Cars 3: Driven to Win im Test – Ein Nerd auf der Überholspur

Im Herbst 2017 stechen die Rennspiele als Genre ein wenig aus der Masse aller Spieleveröffentlichungen hervor. Begeisterte Bleifüße können gefühlt aus so vielen verschiedenen Titeln wählen, wie nie zuvor. Neben Project Cars 2, Forza Motorsport 7 und Gran Turismo Sport meldet sich eine weitere Legende auf der Rennstrecke zurück – Lightning McQueen. Seit 2006 ist der putzige Rennwagen aus Disneys Pixar Schmiede eine feste Größe auf der Bildfläche der Animationshelden. Passend zum mittlerweile dritten Kinoabenteuer, der seit dem 28. September über die Leinwand flimmert, hat man sich bei Warner Bros. mit Hilfe von Avalanche Software auch um eine entsprechende Videospiel-Umsetzung gekümmert. Im Mai 2016 wurde das Studio mit Sitz in Salt Lake City eigentlich geschlossen, nur um im Januar diesen Jahres seine Wiedereröffnung zu feiern. Ob die Rückkehr auf die Rennstrecke gelungen ist, lest ihr im Test.

Dieselgate 2017

Im Jahr 2006 war das Corvette-artige Stock Car Lightning McQueen noch das Maß der Dinge auf der Rennstrecke und raste von Sieg zu Sieg. Gute elf Jahre später hat sich das Blatt allerdings etwas geändert und der ehemalige Champion des Piston Cups muss feststellen, dass er mittlerweile zur überholten Generation von Rennwagen gehört. Die neuste Generation der Super-Rennwagen, um den aufstrebenden Star Jackson Storm, machen Lightning und seinen Freunden durch ihre technische Überlegenheit arg zu schaffen. Das Spiel selber nimmt jedoch gar nicht allzu viel Bezug auf die Geschichte zum dritten Kinoabenteuer und präsentiert sich vielmehr als familienfreundlicher Funracer der Marke Mario Kart. Selbstverständlich orientieren sich die Rennstrecken an den Sets des aktuellen Films und liefern somit die perfekte Atmosphäre aus dem Kino in euer Wohnzimmer.

Geschwindigkeitsrausch mal anders

Die wenig ausgefeilte Steuerung von Cars 3: Driven to Win fällt der Familientauglichkeit klar zum Opfer. Wer auf komplexere Fahrzeugeinstellungen im Motoren- oder Fahrwerksbereich hofft, schaut in die (Auspuff)Röhre. Selbst die ca. 20 fahrbaren Untersätze fahren sich alle gleich und bieten keinerlei unterschiedliche Werte in Sachen Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Bodenhaftung. In Kombination mit dem eher gemächlichen Spieltempo merkt man schnell, dass sich das Spiel eher an die jüngere Zielgruppe richtet. Total konträr dagegen steht es um den Schwierigkeitsgrad des Titels. Zu Beginn des Tests habe ich meine ersten Runden auf der Piste auf der Stufe Normal gedreht und war erstaunt, dass ich maximal Zweiter wurde. Ursache dafür war, dass man aufgrund der Limitierung der Steuerung kaum mit fahrerischem Talent punkten kann. Dazu gesellt sich ein ziemlich heftiger Gummiband-Effekt, der in beide Richtungen arbeitet und somit Vor –aber auch Nachteil darstellt. So hängen euch die anderen Rennwagen über die gesamte Renndauer im Pulk am Heck und katapultieren euch teilweise mit einer Sekunde Rückstand auf Platz 9. Unterläuft euch auf der anderen Seite mal ein Fahrfehler, „wartet“ das restliche Fahrerfeld merklich auf euch und schaltet einen Gang runter.

Geschicklichkeitseinlagen auf der Piste

Insgesamt bietet euch Cars 3: Driven to Win sechs unterschiedliche Modi zur Auswahl. In „Rennen“ heizt ihr gegen ein Fahrerfeld in drei Runden um den Sieg. In „Kampfrennen“ lassen sich diverse aggressive Items auf dem Asphalt auflesen, um damit euren Gegnern eins auszuwischen. Dieser Modus ist am ehesten mit Mario Kart vergleichbar, ist aber im Gegensatz zur Nintendo-Raserei noch eine Ecke willkürlicher, was teilweise für eine Menge Frust sorgt. In „Zeitrennen“ habt ihr eine gewisse Anzahl an Runden, um eine bestimmte Bestzeit der CPU zu unterbieten. Im K.O.-Wettkampf stehen euch abermals viele Angriffswaffen zur Verfügung. Statt aber direkt auf eure Konkurrenten loszugehen, nehmt ihr hier kleinere Bots ins Visier, deren erfolgreicher Abschuss mit Punkten belohnt wird. Ähnlich wie im Zeitrennen gilt es jetzt eine fiktive Punktzahl zu überbieten, um das Event zu gewinnen. Stuntmode hingegen beschäftigt sich mit der einzigen fahrerischen Abwechslung, die das Spiel zu bieten hat. Auf den diversen Strecken finden sich zahlreiche Rampen, die ihr für einen besonders hohen Sprung nutzen könnt. Ihr der Luft könnt ihr mit dem rechten Analogstick unterschiedliche Stunts ausführen, die euch im Rennen die Turboleiste füllt. Ihr ahnt es vielleicht: Wieder einmal gilt es, eine vorgegebene Punktzahl zu toppen, um euch als Sieger feiern lassen zu können. Neben den Tricks in der Luft gibt es zudem noch weitere Möglichkeiten euren Turbo zu aktivieren: Beschleunigungspfeile in einer Kurve wollen überdriftet, entgegengesetzte Pfeile müssen rückwärts überfahren werden und an manchen Stellen müsst ihr auf zwei Rädern seitlich durch Markierungen brettern.

Start your Engines

Rein optisch merkt man dem Titel sehr deutlich an, dass er auch noch auf der alten Generation um PlayStation 3 und Xbox 360 sein Stelldichein feiert. Unser Testmuster rotierte in einer Xbox One und lässt sehr stark vermuten, dass es sich hierbei im Grunde um dieselbe Version handelt. Die Zielgruppe wird dieser Umstand nicht weiter stören und sich eher an den gelungenen digitalen Abbildern ihrer Film-Vorbilder erfreuen. Zumindest läuft der Titel dadurch technisch durchgehend ruckelfrei und sauber, was bei der simpleren Grafik nicht wirklich verwundert. Die Vertonung punktet selbstverständlich mit Originalsprechern und sorgt somit sicher für leuchtende Kinderaugen. Diese sind jetzt das Stichwort der Zielgruppe. Über die unkomplizierte Steuerung, der gemächliche Speed und die technische Bescheidenheit dürften Kinderaugen wohlwollend hinweg sehen, solange sie mit Lightning McQueen über den Asphalt donnern können. Hofft ihr als Erwachsener mit dem Kauf von Cars 3: Driven to Win auf einen vorderen Platz in der Funracer-Sparte, werdet ihr wohl eher enttäuscht. Gut funktionieren würde die Kombination aus beidem. Seid ihr also ein Nerd mit Nachwuchs im entsprechenden Alter und sucht noch nach einem neuen kindgerechten Spiel für gemeinsame Stunden, ist Cars 3: Driven to Win vielleicht eine Alternative.