Dragon’s Dogma Dark Arisen im Test – Oldie, but still goldie?

Dragon's Dogma Dark Arisen
Grafik/Präsentation
68
Story/Atmosphäre
68
Gameplay
72
Spielspaß
75
Leserwertung0 Bewertungen
0
71

Man nehme einen gehäuften Teelöffel Skyrim, eine Prise Dark Souls, eine Tasse Dragon Age und schon hat man sichDragons Dogma Dark Arisen zusammengerührt. Das ist weitaus weniger negativ gemeint als es sich anhört, denn das Spiel hat damit seinen ganz eigenen Charme kreiert und verbindet viele bewährte Elemente aus bekannten Klassikern zu etwas Neuem. Neu ist das Spiel an sich jedoch nicht: Im Jahr 2012 kam es erstmalig auf den Markt – nun ist das Rollenspiel aus dem Hause Capcom zum fünfjährigen Jubiläum in einer grafisch aufgehübschten Jubiläumsedition auch endlich für die Nextgen-Konsolen PS4 und XBoxOne erhältlich. Hatte ich es bisher nie geschafft den Titel auf den Vorgängerkonsolen zu spielen, war es spätestens jetzt an der Zeit sich ihn mal genauer anzuschauen. Wie mir die Stippvisite nach Gransys gefallen hat und ob ich mir einen Nachfolger wünsche, erfahrt ihr in meinem Test.

Drache, Herz weg, Erweckte – Wer, wie, was?

Die wenigsten Rollenspiele kommen ohne Drachen aus – so auch Dragons Dogma nicht. Wäre ja auch schon ziemlich doof, wenn es nun keinen Drachen geben würde bei dem Namen. Es gibt also Drachen. Einer ist davon ganz besonders fies, er greift das Dorf Kassardis an und fackelt es nahezu nieder. Meine Heldin stellt sich dem Drachenunhold namens Grigori in den Weg und wird kurzerhand zum Canape. Denn er piekst ihr einfach mal bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust und lässt es in seinem gefräßigen Maul verschwinden. Nach der Drachenattacke erwacht meine Heldin zum Erstaunen der Dorfbewohner als Erweckte wieder zum Leben. Also mache ich mich nun auf die Suche nach dem Drachen, um diesem final den Garaus zu machen und meinen pochenden Muskel zurückzufordern. Nun jut, das war es dann auch schon mit der Hauptstory, die nicht nur zu Beginn blass bleibt. Dies liegt mitunter auch daran, dass sie bereits kurz nach dem Intro in den Hintergrund tritt, da man direkt in eine Flut von Nebenquests rennt und die Hauptstory eine ganze Zeit erstmal von der Bildfläche verschwindet.

Blasse Story, Roter Faden fehlt, belanglose Quests en Masse

Und da wären wir schon bei einem der größten Kritikpunkte, der mir direkt zu Beginn bereits etwas den Spaß am Spiel genommen hat: Es fehlt ein stringenter, roter Storyfaden – eine Geschichte, die einen mitreißt und begeistert. So wird man nach dem Intro direkt in die Welt geworfen und muss zusehen wie man klarkommt. Unmengen Quests, die meisten davon eher sehr belanglos, füllen das unübersichtliche Questbuch bereits nach den ersten zwei Stunden. Quests a la „Töte 50 Kaninchen“ oder „Finde das Buch und bringe es zurück“ kommen häufiger vor und reißen einen nach Spielen wie Skyrim und The Witcher nicht mehr wirklich vom Hocker. Haben sie es je getan? Nein! Auch die Tatsache, dass der Titel bereits einige Jährchen auf dem Buckel hat, entschuldigt dies nicht. Das Spiel versteht einfach, nicht eine Struktur vorzugeben und lässt den Spieler mit einem Fragezeichen zurück. Man weiß nicht wirklich, was man als nächstes tun, wo man nun eigentlich hinstiefeln soll und was nun letztlich die eigentlich wichtige Aufgabe ist. Stattdessen füllt sich das Questbuch mit vielen sinnlosen Quests, die wenig mit der Story zu tun haben und wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wirken. Roter Faden also Fehlanzeige, beschwerlicher Einstieg: Check!

Spaßiges Kampfsystem in Haudrauf-Manier & epische Riesengegner

Während die Story eher einschläfernd ist, geht es beim Kämpfen in Dragon’s Dogma richtig zur Sache. Neben einem leichten Angriff lässt sich auch ein schwerer Angriff ausführen, zudem lassen sich die erlernten Spezialfertigkeiten ebenfalls auf die Tasten legen. Und diese haben es in sich. So wirbel ich mit meinen beiden Waffen übers Schlachtfeld und knöpfe einen Goblin nach dem anderen auf. Zwar ist der Kampf nicht wirklich strategisch, sondern gleicht eher einem unkoordinierten Gemetzel, aber genau das ist es, was Spaß macht. Die Kämpfe sind flott, bewegungsreich und hektisch. Zudem sind die Spezial-Attacken, die man nach und nach dazulernt, schön gemacht. Besonderes Schmankerl bei Dragon’s Dogma sind jedoch die epischen, riesigen Gegner auf die man immer mal wieder trifft. Ob Zyklop, Riesenhydra oder Drachen – die große Bestien sind schön designed und sorgen für spektakuläre Kampfszenen. Denn anstatt den Viechern einfach nur mit einem vergleichsweise kleinen, zahnstochergroßen Schwert gegen das Bein zu kloppen, schwingt man sich hinauf und gibt dem Gegner kletternderweise ordentlich einen mit. Großartig!

Mit der Gang um den Block – Vasallensystem & Rift

Wie sich recht am Anfang herausstellt, habe ich als Erweckte also Anrecht auf einen Vasallen, der mir sein Schwert oder Zauberstab voll und ganz zur Verfügung stellt. Aha – good to know. Aber warum? Auch hier fehlte mir irgendwie eine galante Einbettung in die Geschichte. Der erste Vasalle fiel irgendwie vom Himmel und war plötzlich da. Daraufhin konnte ich mir dann plötzlich einen eigenen erstellen, der stets zu Diensten ist. Warum es diese roboterartigen Kampfnerds gibt, weiß ich bis heute nicht. Ich entschied mich auf jeden Fall für einen Magier, der mit Feuer-, Eis- und Blitzzaubern den Kontrahenten mal ordentlich was um die Ohren ballert. Darüber hinaus kann man im sogenannten Rift, welches über in der Welt verstreuten Riftsteine begehbar ist, auch zusätzliche Vasallen in die eigene Kampfgang aufnehmen. Diese Vasallen sind die Charakter anderer Spieler, die dann als NPCs in meinem Kampftrupp mitwatscheln. Stellt man seinen eigenen Charakter zur Verfügung erhält man als Belohnung Ausrüstung sowie Riftsteine, die man wiederum für das Anheuern weiterer Vasallen oder für den Kauf spezieller Ausrüstung nutzen kann.

Charakterentwicklung & Craftingsystem – viele Möglichkeiten, wenig strategisch

Insgesamt gibt es drei Laufbahnen, die man einschlagen kann: Läufer, Magier oder Kämpfer. Ich habe mich mal für das Läufer-Dasein entschieden, um mir mit schnellen Dolchen und einem Bogen den Weg freizumetzeln. Bei allen Kampfhandlungen sammelt man Erfahrung, die sich in Disziplinpunkten auf einem Konto summieren. Diese kann man dann in neue Fähigkeiten investieren. Jede Klasse hat dabei eine primäre Fähigkeit und eine sekundäre. Zudem gibt es noch passive Fertigkeiten, welche die grundlegende Konstitution des Chars verbessern. Neben der recht unübersichtlichen Gestaltung des Charakterentwicklungsmenüs, fehlte es mir hier auch an einer strategischen Komponente. Ich hatte stets zu viele Disziplinpunkte und konnte munter leveln, ohne mir überlegen zu müssen, welche Fertigkeiten ich wirklich brauche und wofür ich die Punkte investiere. Nebenbei sei erwähnt, dass man sich bei der Charakterentwicklung nicht nur um sich selbst, sondern auch noch um seinen festen Vasallen zu kümmern hat, den man zu Beginn selbst erstellt und der einem als NPC auf Schritt und Tritt folgt. Im Gegenstandsmenü kann man zudem noch allerlei Zeug craften, indem man Gegenstände miteinander kombiniert. Fertigkeiten muss man hierfür nicht erlangen und richtiges Alchemie- oder Craftingfeeling kommt hier nicht auf. Waffen hingegen lassen sich beim Schmied des Vertrauens mit eigens gesammelten Materialien aufwerten.

Weite Welten, kein Reisesystem – wo bleibt die Blasenpflaster Flatrate?

Eins vorweg: Die Map ist riesig. Es gibt also einiges zu entdecken, was Rollenspielerherzen in die Höhe schlagen lässt. Ein Vorteil, zugleich aber auch ein massiver Nachteil und zwar aus einem einfachen Grund: Es gibt KEIN Schnellreisesystem. Stattdessen juckelt man mit seinem Trupp schön per Pedes von A nach B, von B nach D und zurück nach A. Richtig gehört: zu Fuß! Denn nicht mal für nen’ schnöden Gaul hat es an dieser Stelle gereicht. Besonders nervig ist das Ganze allerdings, weil sich die Ausdauer unseres erweckten Superhelden förmlich im Dauerschlaf befindet und sich beim Rennen recht schnell dem Ende neigt. Also krüppelt man im Schneckentempo durch die Gegend und würde seinem Charakter am liebsten eine Flatrate für Blasenpflaster spendieren – für die Füße wegen der langen Distanzen und die Hände für die Schwielen vom Wegkloppen der ständig an den gleichen Stellen wiederkehrenden Gegnern. Später lassen sich dann zwar Reise-Steine kaufen, mit denen man dann zumindest immer in die Hauptstadt Gran Soren zurückkehren oder sich an bestimmte Stellen im Spiel, die durch einen Steinzirkel gekennzeichnet sind, teleportieren lassen kann. Leider gibt es von diesen Zirkeln jedoch eher wenige und es fehlt nach wie vor an einem Default-Reisesystem. Mies!

Fazit

Happy Birthday, Dragon’s Dogma! Vor fünf Jahren erblicktest Du das Licht der Welt – und das merkt man auch. Grafisch sowie auch spielerisch ist der Titel seit langem überholt, war er auch schon 2012. Denn das ein Jahr zuvor veröffentlichte Skyrim sieht um Längen besser aus und ist auch in puncto Gameplay und Story nach wie vor die bessere Wahl. Dem Action-Rollenspiel aus dem Hause Capcom fehlt es an Tiefe und es kann trotz Remastering seinem Alter nicht davonlaufen. Rollenspiel-Fans, die sich die Zeit bis zu einem neuen Elder Scrolls vertreiben wollen, jedoch nicht allzuviel Wert auf den aktuellsten Stand der Technik setzen und auch einige Ungereimtheiten ertragen, können für 25 Euro unbesorgt zugreifen. Denn für den Preis bekommt man ein mittelmäßiges Action-Rollenspiel mit offener Spielwelt, spaßigen Kämpfen und epischen Riesengegnern. Somit hat Dragon’s Dogma seinen ganz eigenen Charme und einer modernen Fortsetzung wäre ich sicher nicht abgeneigt.