South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe für Nintendo Switch im Test – Furzen, immer und überall

283 Folgen, über 21 Staffeln, zahlreiche üble Witze und Unmengen an Skandalen: Trey Parker und Matt Stone haben mit der Serie South Park etwas geschaffen, was zweifelsfrei als Kult bezeichnet werden darf. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als RTL die Abenteuer der Viertklässler Eric, Stan, Kyle und Kenny zwei Jahre nach ihrer Erstausstrahlung in den USA nach Deutschland holten. Klar, dass auch irgendwann Videospiele kommen würden und nach den eher mäßig erfolgreichen Spielen Ende der 90er und Anfang der 2000er, kam 2014 mit Der Stab der Weisheit ein überraschend erfolgreiches Spiel auf dem Markt. Mit Die rektakuläre Zerreißprobe folgte dann der Nachfolger Ende letzten Jahres und nun schafft es das Spiel auch endlich auf die Nintendo Switch.

Du bist der Neue in der Stadt

Wie bereits im Vorgänger schlüpft ihr auch in South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe in die Rolle des neuen Jungen (oder Mädchen) in der fiktiven US-Kleinstadt South Park. Gleich zu Beginn erstellt ihr also euren Charakter und habt dabei die Wahl aus einigen lustigen optischen Anpassungen. Typisch South Park ist dann wohl auch die Tatsache, dass sich der Schwierigkeitsgrad des Spiels an der Hautfarbe eurer Figur orientiert. Zwar werden die Kämpfe selbst nicht schwerer, aber dafür das Leben an sich, was beispielsweise den Loot angeht. Die Reise um die rektakuläre Zerreißprobe startet, wie die meisten Spiele heutzutage, mit dem Intro. In einer epischen Mittelalter-Straßenschlacht dreht ihr als König das verloren geglaubte Scharmützel doch noch zu euren Gunsten und erweckt dadurch das Interesse eines gewissen Eric Cartman. Dieser erkennt sofort euer grenzenloses Potential, sowie eure harte Rechte und beordert euch am nächsten Morgen in das Hauptquartier der Superhelden-Vereinigung Coons. Ließen sich die Macher im ersten Teil noch primär durch klassisches Mittelalter-Setting bzw. LARP inspirieren, schlüpft die Jugend aus South Park 2017 lieber in angesagte Superheldenkostüme. Bis ihr jedoch als Sidekick oder gar echter Superheld von euren neuen Kumpels anerkannt werdet, müsst ihr erst einmal viele kleinere Aufgaben erledigen. So steigt ihr stetig in der Gunst der Coons und erlebt ein verrücktes Abenteuer mit euren neuen Freunden.

Strategie trifft Rollenspiel

Anders als man jetzt vielleicht vermuten würde, kommt es bereits im ersten Kampf: Hier kloppt ihr nicht in Echtzeit und actionorientiert auf eure Schulkameraden ein, sondern recht gemächlich und strikt nach der Reihe. Auch South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe ist wieder ein waschechtes rundenbasiertes Rollenspiel, wo Taktik und Cleverness die ausschlaggebenden Punkte für den Erfolg darstellen. Die Kämpfe sind dabei in klassischen Zügen aufgeteilt, wobei jede Figur nach der Reihe ihre Aktion wählen darf. Gekämpft wird auf einem Spielfeld, welches zudem in eckige Aktionsfelder unterteilt ist. Seid ihr an der Reihe, habt ihr die Möglichkeit eure Figur ein paar Felder weit frei zu bewegen und anschließend eine Kampfhandlung zu aktivieren. Die optimale Positionierung eurer Figur und deren Aktionen basiert auf der entsprechenden Charakterklasse. Nahkämpfer werfen sich also am besten unvermittelt ins Getümmel, während Fernkämpfer logischerweise eher aus dem Hintergrund agieren. Durch die Limitierung auf lediglich drei Fertigkeiten ist das Spiel taktisch eher Rollenspiel-Light und der Anspruch geht für mich etwas verloren.

Später im Spiel gesellen sich neben verwendbaren Items noch mächtige Beschwörungen, Super-Moves und Glitch-Fürze zur Kampfauswahl. Die Super-Moves könnt ihr aktivieren, nachdem ihr eine bestimmte Menge Schaden genommen habt. Ähnlich wie in manchen Spielen handelt es sich also um eine Art Revenge-Anzeige. Für jeden erlittenen Schaden an euren Figuren, füllt sich also diese Anzeige, drückt ihr darüber hinaus noch im richtigen Moment die A-Taste, erhaltet ihr Bonus-Wut. Dies gilt im Übrigen auch für sämtliche eurer Angriffe. Während der Animationen blinken Symbole auf, ähnlich wie in einem Quick-Time-Event, die ihr in unterschiedlichem Rhythmus betätigen müsst. Trefft ihr diese, erhöht sich euer Schaden. Ungewöhnlich hoch ist die Anzahl an Statuseffekten im Spiel. Durch bestimmte Attacken nehmen eure Gegner praktischerweise permanent Schaden, wobei das Spiel euch hier die Abwechslung eher vorgaukelt. Ob ihr einen Gegner nun mit Klauen zum Bluten oder mit gewaltigen Fürzen zum Ekeln bringt, macht im Ergebnis keinen nennenswerten Unterschied. Ein bisschen taktische Finesse kommt zudem mit der korrekten Gegnerplatzierung ins Spiel. Manche Angriffe vertauschen Gegner und Freund oder werfen Feinde zurück und verursachen somit Rückstoß-Schaden.

Wer wollt ihr sein?

Bei der Wahl des Charakters und damit auch seiner Eigenschaften lässt euch Ubisoft zumindest ein wenig die freie Wahl. Recht früh im Spiel habt ihr die Gelegenheit euch für eine Charakterklasse zu entscheiden. Im späteren Spielverlauf kommen, je nach Level, weitere Klassen dazu. Entscheidet ihr euch also zu Beginn beispielsweise für den Brutalist, könnt ihr mit Erreichen der Stufe 3 eine weitere aus insgesamt 12 Klassen wie z. B. Cyborg, Assassine oder Karate Kid aussuchen. So habt ihr die Gelegenheit, euren Coon-Helden auch eurem Spielstil anzupassen. Im Vergleich zu richtigen Rollenspielen, gerade aus dem japanischen Bereich, sind diese Charakteranpassungen jedoch ziemlich simpel und stark vereinfacht, da jede Klasse weiterhin nur über drei Fertigkeiten verfügt. Zumindest könnt ihr die Klassen mischen und somit Hybriden erschaffen, die für die meisten Situationen eine passende Antwort in petto haben. Die Anzahl an Statuswerten, wie Lebenspunkte oder Chancen auf kritische Treffer, richten sich nach euren ausgewählten Artefakten, deren freie Slots sich nach eurem Gesamtlevel richtet. Ins Crafting-Menü gelangt ihr bequem und modern über euer Smartphone. Gefundene Gegenstände lassen sich im Spiel zu neuen Kostümen, Verbrauchsgegenständen oder eben Artefakten bauen. Während Kostüme lediglich einen kosmetischen Nutzen haben, könnt ihr zumindest aus dem Rest also brauchbare Dinge herstellen.

Star des Spiels

Die Stärken des Spiels liegen meiner Meinung nach also nicht unbedingt im reinen Gameplay. Das Kampfsystem als solches ist für ein Rollenspiel/Strategie-Mix stark vereinfacht und simpel gehalten, was ausgefeilte Taktiken oder das Studieren von Charakterwerten fast schon unwichtig erscheinen lässt. Dafür punktet der Titel mit dem serientypischen Humor und der damit verbundenen Präsentation. Allein die Gegnerauswahl würde wohl einen eigenen Award rechtfertigen. Hier wird vor keinem Tabu Halt gemacht. Katholische Priester bewerfen euch im dunklen Kirchen-SM-Studio-Keller mit Dildos und Liebeskugeln, während heruntergekommene Stripperinnen euch mit Geschlechtskrankheiten und anderem Ekelzeug an die Gurgel wollen. Neben diesen zahlreichen lustigen Begegnungen ist es einfach das alberne Setting, welches euch regelmäßig zum Schmunzeln bringen wird. Seien es saudumme Spezialaufträge von Cartman, eurer eigenen geheimen Hintergrundgeschichte oder der Erklärung einer jeden Schwäche eines Superhelden, alles ist typisch South Park: albern, politisch höchst unkorrekt und meistens zwei Schippen „drüber“.

Sammeln und ein Häufchen machen

So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der große Klogang einer der Sammelaufgaben im Spiel ist. Per Minispiel gilt es beispielsweise jede Kloschüssel der Stadt zu meistern und seinen eigenen Mr. Hanky dort besonders spektakulär zu versenken. Der sonstige Spielverlauf ähnelt noch am ehesten einem klassischen Point and Click Adventure. In bestimmten Arealen müsst ihr also kleinere Rätsel mit Hilfe eures Superhelden-Sinnes lösen, die sich in ihrer Komplexität jedoch auch stark in Grenzen halten. Durch die enge Zusammenarbeit mit den South Park Digital Studios und der aktuellen Hardware-Power wirkt das Spiel im Grunde fast wie eine Episode des TV-Originals, in der sämtliche Haupt- wie Nebenfiguren zu finden sind. Selbstverständlich wurden für South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe alle deutschen Originalsprecher verpflichtet, was die Immersion quasi perfekt macht.

Wo ist der Unterschied zur Switch Version?

Das Spiel selbst macht zum Glück kein Unterschied zu den bereits seit einigen Monaten erhältlichen Versionen. Story als auch Umfang sind derselbe zu den großen Konkurrenten Xbox One und PlayStation 4. Unterschiede gibt es lediglich unter der Haube, also der Leistung des Spiels. Anfangs hatte das Spiel mit schwerwiegenden Bugs zu kämpfen, sofern man davon betroffen war. Ein endloser Ladebildschirm bei der Mission „Du kannst mich anrufen“ und Spielerprofile, die aufgrund eines Fehlers bei der Speicherung des Spielstandes zurückgesetzt wurden, gehörten zu den prominentesten Beispielen. Glücklicherweise hat Ubisoft diese mittlerweile beseitigt.

Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass Ubisoft etwas schlampig bei der Portierung auf die Nintendo Switch gearbeitet hat. Besonders aufgefallen ist es mir bei matschigen und teilweise unleserlichen Schriften in Menüs. Vorgekommen ist es meistens bei kleinen Schriftgrößen und das vorrangig auch nur, wenn man im TV-Modus gespielt hat. Ursache könnte allerdings auch die mangelhafte Upscaling auf einem 4K-Fernseher gewesen sein. Im Handheld-Modus sind die Texte und sonstigen Texturen dann aber gestochen scharf. Zum Glück, denn aufgrund der Nintendo Switch selbst, kann diese Version des Spiels seine ganze Stärke ausspielen. South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe ist aufgrund des Spielprinzips mit seinen rundenbasierten Kämpfen und der Tatsache, dass man jederzeit eine Pause einlegen kann, ohne eine große oder langwierige Mission abbrechen zu müssen, wie gemacht für die Switch. Ich persönlich bin einer dieser Pendler, die tagtäglich im Zug sitzen, um zum Arbeitsplatz zu kommen und bin daher glücklich über das Spiel, da es sich perfekt für den kurzen Zeitvertreib eignet.

Ebenfalls positiv ist mir aufgefallen, dass Ubisoft an Stellen wo es Sinn macht, die Bedienung über Touch eingefügt hat. So kann man passenderweise das Smartphone-Menü per Touch bedienen, auch wenn ich manchmal Probleme mit der Eingabe hatte und öfters auf das gewünschte Menü tippen musste, bis es sich öffnete.

Fazit

South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe richtet sich in erster Linie ganz klar an Fans der TV-Serie. Diese Tatsache ist natürlich Vor -und Nachteil zugleich. Leute, die mit South Park im Allgemeinen nicht viel anfangen können, werden auch zu dem Spiel keinen Bezug finden. Zu simpel und vorgefertigt wirken die Mechaniken des Kampf -und Levelsystems, was dem geneigten Rollenspieler sicherlich schwer im Magen liegen würde. Gerade im Kampf habt ihr mit nur jeweils drei Fertigkeiten recht wenig Möglichkeiten euch eine besondere Taktik zurecht zu legen, weshalb sich recht schnell Routine in den Kämpfen einstellt. Fans der Serie können mit Sicherheit noch einige Wertungspunkte dazu addieren, da die Umsetzung einfach furchtbar authentisch gelungen ist und es sich toll anfühlt selber am Abenteuer teilzunehmen. Auch die Portierung auf die Switch ist im Großen und Ganzen in Ordnung und weil das Spiel eben perfekt mit den mobilen Möglichkeiten der Konsole funktioniert, kann man auch über ein paar Unsauberkeiten auf technischer Ebene hinwegsehen.

South Park: Die rektakuläre Zerreißprobe
Grafik/Präsentation
75
Story/Atmosphäre
75
Gameplay
83
Spielspaß
75
Leserwertung2 Bewertungen
77
77