Mortal Kombat X – Der Test

“Finish Him” – Dieser Ausspruch ist den meisten begeisterten Videospielern auf der ganzen Welt bekannt. 1992 war es soweit – die Geburtsstunde der Prügelspielreihe Mortal Kombat. Ed Boon und John Tobias gehen als Serienväter der Franchise in die Geschichte ein und waren damals die führenden Köpfe bei der Software-Schmiede Midway. Midway ist mittlerweile Geschichte, Mortal Kombat nicht. Der Titel begann seinen Erfolgszug zu jener Zeit jedoch nicht im heimischen Wohnzimmer, sondern in der Spielhalle. Als Konkurrenzprodukt zu Street Fighter konzipiert, sorgte es damals vor allem mit zwei Besonderheiten für Aufmerksamkeit unter der spielenden Bevölkerung. Zum einen wurden die Charaktere optisch in einem anspruchsvollen neuen technischen Verfahren, genannt Bluescreen-Technik, ins Spiel integriert. Bei diesem Verfahren wurden echte Schauspieler aufgezeichnet und anschließend ins Spiel übertragen. Grafisch stellte diese Methode damals eine Art Sensation dar, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nichts Vergleichbares, da die Kämpfer „fotorealistisch“ (verpixelt) ihren Weg ins fertige Spiel fanden.

Mortal-Kombat-Review3Bei einem anderen Merkmal, was auch heute noch ein Identifikationsmerkmal eines jeden Mortal Kombat ist, handelt es sich um die Gewaltdarstellung. Damals war diese explizite Zuschaustellung von körperlicher Gewalt und ihrer Folgen absolutes Neuland. So reagierten die Kämpfer nach Treffern durch Faust, Fuß oder Feuerball mit heftigen Blutspritzern und ließen sich als Krönung des Ganzen am Ende des Kampfes auch noch töten. Diese Fatalities fehlen bis heute in keinem Teil der Serie und sind das Markenzeichen der Serie. Selbst in den USA gab es damals bei der Ersterscheinung zahlreiche empörte Fernsehberichte über die gezeigte Brutalität im Spiel und viele Eltern waren besorgt um das Wohl ihrer Kinder. Heute eine lustige Vorstellung, hat sich doch die Einstellung der US-Bürger bekanntlich geändert – Brutalität in den Medien ist dort kein bedenkliches Thema mehr.

1993 brachte Midway den ersten Teil auch über die Heimkonsolen von Sega und Nintendo in die Wohnzimmer der Zocker. In der Version auf dem Mega Drive konnte man mit einem Cheatcode die Originalversion inkl. Blut generieren. Nintendo achtete damals schon mehr auf das familientaugliche Image und untersagte die blutige Darstellung. Auf dem Super Nintendo spritzt nach Treffern also nur Schweiß und auch die Fatalities wurden etwas entschärft. Diese guten Vorsätze wurden bei Teil 2 jedoch wieder über Bord geworfen und sind dabei wohl auf hoher See ertrunken. Keiner der Nachfolger verzichtete fortan mehr auf Brutalität und Eingeweide. Zur Verteidigung sollte man jedoch anmerken, dass hinter all den Hektolitern Blut eben auch eine dicke Portion Ironie, Sarkasmus und deutlich überspitzte Darstellung steckt. So ist es nicht selten, dass explodierende Gegner gleich drei Brustkörbe, absurd viele Knochen und zahlreiche Schädel hinterlassen. Ernst nehmen kann man so etwas nun wirklich nicht. Nun steht also der bereits zehnte Teil der rabiaten Prügelorgie vor der Tür und bittet um Einlass. Wir haben geöffnet und haben genau überprüft, wen wir da hereinlassen sollen.

Ein dickes Ding!

Mortal-Kombat-Review2Gleich nach dem ersten Starten des Spiels ahnt der geneigte Prügelfan schon das Ausmaß des Umfangs des Spiels. Vorher muss jedoch noch ein 2,5 GB großer Patch installiert werden. Euch erwarten drei Hauptauswahlpunkte im Menü: Fraktionskampf, Einzelspieler und die Herausforderungstürme. Gleich zu Beginn möchte das Spiel, dass ihr euch für eine der fünf zur Auswahl stehenden Fraktionen entscheidet. Serienveteranen werden sich bei Namen wie den Lin Kuei, Black Dragons oder White Lotus gleich heimisch fühlen. Komplettiert wird die Riege an unterschiedlichen Gruppierungen durch die Special Forces und die Brotherhood of Shadows. Ihr könnt jede Fraktion frei wählen und seid dadurch nicht an bestimmte Charaktere gebunden. Scorpion kann im zehnten Teil also auch problemlos für die Lin Kuei auf Punktejagd gehen. Wöchentliche und weltweite Statistiken zeigen euch beim Fraktionskrieg welche Banden die meisten Siege errungen haben oder die meisten Herausforderungen abschließen konnten. Punkte sammelt ihr für eure Fraktion online wie „offline“ in dem ihr bestimmte Voraussetzungen in den Kämpfen erfüllt. Diese lassen sich meistens nebenbei erledigen, sind jedoch auch nicht immer sehr sinnvoll. So reicht es zum Beispiel manchmal schon, in einem Kampf zehn Mal zu springen oder fünf Uppercuts auszuführen. Je schwieriger die Herausforderungen sind, desto mehr Fraktionspunkte erhaltet ihr. Gehört ihr am Ende der Woche zur Gewinner-Fraktion, bekommt ihr Belohnungen zugesprochen. So gibt es neben Fraktion-Kills und Outfits auch rudimentäre Dinge wie Koins, die ihr in der Krypta ausgeben dürft. Dazu später mehr. Koins verdient ihr zudem in den Turmherausforderungen. Neu bei Mortal Kombat X sind die lebenden Türme, die sich stündlich, täglich oder wöchentlich ändern. Hier müsst ihr, wie es damals üblich war, einfach einen Kämpfer nach dem anderen ausschalten und euch somit den Weg im Turm nach oben kämpfen. Bei der lebenden Variante sorgen jedoch kleinere und größere Handicaps für Abwechslung und Herausforderung. So sind beispielsweise die Fäuste beider Kämpfer in Säure gehüllt und sorgen nach Treffern für permanenten Schaden über Zeit. Logischerweise kommen die normalen Türme ohne diese Extrawürste aus. Dafür erhaltet ihr allerdings auch weniger Koins. Noch mehr Varianten finden sich in den Test your Luck Türmen. Hier gilt es ebenfalls wieder den Turm empor zu klettern, dabei müsst ihr in den Kämpfen mit teilweise deutlichen Handicaps klarkommen. Es erwarten euch schiefe Böden, permanenter Schaden durch Bluten, zufällige Blitzeinschläge und andere Verrücktheiten.

Begleite mich in die Krypta

Mortal-Kombat-Review4Schon im neunten Teil der Serie auf Xbox 360 und PlayStation 3 sorgte der Story-Mode für Staunen unter den Prügelfans. Während man bei der Konkurrenz recht stumpf Kampf nach Kampf abhandelt und an Geschichte maximal häppchenweise Informationen aus den kurzen Dialogen vor den Kämpfen vorgesetzt bekommt, ticken bei Mortal Kombat X die Uhren ganz anders. Hier ist der Story-Mode was er sein soll. Ihr bekommt eine rund sechsstündige Kampagne in etlichen Kapiteln präsentiert. Jedes Kapitel widmet sich einem Kämpfer und beinhaltet eine mal mehr und mal weniger interessante Geschichte zur entsprechenden Figur. Pro Kämpfer gilt es in der Regel 4 Kämpfe gegen CPU-Gegner zu bestreiten, die durch ansehnliche Videos in Ingame-Grafik begleitet werden. Die Geschichte ist bedauerlicherweise sehr Special Force-lastig. So bekommt die USA-Hura-Fraktion um Jax Briggs, Johnny Cage, Sonya Blade sowie deren Kindern alle jeweils ein Kapitel spendiert. Das ist etwas schade, da so interessantere Veteranen-Charaktere etwas auf der Strecke bleiben. Für Fans noch erwähnenswert: Die Zeitlinie wird ziemlich durcheinander gewirbelt beziehungsweise hat sie mit dem neunten Teil nicht mehr sehr viel gemeinsam. Das Charakter-Roster ist zudem von unangenehm vielen Wiedergängern geprägt. Bei Wiedergängern handelt es sich um ehemalige Helden, die nach ihrem Ableben vom Zauberer Quan Chi in untote Sklaven verwandelt wurden und nun auf seiner Seite für das Unterreich kämpfen. Die Story geht zudem recht offensiv damit um, dass der zehnte Teil eine Art Verjüngungskur für die zukünftige Charakterauswahl herhalten soll. So sprechen Johnny Cage und Jason Briggs öfter von Rente und die Helden der Geschichte mimen zum Ende hin sehr deutlich die Kinder der alten Haudegen. Ob einem nun die neuen Kämpfer sympathisch erscheinen, muss jeder für sich selber wissen. Ich persönlich konnte mich mit den vielen neuen Gesichtern noch nicht so recht anfreunden. Auch in der Story bekommt ihr pro gewonnenen Kampf die anfangs bereits erwähnten und begehrten Koins, die als Währung in der Krypta dienen. In der Krypta (oder eher dem Friedhof und der Spinnengrube) könnt ihr euch in der Ego-Perspektive auf einer Karte bewegen und Grabsteine freikaufen. Davon gibt es eine ganze Menge in sehr unterschiedlichen Preisklassen. Als Belohnungen erhaltet ihr im schlimmsten Falle eine einfache Konzeptzeichnung eines Charakters oder ein neues Spielerbild für euer Profil. Mittelmäßige Items sind weitere Koins oder spezielle Koins, die euch einen Kampf überspringen lassen oder mit denen ihr einen Fatality mit nur einem Tastendruck ausführen könnt. Im besten Fall bekommt ihr einen neuen Fatality oder ein neues Kostüm für einen eurer Kämpfer. Witzig dabei: Ein neuer Fatality für euren Lieblingscharakter kann in einem recht günstigen Grabstein versteckt sein, wohingegen in einem teuren Grab auch eine Art Niete stecken kann. Mit schätzungsweise 600 Gräbern schafft es das Spiel auch problemlos, sammelbegeisterte Spieler ordentlich bei der Stange zu halten. Vorallem, weil manche Wege zu Beginn noch versperrt bleiben. So müsst ihr als Spieler erst bestimmte speziell-berühmte persönliche Gegenstände der Figuren finden um auch alle Orte zu erreichen. So findet ihr neben Scorpions Kunai noch das Amulett von Ermac oder auch das Schwert von Kenshi. In der Krypta weht also ein Hauch von Action-Adventure. Optisch macht das Spiel einen sehr guten Eindruck. Die Charaktermodelle sind herrlich detailliert und die Outfits der Kämpfer passen perfekt zusammen. Die dynamischen Hintergründe runden das Gesamtbild prima ab. In jeder Stage gibt es genug zu bestaunen. Seien es schicke Lichteffekte, gruselige Figuren, die in der Dunkelheit lauern, oder der schaumige Wellengang eines verlassenen Landestegs. Musikalisch passiert genretypisch bei Mortal Kombat X nicht sehr viel. Der Soundtrack begleitet euch angenehm dezent im Hintergrund und schwingt unauffällig mit. Die Sprachausgabe der verschiedenen Charaktere fällt dagegen wieder positiv auf. Unter den zahlreichen Sprechern im Spiel, finden sich zudem viele bekannte Stimmen aus Film und Fernsehen wieder.

 

Chose your Destiny

Mortal-Kombat-Review5Bei Mortal Kombat X handelt es sich seit je her um ein klassisches 2D Beat em Up. Zum Start stehen euch 24 alte und neue Kämpfer zur Auswahl, die bis Ende Juni durch vier weitere kostenpflichtige DLC-Kämpfer erweitert werden. Serien-Veteranen wie Scorpion und Sub Zero fehlen ebenso wenig wie Lui Kang oder Kano. Neu an Bord sind unter anderem die Insektendame D’Vorah, das lustige und ungleiche Paar Ferra/Torr, der stylisch-aussehende Revolverheld Erron Black oder auch der neue Imperator der Außenwelt Kotal Khan. Jeder Kämpfer verfügt über drei verschiedene Kampf-Variationen, die Auswirkung auf die Spielweise des Recken haben. So gibt es Scorpion in der Inferno, Ninjutsu und Hellfire Version. Während Scorpion im Ninjutsu-Stil mit zwei Schwertern bewaffnet ist, die sein Move-Repertoire um einige flinke Schwertschläge erweitern, konzentriert sich die Inferno-Version auf einen dämonischen Helfer. Dieser klammert Gegner am Boden fest oder stürmt aus dem Nichts von hinten oder aus der Luft auf eure Feinde und verursacht somit Schaden. Die grundlegenden Special Moves bleiben den Charakteren in jeder Variante erhalten. Bei manchen Variationen kommen allerdings ein paar abgeänderte Moves und Kombos dazu. Einen Charakter zu beherrschen oder zu meistern, sollte also einiges an Zeit und Übung kosten. Das Spiel lässt einem jedoch bei seinem Lieblingskämpfer die Wahl, sich den passenden Stil anhand der eigenen Spielweise auszusuchen. Die aus Teil 9 bekannten X-Ray-Moves haben ebenfalls wieder ihren Weg ins Spiel gefunden. Diese stellen so manchen Kampfverlauf gehörig auf den Kopf. Landet ihr mit diesen Attacken einen Treffer, kann ein verloren geglaubter Kampf noch gedreht werden. Sie kosten allerdings alle eure drei Energie-Balken, verursachen dafür aber erheblichen Schaden. Allerdings können die Animation in den Matches irgendwann nerven. So dauern die X-Ray-Animationen immer gute 7-8 Sekunden und ihr habt sie selber ja schon etliche Male betrachtet. Aus der Mottenkiste alter Tage wurden zudem die Brutalities wieder herausgekramt. Ähnlich wie die Fatalities demütigen sie euren Gegner am Ende des Kampfes mit einem spektakulären Abgang eurer Figur. Unterschied jedoch zu früher: Ihr müsst den Brutality bereits im Kampf starten und euren Widersacher mit einer besonderen Tastenkombination ins Jenseits schicken. Dazu müssen einige Voraussetzungen im vorherigen Kampfverlauf erfüllt worden sein und der Gegner darf nur noch knappe 5% seiner Lebensanzeige besitzen. Sonst steckt in Mortal Kombat X alles was in einem zeitgemäßen Prügler zu stecken hat. So nutzt ihr mit eurer Special-Anzeige sogar das Level-Inventar um es eurem Gegenüber wortwörtlich um die Ohren zu hauen. Besonders fiese Kombos lassen sich auf Kosten eines Energiebalkens auch unterbrechen oder kontern. Eure Special-Moves lassen sich außerdem auch mit ein wenig extra Würze versehen. Scorpions Harpune mal mit Feuer verschießen? Kein Problem! Ein Druck auf den rechten Schulterbutton und ein Energie-Balken reicht aus. Die Energie-Anzeige füllt sich durch Schläge und Tritte, die euer körperliches Wohlbefinden schädigen oder auch wenn ihr eurem Kontrahenten ordentlich etwas auf die Fressluke gebt.

 

Online Duelle

Natürlich fehlt es Mortal Kombat X als modernem Prügelspiel auch nicht an einem Online-Modus. Nachdem ihr also ausreichend trainiert und die Kampagne abgeschlossen habt, könnt ihr euch an die Duelle mit der echten Welt da draußen wagen. Die ersten gespielten Runden liefen alle ohne Lag oder sonstige Kinderkrankheiten. Ein kleines Manko ist vielleicht die teilweise etwas lange Spielersuche. Eine Verzögerung in der Eingabe konnte ich ebenso nicht feststellen. Mortal Kombat X läuft während des Kämpfens also online erfreulich Rund. Im 1 Vs 1 verdient ihr euch Fraktions- und Erfahrungspunkte im Kampf Mann gegen Mann. Weitere Spielmodi sind King of the Hill oder auch Test your Luck online, sowie Team Battle. Bei King of the Hill gilt es in einer Lobby mit mehreren Teilnehmern möglichst lange ungeschlagen oben an der Spitze zu stehen. Winner stays also. Zusätzlich gibt es zahlreiche Herausforderungen zu meistern und etliche Statistiken zu begutachten. Vor dem Kampf seht ihr sämtliche Werte eures Gegenübers inkl. prozentualer Wahrscheinlichkeit auf einen Sieg eurerseits. Umso befriedigender ist dann natürlich das Gefühl, wenn ihr trotz geringer Chance als Sieger vom Platz geht oder der Gegner gar einen Rage Quitt abzieht.

Fazit

Mortal Kombat X macht genau dort weiter, wo 2011 Mortal Kombat 9 aufgehört hat. Die Spielbarkeit ist vielleicht nicht ganz so flüssig wie die der Konkurrenz aus dem Hause Capcom, das macht jedoch nichts – punktet Mortal Kombat X doch definitiv mit Artstyle und eben dem Charme der Serie. Nicht falsch verstehen: Auch spielerisch hat Mortal Kombat X einiges auf dem Kasten. Die Charaktere bieten mit den jeweils drei verschiedenen Variationen auch genug Tiefe für Spieler mit höheren Ambitionen. Das Roster ist zudem gut abgestimmt. Dort findet sich für Anfänger wie für erfahrene Spieler mit Sicherheit der richtige Kämpfer. Manche Charaktere sind merklich komplizierter zu beherrschen als andere, dadurch aber auch in den Versus-Matches klar schwerer auszurechnen. Sonstige Details wie lange Kombo-Ketten, Kombo-Breaker und Super-Attacken sind ebenfalls im Werk der Netherrealm Studios dabei. Grafisch wirkt das ganze Spektakel wie aus einem Guss und ist herrlich anzusehen. Online läuft Mortal Kombat X ebenfalls sehr sauber und ohne irgendwelche Probleme. Wer also schon vor vielen Jahren mit Mortal Kombat groß geworden ist und sich jetzt fragt, ob er es wagen soll mal wieder reinzusehen, dem kann ich den Versuch wärmsten empfehlen. Mortal Kombat X bietet für Solospieler, Gelegenheitsklopper und “Profi-Spieler” allerhand zu entdecken und versorgt euch mit Stunden voller Spaß vor der Konsole eurer Wahl.

 

Mortal Kombat X
Grafik/Präsentation
81
Story/Atmosphäre
79
Gameplay
89
Spielspaß
88
Leserwertung2 Bewertungen
90
84