Nach World of Warcraft, Lord of the Rings Online, CABAL Online, TERA, The Elder Scrolls Online und Star Wars The Old Republic war ich in jüngster Vergangenheit mal wieder auf der Suche nach einem neuen MMO. Da ich mittlerweile nur noch auf der Konsole unterwegs bin und hier die Auswahl sehr rar gesät ist, bin ich direkt hellhörig geworden, als Pearl Abyss mit Black Desert Online das seit 2015 für PC erhältliche Sandbox-MMO nun für die PlayStation 4 veröffentlicht hat. Die Xbox One Version ist bereits seit März 2019 verfügbar. Was der Titel zu bieten hat und ob es mich länger vor die Konsole bannen wird lest ihr in unserem Test.
Was ist Black Desert Online?
Black Desert Online ist in Korea als Free-to-Play-Titel verfügbar und finanziert sich über den üppigen Cash-Shop. Zugang zum Spiel erhaltet ihr in Deutschland aktuell ausschließlich digital im jeweiligen Store ab zirka 30 Euro (Standard-Version). Dafür erhaltet ihr aktuell das Spiel, einen Schneewolfshund als Begleiter, ein Vorteilspaket für 30 Tage sowie eine Perlenkiste mit 1.000 Perlen, die als Ingame-Währung fungieren. Monatliche Gebühren verlangt das Spiel nicht, bietet aber auch hierzulande einen ausufernden Echtgeld-Laden, der einem zu jedem Zeitpunkt im Spiel beworben wird.
Sandbox vs. Themepark
Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Spiel. Black Desert Online ist ein für mein Spielinteresse eher untypisches MMO, welches in das Genre der Sandbox-MMO eingruppiert wird, wohingegen ich mich zumeist eher in Themepark-MMORPGs wohl fühle. Bei Black Desert Online und vielen weiteren Sandbox-MMO steht die spielerische Freiheit und die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Spielwelt im Vordergrund. Euer Einfluss auf euren eigenen Charakter, eure Umwelt und das Spielgeschehen ist deutlich größer, als bei einem Themepark-MMORPG. Natürlich gibt es auch hier nicht das reine schwarz und weiß, sondern es bieten viele Spiele eine Mischung aus beiden Varianten, die je nach Ausrichtung über eine individuelle Gewichtung verfügen. Black Desert Online zählt aber zu den eindeutigen Sandbox-MMO, die dem Spieler die maximale Freiheit gewähren wollen und dies auch von Beginn an so umsetzen.
Klassenwahl
Wir werden ohne Tutorial und Erklärung in die Spielwelt entlassen, nachdem wir zuvor den sehr umfangreichen Charakter-Editor hinter uns gebracht haben. Da mir eine gute und hübsche Ausrüstung tausendmal mehr zusagt als ein schnittiger Haarschnitt, ist mir der Editor grundsätzlich egal. Sobald der Charakter einigermaßen ansehnlich aussieht, wird auf “erstellen” gedrückt. Der Charakter-Editor in Black Desert Online bietet aber viel mehr. Neben den zahlreichen Frisuren können wir anschließend sogar die Länge einzelner Strähnen definieren. So können für interessierte Spieler sicherlich mehrere Stunden ins Land ziehen, bevor man tatsächlich mit dem Spielen begonnen hat.
Anders als bei der PC-Version stehen uns kurz nach dem Release der PlayStation 4 – Variante lediglich acht unterschiedliche Klassen zur Auswahl, wenn man die Magierin und den Magier als zwei Klassen zählt (in der aktuellen PC-Fassung sind es nach dieser Rechnung aktuell 18 Klassen). Mit dem ersten großen Update wurden bereits zwei neue Klassen eingeführt (Musa & Dunkelklinge), die das zuvor auf sechs Klassen begrenzte PS4-Portfolio somit auf acht erweitern. Vorher wurde schon bei der Xbox Version die ein oder andere Klasse ergänzt. Durchsichtiger macht die unterschiedliche Handhabung der einzelnen Versionen die Spielinhalte auf der jeweiligen Plattform nicht. So war es mir teilweise nicht möglich, mich in gewisse Funktionen der PS4-Version einzulesen, da hierzu schlichtweg keine Informationen vorlagen oder von Nachrichten über die PC- und Xbox-Fassung überlagert wurden. Daher hieß es ab ins kalte Wasser und einfach mal loslegen. Die Erklärung der einzelnen Klassen beschränkt sich zunächst auf die Wahl der Waffen und die Art der Angriffe. So kämpft Musa bspw. mit Schwert und Bogen und ist in seiner Bewegung sehr schnell und mobil, wohingegen die neue Klasse der Dunkelklinge auf ein Kriegsmesser im Nahkampf setzt und die Fernangriffe durch magische Angriffe ergänzt. Meine erste Wahl fällt auf den Riesen, der mit einer Axt um sich schlägt und mit reiner Muskelkraft Gegner-Horden vor sich hertreiben kann.
Probieren geht über Studieren
Nach einem Intro, das leider keinen Ton hat, finden wir uns in der Spielwelt wieder – uns begleitet ein kleiner Schwarzgeist, der zunächst einmal ganz nett wirkt und uns die ersten Quests gibt. Anscheinend können nur wir die Präsenz des kleinen Schwarzgeistes wahrnehmen und unsere Dialoge bleiben den übrigen NPCs verborgen. Wie eingangs erklärt, spielt die Story in Sandbox-MMOs keine übergeordnete Rolle, sodass ich hier auch gar nicht vertieft auf diese eingehen möchte. Zumal ich den Gesamtkontext ehrlicherweise noch nicht erfasst habe, mich diese Tatsache aber auch nicht am Weiterspielen gehindert hat. Vielmehr war es sehr angenehm, mal nicht stringent einer Story-Line folgen zu “müssen”, sondern direkt drauf los zu kloppen. Quest annehmen, loslaufen, Gegner intuitiv umklatschen, zurücklaufen, Quest abgeben. So einfach kann ein MMO sein. Wofür die ganzen Symbole und Werte in meinem UI sind habe ich zwar nicht erklärt bekommen, dies wird sich mit der Zeit jedoch (zum Teil) von selbst erklären. Für Spieler, die alles erklärt, definiert und vorgestellt bekommen wollen, ist Black Desert Online die komplett falsche Adresse. Man wird absolut ins kalte Wasser geworfen und weiß eigentlich erstmal gar nicht, was man überhaupt machen soll. Drauf loslaufen und einfach machen, hat bei mir aber zu Beginn schon mal ganz gut geklappt.
Dass man Stück für Stück neue Spiel-Elemente findet und ihren Zweck versteht, erfreut einen immer wieder und macht das Spielen selbst zu einem kleinen Abenteuer. Zumal die Schwierigkeit der Kämpfe, besonders zu Beginn des Spiels, sehr niedrig angesetzt ist und man nie wirklich zügig das Zeitliche segnet. Unsere Spielfigur verfügt je nach Klasse über verschiedene Angriffe, die wir mit der Schultertaste auslösen. Wenn wir dann noch nach Links- oder Rechts- drücken mit dem Analog-Stick, dann gibt es entsprechende Spezialangriffe oder Abwandlungen unserer Angriffe. Das durchaus spaßige und abwechslungsreiche Kampfsystem wird einem ebenfalls an keiner Stelle im Spiel erklärt, vielmehr habe ich durch Zufall und Ausprobieren die verschiedenen Möglichkeiten herausgefunden und mich dann später mal im Steuerungs- und Skill-Menü umgesehen, wo die einzelnen Kombos niedergeschrieben sind. Diese aktive Art der Kampf-Steuerung war ich schon aus TERA gewohnt, wo man aktiv Blocken musste, was insbesondere das Tanken um eine interessante Mechanik erweitert hat. Leider erfordert diese Art des Spielens eine latenzarme Rückmeldung der Server, die man aktuell leider vergeblich sucht. Schläge und Angriffe werden zeitweise nur stark verzögert verzeichnet, sodass Gegner erst gar keinen Schaden nehmen und dann urplötzlich umfallen. Auch die Angriffe anderer Spieler auf unsere Mobs sind nicht immer nachvollziehbar und sind wohl der schlechten Latenz geschuldet. Die Verzögerungen hatten auch einige Mitspieler von mir, sodass dies kein für mich lokales Problem zu sein scheint. Hier bleibt abzuwarten, wie sich die Performance in den kommenden Wochen einpendelt.
Sandbox vom feinsten
Mit steigendem Charakter-Level (bis Level 50 geht es sehr flott) erhalten wir immer wieder die Möglichkeit einzelne Fähigkeiten mit Skill-Punkten zu verbessern oder neue Fähigkeiten zu erlernen. Diese können dann je nach der persönlichen Spielweise gewählt werden. Wie in einem Sandbox-MMO üblich liegt der Schwerpunkt auf dem Grinden und nicht der Erfüllung abwechslungsreicher und fordernder Quests. Außerdem können wir in der ersten größeren Stadt Arbeiter anheuern, die für uns Waren auf Handelsrouten transportieren oder auf Feldern Ackerbau betreiben. Von dieser Möglichkeit habe ich bisher keinen Gebrauch gemacht, glaubt man verschiedenen Guides, wird diese Art des “Craftings” für den späteren Spielerfolg jedoch unerlässlich. Das Grinden wird dadurch interessant, dass man durch das Erlegen der unterschiedlichen Gegner-Kategorien sogenanntes Wissen erlangt, dass uns neue Informationen über die Gegner-Klasse gibt. Außerdem erlangen wir Wissen, indem wir mit unterschiedlichen NPCs kommunizieren, die auf der Karte mit einem Fragezeichen markiert werden. Das gesammelte Wissen ist erfreulicherweise Charakter-übergreifend und lädt somit zum Twinken ein. Sobald man in einer Gruppe unterwegs ist, zählen meiner Wahrnehmung nach die Abschlüsse zwar für die Quests, jedoch nicht für das Wissen. Dafür muss man selbstständig den jeweiligen Gegner erledigt haben. Durch die weniger vorhandene Struktur in Black Desert Online ist es grundsätzlich zu jeder Zeit möglich mit Freunden auf Monster-Jagd zu gehen. Man ist quasi nicht an bestimmte Level-Regionen gebunden. Dungeons oder Raids sucht man aktuell noch vergebens, was für mich aktuell das Endgame ziemlich uninteressant macht.
Grafisch okay, technisch pfui
Grafisch würde ich Black Desert Online auf der PlayStation 4 für kein MMO aus dem Jahr 2015 halten, eine Grafikpracht, wie es die offiziellen Scrennshots vermuten lassen, ist es aber auch nicht. Technisch müssen die Spieler leider einige Einbußen einstecken. Neben zahlreichen Rucklern und Frame-Einbrüchen hat das Spiel verdammt oft mit Pop-Ups zu kämpfen und auch die Charaktere, bei denen wir unsere Quests abgeben, bauen sich nur langsam um ihre graue Render-Hülle auf. Das stört die Spielfreude ungemein und wird mich wohl auch davon abhalten, weitere Stunden in dieses Spiel zu investieren. Auch der überdimensionale und für meine Begriffe auch unübersichtliche Cash-Shop tut sein übriges. Man hat irgendwie nie das Gefühl, ein vollwertiges Spiel zu besitzen.
Fazit
Black Desert Online hat durchaus seinen Reiz und für Fans von Sandbox-MMOs bietet das Spiel eine starke Grundlage um sich auszutoben. Für mich ist jedoch wieder klar geworden, dass ich mich eher im Themepark-MMORPG Genre wohl fühle und wert lege auf eine gute Story, einen Erklärbären und für mich notwendiges Gruppenspiel. Die eintönigen Missionen stören bei dem interessanten und abwechslungsreichen Kampfsystem überhaupt nicht und bieten auch nach langen Session noch genug Motivation zum weitergrinden. Die fehlenden Tutorials sind am Anfang noch ganz lustig und laden zum Ausprobieren ein, später lassen sie einen aber hilflos zurück und man findet eher durch Zufall neue Funktionen und Möglichkeiten. Die für mich essenziellen Dungeons und Gruppen-Aufgaben, die in diesem Sandbox-MMO fehlen, machen den Abschied von Black Desert Online deutlich leichter als von früheren MMOs, Fans von Sandbox-MMOs dürften aber über mehrere Wochen und Monate Freude mit den vielen Möglichkeiten in Black Desert Online haben. Wer die ganze Ladung Black Desert Online erleben und wohl auch eine technisch sauberere Version spielen möchte, der wird wohl oder übel auf die PC-Version zurückgreifen müssen. Dort werden in naher und wahrscheinlich auch ferner Zukunft neue Inhalte als erstes veröffentlicht.