Headphone Surround auf Konsolen – Windows Sonic, Dolby Atmos und mehr

Wichtige Anmerkung vorweg: Videobeispiele sind bereits vorkodiert und sollten deswegen unbedingt per Stereo Wiedergabe gehört werden.

Idealer Sound und ideale Ortung, beides wird für Spieler immer wichtiger. Ortung ist dabei natürlich für Shooterfans und Pro-Gamer besonders wichtig. Den Platz oder das Geld für ein gutes Surround Set hat dabei aber nicht jeder. Der Eine oder Andere kann nicht so laut hören, oder auch einfach nicht zu später Stunde. Wer kompetitiv spielt will vielleicht auch zur Abschirmung und um mit Teamkollegen zu sprechen eh ein Headset nutzen. Kopfhörer und Headsets haben aber ein Problem, sie sind meistens nur für Stereo ausgelegt, oft gibt es eine ausgeprägte im-Kopf-Ortung und selbst hochwertige HiFi Kopfhörer sind für Stereo gedacht, können von sich aus also keine Vorne-Hinten Sounds darstellen. Dabei eifern sogenannte True Surround Headsets mit virtuellen Systemen um die Gunst der Käuferschaft. Mittlerweile gibt es aber hier und da auch versteckte Systemoptionen, und sogar Apps. Von Headsets mit “eingebautem” Surround mal ganz zu schweigen.

Warum True Surround Mist ist und virtuelle Systeme nicht immer gut funktionieren

Lange Überschrift, leider aber wichtig. Noch schlimmer, der folgende Abschnitt könnte langweilig sein, sorry. Dem ein oder anderen ist vielleicht schon aufgefallen, dass wir mit zwei Ohren hören. Das reicht interessanterweise für alle Richtungen. Die Gründe dafür sind vielschichtig, haben aber damit zu tun, wie Töne bei unseren beiden Hörorganen ankommen. Einen ganz dicken Einfluss darauf hat unser Kopf, und die individuelle Head Related Transfer Function (kurz HRTF). Ein Ton von genau hinten etwa trifft auf unseren Hinterkopf. Da wir da eben keine Augen haben und auch sonst kein Gesicht, beeinflusst unser Hinterkopf also schon mal den Klang, ebenso wie die Ohren, die eben eher nach vorne zeigen. So kommt ein ganz anderer Frequenzgang an unseren Hörknochen, den das Gehirn dann netterweise gerade biegt und mit der Info HINTEN versieht. Auch Laufzeitunterschiede, also wie lange ein Ton jeweils bis zum linken und rechten Ohr braucht, oder die Phasenlage spielen eine Rolle. Nebenbei haben wir hier auch den Grund, warum sich tiefe Töne schlecht orten lassen.

Sogenannte True Surround Sets, die drei bis vier kleine Lautsprecher pro Ohrmmuschel bieten, können all das gar nicht vernünftig darstellen. Auch wenn hier ein rudimentäres Raumgefühl aufkommen mag, die ganze Kopfinfo fehlt komplett. Gleichzeitig müssen die einzelnen Treiber wesentlich billiger (und kleiner) ausfallen als bei einem gleich teuren Stereo-Headset.

Scheint also mehr als sinnvoll, dass Software die eigentliche Arbeit übernimmt und mit einer virtuellen HRTF ausrechnet, wie ein Sound an unseren Ohren ankommen soll. Mehr als einen Lautsprecher pro Ohr braucht es dafür natürlich nicht. Trotzdem ist auch diese Variante nicht problemfrei. Das Problem: Unser eigener Kopf, natürlich samt Ohren. Je besser der mit der virtuellen HRTF zusammenpasst, desto stimmiger wird das Ergebnis. Je weiter er davon weg ist, umso schlechter. Außerdem wäre da noch das jeweilige Headset oder Kopfhörer, der mit seinem Frequenzgang Einfluss auf das Ergebnis haben kann.

Was es gibt und warum Apps besser sind

Virtuelle Soundformate gibt es gar nicht so wenige. Sogar die Wii U konnte virtuelles Surround am Gamepad ausgeben, der Switch fehlt eine vergleichbare Option aktuell leider. Das kann sich aber noch ändern. Natürlich gibt es eine Reihe von Headsets, die Dolby Headphone, Dolby Atmos for Headphone oder DTS Headphone X bieten. Am PC meist eh per Software. Insbesondere auf der Xbox One (und PC) gibt es aber auch noch Windows Sonic und die Dolby Access App und seit kruzer Zeit auch DTS Headphone X. Und beide sind überraschend leistungsfähig. Beide Apps können, sofern Spiele gezielt darauf entwickelt sind, bis zu 16 Kanal Sound darstellen, samt Höhendarstellung. Die ist theoretisch übrigens auch von unten machbar. Derart umfangreiche Soundfeatures müssen Spiele allerdings unterstützen. Aktuell ist Dolby Atmos hier auch leicht im Vorteil, weil es auch bei Filmen breite Unterstützung findet.

Qualitativ geben sich bei entsprechenden Titeln beide Systeme relativ wenig. Der Klang ist nicht identisch, aber bei beiden wirklich gut. In den meisten Fällen sind aber immer noch 5.1 und 7.1 Sound der Standard in Spielen. Und da kann die Dolby Access App mit Atmos for Headsets rein klanglich erstmal punkten. Das liegt vor allem daran, dass die virtuellen Lautsprecher nicht ganz so “hart” im Raum stehen, während die Kanalsprünge bei Windows Sonic hier oft heftiger ausfallen. Auch gewisse Kopfhörereffekte lassen sich, zumindest im normalen Mehrkanalmix, nicht immer vermeiden. So kann es mal vorkommen, dass ein Dauergeräusch wie etwa ein laufender Motor rein von links oder rechts kommt. Eben Kopfhörerartig. Das kann aber mit beiden Formaten passieren. Tatsächlich gibt es auch Unterschiede in der Räumlichkeit, wobei Dolby hier nicht unbedingt immer besser ist als Windows Sonic. Vorteil bei Windows Sonic, es ist gratis. Dolby Access darf nach einer Testphase dagegen bezahlt werden, bietet allerdings Crossbuy mit dem Windows 10 Store. Ganz wichtig dabei ist, auch die Kopfhörer haben Einfluss darauf, wie gelungen die räumliche Abbildung am Ende ist. Inbesondere die Hinten-Ortung fiel hier mit unterschiedlichen Kopfhörern und Headsets teils sehr verschieden aus. Wohlgemerkt bei beiden Apps. Falls Spiele überhaupt Höheninfo bieten gibt es auch hier immer wieder Unterschiede, allerdings sind entsprechende Titel bisher eher die Ausnahme.

Hier zeigt sich auch ein ganz gravierender Vorteil der Apps. Man ist weder an ein bestimmtes Headset (oder Headphone) gebunden, noch an ein einzelnes Surroundformat. Stattdessen lässt sich sogar ziemlich schnell und unkompliziert zwischen Formaten switchen. Theoretisch bieten die Softwarelösungen auch interessante Möglichkeiten, die aktuell noch ungenutzt bleiben. Der Wechsel verschiedener HRTF’s wäre ebenso denkbar wie das Umpositionieren virtueller Lautsprecher. Damit ließe sich das Surrounderlebnis natürlich noch mal verbessern und personalisieren. Gerade bei der Dolby Access App wären solche Pro-Optionen wünschenswert, ist sie mit 15,-€ doch nicht ganz billig.

Bitte ein X

Für die Zukunft wäre wünschenswert, dass es entsprechende Optionen und Zusatzapps auf allen Formaten gibt. Die schlichte Stereo Option für Fans guter Kopfhörer und “unverfälschter” Wiedergabe muss deswegen ja nicht unter den Tisch fallen. Weil die unterschiedlichen Systeme nun mal nicht alle gleich gut greifen habe ich mir lange Zeit eine DTS Headphone X App gewünscht. Mittlerweile gibt es die für die Xbox One und DTS Headphone X funktioniert hier nicht nur besser für mich, es gibt auch noch Profile zu sehr vielen Kopfhörern, mit denen man das Klangerlebnis ein Stück weit optimieren kann. Und ja, definitiv sollte es die Option und am besten auch die Apps auf jeder Plattform geben. Für Switch ist hier bis noch nichts in Sicht, auf Sonys PlayStation 4 fehlt nach wie vor etwas zu Dolby Access vergleichbares. Erst mit der PlayStation 5 hat sich das nun geändert und die Möglichkeiten der neuen Audio Engine sind definitiv vielversprechend. In den ersten Spielen reicht es hier aber vorläufig ‘nur’ für simulierten 7.1 Sound, bis das System so richtig ausgereizt wird dürfte also noch ein wenig Zeit vergehen.

Was ihr in jedem Fall bedenken solltet, die einzelnen Formate funktionieren nicht bei jedem Menschen (oder dessen Kopf) gleich gut und euer Kopfhörer oder Headset hat hier auch noch mal großen Einfluss. Die eierlegende Wollmilchsau gibt es also nicht. Deswegen kann man auch schlecht absolute Empfehlungen für oder gegen ein einzelnes Format geben. Aktuell bleibt Spielern natürlich auch die Option, direkt zu einem Headset mit Surround zu greifen. Dann steht auch DTS Headphone X zur Wahl, Je nach Konsole muss man dann aber auch mit einer festen Kombi aus Headset und Surroundformat leben und ist entsprechend unflexibler.