Absolver im Test – Ein Nerd lässt die Fäuste sprechen

Spätestens nach der diesjährigen E3-Pressekonferenz kennt man wohl Devolver Digital als etwas verrückten Publisher. Mit deren Hilfe haben Sloclap aber ein gar nicht so verrücktes Spiel namens Absolver auf den Markt gebracht. Martial Arts gemixt mit RPG-Elementen und einem großen Fokus auf eine offene Online-Welt sollen begeistern und lange motivieren. Ob Sloclap die richtige Würze für ihr Rezept gefunden hat, verrate ich euch im Test.

Auf der Suche nach einer Geschichte

Denn nur der, der einen “Storystrang” in Absolver sucht, wird auch eine finden. Der Titel reißt nur zu Beginn eine Art Story durch eine Zwischensequenz an, in der wir von unserem Meister ausgewählt werden. Eine Lichtgestalt nimmt unsere Maske und erfüllt diese mit einer seltsamen Magie. In dem Moment, wo wir die Maske aufsetzen, begeben wir uns in die Welt von Adal. Einer insgesamt offenen Welt, in der wir uns frei bewegen können. Nach einem Tutorial, in dem wir das komplexe Kampfsystem ein wenig näher erklärt bekommen, starten wir in einem Turm mit einem Monolithen in der Mitte. Auf dem besagten Stein befindet sich eine Karte mit leuchtenden Punkten. Unser Ziel soll es sein, all diese Lichter auszuknipsen. Diese Lichter stellen nämlich Meister und Gezeichnete dar. Die Prämisse ist insgesamt also etwas dünn. Dialoge gibt es nur sehr wenig und man lässt eher die Fäuste sprechen. Storyliebhaber werden hier also schnell enttäuscht sein.

Das Herzstück von Absolver ist das Kampfsystem. Fächert man es auf, bekommt man zu Beginn eine von drei verschiedenen Kampfstilen zur Auswahl. Dabei unterscheiden sich diese im Schwierigkeitsgrad, denn alle drei Kampfstile haben verschiedene Timings. Die leichteste Variante ist die Kahlt Methode. Kämpfer, die sich dieser Art verschreiben, fokussieren sich vornehmlich auf die Attribute Vitalität und Stärke. Freunde der fließenden Bewegungen wählen wohl Windfall mit einem Fokus auf Gewandheit. Forsaken ist zwar die ausgewogenste Art zu Kämpfen aber auch die mit den kniffligsten Timings. Hier fließen alle Attribute mit ein, es sollte aber noch ein leichter Schwerpunkt auf Stärke liegen. Haben wir uns für eine Kampfform entschieden, müssen wir die Grundlagen meistern. Per Schultertaste können wir gegnerische Angriffe parieren. Heben wir im richtigen Moment die Deckung, durchbrechen wir den Angriff und öffnen ein Fenster für eigene Angriffe. Alternativ können wir dem Angriff auch per Knopfdruck und Richtungstaste ausweichen, um so eine ungeschützte Seite des Gegners zu erreichen oder um Abstand zum Kontrahenten zu schaffen und somit auch mal verschnaufen zu können. Ein Management zwischen Angriffen, Parieren und Pausen ist enorm wichtig, da sonst unsere Ausdaueranzeige mit jedem parierten Hieb oder selbst ausgeführten Angriff sinkt. Ist die Leiste leer, sind wir den Schlägen und Tritten des Gegners schutzlos ausgeliefert. Wir können aber auch versuchen den Gegner in eine Finte zu locken und unsere Angriffe mit einer Tastenkombination zu unterbrechen und eine schnelle Attacke hinterher zu setzen. Wer jetzt denkt, dass das schon alles wäre, hat sich geirrt. Obendrein gibt es ein Kampfdeck. Wir können uns außerhalb unserer Gefechte ein individuelles Angriffsschema ausdenken. Denn wir können unsere Haltung mittels vier verschiedenen Richtungen, ähnlich wie man es vielleicht von For Honor kennt, ändern. So sind vier verschiedene Angriffsvarianten zu Beginn machbar. Diese können in einer Kombi mit einem zweiten Schlag weitergeführt werden und nochmal in einer Variation zwischen starkem oder normalem Angriff ausufern. Wir sind aber immer noch nicht am Ende. Denn bestimmte Angriffe können in einer anderen Haltung enden, was dazu führt, dass wir unsere aktuelle Haltung nicht nur durch eine Tastenkombination, sondern auch durch eine Angriffskombination ändern können, was wiederum zur unserer nächsten Angriffskombo von ganz alleine führt.

Schlag auf Schlag

So plustert sich das Kampfsystem immer weiter auf und wir können verschiedene Kombinationen ausprobieren. Erfolgreiche Angriffe geben uns Erfahrungspunkte in den jeweiligen Bereichen und schalten immer mehr Möglichkeiten frei. Zusätzlich laden wir mit Angriffen aber auch unsere Kristalle auf, welche es ermöglichen, Fähigkeiten, wie Selbstheilung, eine betäubende Druckwelle oder besondere Waffen, einzusetzen. Die Waffen beschränken sich hierbei auf Schwerter und Faustwaffen. Während es für Schwertangriffe ein seperates Deck gibt, verstärken Faustwaffen unsere normalen Angriffe. Gefährlich ist es aber, wenn wir mit den Waffen ausgerüstet zu viele Treffer einstecken, denn dann kann es passieren, dass wir entwaffnet werden und unser Gegner auf einmal unser Schwert unter unser eigenes Kinn halten. Waffen und Kleidung lassen sich im Übrigen in feiner Rollenspiel-Manier in der Welt finden oder werden von besiegten Gegnern fallen gelassen. Damit können wir unsere Verteidigung und Angriffe stärken, je schwerer die Ausrüstung aber ist, desto größer ist der Malus auf unsere Angriffe. So müssen wir eine gute Balance zwischen Schutz und Gewicht finden. Neben freischaltbaren Angriffen sammeln wir aber auch mit jedem Sieg mehr Erfahrung und können so im Level aufsteigen, um Fähigkeitspunkte beispielsweise in Gewandheit, Ausdauer, Vitalität oder Stärke zu investieren. Aktuell liegt die Levelgrenze bei 60, um die aber zu erreichen, benötigt es schon einiges an Spielzeit.

Kampfsportliebhaber können sich hier also so richtig austoben und es lässt auch durchscheinen, dass der Titel weniger für Casual Gamer gedacht ist. Zwar ist Buttonmashing machbar, aber selbst gegen die KI Gegner nur bedingt erfolgreich. Gerade wenn es gegen mehrere Gegner auf einmal geht, wird es Zeit ein wenig zu taktieren und sich richtig zu positionieren. Sind wir einmal komplett umkreist, haben wir nur noch selten die Oberhand. Interessant wird es, wenn wir reale Spieler treffen. Da die Welt von Absolver komplett gemixt ist, laufen neben den NPC’s auch andere Spieler herum. Im Allgemeinen scheint die Community von Absolver aber sehr gelassen zu sein und frei nach dem Motto “Leben und leben lassen”. Es kam während meiner Spielzeit vielleicht zwei mal vor, dass ein Spieler meinte mich mitten in einem Kampf gegen einen NPC anzufallen und nieder zu treten. Normal begegnet man sich auf Augenhöhe und wägt ab was passiert. Entweder man geht seiner Wege, startet ein Duell oder lädt den gegenüber zu seiner Party ein und man spielt im Koop. Alles verläuft im Grunde im Stillen und man kommuniziert nur mit seinem Tun: eine durchaus interessante Erfahrung. Sollten wir einen Kampf verlieren werden wir direkt am nächsten Einstiegspunkt wieder belebt und können da weitermachen, wo wir aufgehört haben. An den Einstiegspunkten können wir uns aber auch einer sicheren Meditation widmen oder einen PvP-Kampf suchen.

Auge um Auge

Die PvP-Kämpfe finden dabei immer in einer separaten Arena statt, frei von anderen Störquellen. Hier tritt man entweder im 1 gegen 1 oder mit bis zu zwei Mitspielern gegen ein anderes Team an. Leider war gerade der PvP-Bereich während meiner Testphasen eher selten besucht, beziehungsweise es dauerte extrem lange bis ich einen Gegner finden konnte. Ob das an der Anzahl der Spieler liegt, kann ich leider nicht beurteilen. Gerade im PvP merkt man aber schnell, ob man das System beherrscht oder nicht. Buttonmasher unterliegen hier im Handumdrehen.

Absolver löst visuell keine Freudensprünge bei mir aus, aber der in Erdfarben gehaltene Low-Poly-Look weiß durchaus zu überzeugen. Insgesamt lief das Spiel während meiner Sessions flüssig. Einzig die Ladebildschirme waren auf dem PC ein Glücksspiel. Bei einem Mittelklasse-PC, wie meiner es ist, konnte Absolver 8 von 10 mal starten, die anderen beiden Male blieb man im Ladebildschirm hängen. Ob ähnliche technische Schwierigkeiten auf der Konsole ebenfalls zutreffen, konnte ich nicht herausfinden. Schade, denn das Spielerlebnis wird dadurch schon getrübt. Dafür sehen die Kampfanimationen hervorragend aus. Bemerkenswert ist, dass egal welche Tastenkombinationen gedrückt werden, immer eine flüssige Bewegung dabei heraus kommt. Eine Finte hier oder ein Brecher da sind schön in Szene gesetzt und machen die Kämpfe glaubwürdig, wuchtig und professionell. Die dumpfen oder schallenden Aufschläge tragen ihr übriges dazu bei. Bei der musikalischen Unterlegung hat man allerdings gespart und es bleibt nur bei einer seichten Untermalung von vor allem Schlaginstrumenten.

Fazit

Casualgamer und Buttonmasher sollten um Absolver einen großen Bogen machen. Der Titel ist nichts für zwischendurch und wird wohl nur eingefleischte Taktiker und Beat’m’Up Fans begeistern können. Vielleicht wird das Spiel sogar den ein oder anderen Dark Souls-Fan glücklich machen, ähnelt das Gameplay doch in gewisser Weise dem nervenaufreibenden Actionspiel von Bandai Namco. Für 29,99 € ist der Titel eher speziell für Fans dieses Genres gedacht.

Absolver
Grafik/Präsentation
75
Gameplay
79
Multiplayer
76
Spielspaß
77
Leserwertung0 Bewertungen
0
77