Kolumne: Freie Netze für freie Spieler – Microsoft öffnet Xbox Live

Kennt ihr folgendes Problem? Ihr kauft ein Spiel für die eine Konsole, stellt dann aber fest, dass einige von den Freunden, mit denen ihr es spielen wolltet genau diesen Titel für eine andere Konsole gekauft haben? Oder vielleicht auch für den PC.

Während PlayStation 4 Besitzer zumindest im Einzelfall immerhin mit PC-Spielern zocken dürfen sind Anhänger der Xbox bisher noch außen vor. Genau das soll sich jetzt ändern. Xbox Besitzer dürfen Rocket League, genauso wie PlayStation Spieler, gemeinsam mit PC-Zockern spielen. Geht es nach Microsoft, dann sollen allerdings gleich alle Systemgrenzen eingerissen werden, zumindest beim Thema Multiplayer.

STREET-FIGHTER-V_22Neu ist die Problematik nicht wirklich. Sony erlaubt Crossplay schon seit PS3-Tagen. Prominentestes aktuelles Beispiel ist wohl Street Fighter V. Nach dem Ausstieg aus dem Hardwaregeschäft erarbeiteten Sega und Sony bereits 2001 konsolenübergreifenden Online-Multiplayer. Allerdings damals noch mit deutlich geringerer Bedeutung als heute. Microsoft selbst wiederrum bot schon 2007 Crossplay zwischen PC und Xbox 360 an, allerdings ausgerechnet bei Shadowrun, einem reinen Multiplayer Shooter. Auch Universe at War erlaubte es Xbox- und PC-Zockern, gegeneinander zu spielen. In den Folgejahren zeigte sich Microsoft allerdings selbst bei seinen eigenen Systemen eher rigide, ganz zu schweigen von grenzübergreifendem Zusammenspiel. Erst in letzter Zeit sollten einzelne Spiele Crossplay bekommen, etwa das vor kurzem eingestellte Fable Legends oder das MOBA Gigantic. Dabei agierte Microsoft aber generell zurückhaltender als Sony.

Umso überraschender kommt nun der Vorstoß, auch Onlinegaming mit anderen Konsolennetzwerken zu erlauben und damit bisherige Mauern völlig einzureißen.

Schengen für Spieler?

Die erste große Frage aktuell wird wohl sein, was die Konkurrenz, derzeit insbesondere Sony, zu offeneren Plattformen sagt. Verständlicher Weise gibt es hier keine sofortigen, klaren Antworten. Von Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen über mögliche Sicherheitslücken bis zu langfristigen Auswirkungen auf die eigene Plattform ist hier einiges zu bedenken, womöglich erst rechtliche und vertragliche Rahmenbedingungen abzustecken und vieles mehr. Tatsächlich hat Sony derzeit nichts zu gewinnen. Die PlayStation 4 verkauft sich immer noch wie geschnitten Brot, an Onlinenutzern mangelt es nicht und die starke Marktposition könnte weitere Kunden dazu verleiten, eben eine Playstation zu kaufen, weil die Off- wie Onlinefreunde ja auch alle eine haben. Crossplay mit dem PC erlaubt Sony ohnehin schon. Hier ist die Käuferschicht aber zum Großteil eine andere.

Etwas verlieren könnte Sony allerdings sehr wohl, nämlich beim derzeit sehr erfolgreichen ‘This is for the Players’ Image. Das wird zwar kaum den Bach runter gehen, könnte aber durch Negativpublicity kleine Risse bekommen, falls sich der Konzern dem Crossplay mit der Xbox verschließt. Genauso aber beim momentan recht gut laufenden PlayStation Network, hier müsste man erstmal sehen, ob beide Netzwerke wirklich einwandfrei miteinander laufen. Denn schlechter funktionierende Netzwerke sind kaum im Sinne der Spieler.

Entsprechend deutet Shuhei Yoshida an, dass konsolenübergreifende Verbindungen zur Xbox technisch zwar sehr wahrscheinlich möglich wären, man aber erstmal sehr vieles abklären müsste.

Rocket League_20160211212902Weit unkomplizierter sind Onlineverbindungen zum PC. Hier sind viel mehr die Publisher gefragt, was sie wo und in welchem Umfang erlauben werden. Wichtig ist hier wohl auch, dass man gerade durch Crossplay entsprechend größere Nutzerbasen hat, gerade bei MMO’s ein dicker Vorteil. Aber auch andere Online Multiplayer sollten so dank größerer Spielerzahlen länger attraktiv bleiben.

Die große Unbekannte schließlich stellt Nintendo dar. Der Konzern aus Kyoto wird sich vermutlich nicht so schnell äußern wie Sony. Gerade nach dem eher geringen Erfolg der Wii U und ganz besonders mit oft eher schwachen Verkaufszahlen bei Multiplattformspielen könnte aber gerade Nintendo von offenen Grenzen profitieren. Der Hemmschuh, Multititel für Nintendo-Konsolen zu kaufen wäre womöglich deutlich kleiner, wenn die Kunden auf mehr Mitspieler setzen könnten. Genau das wiederum könnte Nintendos NX helfen, schneller größere Verbreitung zu finden als die Wii U.

Pad versus Maus

Innerhalb des Konsolenlagers gibt es zwar immer wieder gewisse Unterschiede, aktuell etwa die größere Grafikpower der PS4. Unterm Strich sind die Verhältnisse aber meist recht fair. Gibt man etwas auf Gerüchte dürfte Nintendo NX sich auch irgendwo zwischen Xbox One und Playstation 4 einordnen. Unter anderem spielen auch nahezu alle mit mehr oder weniger ähnlichen Eingabegeräten.

Dualshock 4 gegen Xbox Controller Controllerist womöglich sogar fairer als letzterer gegen sein Elite Gegenstück. Ganz anders kann das aussehen, wenn man ins PC-Lager schielt. Je nach Genre kommen einem natürlich sofort Maus und Tastatur in den Sinn. Machen wir uns nix vor, dank der Technik-Nager können PC’ler oft schneller und genauer zielen, Einheiten einfacher herumkommandieren. Anders sieht das in Genre aus, in denen auch PC-Zocker zu Pad oder Lenkrad greifen, etwa Plattformern, Beat ’em Ups oder Rennspielen. Abhängig davon ob man kooperativ oder kompetitiv spielt könnten Rechenknechte hier sehr leicht im Vorteil sein. Der angekündigte Maus und Tastatur Support könnte das zwar ändern, dafür muss ich aber auch auf der Couch mit Maus und Tastenbrett spielen. Möglich wäre aber auch, dass als Wahloption etwa für Halo Wars 2 zu bringen. Solange es online im Matchmaking berücksichtigt wird, müsste für Niemanden ein Nachteil entstehen.

Auch die Hardwarepower spielt eine größere Rolle, allerdings nicht nur nach oben. Spielt der geneigte PC’ler Battlefield in 4K bei 60 bunten Bildern pro Sekunde? Oder doch eher Street Fighter V mit 30 Frames auf dem Notebook? PC-Hardware ist nun mal nicht einheitlich. Tatsächlich muss die vermeintliche Master Race aber keineswegs gegenüber Konsoleros im Vorteil sein. Ein Blick auf die Steam Statistiken etwa zeigt, dass längst nicht jeder PC-Spieler mit Highend-Hardware unterwegs ist.

The-DivisionSicher spielen auch Cheater eine Rolle, wie zuletzt bei The Division. Hier sind aber einerseits Entwickler und Publisher gefragt, andererseits ist das auch kein reines PC-Problem. So sind auf Konsolen unter anderem Maus- und Tastaturadapter berühmt-berüchtigt. Tatsächlich wird auch auf dem PC bei weitem nicht überall geschummelt. In jedem Fall sind zukünftig Publisher und Entwickler gefragt, wo sie Crossplay in welchem Rahmen erlauben und wo sie entsprechende Features besser einschränken.

Nach Haus telefonieren

Wie steht es eigentlich mit all den tollen Komfortfeatures? Ganz klar zu nennen ist hier etwa Partychat, der innerhalb des jeweiligen Systems läuft. Falls sich hier keine übergreifende Lösung findet bleiben zwar Skype und Co., integrierte und vor allem einfache Anwendungen sind aber ein ganz großer Vorteil bei Konsolen. Das gleiche könnte zukünftig für die Friendlist gelten. Soll es hier nicht für alles spielinterne Einzelfalllösungen geben muss eine gemeinsame Entwicklung her. Andernfalls ist gezieltes Zusammenspiel schnell für die Tonne. Was erstmal nach einer Kleinigkeit klingt könnte eine der größten Herausforderungen und eines der größten Probleme werden. Und sich bei einem vermeintlich halbherzig umgesetzten Feature sogar bei Microsoft rächen.

Genauso wichtig, es darf nicht nennenswert schlechter laufen als innerhalb eines Services. Selbst innerhalb Xbox Live, Nintendo oder Playstation Network ist Onlinegaming oft gar nicht so unproblematisch. Ob Lags oder Verbindungsabbruch, ob Vs. Fighting oder First Person Shooter, die ganz normalen Onlinezickereien sind auch beim aktuellen Status Quo eher alltäglich als selten. Vorteilhaft könnte hier sein, wenn man mehr regionale Spieler findet und etwa die lange Leitung nach Japan eher die Ausnahme bleibt. In der Praxis zeigen einige Spiele immerhin schon, dass die Verbindung zwischen PC und Konsole keine weiteren Probleme bringen muss und genauso gut, oder schlecht, laufen kann. Man darf also hoffen, dass es auch zwischen Playsie und Xbone vernünftig funktioniert.

Und hier die Zockeraussichten

freie-netze-fuer-freie-spieler-1Microsofts Vorstoß ist vielversprechend. Ob die Konkurrenz darauf eingeht bleibt wohl erst mal noch offen. Sony will sich aber zumindest nicht kategorisch verschließen. Für mich als Spieler kann das eigentlich nur von Vorteil sein. Vorausgesetzt natürlich, dass ganze funktioniert auch weiterhin vernünftig und komfortabel. Die Redmonder haben mit Minecraft sogar die einmalige Chance, selbst Vorreiter zu sein, da der virtuelle Klötzchenbaukasten längst auf jeder Plattform zu Hause ist. Auch wenn es nicht das Multiplayerspiel ist, das man sofort auf dem Schirm hat, Minecrafts ungebremste Popularität und Verbreitung machen es zum perfekten Kandidaten. Sicher, der ein oder andere militante Fan wird sich auch hier wieder beschweren. Warum auch immer. Ich jedenfalls würde mich freuen, Division und Co. auch einfach mit meinen Playstation Kumpels zu spielen. Oder mir bei Multiplattform Spielen für NX keine Sorgen um Mitspieler zu machen.