Darkest Dungeon im Test – Der Wahnsinn befällt nun auch Nintendo

Verdammtes Spiel! Oh du verfluchtes Produkt der Red Hook Studios. Schon auf dem PC und der PS4 wusstest du mich mit deinem gemein-genialen Spielprinzip zu überzeugen. Nächte lang habe ich Dutzende von tollkühnen Helden in gott- und gnadenlosen Labyrinthen nach kostbaren Schätzen suchen lassen. Ich habe sie Gefahren ausgesetzt die so unbeschreiblich grausam waren, dass sie jeglicher Vernunft trotzten. Die meisten meiner mutigen Streiter fanden auf ihren zahlreichen Expeditionen den sicheren Tod und das, liebe Leser, ist noch das gnädigste Schicksal, dass einem Helden in Darkest Dungeon widerfahren kann. Dieses Spiel ist Böse, hinterhältig und gnadenlos und übt trotz oder vielleicht auch gerade deswegen eine unglaubliche Faszination aus, die mich selbst nach meinen Erfahrungen auf dem PC und der Playstation wie besessen zur Switch greifen lässt.

Um zu verstehen warum ich mich auch auf Nintendos neuer Konsole wieder auf die Suche nach dem dunkelsten aller Kerker mache, habe ich meine Erlebnisse in diesen folgenden Zeilen für euch niedergeschrieben. Doch Vorsicht, dieses Spiel treibt nicht nur seine Spielfiguren, sondern auch den Spieler selbst in den Wahnsinn. Sagt also nicht, ich hätte euch vorher nicht gewarnt…

Die Ehre des Hauses wiederherstellen

Spät in der Nacht, ich befand mich gerade auf dem Weg in meine Gemächer, erhielt ich eine Nachricht von einem unserer Redakteure. Beim Inhalt handelte es sich lediglich um eine Kopie des ihm zugestellten Testmusters für ein von mir eigens angefordertes Spiel. Darkest Dungeon für Nintendos neuste Konsole. Auch wenn die Nachricht keine weiteren Kommentare oder Notizen aufwies, so wurde mir ihre Bedeutung schnell bewusst. Ich musste die wilde Kombination aus Zahlen und Buchstaben noch schleunigst in mein portables Videospielgerät eingeben um am nächsten Morgen meine Expedition in die dunklen Kerker zu beginnen. Als ich dann nach dieser kleinen Unterbrechung mein Bett aufsuchte, kamen in mir schon die ersten Erinnerungen in den Kopf. Schon mit meinem treuen Rechenknecht, half ich meiner Familie die Ehre unseres Hauses wiederherzustellen. Meine Familie hatte unter dem Anwesen Höhlen- und Tunnelsysteme gefunden die immer tiefer und tiefer ins Erdreich führten. In ihrer Gier nach Reichtum und Ruhm gruben sie jedoch zu tief und befreiten durch ihre Unachtsamkeit eine uralte böse Macht, die seitdem das Land und die Gemäuer meiner Vorfahren heimsucht. Schon damals forderte diese Aufgabe alles von mir ab, mein taktisches Können, meine Geduld, die Kontrolle über meine eigene Gier…und ehe ich mich versah, war ich selbst nicht mehr von diesem Abenteuer zu lösen. Eine Mischung aus tollkühnen Wahn und morbider Neugierde trieb mich und meine Streiter immer weiter bis mir selbst bewusst wurde, wie viele schlaflose Nächte oder gar Wochen ich in meinem Familienanwesen verbrachte. Nun mit etwa einem Jahr Abstand und einer eigens auferlegten Kerkerentzugskur fühlte ich mich der Aufgabe diesmal gewachsen. Zumindest dachte ich das…

Der erste Tag

Der Einstieg ins Abenteuer brachte mir nochmals die Grundsteuerung des Spiels bei. Als erstes mache ich mich mit zwei Helden auf den Weg zum verfluchten Anwesen. Hier fiel mir sofort die angenehme Steuerung per Touchscreen positiv auf. Musste ich im Vergleich zur PS4-Version noch auf diese verzichten, so vereinfachte sie mir die Befehlsketten und Wegfindung meiner Mitstreiter enorm. Auch wenn die Präzision der kleinen Rechenknechtmaus in Kombination mit Tastatur nicht erreicht wurde, gewöhnte ich mich schnell an die neuen Eingabemöglichkeiten, zumal die Handlichkeit einer Switch nicht zu unterschätzen ist.

Doch wie ging es nun weiter? Nachdem ich mit meinen beiden Helden endlich das Haus meiner Vorfahren erreichte, erwartete mich ein trauriger Anblick. Das Anwesen war ziemlich heruntergekommen und so gut wie alle Gebäude seinen mehr als renovierungsbedürftig, so beschrieb es mir mein zwielichtiger Berater. Die Nachricht über die Vorfälle in dieser Gegend lockte mutige Abenteurer aus allen Ecken des Landes an. Mit ihrer Hilfe würde es mir möglich sein, die dunklen Kerker nach wertvollen Schätzen zu durchsuchen um die Kosten für die Sanierung meines Dorfes zu decken. Und natürlich sollten sie mir auch dabei helfen, die drohende Finsternis wieder zurück in die Hölle zu treiben aus der sie gekommen war. Es wartete also eine Menge Arbeit auf mich.

In die Finsternis

Mit meinen frisch rekrutierten Söldnern machte ich mich auf meine erste Expedition ins Dunkle. Bevor wir loszogen, mussten noch letzte Vorbereitungen getroffen werden. Proviant brauchen wir, damit meine Kämpfer beim durchforschen der Höhlensysteme nicht verhungern, und sich von Verletzungen erholen können. Gegengift und Verbandsmaterial muss bereitgestellt werden, Schaufeln um Schutt beiseite zu graben. Ein paar Schlüssel um Schließ- und Fallenmechanismen an Schatztruhen zu umgehen. Und ganz wichtig, Fackeln! Denn wenn wir in völliger Dunkelheit durch die Kerker irren würden, könnte dies meine Helden schneller in den Wahnsinn treiben als mir lieb ist. Doch dazu später mehr.

Auf einer Minikarte kann ich praktisch per Touch-Funktion die Räume anwählen, in die meine Heldengruppe aufbrechen soll. Die Räume sind durch einen oder mehrere Wege miteinander vernetzt. Diese können mal kleiner oder größer ausfallen. In größeren Labyrinthen ist es später sogar möglich zu rasten, um danach gestärkt die Erkundungsreisen fortzusetzen. Dies wird auch dringend notwendig sein. Nicht nur das uns allerlei Monster und Banditengesindel ans Leder wollen, auch die allgegenwärtige Finsternis zehrt mit zunehmender Dunkelheit an den Nerven meiner Helden. Hab ich dann auch mal nicht genug Proviant dabei, um ihren Hunger zu stillen oder setzen die schweißtreibenden Kämpfe ihren Stresspegel zu sehr in die Höhe, kann dies äußerst schlechte Folgen für ihre Psyche und Gesundheit mit sich ziehen. Im schlimmsten Fall treibt das eine ganze Heldengruppe in den Tod. Und wer in Darkest Dungeon stirbt bleibt auch tot!

Helden und Schurken

Bis zu 20 Helden kann ich in meinem Dorf bewirten. Darunter finden sich etwa über ein Dutzend verschiedener Klassen wieder. Es gibt mutige Kämpfer wie Kreuzritter oder Barbarinnen. Vestalinnen und Pestdoktoren eigenen sich mit ihren Heil- und Unterstützungsfähigkeiten hervorragend um angeschlagene Helden wieder kampftauglich zu machen oder Gegner kurzfristig zu betäuben oder zu vergiften. Es gibt aber auch ausgefallenere Charaktere wie den Narren oder Unholde. Letztere können sich gar in ein abscheuliches Biest verwandeln und unter den Gegnerscharen mächtig austeilen. Allerdings traut sich auch kaum ein anderer Held mit diesen unberechenbaren Individuen loszuziehen.

Klare Rollen sind diesen vielseitigen Figuren jedoch nicht vorgeschrieben. Erst durch die Wahl der entsprechenden Fähigkeiten entscheidet sich, ob ich einen Charakter eher für den Kampf oder zur Unterstützung ausbilde. Habe ich mich einmal für vier Fähigkeiten entschieden, ist die Position der entsprechenden Figur ebenfalls von entscheidender Bedeutung. So macht ein eher auf Nahkampf ausgelegter Kreuzritter nur auf den vorderen zwei Positionen wirklich Sinn, da er hier seine mächtigen Nahkampfangriffe ausführen kann. Eine Pestdoktorin wiederum agiert lieber aus dem Hinterhalt und bewirft ihre Feinde aus der Ferne mit Blend- und Giftgranaten, während sie die anderen drei Helden mit ihren Heil- und Unterstützungsfähigkeiten helfen kann. Diese Fähigkeiten kann sie jedoch nur auf den hinteren zwei Positionen einsetzen. Dummerweise gibt es Gegner, die mit einem geschickten Schildschlag, oder anderen heimtückischen Angriffen, die Aufstellung meiner vierköpfigen Heldentruppe durcheinander bringen, indem sie ihre Position verändern. Das verhindert nicht nur den Einsatz ihrer Fähigkeiten, sondern kostet auch noch wertvolle Züge die es braucht, um die ursprüngliche Formation wiederherzustellen. In dieser Zeit können meine Feinde ungehindert meine Helden angreifen.

Das Fleisch ist willig. Doch der Geist…

Wie bereits erwähnt, trachten die finsteren Gestalten in den Kerkern nicht nur nach dem Leben meiner Söldner, sondern zehren auch zunehmend an ihrem Verstand. Sollte der Stresspegel eines Helden zu hoch ansteigen, wird sein Verstand auf die Probe gestellt. In den meisten Fällen misslingt diese jedoch und die entsprechende arme Seele entwickelt einen merkwürdigen Tick. So erinnere ich mich nur ungern an eine Vestalin, die nach einer missglückten Stressprobe dem Masochismus verfiel und sich von nun an weigerte ihre anderen Mitstreiter zu heilen, oder sich bei Langeweile selbst Wunden zufügte. Solche Ereignisse prägen den Charakter eines Helden auch nachhaltig.

Um den Stress zu lindern, schicke ich meine Söldner in die örtliche Kirche wo sie neue Kraft durch Beten, Meditation oder Selbstgeißelung erlagen. Für die weniger religiösen Genossen, stellte ich in der Taverne ein paar Biere bereit, ließ sie ihre Sorgen beim Glücksspiel vergessen oder spendete ihnen eine Nacht im Bordell. Doch auch hier können meine hilfsbereiten Mitstreiter Ticks und Krankheiten entwickeln. So musste ich beispielsweise entsetzt feststellen, dass mein Waffenknecht wohl zu gerne einen über den Durst trank und sich zu einem waschechten Alkoholiker entwickelt hatte, der von nun an nur noch seine Zeit in der Kneipe verbringen wollte. Ein liebestoller Narr hatte sich bei einem Bordellbesuch mit Syphilis angesteckt, was seine Kampffähigkeiten von nun an einschränkte.

Und ehe ich mich versah, rutschten meine Helden immer mehr in Krankheiten und Psychopathie ab. Zum Glück befand sich in meinem Dorf ein Sanatorium. Hier konnte ich für teilweise teures Geld verrenkte Arme kurieren und Bandwürmer entfernen lassen. Oder aber auch dem Okkultisten bei seinen Kleptomanie-Problemen helfen.

Neben dem Wahnsinn meiner Charaktere wuchs hingegen auch ihre Erfahrung. Helden die mehrere Einsätze überlebten konnten in der Gilde ihre Fähigkeiten verbessern oder neue erlernen. Fähige Krieger erhielten in der Schmiede bessere Rüstungen oder kauften sich seltene Artefakte, um ihre Kampfeigenschaften zu steigern. Die Entwicklung der Helden in Darkest Dungeon ist daher ein zweischneidiges Schwert. Wer seine Krieger oft in den Kampf schickt stärkt zwar ihre Fähigkeiten, erhöht aber zugleich auch die Liste ihrer Krankheiten und psychischen Störungen.

Reichtum und Ruhm

Söldner ausrüsten, Krankheiten behandeln, Expeditionen finanzieren. Das geht alles ins Geld. Zumal ich mich auch noch um den Ausbau meines Anwesens kümmern muss. Die Plätze im Sanatorium sollten bei der hohen Anzahl der Verrückten um ein paar Zellen erweitert werden. Der Schmied verlangt nach besserem Werkzeug, um bessere Waffen und Rüstungen schmieden zu können. Und auch die Taverne will um ein paar zusätzliche Barhocker und Bordellgemächer erweitert werden. Das verlangte mir einiges an wirtschaftlichem Können und Planung ab. Um mehr Gold zu finden muss ich meine Söldner in tiefere und meist auch gefährlichere Kerker aufbrechen lassen, was in der Vorbereitung natürlich auch mehr Geld kostet. Eine fehlgeschlagene Expedition schmerzt daher nicht nur aufgrund des dauerhaften Verlustes meiner Helden, sondern auch meiner meist eh chronisch leeren Geldbörse. Schicke ich meine Helden nur in einfachere Gebiete ist die Ausbeute meist auch nicht so hoch. Das höchste Maß an Erfahrung und Gold erhalte ich in Kerkern in denen Endbosse auf mich warten. Es warteten Nekromanten, Sirenen oder Hexen auf mich. Die Bosskämpfe verlangten viel von mir ab. All mein taktisches Können, die Wahl meiner Helden, ihrer Fähigkeiten, ihrer psychischen Verfassung und ihrer Ausrüstung. Sollte ich auch nur einen Fehler begehen, könnte mein Gegner dies gnadenlos ausnutzen. Es waren genau diese Momente, in denen mir das Spiel wieder Schweißperlen auf die Stirn trieb. Umso größer war die Erleichterung und das Gefühl von Erhabenheit, wenn ich einen der Bosse zur Strecke brachte und gierig mein Gold zählte. Ebenso wütender und haltloser, wenn ein kritischer Treffer meinen ganzen Plan zu Nichte machte, und ich am Ende mit leeren Händen da stand…entwickelte ich etwa selbst sowas wie eine bipolare Störung!?

Eine Stimme in meinem Kopf

Das ganze Abenteuer über werden die Geschehnisse von einer charismatischen Stimme kommentiert. Nach etwas Recherche erfuhr ich, dass es sich dabei um die Stimme von Wayne June handelte. Seine sarkastisch, zynischen Anmerkungen, gepaart mit einer stimmungsvollen Musik- und Geräuschkulisse, sind die herrlich morbide Würze des Spiels. Selbst wenn ich meine Switch nicht bei mir trug, ging mir seine Stimme nicht aus dem Kopf. So kommentiert Wayne beispielsweise beim Niedertrecken eines Feindes das Kampfgeschehen mit einem markanten „Destroy…them..all!“ oder deutet eine misslungene Stressprobe mit der folgenden Weisheit die da lautet „There can be no bravery without madness“. Viel besser kann man Darkest Dungeon schon nicht mehr beschreiben.

Mittlerweile habe ich meine Switch nun schon zwei Wochen nicht mehr aus der Hand gelegt. Und jedes Mal wenn ich sie beiseite legen möchte, höre ich Waynes Stimme nach mir sprechen ich solle doch wieder zurück in den dunklen Kerker kommen, und weiter und tiefer nach dem dunkelsten aller Dungeons suchen…verdammt…die Switch…sie ruft wieder nach mir…es…das Spiel…es hat mich wieder.

Fazit

Darkest Dungeon ist ein Brett von einem Taktik-Rollenspiel. Selbst nach zwei Jahren, und endlos langen PC oder PS4-Sessions, komme ich von diesem gemein-genialen Spielprinzip nicht los. Die Kämpfe sind fordernd. Das Design stimmungsvoll und etwas wirtschaftlicher Scharfsinn wird auch abverlangt. Das Erkunden der Dungeons kann mit der Zeit, aufgrund des limitierten 2D-Looks, etwas monoton wirken, was den Reiz des Spiels aber kaum schmälert. Auf der Switch kommt zudem der Komfort einer Touchscreen-Unterstützung hinzu und die Tatsache, dass man seine Helden auch bequem von unterwegs in den Wahnsinn treiben kann.

Darkest Dungeon
Grafik/Präsentation
90
Story/Atmosphäre
91
Gameplay
92
Spielspaß
92
Leserwertung0 Bewertungen
0
91