Redeemer Enhanced Edition im Test – Ein Nerd sinnt nach Rache

Heute erwarten euch wieder die typischen Zutaten, die Spiele in meinen Tests so in der Regel in ihren Rezepten aufgelistet haben: dünne Story, ein hoher Grad an Brutalität und One Man Army-Setting. Fertig ist das seichte abendliche Spielvergnügen für Dominik (Das bin ich). Redeemer erschien ursprünglich bereits 2017 auf dem unter den meisten Konsoleros eher unliebsamen „Rechenknecht”. Das russische Entwicklerstudio Sobaka Studios nutzte das positiven Feedback der PC-Community als Startschuss für die hiesige Konsolen-Umsetzung in der Enhanced Edition. Ein bisschen weniger als zwei Jahre später, können also auch Spieler auf Xbox, Switch und PlayStation 4 ihren Rache-Gelüsten nachgehen. Wie sich unser bärtiger Protagonist Vasily auf den aktuellen Konsolen schlägt und ob ihr euch seinem blutigen Rachefeldzug anschließen solltet, lest ihr in unserem Test.

Vom Elite Söldner zum Mönchsbruder

Vasily kannte in seinem Leben bisher nur Brutalität und Krieg. Dies änderte sich jedoch schlagartig, als der Hubschrauber auf seiner letzten Mission in den Bergen über Nepal jäh vom Himmel geholt wurde. Als einziger Überlebender wurde er von buddhistischen Mönchen gefunden und aufgenommen und lebt seitdem ein ruhiges und besonnenes Klosterleben. Was wie ein Trailer-Intro zu einem Achtzigerjahre Van Damme-Film klingt, ist aber hier tatsächlich die Story zum Spiel. Da ein Film oder eben ein Spiel über das Leben in einem Mönchsleben aber nicht ganz so spannend wäre, muss natürlich ein Twist in der Geschichte her. Die böse Organisation für die Vasily früher auf Menschenjagd ging, möchte ihren besten Mann gerne zurück. Nach einigen Jahren machen Sie ihn schließlich ausfindig und gehen dabei äußerst rabiat vor. Sie zerstören den Tempel und töten alle Glaubensbrüder.

Vasily – John Wick – Rambo – Kratos

Nennt ihn im Grunde wie ihr wollt. Die Hintergrundgeschichte dieser schlecht gelaunten Einzelgänger ist immer ähnlich. Ehemalige Super Agenten, Veteranen oder Kriegsgötter denen man besser nicht doof kommen sollte. In allen Filmen oder Spielen passiert aber dann eben genau das, woraus schlussendlich immer und ständig unfassbares Blutvergießen resultiert. So auch in Redeemer – Enhanced Version. Nachdem Vasily also feststellt, dass sein Kloster zerstört und alle seine Ordensbrüder tot oder verschollen sind, pfeift er auf seinen ruhigen und friedvollen Lebensabend und schlägt zurück. Wir unterstützen ihn dabei tatkräftig, indem wir ihn aus der Topdown-Ansicht durch die verschiedenen Szenarien steuern und dabei jede Menge Söldner und mutierte Gen-Experimente ins Jenseits befördern. Dazu laden uns die Entwickler mehr oder weniger auf kreative Weisen ein. Denn das Waffenarsenal kann sich eigentlich sehen lassen: Allerhand Messer, Keulen, Hämmer oder eben Schusswaffen. Wer das Cover des Spiels kennt,  weiß, dass unser russischer Freund mit Mönchsbart optisch nicht nach Feingefühl schreit. So erklärt es sich vielleicht auch, dass die Nahkampfwaffen ziemlich schnell ihren Dienst versagen. Ja, die Waffen haben eine Haltbarkeit, welche nach ca. 10 Schlägen endet.

Immer feste Druff

Ich selber bin von solchen Gameplay-Entscheidungen nicht unbedingt der größte Freund. Habe ich mit meiner Feuerwehraxt ein paar Schädel eingeschlagen, entwickle ich eine seltsam-innige Beziehung zu dieser Axt und gebe ihr einen Namen – zum Beispiel Frieda. Nun ist es eine kitschige Liebesbeziehung zwischen Frieda und mir. Ich träume davon, wie Frieda und Ich unser weiteres Leben gemeinsam verbringen und immer mehr Blut vergießen. Ich halte Frieda sanft in der Hand, säubere und öle sie fürsorglich… und dann geht sie aber vor all diesen Momenten einfach schon vorher kaputt. Als ob es eine billige Spielzeugaxt aus Plastik sei. Unterm Strich halten sich die Nachteile jedoch zum Glück in Grenzen. Es gibt nämlich dutzende Friedas im Spiel, weshalb ihr bei guter Einteilung der vorhandenen Ressourcen in den seltensten Fällen mal wirklich mit bloßen Händen ranmüsst. Oft lassen sich direkte Konfrontationen und Duelle auch leicht vermeiden. Stealth-Kill lautet hier das Zauberwort. Schleicht ihr euch außerhalb des Sichtkegels an einen Feind ran bis ein Totenkopfsymbol über ihm erscheint, könnt ihr diesen schnell und (nicht) leise mit einem Knopfdruck aus dem Spiel nehmen.

Ballern ohne Nachladen und viele Kontergriffe

Alternativ findet ihr bei manchen Gegnern oder in Schränken auch die ein oder andere Schusswaffe. Mit diesen zielt ihr in bester Twin-Stick-Manier und feuert mit der Schultertaste das Magazin leer. Danach ist jedoch Schluss. Äußerst realistisch hat Vasily nämlich nicht dutzende Magazine in der Hosentasche, sondern wirft die leere Waffe einfach weg. Das eher simple Kampfsystem wird durch ein auch eher rudimentäres Upgrade-System ergänzt. Kommt es zur Auseinandersetzung mit Gegnern drescht ihr im Grunde auf die Angriffstaste oder wartet bis der Widersacher rot aufleuchtet, was euch das Signal gibt auf Knopfdruck zu kontern. Somit packt unser bärtiger Hüne den armen Hans-Wurst-Soldaten und verpasst ihm Kopfnüsse oder ein paar Hiebe. Das Prinzip funktioniert auch mit Gleichzeitigem Entwaffnen, insofern ihr den entsprechenden Skill freigeschaltet habt. Erfahrungspunkte im klassischen Sinn gibt es im Spiel auch gar nicht. Viel mehr „übt“ ihr eure vorhandenen Fähigkeiten und verbessert diese. Nahkampfwaffen bekommen eine erhöhte Haltbarkeit, oder ihr erhaltet nach einem Kill ein wenig Gesundheit. Schusswaffen verbessern sich nach Benutzung wie durch Zauberhand gänzlich. Schalldämpfer, Laservisiere oder größere Magazine sind ab einer bestimmten Anzahl an Abschüssen einsetzbar.

Alte Straßenkämpfer –und Kung Fu-Weisheit: Achte auf deine Umgebung

Abgerundet wird das nicht sehr komplexe Kampfsystem durch die Verwendung von Umgebungskills. Hier und da erkennt man es schon auf den Screenshots: Bestimmte Geräte oder Bereiche in den Leveln leuchten verdächtig weißlich auf. Kommt ein Gegner in diese Nähe, befördert ihr diesen mit einem einzigen Knopfdruck meist ziemlich rabiat ins Jenseits. Also kopfüber in einen Fleischwolf, eine Tischsäge oder Müllpresse. Auf der Packung des Spiels prangt dennoch der blaue Aufkleber mit einer Altersfreigabe ab 16 Jahren. Ja, die Zeiten ändern sich wohl einfach. Fans von Couch-Coop werden frohlocken: Das Spiel kann erfreulicherweise gemeinsam auf einer Konsole (und Couch) gezockt werden und macht dann natürlich noch ein kleines bisschen mehr Bock. Optisch hat es Redeemer: Enhanced Edition in Zeiten der 4K-Blockbuster natürlich etwas schwerer aufzufallen. Die Optik geht für Zocker der alten Schule wie mich völlig in Ordnung. Rein technisch ist sie jedoch ein bisschen altbacken und verwaschen. Dafür punktet der Titel mit einer ordentlichen Anzahl an verschiedenen Gegnern und 16 Level mit einer ungefähren Spielzeit von fünf Stunden. Für den offiziellen Preis von guten 28 Euro ist das ein ganz guter Deal.

Fazit

Redeemer Enhanced Edition ist ein heiterer Oldschool Spaß für Zwischendurch oder im besten Falle von wenig Freitzeit, zwei oder drei Abende. Den meisten Spielspaß holt ihr natürlich mit Bier und Kumpel gemeinsam auf der Couch aus dem Titel. Aber auch alleine kann Vasily mit seinem zwar seichten, aber dafür sehr flüssigem Kampfsystem irgendwie überzeugen. Klar, die Story passt auf einen Bierdeckel, aber die Atmosphäre und der Style hauen das locker raus. Es geht eben um eine One Man Army-Rachestory in der ihr mehr oder weniger taktisch versucht euch in einem coolen Flow durch die Level zu kloppen und zu ballern. Manche Stellen bieten einige fiese Gegner-Konstellationen, wodurch ihr mit blindem Aktionismus nicht weiterkommen werdet. Zum Preis von unter 30 Euro und mit einem Faible für seichte Arcade-Style-Spiele kann man hier zugreifen.

 

Redeemer Enhanced Edition
Grafik/Präsentation
77
Story/Atmosphäre
75
Gameplay
79
Multiplayer
81
Spielspaß
79
Leserwertung16 Bewertungen
37
Spaßige und flüssige Kämpfe
Viele verschiedene Waffen
Kreative Hinrichtungen inkl. Umgebungskills
Umfang könnte länger sein (gegen Aufpreis)
Im Kern sehr simples Kampfsystem
78