Slime Rancher im Test – Eine schleimige Angelegenheit

Farmer stehen mit beiden Beinen im Dreck. Das mag ein Vorurteil sein, aber seien wir mal ehrlich, dass ist doch unsere Vorstellung. Was aber, wenn man gar nicht gewöhnliche Tiere handhabt sondern Slimes? Und was, wenn die kleinen Schleimscheißer die Universalzutat Plort aussondern statt gewöhnlicher Exkremente? Wer die Antworten auf diese Fragen will findet sie in Monomi Parks Slime Rancher. Aber wollen wir das auch wissen?

Es war einmal auf einer weit, weit entfernten Ranch

Die junge Beatrix LeBeau hat sich entschlossen, ein Leben auf der Far, Far Range zu riskieren, 1.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Nach einem Jahr im Kälteschlaf machen wir uns als Beatrix also auf, unsere Farm aufzubauen, Slimes einzufangen und Plort zu gewinnen. Plort, eigentlich die Exkremente der unterschiedlichen Slimes, werden in der Zukunft für so ziemlich alles benutzt, von der Frühstücksflockenzutat über Leistungssteigerer bis zum Bestandteil transparenter oder ultraleichter Metalle. Entsprechend hoch ist der Bedarf und natürlich sind unterschiedliche Plorts auch sehr verschieden in ihrem Wert. Als wäre das für eine Farmsimulation nicht schon abgedreht genug spielt man Slime Rancher aus der Egoperspektive. Unser wichtigstes Arbeitsgerät ist nämlich das Vacpack, mit dem man Slimes, Nahrungsmittel  und auch Plorts aufsaugen wie auch wegballern kann. Natürlich liegt dadurch auch ein großer Schwerpunkt auf der Erkundung der Far, Far Range, die uns allerdings am Anfang noch größtenteils verschlossen bleibt, wortwörtlich.

Hier stellt sich auch schnell die Frage, ob wir eher Rancher oder eher Farmer sein wollen, im Prinzip ist nämlich beides möglich. In abgesteckten Bereichen auf unserem Farmgelände können wir Schleimgehege, Beete für Obst oder Gemüse sowie Hühnergehege anlegen. Damit sind auch schon drei von vier Schleimnahrungen abgedeckt, denn neben einer Art Slimes die sich von Wasser ernähren mögen die anderen Arten Fleisch (also Huhn), Gemüse oder eben Obst. So bietet sich einerseits die Möglichkeit, mit Gehegen und Nahrungsanbau Schleime gezielt zu gewinnen oder einfach freilaufenden Schleimen bei der Plortproduktion unter die Arme zu greifen.

Rein aus praktischen Gründen bietet sich allerdings der Farmer an. So sind alle Gehege und Anbauflächen ausbaubar. Plortsammler und Futterspender (die allerdings erst befüllt werden wollen) reduzieren unseren Arbeitsaufwand zum Beispiel deutlich und lassen uns mehr Zeit zum Erkunden. Verbesserte Anbauflächen helfen wiederum der Futterproduktion auf die Sprünge. Und auch Beatrix‘ Ausrüstung lässt sich weiter verbessern. So lassen sich die Tanks des Vacpacks vergrößern, die Lebensenergie verbessern und es gibt ein praktisches Jetpack, welches uns hilft unzugängliche Bereiche zu erkunden.

Der tut nix, der will nur spielen

Schleime lassen sich in mehrere Kategorien unterteilen. Besonders wichtig sind hier erstmal die Kategorien harmlos, gefährlich und aggressiv. In erstere Kategorie fallen etwa pinke oder Katzenslimes, während Fels- Kristall- oder Radschleime uns durch ihre Lebensart gefährlich werden können. Der dritten Kategorie gehören neben wütenden, rotäugigen Slimes vor allem die Terrs oder im Englischen Tarrs an. Tarrs fressen so ziemlich alles, kommen nachts häufiger vor und können auch versehentlich von uns gezüchtet werden. Und wütende Schleime sind eigentlich immer Largos, aber die wenigsten Largos sind angriffslustig. Moment, Largos? Wie der Name schon nahelegt sind Largos groß. Sie entstehen wenn ein Schleim den Plort einer anderen Art frisst. So können natürlich auch gezielet Sorten gezüchtet werden. Die dann übrigens Plort beider Arten von sich geben und das Futter beider Arten fressen. Ideal also für Farmer. Auch weil Largos Charakterzüge beider Arten verbinden. Kritisch wird es, wenn man einem Largo noch einen fremden Plort füttert, denn dann entsteht ein böser Terr.

Schließlich lassen sich hin und wieder Gordos finden, die aus einer Ansammlung kleinerer Schleime entstehen und sich nicht mehr bewegen können.Füttert man Gordos bis sie wieder in die einzelnen Slimes zerplatzen, lassen sich immer Schlüssel, Teleporter und andere Schätze freilegen. Die großen Kerle können allerdings auch ganz schön viel vertragen.

Wird Beatrix von einem Schleim ausgeknockt oder stürzt etwa ins Meer, dann wachen wir nach wenigen Tagen wieder auf der Ranch auf, allerdings mit leerem Vacpack.

Zwischen Erkundung und E-Mail

Klassische NPC’s bietet Slime Rancher nicht. Allerdings erhalten wir immer wieder E-Mails. Von Casey etwa, der oder die auf der Erde geblieben ist und im Mindesten ein sehr guter Freund war. Oder von Konkurrentin Mochi Miles, die anscheinend geradezu vor Ehrgeiz platzt. Auch der vorherige Farmer hat uns überall hilfreiche und informative Nachrichten hinterlassen. Besonders ominös sind dagegen Mails von Bob, die sich immer um Hühner zu drehen scheinen und orthografisch wie grammatisch durchaus Raum für Verbesserungen lassen. Mit unseren Co-Farmern und Bob lassen sich auch per Range Exchange Güter tauschen.

Auf der anderen Seite steht die Erkundung unserer Umgebung, die wir zum Teil eben erst durch Schlüssel, Teleporter aber auch gegen Bares freischalten. So gibt es direkt von unserer Ranch aus die Möglichkeit, neben der Weite die Wildnis freizuschalten, die uns in weitere Spielbereiche bringt. Und, anders als noch zum Preview, gibt es davon mittlerweile reichlich. Etwa die Glaswüste, bisher vielleicht der größte und gefährlichste Bereich in Slime Rancher. So gibt es dort regelrechte Feuerstürme wie auch einige der gefährlichsten Schleimarten zu entdecken.

Leider liegen in den beiden Bereichen auch ein wenig Licht und Schatten bei Slime Rancher. Die Erkundung macht wirklich Laune, mindestens bis man alles gesehen hat. Auf der anderen Seite könnte bei den NPC’s durchaus mehr drin sein. Wo man etwa bei Titeln wie Harvest Moon ein gewisses Maß an Interaktion hat, reicht es auf der Far, Far Ranch nur für (zugegeben gelungene) Textzeilen im Mailverkehr. Der Range Exchange entschädigt hier zumindest bisher nicht.

Wir bauen für Sie weiter an

Könnte Monomi Park wohl auch sagen. Nach aktuellem Stand der Dinge bekommt Slime Rancher in den nächsten Wochen und Monaten wohl noch einige Erweiterungen und Verbesserungen. So sollen nach dem Release sowohl ein leichter als auch ein schwerer Modus eingebaut werden wie auch eine Ingame Karte. Spielern würde ich allerdings empfehlen, auf die Karte möglichst komplett zu verzichten. Slime Rancher lebt schon sehr von der Erkundung, ist aber gleichzeitig nicht mal ansatzweise so weitläufig wie viele der aktuellen Open World Eskapaden. Auch dürfte ein ‚Hard Mode‘ hier deutlich interessanter sein als ein einfacher Schwierigkeitsgrad, Slime Rancher ist von Haus aus eher einfach. Ohne das negativ zu meinen, kein Spieler der im Grundschulalter oder aufwärts ist sollte hier überfordert sein.

Bereits sehr solide gebaut ist dagegen die Präsentation. In der Pre-Release Phase kam es zu seltenen Freezes, einer davon im Testzeitraum. Sieht man davon ab nimmt sich die Far Far Ranch ab und an ein paar Gedenksekunden um weitere Spielbereiche nachzuladen und läuft ansonsten immer absolut rund. Stilistisch wirkt das Schleimabenteuer ohnehin in sich geschlossen und rund, schafft es nahezu permanent mit den knuddeligen Sekretsammlungen gute Laune zu verbreiten ohne dabei drastisch überzuckert oder kitschig zu wirken. Ganz klar, dass sind die besten Schleime diesseits von Dargon Quest. Die akustische Untermalung geht dabei genau in die gleiche Richtung. Die Soundeffekte passen schlicht und ergreifend wie die Faust aufs Auge. Die Musik dagegen sticht auf den ersten Blick dadurch ins Auge, dass sie eben nicht ins Auge sticht. Selbst die vergleichsweise aufgeregte ‚Gefahr‘ Melodie nervt nach einer Reihe Spielstunden nicht wirklich, andere wie das Ranchthema erst recht nicht. Letztlich wirkt der Soundtrack zur Schleimpflege einfach ungemein passend.

Noch ein Wort zur Übersetzung, hier haben sich Monomi Park wirklich Mühe gegeben. Zwar geht hier und da etwas Wortwitz verloren und ob Ferne, Ferne Weite jetzt besser ist als Far, Far Range einfach zu belassen ist sicher streitbar, aber jeder noch so kleine Wortfitzel wurde übersetzt und das insgesamt gesehen wirklich gut.

Bitte ein Plort

Es gibt durchaus Kritikpunkte an Slime Rancher. Die Schleim-Ökologie dürfte beispielsweise gerne einen Ticken komplexer ausfallen. Und wenn man erstmal wirklich alles gesehen und alle Plorts geerntet hat, dann ist irgendwo tatsächlich die Luft raus. Bis dahin kann man aber nicht nur einiges an Spaß und noch mehr gute Laune haben. Slime Rancher ist auch ein Spiel in das man sehr schnell wieder rein findet und so auf seine Art auch mal für zwischendurch geeignet ist. Macht doch einfach mal (fast) ballerfreien Urlaub auf der Far, Far Ranch.

Fazit

Aus irgendeinem Grund hätte ich gerne ein Plüschschleim. Zufälligerweise gerne ein Katzen- oder Honigschleim. Kann man neuerdings sogar preordern. Monomi Parks Schleime machen nämlich schlicht und ergreifend gute Laune. Anders als zum Previewzeitpunkt bietet Slime Rancher mittlerweile definitiv auch genug Umfang um für einige Zeit zu fesseln. Und letzten Endes funktioniert die schräge Mischung in der Praxis einfach herausragend gut. Wenn ihr ein etwas anderes “Gute Laune” Spiel sucht könnt ihr hier eigentlich ziemlich bedenkenlos zugreifen.

Slime Rancher
Grafik/Präsentation
85
Story/Atmosphäre
79
Gameplay
79
Spielspaß
85
Leserwertung34 Bewertungen
50
82