Ungefähr einen Monat nach Release von Blizzards erfolgreichem Team-Shooter Overwatch erhielten die Spieler nun endlich Zugang zu den Ranglistenmatches. Machen die kompetitiven Matches genauso viel Spaß wie die Quick Matches? Erfahrt mehr dazu in meiner folgenden Review.
Von nichts kommt nichts
Bevor ihr euch jedoch überhaupt ins kompetitive Spiel stürzen könnt, müsst ihr mindestens Stufe 25 erreicht haben. Um aber das persönliche Spielniveau zu ermitteln – bei anderen Spielen auch unter MMR (MatchMaking Rating) bekannt –, müssen erst zehn sogenannte Placement Matches absolviert werden. In den danach folgenden kompetitiven Spielen werdet ihr anhand eures ermittelten Spielniveaus mit anderen Spielern ähnlichen „Rangs“ zusammengewürfelt. In einer premade Gruppe aus beispielweise 6 Leuten wird dabei der Durchschnitt aller Spielniveaus gewertet, das Gegnerteam besitzt den gleichen oder sehr ähnlichen Durchschnittswert. Auch in Overwatch gibt es Saisons – vier im Jahr. Diese dauern zweieinhalb Monate. Nach einer zweiwöchigen Pause zum Ende einer Saison startet die neue wieder mit einer Reihe von Placement Matches.
Altbekanntes mit einem Twist
Den Ranglistenmatches sind weiterhin die aus den Quick Matches bekannten Spielmodi erhalten geblieben. Lediglich die Punktevergabe hat sich im Ranked geändert. Die Kontrollkarten erfolgen nun in einem Best of 5. Das Team, welches 3 Punkte erzielt, hat das Match gewonnen. Bei den Angriffskarten erhält das Angreifer-Team einen Punkt pro eroberten Punkt A und/oder B. Danach wechseln die Rollen. Das Team, welches in der vorherigen Runde noch Angreifer war, spielt jetzt als Verteidiger – und umgekehrt. Wenn ein Angreifer-Team keinen Punkt erobern konnte, braucht das nachfolgende Angreifer-Team nur den ersten Punkt einzunehmen. Bei einem Unentschieden spielen beide Teams jeweils noch einmal eine Runde als Angreifer. Sie haben diesmal nur die Zeit zur Verfügung, die sie in den vorigen Angriffsrunden noch übrig hatten. Auf Eskorte- oder Hybrid-Karten erhält das Angreifer Team einen Punkt für das Einnehmen des Kontrollpunkts und für jeden erreichten Checkpoint. Wenn kein Team die Fracht bis zum Ende bringen konnte, gewinnt das Team, welches die Fracht am weitesten befördern konnte.
Sollte eine Angriffs-, Eskorte- oder Hybrid-Karte von beiden Teams gleich gut absolviert werden, entscheidet der Zufall in einer finalen Runde, welches Team attackiert oder verteidigt. Die Angreifer haben meistens 1:40 Minuten Zeit um den ersten Punkt einzunehmen. Diese K.O.-Funktion soll aber durch das negative Feedback an Blizzard nur während der Sommersaison aktiv sein. An einer Alternative wird gearbeitet.
Gold, Gold, Gold sind alle meine Waffen
Für jedes gewonnene, kompetitive Match gibt es Competitive Points, die in spezielle, goldene Waffen eingetauscht werden können. Eine Waffe kostet 300 Competitive Points – also 300 gewonnene Spiele. Zusätzlich erhaltet ihr aber auch zum Ende einer Saison eine bestimmte Anzahl an Competitive Points je nach eurer Leistung. Trotzdem wird es einige Zeit dauern, bis man sich EINE goldene Waffen leisten kann. Diese hart verdienten Waffen haben jedoch nur eine dekorative Veränderung – Besserungen der Stats oder im Handling gibt es nicht.
Hohes Frustpotenzial – Leaver, Sudden Death, MMR-Balancing
Gespannt habe ich meine ersten Placement Matches absolviert, nur um zu merken, dass das System zum Start noch nicht perfekt ist und Blizzard einiges verbessern sollte. Allen voran muss es für Spieler, die das Match vorzeitig verlassen, eine schwerwiegendere Strafe geben. Bisher ließ der Erfahrungspunkte-Verlust oder die Möglichkeit des Ausschlusses aus der laufenden Saison diese Leute komplett unbeeindruckt. In jedem Spiel, welches ich bisher alleine mit Randoms gespielt habe, gab es einen Leaver – sowohl im eigenen als auch im Gegnerteam. Selbst wenn das Gegnerteam – oder wir – tapfer bis zum Schluss die Matches hinter sich gebracht haben, gab es für die Sieger erstaunlich wenige Erfahrungspunkte und somit noch einen geringeren Anreiz, bei kommenden Spielen mit einem Leaver, diese zu beenden. Blizzard hat aber bereits angekündigt, diese Erfahrungspunktedifferenz zu beheben.
In den Ranglistenmatches wird, neben dem eigentlichen Sieg oder der Niederlage viel Wert auf die einzelnen Leistungen gelegt. Ein genaues System dahinter lässt sich nur schwer erkennen. Vermutlich werden aber die Leistungen in den Medaillen – Gold, Silber oder Bronze –, die man beispielsweise für Kills, Schaden oder Heilung bekommt, gewertet. Hierbei haben vor allem die Supporter den Kürzeren gezogen. Wohingegen ein Lúcio, Zenyatta oder eine Symmetra in seltenen Fällen noch gute Werte in Eliminierungen erreichen können, bleibt Mercy größtenteils nur die Goldmedaille in Heilung. Dadurch erreichen Supporter im Durchschnitt eine niedrigere MMR – mich eingeschlossen – obwohl sie für das Team unersetzlich sind und häufig zum Sieg führen. Eine Anpassung des Ratings für Supporter ist also zwingend notwendig.
Außerdem verliert man durch den hohen MMR-Verlust bei einer Niederlage im Gegensatz zu dem Spielniveaugewinn bei einem Sieg schnell die Motivation – im Fall eines Supporters oder bei Leavern. Ohne ein komplettes Team aus 6 Leuten lassen sich die kompetitiven Matches momentan fast nicht spielen. Im Alleingang erfolgt in den seltensten Fällen – wenn überhaupt – eine Absprache über die integrierte Voice-Chat-Funktion, die häufig eher zum Flamen von Mitspielern missbraucht wird.
Durch das geringe Einstiegslevel kommt es oftmals vor, dass Spieler noch nicht über ausgereifte Kenntnisse der Karten oder Counter-Picks zu gegnerischen Helden verfügen, was nicht zuletzt das Teamplay erschwert. Es gibt vereinzelt auch Profispieler, die in geringen Level anzutreffen sind, da diese größtenteils Scrims – organisierte Matches von zwei Teams – absolvieren, die ihnen keine Erfahrungspunkte geben. Hierbei spricht man aber häufig von Einzelfällen.
Unabhängig vom Level gibt es jedoch auch Spieler, die sich auf einen Helden spezialisiert haben und diesen in jeglicher Teamkombination auswählen – egal ob dieser gebraucht wird oder nicht. In den Quick Matches mag dies vielleicht funktionieren, aber in den Ranglistenmatches kommt es noch stärker auf ein ausgewogenes Team an. Auch wenn die Einzelleistungen am Ende mit einbezogen werden, müssen alle Helden als Team funktionieren um zu gewinnen.
Auch die Sudden Death-Funktion (K.O.-Runden) hat häufig zu hohem Frust geführt. Hier entscheidet häufig nicht mehr das Können sondern der Zufall, wer gewinnt oder verliert. Neben dem Spielniveau sind die goldenen Waffen bisher kaum Ansporn genug, um sich im kompetitiven Spiel durchzuschlagen. Blizzard muss demnach noch einiges am Balancing verbessern, damit wir uns auf lange Hinsicht frustfrei in die Ranglistenmatches stürzen können. Bis dahin spiele ich weiterhin lieber mit Freunden Quick Matches, um den Spaß am Spiel nicht zu verlieren.
Fazit
Dass die Ranglistenmatches von Overwatch zu Beginn noch nicht perfekt gebalanced sind, war abzusehen. Dass jedoch einige essenzielle Spielmechaniken – beispielsweise Sudden Death – nicht gut durchdacht wurden und die Belohnungen eher dürftig ausfallen, sorgte bei mir nicht zuletzt für viel Frust. Blizzard reagiert schnell auf das Feedback der Community und schon während der Season wurden mit einigen Patches Fehler behoben. Dennoch werde ich erst mit der 2. Season richtig ins Ranked einsteigen – wenn die K.O.-Runden Geschichte sind.