Cuphead im Test – Wunderschöne Hassliebe

Cuphead hat mittlerweile eine bewegte Geschichte hinter sich, die nach mehreren Verschiebungen mit dem kürzlichen Release endlich ein Ende hat und somit den Weg auf die Konsolen gefunden hat. Angefangen hat die Entwicklung des Spiels bereits 2010, auf der E3 2014 wurde es erstmals während der großen Xbox Pressekonferenz vorgestellt und anspielen konnte ich es persönlich das erste mal 2015 auf der Gamescom in Köln. Nicht jedem Spiel tut eine so lange Entwicklungszeit gut, besonders nicht wenn die Erwartungen der Spieler von Anfang an hoch waren, besteht die Gefahr diese nicht erfüllen zu können. Hier erfahrt ihr, ob sich der Kauf trotz der langen Entwicklungszeit lohnt.

Cuphead, ich hasse dich

Die Story des Spiels ist schnell erzählt. Cuphead und sein Bruder Mugman leben ein friedliches Leben auf Inkwell Island, bis sie sich im Casino des Teufels höchstpersönlich um Kopf und Kragen spielen. Angetrieben von Gier setzen sie ihre Seele aufs Spiel und verlieren natürlich. Einzige Möglichkeit den Fängen des Teufels zu entfliehen ist es, die Seelen der geflohenen Schuldner zu finden und auszuliefern. Das lassen sich die Beiden natürlich nicht zweimal sagen und machen sich direkt auf die Suche.

Der im Stile der Cartoons aus den 30er Jahren gehaltene Grafikstil ist derzeit ein Alleinstellungsmerkmal und gleichzeitig auch der Hauptgrund für die zahlreichen Verschiebungen des Spiels. Motiviert durch den Erfolg von Super Meat Boy im Jahre 2010 entschlossen sich die Gebrüder Moldenhauer dazu ein Videospiel zu entwickeln, welches grafisch von den legendären Fleischer Studios aus den 30er Jahren inspiriert sein sollte und den Fokus auf das Gameplay legen sollte. Aufgrund des immer weiterwachsenden Umfangs des Spiels und der Tatsache, dass alle Animationen handgezeichnet und am Lichttisch abgelichtet wurden, kam letztendlich eine Verspätung von mehreren Jahren zustande. Der ganze Aufwand hat sich allerdings gelohnt und wenn man es nicht besser wüsste, könnten die gezeichneten Figuren neben Cuphead und Mugman tatsächlich direkt aus einem Cartoon entsprungen sein. Die Moldenhauers beweisen dabei eine unheimliche Detailverliebtheit, die einen vom sonstigen Geschehen regelrecht ablenkt und viel Raum für Entdeckungen lässt. Die charakteristischen Unreinheiten wie Staub oder Flusen, welche man von Filmrollen kennt, runden den Eindruck ab.

Allerdings sollte man das Entdecken auf Gameplay-Videos von YouTube oder beim über die Schulter schauen eines Kumpel beschränken. Denn Cuphead hat etwas, was vielen Spielen oftmals fehlt und zwar ein richtig knackiger und sauber ausbalancierter Schwierigkeitsgrad. Viele Spiele werden oft durch zu einfache Modi ihrer Schwierigkeit beraubt und wirken dadurch fast ein wenig kastriert. Zwar bietet auch Cuphead einen leichteren und schwereren Schwierigkeitsgrad, aber selbst die leichtere Variante sorgt beim geübten Gamer für den ein oder anderen Fehlversuch. Dabei ist Cuphead aber niemals unfair, bei jedem ableben der virtuellen Spielfigur fühlte ich mich eher motiviert als das ich frustriert war. Man hat jedes mal dieses „Ich Idiot, beim nächsten mal schaffe ich es“-Gefühl. Besonders fies ist auch, dass man vorher noch angezeigt bekommt, wie weit man bereits im Level fortgeschritten war. Nicht selten war es bei mir sehr knapp.

Bosse bis zum abwinken

Bei den zahlreichen Leveln vereint Cuphead zwei Spielprinzipe, die sich immer wieder abwechseln. Es gibt einmal die Boss-Level, bei denen man ziemlich abgefahren und vor allem sehr kreative Bosse besiegen muss. Ich erinnere mich dabei zum Beispiel an eine hüpfende blaue Kugel, die mich ziemlich früh zur Weißglut getrieben hat. Zwar bewegt sich jeder Gegner für sich in einem bestimmten Schema und nach mehreren Versuchen kann man sich darauf einstellen, bloßes auswendig lernen hilft aber nicht immer. Die blaue Kugel beispielsweise hüpft zwar bei jedem Versuch lustig über den Bildschirm, aber die Stellen wo er aufkommt und wieder hochspringt sind nicht immer dieselben. Dies ist zwar ein simples Beispiel, welches sich aber auf alle Bosse und das jeweilige Verhalten übertragen lässt. Wer das Spiel bereits kennt wird sich denken, dass der Gegner doch gar nicht so schwer ist. Vollkommen richtig, eigentlich ist er es auch gar nicht.

Seltener als die Boss-Level kommen die sogenannten Run & Gun-Level vor, bei denen man ein Level lediglich heile überstehen muss. Hierbei gibt es zwei Varianten, einmal die klassischen Run & Gun-Level, bei denen man mit Cuphead durch ein Level voll mit verschiedensten Gegner rennen muss. Das Schießen mit den Fingern und hüpfen sind hierbei die wichtigsten Hilfsmittel, außerdem können pinke Projektile oder Gegenstände pariert werden und mit dem sogenannten Dash, wo man einen Satz nach links oder rechts macht und kurz unbesiegbar werden lässt, kann man aus brenzligen Situationen entfliehen oder größere Abgründe überwinden. Ab und zu verwandelt sich Cuphead aber auch in ein Flugzeug, welches gleichzeitig die zweite Variante darstellt. Hier muss man in Shmup-Manier Gegner abschießen und selbigen und ihren Geschossen ausweichen. Das sind nicht immer unbedingt Projektile, sondern kann auch mal ein gehässiges „Haha“ in Wortform sein.

Insgesamt ist das Leveldesign auf dem Punkt. Wie bereits erwähnt hat man nie das Gefühl, dass diese unfair oder zu schwer sind. Oft wird einem zu hektisches agieren oder Konzentrationsverlust zum Verhängnis. Hält man diese aufrecht, wundert man sich manchmal, wie einfach es doch eigentlich war. Etwas erschwerend kommt leider hinzu, dass die Steuerung nicht ganz so präzise ist, wie man sie sich gerne wünschen würde. Heißt nicht, dass sie schlecht ist oder als Ausrede für das Scheitern herhalten kann, aber an die Qualität eines „Ori and the Blind Forest“ kommt die Steuerung nicht heran.

Ist ein Gegner aber doch mal zu schwer oder man kommt einfach nicht weiter, gibt es auf den verschiedenen Themen basierten Inseln, welche auch als Levelauswahl dienen, einen Shop, bei dem man Cuphead etwas aufleveln kann. In den Leveln kann man, wie es sich für ein Spiel dieser Art gehört, Münzen einsammeln, welche man im besagten Shop gegen Dinge wie mehr Lebensenergie oder stärkere Waffen eintauschen kann. Spätestens im weiteren Spielverlauf sollte man davon auch Gebrauch machen.

Couch-Coop, aber kein Online-Modus

Es gab mal eine Zeit, wo es absolut Trend war dem Spiel einen Online-Coop zu verpassen und dabei der Couch-Coop nahezu ausgerottet wurde. Zuletzt wendet sich das Blatt wieder und es kommen zahlreiche Spiele mit eben diesem Feature raus. So besitzt auch Cuphead den Couch-Coop, dafür aber keinen Onlinemodus. Zugegeben, Online würde das Spiel im Coop auch nur halb so viel Spaß machen. Der gemeinsame Erfolg und vor allem das scheitern bei den kniffligen Levels ist das Salz in der Suppe. Der besondere Reiz würde verloren gehen, wenn man nicht von Angesicht zu Angesicht spielen würde.

Vom Spiel her ist Cuphead im Couch-Coop kein großer Unterschied. Als zweiter Spieler steigt man einfach als Mugman mit ein und eilt seinem Bruder Cuphead aktiv zur Hilfe. Man könnte meinen, dass die Level dadurch einfacher würden, weil man die doppelte Feuerkraft hat und Gegner somit schneller ausschalten kann. So einfach ist es aber nicht. Vielmehr wird es aufgrund des teilweise hektischen Geschehens und einem zweiten Mitspieler unübersichtlicher und man verliert gerne mal die Übersicht. Ärgerlich, wenn man so abgelenkt ist, dass der Fokus verloren geht und den nächsten Gegner übersieht und stirbt. Ist der Mitspieler ein guter Mitspieler und dazu noch geschickt und schnell, so kann er den aufsteigenden Geist des gestorbenen Mitspielers durch parieren wiederbeleben. Diese Möglichkeit hat man im Singleplayer nicht und somit ist das Kuddelmuddel durch den zusätzlichen Spieler durch diese Möglichkeit wieder wettgemacht.

Fazit

Das jahrelange Warten auf Cuphead hat sich gelohnt und die Gebrüder Moldenhauer haben ein einzigartig schönes Spiel geschaffen. Die Welt von Cuphead wirkt unheimlich detailverliebt und vor allem der hohe Schwierigkeit mit dem gleichzeitig durchdachten und nie unfairen Leveldesign ist das absolute Plus des Spiels. Spieler mit ihrem Scheitern zu motivieren ist eine Kunst, die Cuphead mit bravour meistert.

Cuphead
95
95
Story/Atmosphäre
90
Gameplay
85
Multiplayer
85
Spielspaß
86
Leserwertung0 Bewertungen
0
88