angels mit ihrer ersten Kompanie, dem Deathwing, im Rampenlicht und das fertige Spiel ist nach einigen Eskapaden endlich auch zumindest für die PlayStation 4 in ihrer Enhanced Edition erschienen. Endlich wird also der Traum wahr, in einer gigantischen Terminatorrüstung Horden von Tyraniden im Namen des Imperators zu vernichten. Doch nicht alle Träume sind immer nur positiv und schön, ob Space Hulk: Deathwing also nun eher Albtraum oder wahrgewordener Nerd-Traum ist, erfahrt ihr im Test.
Dunkle Geheimnisse und eine Menge Blut
Medial gehört diese Kombination ja irgendwie schon zum Standard. Wo Geheimnisse gekrämt werden, da fließt irgendwann auch der rote Lebenssaft. Nicht anders ist es bei unseren Freunden des ersten Ordens der Dark Angels. So waren die Krieger des Planeten Caliban während des großen Bruderkriegs sich intern eher uneinig, ob sie dem Imperator die Treue halten oder sich Horus und seiner Revolution anschließen sollten. Am Ende gab es eine blutige Fehde innerhalb des Ordens, wodurch ihr eigener Heimatplanet zerstört und ihr Primarch Lion El’Jonson nach einer schweren Verletzung von mysteriösen Wesen in eine andere Dimension gezogen wurde. Dieser Hintergrund ist das Fundament der Geschichte um Space Hulk: Deathwing. Neben ihrer normalen Aufgabe blutige Auseinandersetzungen für das Imperium der Menschheit zu schlagen, versuchen die Dark Angels nämlich genau diesen internen Zwist vergangener Tage geheim zu halten. Alte Relikte oder Aufzeichnungen werden akribisch gesucht, archiviert oder eben vernichtet.
Ein Signal aus einem Space Hulk
Für die nicht so Warhammer 40K affinen Spieler: Ein Space Hulk ist ein großer ineinander verkeilter Klumpen aus mehreren gigantischen Raumkreuzern. Mitten in solch einem haben die Dark Angels das Signal einer Art Black Box eines ihrer alten Schiffe geortet. Damit eventuell unangenehme Informationen nicht in die Hände anderer Neugieriger fallen, ist man also gewillt, der Sache sehr ordentlich auf den Grund zu gehen. Ihr übernehmt im Spiel die Rolle eines hochrangigen Psionikers der ersten Kompanie, dem Deathwing und ihr zählt damit zur absoluten militärischen Speerspitze der Menschheit. Mitglieder des Deathwings tragen ausschließlich die sogenannte Terminatorrüstung, die im Grunde eine Art Panzer auf zwei Beinen darstellt. Das Spiel schafft es übrigens wunderbar, genau dieses Gefühl perfekt zu vermitteln. Ihr stampft behäbig wie ein Koloss durch die engen Gänge des toten Raumschiffes und könnt die schweren Schritte beinahe selber in euren Füßen spüren. Generell ist Space Hulk: Deathwing atmosphärisch ganz große Klasse. Die Designer haben die Welt rund um die Thematik der Dark Angels, Space Marines und des Imperiums perfekt eingefangen. Für Kenner ist der Titel optisch ein Augenschmaus. Fans düsterer und melancholischer Gothic-Architektur dürfen mitunter aber auch schwer begeistert sein.
Drei Terminatoren für ein Halleluja
Gemeinsam mit euren zwei Ordensbrüdern Barachiel und Nahum mischt ihr in First-Person-Manier den Space Hulk auf. Barachiel ist der Mann fürs Grobe und favorisiert die ganz großen Kanonen. Plasmakanone, Sturmkanone oder ein schwerer Flammenwerfer, er mag es wenn es richtig weh tut. Bruder Nahum hingegen mag es nicht ganz so sehr, wenn es weh tut. Er ist ein sogenannter Apothecarius der Space Marines und übernimmt daher die Rolle des Sanitäters im Trupp. Er hat pro Level acht Heilungen zu vergeben, welche man durch Benutzung des Psi-Tores wieder auffüllen kann. Ihr selber habt nämlich vier Mal die Möglichkeit durch ein Psi-Warp-Portal zu eurem gesicherten Hauptlager zurückzukehren. Hier regeneriert Nahum, wie schon gesagt, seine Heilungen und ihr habt die Möglichkeit eure Waffen anzupassen. Etwas anders als im Tabletop-Spiel habt ihr als Skriptor nahezu uneingeschränkte Waffenwahl. So führt ihr nach Belieben auch mal eine vollautomatische Sturmkanone oder ein anderes schweres Gerät in die Schlacht. Und ihr werdet so ziemlich alles aus der Rüstkammer gebrauchen können, was die Techmarines rausrücken. Neben den wuchtigen Ballermännern verfügt ihr noch über die obligatorischen Psi-Angriffe wie Lichtblitze oder Druckwelle. Der gesamte Space Hulk ist nämlich von tausenden Tyraniden bewohnt, die daraus ein neues gigantisches Nest kreieren wollen, um daraus kurzerhand einen Weltenverschlinger zu bauen. Hier werden also gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ihr verhindert die Entstehung einer Tyraniden-Invasion und hüllt geschickt den Mantel des Schweigens über unangenehme alte Ordensgeheimnisse.
Masse statt Klasse
Das alles hört sich nach einer fabelhaften Kulisse für einen richtig fetzigen Shooter an. Stimmt soweit auch, wären da nicht leider die viele kleinen Ungereimtheiten, die es ebenfalls ins Spiel geschafft haben. Tyraniden setzen in ihrer Natur auf zahlenmäßige Überlegenheit. Dafür halten sie jedoch nicht sonderlich viel von Taktik oder generellem Denken (Schwarmintelligenz lässt grüßen). So ist es zwar, rein vom Hintergrund her, absolut normal, dass die Entwickler Streum On Studio und Cyanide euch dutzende strunzdumme Feinde vors Fadenkreuz werfen, spielerisch macht das aber halt nur bedingt Laune. Es gibt zwar auch ein paar Genestealer Hybrid Versionen, die auch Schusswaffen benutzen, aber in der Regel fallen euch heuschreckenartige Schwärme aus Klauen und scharfen Zähnen an. Trotzdem ist das Gefühl einfach mit eurem Sturmbolter massig Projektile in diese Masse zu pumpen, kurzweilig sehr spaßig. Negativ fallen leider auch eure KI-Schlachtenbrüder auf. Noch einmal zur Erinnerung: Space Marines selber sind genetisch optimierte Supersoldaten, die ca. 2,50 groß sind, über Reflexe und Körperkraft wie Halbgötter verfügen und darüber hinaus mehrere Herzen, Lungen und andere notwendige Organe im Körper mit sich herum tragen. Mitglieder der ersten Kompanie sind Veteranen, die etliche Schlachten und Jahrhunderte an Erfahrung mitbringen. Und der Deathwing hat die härteste und beste erste Kompanie aller Space Marine Orden, die es in der Galaxie gibt.
Dumm und Dümmer
Wer jetzt eine Runde offline Space Hulk: Deathwing spielt, versteht sofort, weshalb die Beschreibung vorher ein Hohn war. Wer dachte, die KI-Begleiter seien in den ersten Halo-Teilen nervig oder eine schlechte Unterstützung, der kennt Bruder Barachiel und Bruder Nahum noch nicht. Die beiden Elite-Veteranen stapfen stupide und gemächlich hinter euch her. Erscheinen Feinde, agieren sie mit einer Reaktionszeit, die man von einer Schildkröte an Land oder einem Faultier erwarten würde. Bis sie sich entscheiden auch das Feuer zu eröffnen, seid ihr bei der ersten Nachlade-Animation. Werden sie im Nahkampf angegriffen, drehen sie sich mal hilflos im Kreis, machen nichts oder versuchen auch einfach irgendwie zurückzuschießen. Als großer Deathwing Fan und Herrscher über eine Tabletop Armee ist es eine Schande diese traurig komischen Momente beobachten zu müssen. Abhilfe schafft hier die Zusammenarbeit mit echten anderen Spielern. Online lässt sich euer Trupp nämlich auf vier Mitglieder erhöhen und die Dummheit hält sich dann zumindest in Grenzen.
Anpassungen bis der Apothecarius kommt
In puncto Fan-Service legt der Titel die Messlatte, wie schon angedeutet, ziemlich hoch. Mit erspielten Punkten lassen sich eure Modelle für Sondermissionen und Online-Schlachten individuell anpassen. Verschiedene Rüstungen und Waffen mit allerhand Verzierungen lassen das Fan-Herz höher schlagen. Hier werden Warhammer Fans auf jeden Fall einiges geboten. Technisch macht das Spiel seine Sache auch nicht unbedingt verkehrt. Die Ladezeiten sind etwas nervig, sonst läuft das Spiel zumindest recht flüssig. Spielerisch mangelt es, gerade für Nicht-Kenner, aber recht schnell an Abwechslung. Ein bisschen wie Left 4 Dead in engen Korridoren, so könnte man Space Hulk: Deathwing am besten beschreiben. Neben deftigen Schießereien und Prügeleien hackt ihr ab und zu ein Geschütz oder verbarrikadiert mal eine Tür. Hier wäre definitiv irgendwie mehr drin gewesen als Welle um Welle Kanonenfutter zu beseitigen und rudimentäre Heilbefehle per Schnellrad auszuwählen.
Fazit
Space Hulk: Deathwing Enhanced Edition ist ein sehr zweischneidiges (Energie)Schwert. Fans des Warhammer 40K Universums, insbesondere der Space Marines oder eben speziell der Dark Angels werden mit dem Titel um einiges gnädiger ins Gericht gehen. Das Gameplay ist kein Totalausfall, bietet aber auch wirklich keine Highlights. Dafür versteht der Titel die Wünsche der Fans sehr gut umzusetzen. Das Design, die Anpassungen, die Charaktermodelle – Hier stimmt alles bis ins kleinste Detail. Und genau hier liegt eben die Stärke des Spiels. Wer schon immer mal in einer taktischen Cybotrüstung (Terminatorrüstung) wie ein laufender Panzer durch einen engen Space Hulk stampfen wollte und dabei Dauerfeuer in Tyraniden-Horden geben möchte, der kann genau diesem Wunsch hier perfekt nachgehen. Wer gutes Storytelling und abwechslungsreiches und modernes Gameplay erwartet, der wird eher enttäuscht werden.