Zugegeben, man trifft mich eher im Bereich “Retro” an. Bei Inside my Radio jedoch breche ich gern mit meinen Prinzipien und verlasse gewohntes Gefilde. Der Trailer des Spiels war bereits vielversprechend und das interessante Spielprinzip sowie der gute Soundtrack sorgten letzten Endes dafür, dass ich mich bereitwillig für den Test zur Verfügung gestellt habe.
Seinen Ursprung fand das Spiel am 23. April 2012 auf der 23. Ludum Dare-Veranstaltung. Dabei handelt es sich um einen Wettbewerb, in dem es darum geht, ein funktionstüchtiges Spiel innerhalb von 48 Stunden abzuliefern. TurboDindon, zu diesem Zeitpunkt aus vier Mitgliedern bestehend, lieferte hierbei den Grundstein zum uns nun vorliegenden, finalen Spiel ab. Die frühe Version von Inside my Radio fand solch großen Anklang, dass aus den vier ursprünglichen Schöpfern schnell das Entwicklerstudio “Seaven Studio” mit insgesamt sechs Mitarbeitern entstand.
Der Spielbeginn
Das Menü ist übersichtlich gestaltet und allzuviel einzustellen gibt es ebenfalls nicht. Das verspricht einen schnellen und unkomplizierten Einstieg ins Spiel – und genau so ist es auch. Bei Inside my Radio handelt es sich übergeordnet um ein Rhythmus-Spiel. Solche kennt man eher in Form von Dance Dance Revolution, Rockband, Guitar Hero usw., die mit speziellen Controllern wie Instrumenten, Tanzmatten oder Kameras gesteuert werden. Inside my Radio geht jedoch seinen eigenen Weg.
Das Intro zeigt einen Ghettoblaster, der offensichtlich in einer dunklen Seitenstraße abgestellt und vergessen wurde. Plötzlich saugt er die Spielfigur in sein Inneres und erklärt anschließend seine prekäre Lage: untermalt von fetziger Musik mit prägenden Beats muss sich der Spieler durch die Innereien des sterbenden Ghettoblasters bewegen, der nur überleben kann, wenn die Level erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Steuerung
Inside my Radio mutet dabei schnell wie ein klassischer Platformer an, mit dem nicht zu vernachlässigenden Zusatz “Rhythmus”. Zwar kann der Spieler seine Figur jederzeit frei in der Horizontalen bewegen, Aktionen wie Springen oder Dashen (eine schnelle Vorwärts-Bewegung) jedoch können nur im Takt zur Musik ausgeübt werden. Dabei werden diese Befehle ohne eine spürbare Verzögerung ausgeführt. Zudem lässt sich die Spielfigur auch in der Luft perfekt steuern und steht still, sobald man den Finger vom Steuerkreuz (bzw. Analogstick, beides funktioniert) nimmt.
Sollte man ausserhalb des Taktes springen, so wird man mit einem kurzen Warnton sowie dem verzerrten Gesicht der Spielfigur darauf hingewiesen, der Sprung wird dabei selbstverständlich nicht ausgeführt. Reicht dem Spieler die Musik allein als Rhythmus nicht aus, so kann er im Spiel jederzeit die Taktanzeige aktivieren, die ebenfalls im Takt zur Musik um die Spielfigur herumschwirrt und Rhythmus deutlich visualisiert.
Zu guter Letzt gibt es ein im Menü anwählbares Trainingslevel, das beim ersten Spielbeginn automatisch ausgeführt wird und sich anschließend jederzeit wiederholen lässt.
Das Gameplay
Normalerweise könnte man Inside my Radio als simples Jump and Run bezeichnen – und auch genau so spielen. Durch die Rhythmusvorgabe erhält das Spiel jedoch einen vollkommen eigenen Flair. Da bei jeder Bewegung entsprechende Soundeffekte ausgelöst werden, hat man schnell das Gefühl, die Musik selbst mit zu gestalten. Mich selbst habe ich bereits nach kurzer Zeit dabei erwischt, wie ich mit meinen Füßen im Takt gewippt und durch Kopfnicken den Beat des Spiels mitbetont habe. Nicht nur, dass diese unterbewussten Bewegungen automatisch kommen, sie helfen tatsächlich ungemein beim fehlerfreien Navigieren durch die teils sehr abwechslungsreich gestalteten Level.
Das Spiel besitzt keinen einstellbaren Schwierigkeitsgrad. Auch gibt es keine Leben oder Continues. Sollte man sich im Rhythmus vertun, in ein Hindernis springen oder beispielsweise durch einen Elektrostrahl geröstet werden, so wird man zum letzten Checkpoint gesetzt. Am Ende des Levels werden diese Fehltritte zusammengezählt und dem Spieler präsentiert, was durchaus dazu animiert, das Level erneut und mit weniger oder sogar ohne jeden Fehler abzuschließen.
Inside my Radio versteht es zudem, jedes weitere der insgesamt sieben Level etwas anspruchsvoller zu gestalten, ohne dabei jemals Frust beim Spieler aufkommen zu lassen. Auch die Zwischenkämpfe, bzw. der dreiphasige Endboss-Kampf sind sehr abwechslungsreich und spannend gestaltet.
Tatsächlich ist die eigentliche Kampagne mit etwa 2-3 Stunden sehr schnell durchgespielt und hätte ruhig noch ein wenig länger sein dürfen. Positiv zu erwähnen ist jedoch, dass dabei nicht eine Sekunde Langeweile aufkommt. Sollte das weiterhin nicht ausreichen, so kann man nach dem Durchspielen die Einzellevel vom Menü aus anwählen und diese bis zur Perfektion üben – der bereits angesprochene Fehlercounter sowie Leveltimer existiert hier weiterhin.
Wem selbst das noch nicht reicht, der kann sich im Modus “Gegen die Zeit” messen. Auch dabei muss das jeweils gewählte Level möglichst fehlerfrei abgeschlossen werden, mit dem Zusatz, dass die Zeit herunterzählt und sie lediglich durch das Aufsammeln von Weckersymbolen wieder etwas aufgefrischt werden kann. Zudem gibt es einen Punktezähler, wobei Rhythmusfehler mit einem Punkteabzug bestraft werden.
Die Grafik
Optisch präsentiert sich Inside my Radio als reiner 2D-Platformer, jedoch passend zur Story in einem eher dunklen und sehr technisch anmutenden Umfeld. Alles wirkt industriell und musikalisch angehaucht. Es tauchen große Lautsprecher und Mikrofonständer auf, Kondensatoren und Transistoren wippen zum Takt mit, überall entdeckt man Kabel und Bühnen-Equipment und der mehrlagige Hintergrund bewegt sich perspektivisch mit
dem Fortschreiten der Spielfigur mit.
Im Disco-Level hingegen wirkt alles etwas bunter und fröhlicher, auch das Licht erinnert des Öfteren an einen Retro-Dancefloor aus den 70er und 80er Jahren – sehr funky. Die Bosskämpfe, die am Ende einiger Level anstehen, passen sich nahtlos diesem Theme an und wirken glaubhaft, zumindest im Rahmen des Spiels.
Der Ton
Für mich ist Inside my Radio bis zu diesem Punkt ein guter Platformer – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was das Spiel letzten Endes so unverwechselbar und packend gestaltet, ist zweifellos der mitreißende Soundtrack in Verbindung mit den eigenen Moves, die jeweils passende Soundeffekte erzeugen. Hinzu kommt, dass an einigen Stellen in den einzelnen Levels der Beat des jeweiligen Songs leicht angepasst werden kann, allerdings ohne die Geschwindigkeit dabei zu verändern.
Der phantastische Soundtrack wurde bereits auf der Ludum Dare 23 gelobt und mit dem ersten Platz in der Audio-Kategorie gewürdigt. Dies lässt sich ausnahmslos und zweifelsfrei bestätigen. Das Spiel “zwingt” den Spieler geradezu, möglichst laut auf einer großen Anlage zu spielen – die Nachbarn werden sich bestimmt freuen. Es ist wirklich schade, dass es den Soundtrack ausserhalb der Digital Deluxe-Edition auf Steam nicht einzeln zu erwerben gibt.
Fazit
Inside my Radio beweist eindrucksvoll, dass es keine bahnbrechende Technik oder Next-Gen-Grafik braucht um ein im höchsten Maße erfrischendes, kurzweiliges Spielvergnügen zu vermitteln. Die eher kurze Spieldauer der Hauptkampagne trübt den Gesamteindruck zwar etwas, die tolle Steuerung und der schier phänomenale Soundtrack samt der damit verbundenen Interaktionsmöglichkeiten runden den Gesamteindruck jedoch gelungen ab. Wer auf Platformer und Elektro-Musik steht, der kann bedenkenlos zugreifen.
Das erste Level im Playthrough
Als kleines Schmankerl folgt ein Video zum ersten Level, welches im Rahmen dieses Tests entstand.