So wie jedes Jahr zu dieser Zeit, wenn nicht sogar noch früher, bereits Spekulatius, Printen und anderes Weihnachtsgebäck den Weg in die Händlerregale findet, so kommt damit auch wieder das neue FIFA von Electronic Arts. Kaderupdates, neue Lizenzen, Gameplayverbesserungen, neue Features oder Modi. Jedes Jahr lässt sich EA etwas Neues einfallen, um einen Grund zu finden, warum sich die Leute wieder zum Vollpreis ein weiteres FIFA kaufen sollten. In diesem Jahr scheint EA auf die Wünsche der letzten Jahre zu reagieren und bringt mit dem Volta Modus den Hallenfußball wieder ins Spiel zurück. Da sich die FIFA 20 Legacy Edition für die Nintendo Switch vom Funktionsumfang doch unterscheidet, berücksichtigt diese Review diese Version Nicht. Was FIFA 20 noch so Neues mit sich bringt und was es besser als der Vorgänger macht, lest ihr hier.
Neue Errungenschaften
Jedes Jahr aufs Neue lese ich die Wünsche der Community und jedes Jahr denke ich mir: Ja warum eigentlich nicht? Scheinbar hat sich EA dieses Jahr das Gleiche gedacht und erfüllt mit vielen neuen Stadien, gerade aus der Bundesliga, einen großen Wunsch der hiesigen Fans. Im Gegenzug hat EA aber auch die Lizenz für die Allianz Arena verloren. Zum Glück aber auch nur Das. Ich bin zwar bekennender FC Schalke 04 Fan aber den Stellenwert eines FC Bayern im deutschen sowie europäischen Fußball ist mir sehr wohl bewusst und auch die große Fankultur wird wegen des Wegfalls des Stadions wohl schlucken. Immerhin ergeht es den Bayern besser als gar der italienischen alten Dame. Die Spieler von Juventus Turin laufen, wie die meisten über diverse Medien vermutlich schon mitbekommen haben weder im Allianz Stadium auf, noch haben sie das gestreifte JT Logo auf der Brust. Den exklusiven Deal konnte Konami mit eFootball Pro Evolution Soccer 2020 nämlich für sich beanspruchen und so laufen CR7, Dybala und Torwart Legende Gigi Buffon nun bei Piemonte Calcio auf. Gerade im Hinblick darauf, dass EA sich erst letztes Jahr die Rechte für Champions League und Europa League sichern konnte, ist der genannte Lizenzverlust schon ein Dämpfer.
Aber zurück zu den Bundesliga Lizenzen. EA hat hier wirklich geliefert und viele Bundesliga Stadien und Mannschaften authentisch nachgebildet. Mannschaften wie Werder Bremen mit dem Weser Stadion oder Eintracht Frankfurt samt Commerzbank-Arena sind nun vollständig im Spiel zu finden. Vollständig heißt dabei nicht nur, dass die Kader wie sonst auch stimmen, sondern auch Fangesänge, Facescans der aktuellen Spieler und eine korrekte Nachbildung der Stadien im Spiel zu finden sind. Zwar fehlen hier immer noch ein paar Mannschaften wie Beispielsweise Freiburg mit dem Schwarzwaldstadion oder die jüngst aufgestiegenen Eisernen mit dem Stadion An der Alten Försterei, fällt das Lizenzpaket in Hinsicht auf den deutschen Fußball doch deutlich üppiger aus. Im nächsten Jahr dann bitte das komplette Paket.
Panini Sammelbildchen
Das Zugpferd von FIFA, NHL und NFL namens Ultimate Team hat in diesem Jahr eher wenig Neuerung bekommen. Zwar gibt es ein paar neue FUN Anstoß Modi, können die aber nur mit Freunden gespielt werden. Wer die letzten Jahre viele Erfahrungspunkte mit seinem EA Konto gesammelt hat schaut nun bei FUT in die Röhre. In den Vorgängern konnte man sich für die gesammelte XP noch Münz-Boosts kaufen. Das wurde nun durch ein neues Season XP System ersetzt und mit den Tagesaufgaben verschmolzen. Damit sammeln wir Erfahrungspunkte und Belohnungen. Steigen wir im Level auf, gibt es besagte Münz-Booster, aber auch Leihspieler oder Spielerpacks. Hier können wir uns aber nicht mehr die Reihenfolge selbst aussuchen, sondern müssen einen vorgegebenen Pfad folgen. Für die FUT Fanatiker ist das definitiv eine Bremse, wenn man schnell und günstig zusätzliche Münzen erwirtschaften will. Nichts desto trotz gibt es mit den Squad Battles, Rivalsspielen, der Weekend League, Squad Building Challenges und den neuen Aufgaben genügend Möglichkeiten Münzen und damit auch neue Spieler zu bekommen. Nicht neu aber praktisch ist da auch die FUT App fürs Handy, oder die Webapp am PC. Dort können deutlich komfortabler Teams gebaut werden oder die Squad Building Challenges gemacht werden.
Ebenfalls kaum Neuerungen bis auf das Lizenzpaket erfährt der Karrieremodus. Zwar kann man nun auch einen weiblichen Manager spielen und wir haben animierte Pressekonferenzen in denen wir die Moral der Mannschaft beeinflussen können, auf das Gesamtergebnis wirkt sich das aus meiner Sicht jedoch eher marginal aus. Viel schlimmer ist da tatsächlich der Zustand zur Veröffentlichung. Gegnerische Teams spielen häufig mit dem B Kader, auch wenn man an der Spitze der Tabelle steht. Die Neuerungen sind für Fans des Karrieremodus insgesamt sicherlich dienlich. Als reiner Onlinespieler habe ich von den Neuerungen im Modus aber eher weniger gemerkt und keinen wirklichen Vorteil.
Neuer Belag
VOLTA prangert beim Start von FIFA groß auf der Startseite. Da ich so ziemlich alle News bezüglich FIFA die letzten vier Jahre intensiver verfolgt habe, weiß ich, dass es zu jedem FIFA Teil mindestens das Gerücht gab, dass der Hallenmodus von FIFA 98 den Weg zurück ins Spiel findet. Hallenmodus ist aber hier auch nur teilweise richtig. Straßenfußball und Futsal finden den Weg in FIFA 20. Das Thema Straßenfußball wurde 2012 noch mit FIFA Street von EA bedient. Hier hat EA aber nicht nur einen kleinen zusätzlichen Modus integriert, sondern hat unter den Namen VOLTA einen ganz eigenen Abschnitt eingefügt. Zum Start finden wir hier den Story Modus, Online Spiel und die Welttour. Welttour ist dabei einfach ein freies Spiel auf den schönsten Schauplätzen des Planeten.
Dazu gehören Plätze auf den Dächern Tokios, ein versteckter Platz in den Straßen Rios. In der Story treffen wie auf einige wirklich bekannte Gesichter aus der Straßenfussball Szene. Allen voran Jayzinho, Ed van Gils und Freestyle Künstler Kotaru Tokuda. In der Story spielen wir Reevs, welcher je nach dem wir uns Entscheiden männlich oder weiblich ist. Erstmals gibt es in FIFA nämlich einen Modus ohne Geschlechtertrennung, was natürlich auch ein wenig den Geist der Zeit trifft. Spielerisch macht es im VOLTA Modus auch keinen Unterschied. In der Story geht es darum mit Jayzinho und seiner Mannschaft die Weltmeisterschaft zu erreichen. Eine typische Rising Star Geschichte ohne wirklich besondere Kniffe wird hier erzählt, aber FIFA ist nun nicht wirklich bekannt für seine narrative Stärke.
Ähnlich wie im Ultimate Modus sammeln wir in VOLTA auch Münzen. Diese können aber nur durch Spielen erwirtschaftet werden und es lassen sich lediglich kosmetische Gegenstände wie Shirts, Hosen, Schuhe oder aber auch Frisuren oder Tätowierungen für unsere Spieler kaufen. Unsere Mannschaft können wir verstärken, indem wir nach gewonnenen Matches einen Spieler aus dem geschlagenen Team auswählen dürfen. Das gilt allerdings nur für Spiele gegen die KI. Was hier allerdings schlecht umgesetzt ist, ist die Lesbarkeit der Stärken der einzelnen Symbole. Wenn man das erste Mal Spieler aussuchen darf, werden diese nicht erklärt und wenn man keinen größeren Pro Club Hintergrund hat kann man hier bei ein paar Sachen einfach nur ins blaue raten. Gameplaytechnisch unterscheidet sich der VOLTA Modus auch ein gutes Stück vom restlichen Spiel. Es ist hier deutlich einfacher, Trickpässe oder Flanken anzubringen und einen gezauberten Abschluss. Das Dribbling mit dem rechten Stick funktioniert dagegen genauso wie immer und durch die Wände auf manchen Plätzen können wir den Doppelpass auch mit der Wand spielen. Pässe und Schüsse sind hier aber auch deutlich manueller. Wer es eher gewohnt ist, mit mehr Passhilfen zu spielen wird sich hier umgewöhnen müssen, denn die Hilfe fällt deutlich geringer aus.
Der Ball rollt neu
Nein eigentlich nicht wirklich. Zwar hat man auch wieder eine verbesserte Ballphysik angekündigt, ist diese aber nicht wirklich spürbar. Wirklich spürbar sind die Firsttouch Annahme von Spielern und deren Pässe. Die Passhilfe treibt mich im Übrigen in den Wahnsinn denn ungefähr jeder 4. oder 5. Pass verhungert, geht an den falschen Mann oder in die Walachei. Was natürlich dem Realismus dient, ist die Abschwächung des Timefinishing. Abschlüsse haben einen größeren Verschnitt und gehen nun nicht immer aufs Tor. Die Frage ist hier nur: Möchte man eher den realen Fußball darstellen oder mit dem eSport konform gehen und den Spieler auch nicht das Heft mit solchen zufälligen Abschlüssen aus der Hand nehmen. Pässe die jetzt zu Spielern im Rücken sind gehen deutlich häufiger schief. Das bekannte Ticki Tacka Spiel ist dadurch erheblich schwerer geworden. Insgesamt sind die Spielerbewegungen auch langsamer geworden und man muss deutlich mehr auf Lange Bälle aus der gegnerischen Hälfte aufpassen. Ein verlorener Zweikampf und der Gegner läuft alleine auf das Tor zu. Das Spielgefühl ist im Vergleich zu den Vorgängern also schon deutlich anders. Ob man das nun schlechter oder besser finden soll ist wohl wirklich Geschmackssache. Insgesamt ist mir aber noch zu viel unrund und ich bekomme auch nach rund 20 Stunden Spielzeit kein richtiges Gefühl für die Änderungen.
Neues Fifa, neue Grafik? Nein definitiv nicht. FIFA 20 hat sich im Vergleich zum Vorjahr in Marginalitäten vielleicht verbessert. Diese Marginalitäten lassen sich auch maximal in den Choreos in den Stadien feststellen. Mehr Details bei den Spielern sucht man vergebens. Hier schlagen höchstens die neuen Facescans der Bundesliga zu Buche. Dagegen hat sich mehr im Menü verändert. Im FUT Menü sind einige fragwürdige Entscheidungen getroffen worden. So kann man sein eigenes Team nicht mehr direkt über das Menü wechseln, sondern muss ein Untermenü in der Aktiven Mannschaft ansteuern. Genauso seltsam und intuitiv ist die Einführung des Ringmenüs bei den Ultimate Spielern. Gefühlt wurden einfach Funktionen versteckt, die die erfahrene FUT Spieler zwar suchen und finden wird, der der aber noch nie Ultimate Team gespielt hat vermutlich auch nie finden wird, weil er nicht weiß, dass es diese gibt. Soundtechnisch hat FIFA 20 mit Frank Buschmann und Wolff-Christoph Fuß zwei solide deutsche Kommentatoren die ich mittlerweile über die Jahre aber auch einfach tot gehört habe. Zwar streuen die immer wieder interessante Fakten zu Spielern, Teams oder dem Stadion ein, passiert das aber viel zu selten und wird je nach Spielgeschehen sowieso überhört. Wirklich wieder gelungen sind dafür aber wieder die Fangesänge, die der Atmosphäre im Spiel einfach so unheimlich dienlich sind.
Fazit
Insgesamt ist FIFA 20 in diesem Jahr grafisch gesehen nur ein Kaderupdate zu letztem Jahr. Aber darauf kann man die Sportsimulation dieses Mal definitiv nicht reduzieren. Die neuen Lizenzen, die wirklich immensen Gameplayänderungen und allen voran der neue und große VOLTA Modus sind nur teilweise sinnvolle Ergänzungen. Aber irgendetwas muss man ja anders zum Vorgänger machen. Finde ich FIFA 20 besser als seinen direkten Vorgänger? Wohl eher nicht, aber alles in allem hat FIFA 20 aber im Vergleich zu dem diesjährigen eFootball PES 2020 aus meiner Sicht die Nase vorn und ist damit die bessere aktuelle Version. Dauergäste werden bereits zugegriffen haben, Fußball Fans die eine Sportsimulation suchen, können zuschlagen.