Das Runde muss ins Eckige. Naja im heutigen Test stimmt die alte Weisheit mal nicht. Beim Basketball muss das Runde bekanntlich ebenfalls ins Runde. Zugegeben, in Deutschland ist die Lobby der Basketball-Fans nicht einmal annähernd so groß wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Doch auch hier gibt es einige Basketball-Begeisterte Menschen und sogar Nerds wie mich. Der Hallensport aus Übersee begleitet mich schon seit Mitte der Neunziger Jahre. Die großen Zeiten der Bulls, Lakers und auch der Orlando Magic weckten das Interesse von mir und meinen Kumpels an der NBA. Okay, der damals neue Basketballkorb bei uns im Park ebenso. Und so schossen wir in Trikots bald dutzende Spalding-Bälle auf den Korb und sammelten fleißig Basketball-Karten. Letztendlich führten mich diese Lebensumstände nun an diesen Punkt. Ich darf das neue NBA 2K16 testen, yay!
Visual Concepts Entertainment übernahm auch dieses Jahr für 2K Sports die Entwicklung der aktuellen Basketball-Simulation NBA 2K16, welche auf allen aktuellen Konsolen erscheint und einen Hauch von Hollywood im Gepäck hat. Der Karriere-Modus ist so etwas wie der Mittelpunkt des Spiels. Dieser wurde bei 2K16 deutlich überarbeitet und hat dieses Jahr ein besonderes Schmankerl für euch parat. Spike Lee, Regisseur und seines Zeichens Oscar-Gewinner, höchstpersönlich schrieb die Geschichte für die Karriere “Livin’ da Dream”, die gegen Ende sogar etwas dramatisch wird. Hier steht ihr im Zentrum und begleitet euer virtuelles Ich nach der individuellen Erschaffung vom Hinterhofplatz über die High School bis zum College und schließlich in die große NBA. Ihr könnt dabei nicht nur das Aussehen eures Spielers selber wählen (per Xbox Kinect oder PlayStation Kamera lässt sich sogar euer Gesicht einscannen), sondern auch die Position und die Stärken und Schwächen.
Der steile Weg nach oben
Dabei beginnt ihr eure Bilderbuch-Karriere als ziemlich kleiner Fisch aus Harlem. Nach ein paar High School-Spielen und dem Gewinn der Schulmeisterschaft packt ihr den Sprung aufs College, wobei das an euren Skills auf dem Court und nicht an euren Schulnoten liegt. Das College könnt ihr euch dabei aussuchen. In kurzen Videos wollen euch die Scouts des Colleges überzeugen, bei ihnen zu starten. Mich verschlug es an die University of Michigan. Dort angekommen seid ihr so etwas wie der Hoffnungsträger der Mannschaft und nehmt ein Bisschen die Rolle des Führungsspielers ein. Eure Fertigkeiten sind denen der Anderen schon ziemlich überlegen. Nach vier Partien endet eure College-Karriere und ihr entscheidet euch dafür, am Draft für die NBA teilzunehmen. Wieder muss „Freq“, wie unser Held heißt, seine Umzugskartons packen und in eine fremde Stadt reisen – nächster Halt: Atlanta. Wir schnüren also fortan unsere Schuhe für das Team der Atlanta Hawks. Hier wartet jedoch erstmal hauptsächlich ein Platz auf der Bank auf euch und ihr freut euch über jede Minute auf dem Parkett in der ihr eure Mitspieler unterstützen könnt. Eure Karriere wird nebenher weiter befeuert. Spike Lee selber interviewt immer mal wieder eure Familien-Mitglieder, die merkwürdigerweise immer afro-amerikanische Wurzeln besitzen – auch wenn euer Spieler weiß ist. Naja sei’s drum. Im Story-Modus stecken ca. 2 Stunden Videomaterial, die aus eurer Karriere eine Art Dokumentarfilm machen und auch die Probleme mit plötzlichem Reichtum und alten Freundschaften zeigen möchte. Dieser neue Ansatz der Präsentation in einem Sportspiel ist eine sehr willkommene und nette Abwechslung. Optional könnt ihr eure freien Tage ziemlich kreativ gestalten.
Ihr könnt am Mannschafstraining teilnehmen und so eure Werte etwas aufpolieren. Diese Art der Freizeitgestaltung ist auch die einzige, an der ihr aktiv teilnehmen könnt. Im Training schießt ihr ein paar Körbe und absolviert zwei zufällige Minispiele für die ihr Erfahrung erhaltet. Ihr könnt den Tag auch mit Fans und Sponsoren verbringen und dafür sorgen, dass eure Social Media-Aufmerksamkeit und euer Bankkonto weiter ansteigt. Zu guter Letzt könnt ihr auch einfach mit einem Mannschaftskumpel abhängen und damit den Zusammenhalt des Teams stärken. So mausert ihr euch irgendwann bei den Hawks zur Stammkraft hoch. Jede eurer Aktionen im Spiel wird bewertet. Verteidigt ihr gut, bekommt ihr Erfahrungspunkte. Erzielt ihr Körbe oder holt einen Rebound, gibt es ebenfalls Punkte. Eine gewisse Grundvoraussetzung an Wissen zum Thema Basketball sollte also vorhanden sein um zu wissen, wo eure Position auf dem Feld ist und welche Aufgaben ihr erfüllen solltet.
Das Spiel unterstützt euch dabei jedoch; zum Beispiel mit Richtungspfeilen, denen ihr nachlaufen könnt. Etwas anstrengend: schlechte Aktionen ziehen euch wiederum Punkte ab und ziehen euren Notenschnitt auch schnell wieder runter. Da Freq anfänglich über eher bescheidene Werte verfügt, reißt ihr nicht nur keine Bäume, sondern nicht mal ein Sträuchlein aus. So vermasseln euch die stärkeren Gegenspieler meistens eine gute Note, weil sie schwer zu verteidigen sind und euch demnach lang machen. Am Ende des Spiels entscheidet eure Bewertung über euer verdientes Geld, mit denen ihr eure Attribute verbessern könnt. Das ist definitiv auch nötig, wenn ihr es einmal zu einem Star bringen wollt. Gute Noten sind wie gesagt schwer zu erreichen. Somit bringt es die MyCareer-Saison auf erst einmal 15 Spiele, da ihr als Rookie nur 8 Spiele zum „Reinkommen“ absolvieren müsst. Danach geht der normale Alltag los und ihr könnt eine lange, normale Saison spielen.
Simulation statt Arcade
Bei NBA 2K16 handelt es sich um eine Basketball-Simulation. Wer bei diesem Spiel auf fesche und leichtgängige Arcade-Action inkl. irrsinniger Dunkings hofft, könnte schnell enttäuscht werden. Hier richtet sich der Grad des Realismus an den Eigenschaften eines Center-Spielers – er ist groß. Hat man jedoch die Steuerung und die Mechanik des Spiels erst einmal verinnerlicht (üben, üben, üben), dann kommt auch ein schöner Spielfluss zu Stande. Optional kann man die Steuerung auch etwas entschärfen und von Simulation auf „locker“ stellen.
Die Steuerung ist bei NBA 2K16 äußerst präzise und so lassen sich auch wirklich schöne Spielzüge aufs Parkett zaubern. Wie auch im echten Basketball dauert eine Partie gegen Ende auch mal etwas länger. Bei knappen Matches geizen die Coaches nicht mit Timeouts um ein wenig Taktik ins Spiel zu bringen und optimaler Weise dem Team zu erklären, wer denn jetzt den beliebten „Buzzer Beater“ versenken soll. Schade ist dabei aber, dass sich nicht wirklich etwas ändert. Eigentlich dienen die Timeouts lediglich der Atmosphäre. Ihr bekommt weder besondere Spielzug-Vorschläge präsentiert, noch hat die Auszeit einen brauchbaren Nutzen. Hier wäre deutlich mehr Potential drin gewesen, stattdessen seht ihr jedes Mal dasselbe Video. So müsst ihr Foul über Foul ertragen und beobachten wie sich die gegnerischen Körbejäger an der Freiwurflinie schlagen.
Bitte bringen sie etwas Zeit mit!
Etwas altmodisch aber immer noch charmant ist natürlich auch die Möglichkeit, einfach eine Saison mit eurer Lieblingsmannschaft zu spielen. In der NBA kämpfen bekanntlich jedes Jahr 30 Mannschaften um die nationale Meisterschaft. Diese sind dabei in zwei sogenannte Conferences aufgeteilt – die Western Conference und die Eastern Conference. Die Conferences selber bestehen aus jeweils drei Divisions. Nach 82 Spieltagen stehen die Platzierungen fest und die jeweils besten acht Teams aus jeder Conference spielen in den Play-Offs im Modus Best of Seven um den Titel. Wollt ihr also den Titel holen, müsst ihr euch etwas mehr Zeit im Kalender freihalten, wobei Spiele auch simuliert und übersprungen werden können. Nicht simulieren lassen sich natürlich die Online-Matches. Anhand eurer Erfahrung und eures Skills bekommt ihr Gegenspieler aus der ganzen Welt zugelost. Dieser Umstand macht das Match-Making auch für Neulinge interessant, da ihr wie bei anderen Sportspielen üblich in zehn Ligen eingeteilt werdet. Gespielt werden kann zwei gegen zwei auf einem Street-Court oder auch ganz pompös in einer der echten NBA-Arenen.
Viel Abwechslung und fast realistische Grafik
Wieder mit an Bord sind außerdem MyGM und MyLeague. Im ersteren Modus schlüpft ihr nicht in die Rolle eines Spielers, sondern ihr übernehmt den Job als Manager eines NBA-Teams. Bei MyLeague dreht sich alles wie schon bei NBA 2K15 um das Sammeln von NBA-Karten mit denen ihr ein eigenes Team formt. Erspielt euch Geld und kauft Boosterpacks um eure Sammlung zu erweitern. Mit eurem Team könnt ihr selbstverständlich gegen andere Zocker antreten. Rein optisch ist das Spiel, wie auf den Bildern zu erkennen, einfach grandios geworden. Die Spieler sehen ihren echten Vorbildern zum Verwechseln ähnlich. Die Gesichtsanimationen wurden im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verbessert und die Animationen und der Schweiß auf der Haut wirken schlicht lebensecht. Dazu überschüttet euch Visual Concepts Entertainment mit einer ganzen Wanne an Atmosphäre. Die Spiele wirken wie eine echte Fernsehübertragung. Die Arenen sind detailgetreu nachgebaut, es gibt Halbzeitshows mit Cheerleadern, zu Beginn des Spiels den pompösen Einlauf des Heim-Teams und herrlich aussehende Slow-Motion-Wiederholungen von besonders spektakulären Aktionen auf dem Court. Vor und nach dem Spiel gibt es eine Talkrunde mit Center-Legende Shaquille O’Neal und Kenny “The Jet” Smith. Von daher kann man nur behaupten, dass man ein Basketball-Spiel eigentlich nicht besser präsentieren kann als es bei NBA 2K16 der Fall ist. Das Spiel gerät dabei nie ins Stocken und läuft permanent stabil. Passend zum Stil des Spiels ist auch der Soundtrack gestaltet. Neue, wie auch alte Hits aus dem Hip Hop dominieren den Sound und verleiten euch in den Menüs zu dem ein oder anderen lässigen Kopfnicker.
Fazit
Visual Concepts Entertainment schafft es erneut, sich wieder selbst zu toppen. Die Spiele auf dem Platz sind perfekt inszeniert, die Optik ist ein Augenschmaus, die Möglichkeiten nahezu unendlich und all das wird am Ende noch von einem Oscarpreisträger garniert. MyCareer ist der Mittelpunkt für Solisten und erzählt die (klischeehafte) Geschichte eines Kids aus Harlem, das die NBA rockt. Spike Lee führt dabei Regie und bringt euch damit noch näher an euer eigenes virtuelles Ich. Fans gepflegter Auseinandersetzungen tragen ihre Duelle entweder lokal oder online aus. Wer also auf Basketball steht, der hat kaum einen Grund zu zögern und dieses Spiel nicht zu kaufen. Ungünstig ist das Spiel für Leute, die keine Ahnung vom Basketball haben. Hier wird schnell Frust aufkommen, weil man kaum sinnvolle Dinge auf den Schirm zaubern wird. Der Rest wird seine Freude am Spiel haben.