Bei den Tiny Toons denken viele sicherlich an die Cartoons, die in den frühen 90ern üb er den Fernseher flimmerten. Fügt man die Zutat “Konsole” hinzu, könnte man das NES-Spiel “Tiny Toon Adventures” oder den Game Boy-Ableger mit dem Zusatz “Babs’ Big Break” im Sinn haben. Als 16 Bit-Ableger werden sich wiederrum viele an den Super Nintendo-Titel “Buster Busts Loose!” erinnern. Eines haben diese (und einige weitere) Tiny Toons-Spiele jedoch gemeinsam: alle wurden von Konami programmiert. Vielleicht mag das einer der Gründe sein, warum keines der genannten Spiele auch nur annähernd schlecht ist. Allerdings wird sich dieser Titel mit einem eher weniger bekannten und stark unterbewerteten Titel auseinandersetzen: dem Mega Drive-Ableger “Tiny Toon Adventures: Busters Hidden Treasure”.Das Spiel erschienAnfang 1993 in den USA und später im selben Jahr schließlich auch in unserer PAL-Region, allerdings weiterhin mit englischen Bildschirmtexten. Interessanterweise erschien das Spiel nie in Japan, im Gegensatz zum Super Nintendo-Ableger, der sich spielerisch und inhaltlich allerdings grundlegend vom hier getesteten Mega Drive-Titel unterscheidet.
Zum Spielstart begrüßen den Spieler zuerst das SEGA-Logo, gefolgt vom Konami-Schriftzug. Direkt im Anschluss lächeln uns Babs und Buster aus dem bekannten Regenbogen-Kreis der Tiny Toons entgegen, stimmig dazu spielt in Mega Drive-typischer Soundkulisse der Tiny Toons-Theme. Das Startmenü bietet neben dem Spielstart und der Passworteingabe noch die Option, die drei Aktionstasten des Mega Drive-Controllers umzubelegen, was generell löblich ist. Da die Tasten A, B und C tatsächlich für verschiedene Aktionen im Spiel benötigt werden, kann es durchaus Sinn machen, Springen und Dash (Rutsch-Attacke aus dem Rennen heraus) auf A und B umzulegen. Somit sollte jedem Spieler die optimale Steuerung des Spiels möglich sein. Zusätzlich bietet das Spiel einen Soundtest. Wie bereits im vergangenen Test zu “Arkanoid – Doh It Again” erwähnt, sollte jedes Spiel diese Funktion besitzen – ich liebe Musik.
Das Bild
Startet man nun ein neues Spiel, blickt man einer Overworld-Map entgegen. Grafisch bewegt sich diese irgendwo zwischen Super Mario Bros. 3 und Super Mario World. Startet man den ersten Level, fallen sofort Parallelen zum 8 Bit-Spiel des Nintendo Entertainment System “Tiny Toon Adventures” auf. Vielleicht ist auch dieser Umstand darauf zurückzuführen, dass Konami hier federführend programmierte. Grafisch ist Buster’s Hidden Treasure nicht das Nonplusultra, das auf dem Mega Drive zu bieten wäre, jedoch ist es weit entfernt von “schlecht”. Auf den ersten Blick wirkt das Spiel etwas leer und lieblos gestaltet, was jedoch nur auf die ersten ein, zwei Level zutreffen mag. Die Level sind in verschiedene Themen unterteilt, welche man auf der Overworld-Map gut erkennen kann. Zu Beginn gibt es die Graslandschaft mit Hügeln, anschließend den Wald, dann die Höhle mit Wasser und Lava, einen Wasserfall-Level, das Geisterschiff (Super Mario World lässt grüßen), eine Schnee-Zone und zu guter Letzt eine Art High Tech-Zone mit Fabriken und Maschinen. Jeder dieser Abschnitte hat, mit Ausnahme des Geisterschiffes und der beiden angrenzenden Wasser-Level, mehrere Einzellevel. Zudem gibt es hin und wieder Bonus-Level, die einen in verschiedene “Whacky Lands” führen, was frei übersetzt soviel wie “Bekloppte Gegenden” bedeutet. Auch die einzelnen Level in den jeweiligen Weltabschnitten unterscheiden sich von einander im Levelaufbau. Mal handelt es sich um einen Bodenlevel, mal befindet man sich mehr in der Luft und springt über schmale Vorsprünge und ab und zu ändert sich sogar der gesamte Farbraum des Levels. In der Graslandschaft gibt es zum Beispiel Level mit blauem und Level mit abendrotem Himmel.
Auch die Gegner sind ihrem jeweiligen Habitat angepasst. So trifft man in den Lavahöhlen unter Anderem auf kleine Feuerdämonen, in der Schneelandschaft auf den obligatorischen Schneemann und in den Fabrik-Levels auf verschiedene Roboter. Zudem gibt es am Ende eines jeden Abschnitts einen Bosskampf. Hier passt alles zum jeweiligen Spielabschnitt und wirkt nie “Fehl am Platz”.
Abgerundet wird der Grafikpart mit den verschiedenen, teils wirklich zum Lachen erregenden Gesichtsausdrücken von Buster. Ob am Rande eines Abgrundes stehend, nach oben oder unten schielend oder mit voller Wucht gegen eine Wand rennend, das Spiel hat für viele Ereignisse eine Tiny Toons-typische Belohnung parat. Spätestens hier wird deutlich, dass es sich um einen Comic-Ableger handelt, der zudem tatsächlich in der Lage ist, den Flair der Serie auch spielerisch rüber zu bringen.
Der Ton
Tonal bietet das Spiel den typischen Mega Drive-Klang. Die Soundeffekte sind passend und comiclastig, die Hintergrundmusik der einzelnen Level ragt von “gut” bis “fantastisch”. Nicht nur, dass man sich oft an der Serie als Vorbild orientiert hat, die Musik wird nie eintönig oder langweilig. Zudem passt auch sie wiederrum stimmig und atmosphärisch zum jeweiligen Levelabschnitt. Mein persönlicher Favourit ist hier eindeutig die Musik der Lavahöhlen. Düster und technolastig steht dieser im krassen Kontrast zur eher fröhlichen Graslandschaft mit stilisiertem Tiny Toons-Soundtrack, welcher ebenfalls als zweifellos gelungen anerkannt werden darf.
Das Einzige, was man als störend empfinden könnte, ist der Ton, den Buster beim Springen von sich gibt. Da man als Hase – und besonders in einem Jump and Run – ständig am Springen ist, hört man dieses kurze Sample sehr oft. Zwar spielt es sich nicht in den Vordergrund und man gewöhnt sich schnell dran, jedoch bleibt es ein sich ständig wiederholendes Soundsample, mit dem man klarkommen muss.
Die Steuerung und das Gameplay
Das Gameplay gestaltet sich nach kurzer Eingewöhnung der Anfangslevels als knackig und beim ersten Durchspielen durchaus als fordernd. Während die ersten zwei Level beinahe blind durchlaufen werden können, folgen spätestens im Waldabschnitt viele Labyrinthe in den Baumwipfeln sowie Geschicklichkeitsabschnitte, die punktgenaues Springen erfordern. Glücklicherweise geht dies nahezu perfekt von der Hand, da Buster kein “Momentum” besitzt, wie man es zum Beispiel vom ersten Super Mario Bros. kennt. Buster bewegt sich absolut analog zum Steuerkreuz und das auch in der Luft. Dies ermöglicht eine perfekte, sogenannte “Mid-Air-Control”, also die Möglichkeit, den Sprung in der Luft punktgenau zu steuern. Zwar kann das in manchen Situationen in Hektik ausarten, mit etwas Übung gelingt somit allerdings jede Landung, was für einen Plattformer unabdingbar sein sollte. Busters Sprunghöhe wird ebenfalls durch die Dauer des Drückens der Sprungtaste bestimmt. Zwar springt man höher, wenn man rennt, statt aus dem Stand zu springen, allerdings lässt sich so nicht nur die Weite, sondern auch die Höhe eines Sprungs perfekt abstimmen.
Zudem beherrscht Buster den Wall-Jump. Er kann gegen Wände springen und sich von diesen im richtigen Zeitpunkt abstoßen. In vielen Situationen im Spiel erreicht man mit dieser Technik Gegenstände, die anders verborgen bleiben. Zudem kann Buster bei perfektem Timing mit dem Wall-Jump eine Wand auch mehrmals hochspringen, was jedoch viel Übung benötigt. Glücklicherweise gibt es keine Stelle im Spiel, an der dies zwingend erforderlich wäre, allerdings wird der neugierige Spieler stets für das Absuchen des gesamten Levels belohnt. Ähnlich wie in Super Mario World gibt es auch hier einige Level mit zwei unterschiedlichen Exits, was neue Level und alternative Routen zum Ziel ermöglicht.
Die erwähnten Bosskämpfe bestreitet man – bis auf den letzten Level, in dem man gegen Montana Max persönlich antritt – gegen einen verrückten Professor, der Busters Freunde mittels Fernsteuerung beherrscht und sie somit willenlos macht. Ziel ist es jedoch nicht, die eigenen Freunde auszuschalten, sondern lediglich den Professor mittels obligatorischem und wiederholtem Kopfsprung dingfest zu machen. Am Ende der Bosskämpfe erlangen Busters Freunde ihren Willen wieder und entschuldigen sich für die Unannehmlichkeiten – kindlich, niedlich und zielgruppengerecht.
Bevor man zu Montana Max gelangt, bekommt auch Elmyra einen Kurzauftritt spendiert. Im letzten Levelabschnitt des Spiels muss Buster vor ihr wegrennen und verschiedene Hindernisse meistern, stets gefolgt von Elmyra, die ihn (analog zur Serie) einfach nur knuddeln und wuddeln will – was selbstverständlich ein Ingame-Leben kostet. Letztlich kommt es zum Showdown mit Montana, der sich zwar etwas länger, wegen der schnell ersichtlichen Bewegungsabfolgen aber als nicht weiter frustend erweist.
Das Spiel endet kitschig und moralisch annähernd korrekt, zumindest in Kinderaugen. Die Spielwelt wird mit der “Hidden Treasure” (einem Goldschatz) in einen Freizeitpark verwandelt und die Credits rollen über den Bildschirm. Aber wer interessiert sich schon für die Story in einem Jump and Run, zumindest aus den frühen 90ern?