Kommt ein Red Dead Redemption-Fans sind sauervon Red Dead Redemption? Titel

Red Dead Online Beta im Test – Bares für Rares

Nachdem wir uns erfolgreich durch den umfangreichen Singleplayer von Red Dead Redemption 2 geschlagen haben, können wir uns seit Ende November Online mit anderen Ganoven (und Ganovinnen) in der Red Dead Online Beta messen. Da der Multiplayer im neusten Rockstar Spektakel zusätzlich zum Hauptspiel einen sehr umfangreichen und auf die Zukunft ausgerichteten Spielmodus bietet, möchten wir euch hier ebenfalls einen entsprechenden Test zur Verfügung stellen.

Online mit eigener Story

Red Dead Online bietet, anders als beim vorherigen Teil, im Multiplayer einen eigenen Story-Strang, wo wir unseren Hauptcharakter zunächst im Gefängnis wiederfinden. Dort wählen wir zunächst, ob es sich hierbei um einen männlichen oder weiblichen Charakter handelt. Das Aussehen können wir ebenfalls mit voreingestellten Gesichtszügen (15 an der Zahl) beeinflussen. Zudem können wir diese Gesichter in kleinschrittigen Einstellungsmöglichkeiten individualisieren. Die Nase etwas dicker, die Augen weiter auseinander oder vielleicht ein Allerwelts Gesicht. Wer möchte, kann sich im Editor einige Momente oder vielleicht auch Stunden austoben. Da für mich persönlich alle voreingestellten Gesichter gleich hässlich aussahen und ich das Gesicht sowieso hinter einem Zauselbart verstecken werde, fiel meine Anwesenheitszeit im Editor wohl verhältnismäßig kurz aus. Den Bart und die Kleidung können wir ohnehin erst im späteren Spielverlauf anpassen.

Wie gesagt, bietet der Online-Modus eine eigene Story, die unseren Taten und dem Einstieg in diese wohl endlose Geschichte einen grundsätzlichen Sinn verleiht. Obwohl die Online-Geschichte inhaltlich keinesfalls so stark wie der Singleplayer ist, möchte ich hier trotzdem nicht zu viel verraten, um mögliche Spoiler zu vermeiden. Zumindest führt uns die Geschichte zu einer, uns zunächst unbekannten, Gemeinschaft, die uns bei unseren ersten Schritten in der Online-Welt behilflich ist. Das Tutorial ist glücklicherweise nicht ganz so lang, wie im Offline-Teil, jedoch könnt ihr trotzdem gut eine Stunde dafür einplanen, bevor es in den tatsächlichen “Free Roam” mit anderen Spielern geht.

Lang lebe der Multiplayer

Man merkt von Anfang an, dass Rockstar Games versucht bzw. versuchen wird, die Langlebigkeit des Online Modus von Red Dead zumindest an das Niveau des GTA-Pendants heranzuführen. Hier ist schließlich für die nahe Zukunft und eventuell die kommenden Jahre das große Geld zu holen. Bisher befinden wir uns offiziell zwar noch in der Beta-Phase, trotzdem lassen sich an den zwei unterschiedlichen Ingame-Währungen und der kosmetischen Vielfalt im nun mobilen Katalog, die zukünftigen Investitionsmöglichkeiten erkennen. Ihr lest richtig, anders als beim Offline-Part müssen wir Online nicht zu den einzelnen Händlern reisen, sondern erhalten relativ früh im Spiel einen mobilen Katalog, den wir einfach über das Steuerkreuz (D-Pad) unseres Controllers auswählen und munter drauf los shoppen können. Die Ware wird dann direkt auf unser Pferd geliefert. Diese weggenommene zeitliche Hürde soll sicherlich zu Spontankäufen animieren und den Zugang zur Ware erleichtern. Weiterhin gibt es in Red Dead Online zwei unterschiedliche Währungen. Zum einen wären da die normalen Dollar, die wir auch aus dem Singleplayer kennen. Diese plündern wir wie gehabt von gefallenen Feinden oder erwirtschaften diese durch Handel und Betrug. Online erhalten wir jedoch deutlich weniger Bares, als wir es eventuell aus dem Singleplayer gewohnt sind. Daneben existieren die sogenannten Goldbarren, welche wir zukünftig (wohl nach Abschluss der Beta) auch mit Echtgeld in einem Ingame-Shop käuflich erwerben werden können. Zeitgleich können wir diese Währung aber auch Ingame verdienen. Dafür müssen wir für einen Goldbarren 100 sogenannte Nuggets sammeln. Wie viele Goldbarren man für wie viele Euros erhalten wird, steht noch nicht fest. Um euch ein Gefühl dafür zu geben, wie wertvoll ein solcher Goldbarren sein kann, möchte ich euch folgendes Rechenbeispiel aufzeigen (Stand 06.12.2018):

Als Spieler erhält man aktuell pro Serie (eine Spielrunde Showdown oder ein Rennen) zwischen zwei und vier Nuggets. Rechnet man pro Mission mit zirka zehn Minuten Spielzeit, erhält man in einer Spielstunde maximal 24 Nuggets. Somit bräuchte man im Optimalfall aktuell mehr als 4 Stunden für einen Goldbarren. Hat man es nun bspw. auf das beste Pferd im Stall abgesehen, verlangt das Spiel aktuell mindestens Level 70 und 42 Goldbarren. Wer also kein Echtgeld in die Hand nehmen möchte, darf 168 Spielstunden (4 Stunden * 42 Goldbarren) in reines Nugget sammeln investieren, um den Araber sein Eigen nennen zu dürfen. Und bedenkt, dass es sich hierbei um die optimale Ausbeute handelt!

Da die Pferde keinen rein kosmetisches Inhalt darstellen, sondern das oben genannte Pferd die besten Werte mit sich bringt, muss in meinen Augen auch über das Thema und die mögliche Gefahr von Pay-to-win gesprochen werden.

Pay-to-win, bitte nicht!

Die Gratwanderung zwischen einem ausbalancierten Marktsystem und einem Pay-to-win-Debakel ist schmal und bedarf zahlreicher Feinjustierungen. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, dass Entwickler oder Publisher (die Schuldigen kann man hier individuell austauschen) nach dem Release eines Spiels weiteres Geld mit zusätzlichen Inhalten generieren möchten. Jedoch schwingt seit geraumer Zeit der fade Beigeschmack mit, dass auch Singleplayer-Titel künstlich in die Länge gezogen werden, um Spielern den Kauf von zeitsparenden Paketen schmackhaft zu machen. Wo sich diese Tatsache offline nur nervig anfühlt, tangieren entsprechende Investitionen online das gesamte Spielgeschehen. Hier lasse ich mir kosmetische Inhalte ja noch gefallen, aber sobald man mit Echtgeld spiel-relevante Inhalte beeinflussen kann, reduziert sich der Spielspaß fast gen null. Und genau diese Gefahr droht aktuell bei Red Dead Online. Die Goldbarren sind wie oben beschrieben zwar auch ohne Echtgeld erspielbar, der zeitliche Ansatz dafür liegt jedoch jenseits von gut und böse. Und allein, dass Spieler sich hier einen zeitlichen Vorteil erkaufen können, ist für mich ein klares Statement zu Pay-to-win. Vielleicht will Rockstar mit der aktuellen Beta die Schmerzgrenze der Spieler austesten und rudert zeitnah zurück, dafür ist mir aktuell aber der Aufschrei noch zu gering. Zwar haben einige die Ökonomie im Spiel kritisiert, hier ging es aber eher darum, dass man für eine Dose Bohnen mehr Dollar bekam, als für einen gestohlenen Goldring. Hieran arbeite Rockstar aber bereits. Sollte sich an der aktuellen Investitionsmöglichkeit von Goldbarren für spiel-relevante Inhalte nichts ändern oder zumindest der zeitliche Zugang zu der entsprechenden Währung drastisch reduziert, wird der Makel des Pay-to-win wohl nicht abzuwehren sein.

Womit vertreiben wir uns die Zeit?

Neben den in der Einleitung erwähnten Story-Missionen können wir auch Nebenmissionen auf der Karte annehmen und entsprechend abarbeiten. Diese können wir entweder mit anderen Mitspielern oder unserer eigenen Posse bestreiten. Um keine vorübergehende sondern dauerhafte Posse einzurichten, verlangt das Spiel 200 Online-Dollar, die es erst einmal zu verdienen gilt. Diese erhalten wir einmalig beim Abschluss der Story-Mission oder bei den Nebenmissionen. Weiterhin können wir Gejagtes an die Händler verkaufen oder die Playlists (Showdown und Rennen) runterspielen. Am lukrativsten soll aktuell das Fischen sein, wo Spieler zeitweise bis zu 300 Dollar die Stunde generieren. Dies dürfte sich im Laufe der Zeit aber immer wieder ändern, blickt man allein in Richtung von GTA Online, wo immer wieder neue Möglichkeiten zum schnellen Geld verdienen aufgekommen sind. Wer lieber seinen Sammeltrieb befriedigen möchte, der kann ebenso wie im Singleplayer bestimmte Herausforderungen komplettieren. Aber Obacht, anders als in GTA Online gibt es in Red Dead Online aktuell keinen Passiv-Modus, sodass ihr zu jeder Zeit und an fast jedem Ort von gegnerischen Nervensägen gejagt und ermordet werdet. Einzige Konsequenz scheint aktuell die Senkung der Ehre zu sein, die vielen Online-Rowdys aber egal sein dürfte. Wer, wie ich, nicht auf ein Glücksspiel aus ist, ob wieder die entsprechenden Rowdys unterwegs sind, geht daher besser nur in einer Gruppe online, was in Red Dead Online sowieso am meisten Spaß macht. Wer online allein umher irrt, der kann sich mit bestem Gewissen auch im Singleplayer austoben und dort ohne nervige Spiel-Störer die wunderbaren Spielinhalte genießen. Im Gruppen-Spiel entfaltet Red Dead Online wie erwartet aber seine ganzen Stärken.

Ist man zu dritt oder sogar zu viert in einer eigenen Posse unterwegs, ist die Angriffslust der Killer-Kiddies deutlich reduziert. Dann macht auch Free Roam richtig Spaß. Nichtsdestotrotz wünsche ich mir für den weiteren Verlauf des Online-Modus eine private Lobby. In der koordinierten Gruppe können wir entweder zahlreichen Missionen nachgehen, die zum Teil recht herausfordernd sind oder wir erkunden gemeinsam die Spielwelt. Die zahlreichen Mini-Spiele, die man im Vorgänger Online noch gegen Freunde spielen konnte, wie bspw. Poker, fehlen zum jetzigen Zeitpunkt komplett. Es bleibt zu hoffen, dass es dieses in meinen Augen wichtige Spielelement noch in den fertigen Online-Modus schafft.

Erfreulicherweise lässt sich nach den ersten Stunden und Tagen in der Red Dead Online Beta sagen, dass sich Rockstar der im Internet kommunizierten Kritik annimmt und bereits zahlreiche Änderungen versprochen hat. Entsprechende Kritik bzw. Feedback könnt ihr hier loswerden. Anders als in “Beta”-Phasen anderer Online-Titel macht Rockstar keinen Hehl daraus, dass der Online-Modus noch in der Entwicklung steckt. Man bringt regelmäßige Rückmeldungen und Updates im entsprechenden Newswire und lässt die Community an den Gedanken und Plänen zukünftiger Anpassungen teilhaben. Gleichzeitig kündigen die Entwickler Ingame-Belohnungen für die Teilnahme in bestimmten Zeitphasen an, die aktuell Goldbarren und RDO-Dollar umfassen. Es bleibt also zu hoffen, dass sich alles zum Guten wenden wird!

Fazit (vorläufig)

Red Dead Online steht am Anfang eines möglicherweise langen Lebenszyklus. Der offensiv als Beta-Phase propagierte Beginn ist technisch sauber gestartet. Die ersten Rückmeldungen seitens der Entwickler gehen in die richtige Richtung und lassen vermuten, dass die enorm langen “Arbeitszeiten”, bis man ein Item wirklich freigespielt hat, bewusst so gewählt wurden, um einen stetigen Progress zu garantieren. Durch das erste Update sollen bereits die Kosten für die meisten Waffen reduziert und die Werte von Fellen, Häuten und Fischen angepasst werden. Gleichzeitig erhalten Spieler mehr Geld und Gold für abgeschlossene Missionen. Damit dürfte meine (bewusst provokativ) formulierte Kritik sich eventuell über Zeit in Luft auflösen. Trotzdem besteht bei mir weiterhin die Sorge, dass mit Einführung des Echtgeld-Marktes ein spürbares Ungleichgewicht den Weg ins Spiel finden wird. Red Dead Online bietet bereits jetzt eine große Spielwelt, die es zu entdecken gilt, an das damalige “Wow-Gefühl” des Online-Modus im Vorgänger kommt er aber aktuell noch nicht heran.

Bitte beachtet, dass es sich bei diesem Test um eine Momentaufnahme der Beta-Phase von Red Dead Online handelt und sich durch die stetigen Updates Aussagen egalisieren können.
Red Dead Online
Grafik/Präsentation
96
Story/Atmosphäre
80
Gameplay
85
Spielspaß
85
Multiplayer
70
Leserwertung1 Bewertung
75
läuft technisch stabil
Entwickler informieren stetig über Updates
kurze Ladezeiten
herausfordernder als der Singleplayer
garantierter Spielspaß mit der richtigen Posse
Pay-to-win Gefahr
Balance in der Marktwirtschaft
Chaos-Kiddies
keine private Lobby
kein (Würfel-)Poker
83