Es klingt wie der feuchte Traum eines jeden Nerds, eine neue Spielekonsole noch vor Release in einer exklusiven Location mitten in London ausprobieren zu dürfen. Genau das durften wir und haben uns bereits kurz nach der Gamescom am 31. August auf dem Weg vom regnerischen Köln in das sonnige London gemacht. In den frühen Morgenstunden ging es also vom Köln/Bonner Flughafen mit der mir bis dahin unbekannten Airline flyBE in den südlich von London gelegenen Flughafen Southend, um dann noch eine Autofahrt auf sich zu nehmen, die so lange dauerte wie der Flug vorher.
One Embankment, Kontrast zwischen alt und neu
Bevor wir Journalisten, YouTuber und Influencer am Nachmittag das altehrwürdige One Embankment, direkt unter der Waterloo Bridge gelegen, im Herzen von London und nur wenige Gehminuten vom berühmten Trafalgar und Leicester Square entfernt, betreten durften, war glücklicherweise noch Zeit für ein standesgemäßes Pint Bier und ordentliche Portion Fish & Chips.
Nachdem am Vormittag bereits die britischen Kollegen das Showcase Event entern durften, waren am Nachmittag nun neben den deutschen auch die französischen und italienischen Gäste an der Reihe. Erbaut wurde dieser Raum ursprünglich als Teil der Straßenbahn, welche aber schließlich 1957 stillgelegt wurde und seit einigen Jahren als Party- und Event-Location dient. Gewählt ist die Location unter anderem deswegen gut, weil sie mit ihrem altehrwürdigen und eher rustikalen Erscheinungsbild einen wunderbaren Kontrast zur Moderne und Zukunft in Form der Xbox One X bildet.
Xbox One X Hands On
Das erste mal Hand anlegen konnten wir ja bereits auf der Gamescom, wo es, so wie bei diesem Event auch, nicht die Verkaufsversion der Xbox One X zu bestaunen gab, sondern das DevKit, welches sich optisch ein wenig von der finalen Version unterscheidet. Inwieweit sich das DevKit auch technisch von der Verkaufsversion unterscheidet, kann man hier nur vermuten. Ich lehne mich jetzt einfach mal aus dem Fenster und behaupte, dass wir das, was wir auf der Gamescom und diesem Event in London bestaunen durften, sich nicht von dem unterscheidet, was bald auch über die heimischen Fernseher und Monitore flackert.
Aber Butter bei die Fische, im Gegensatz zur Gamescom, wo man die Konsole nur hinter dicken Plexiglas bestaunen konnte, war sie hier zum Anfassen ausgestellt. Einmal in der Standard Edition, aber auch die Project Scorpio mit dem Hinweis „Sold Out“ durfte hier nicht fehlen. Zugegeben, das Design der Konsole selbst ist relativ unspektakulär und der Xbox One S zum Verwechseln ähnlich. Ich für meinen Teil hätte mir etwas Besonderes für die One X gewünscht. Die verbaute Technik ist es zwar, aber optisch hat sie keinen WOW-Effekt. Die Anzeige für die Frames pro Sekunde, wo beim DevKit auch das Logo des derzeitigen Spiels angezeigt wird, wäre so ein optisches Schmankerl gewesen.
Das Aussehen der Konsole ist aber ganz ehrlich sekundär, was zählt ist die Power und wie Xbox Marketing Chef Aaron Greenberg gerne sagt: Die Xbox One X ist ein Monster. Ich muss zugeben, dass ich keinen Vergleich zur PlayStation 4 Pro habe, zum einen weil ich selber leider keine habe, aber auch weil die Vergleichsmöglichkeiten derzeit schlichtweg fehlen. Ich bin mir aber sicher, dass wir spätestens zum Release der Konsole im November damit geflutet werden. Welches Spiel sieht wo besser aus und welche Kiste kann dem Spiel mehr Frames pro Sekunde entlocken. Hoffentlich nimmt es nicht dieselben Formen an, wie es nach Start der aktuellen Konsolengeneration der Fall war und man vor Konsolenkrieg und teilweise wüsten Beschimpfungen zwischen beiden Lagern keinen Fuß mehr in Facebook und Co setzen konnte.
Dennoch, acht x86-Kerne mit jeweils einer Taktung von 2,3 GHz, einer GPU-Leistung von 6 Teraflops und 12 GB GDDR5 RAM mit einer Speicherbandbreite von 326 GBps sind, zumindest in der Konsolenwelt, schon eine Hausnummer. Gleiches gilt für die ausgeklügelte Wasserkühlung. Viele Zahlen und Begriffe, die jemanden, der sich nicht mit Hardware und dem Zusammenspiel der einzelnen Komponenten auskennt oder beschäftigt hat, relativ wenig sagen wird.
Um das zu beurteilen wurden größtenteils Spiele aufgefahren, welche bereits auf der Gamescom zu bestaunen waren: Path of Exile, Super Luckys Tale, das allgegenwärtige Sea of Thieves oder ältere Titel wie Quantum Break und Gears of War 4. Derzeit ist die Liste mit über 100 Spielen schon beträchtlich lang, welche für die Xbox One X mit einem 4K-Update optimiert werden. Hört sich erstmal viel an, dahinter verbergen sich aber auch viele bereits erschienene Titel wie die bereits erwähnten Gears of War 4, Quantum Break oder sogar Zoo Tycoon. Ändert natürlich nichts daran, dass sie neben den neuen Titeln wie Assassin’s Creed Origins oder Mittelerde: Schatten des Krieges absolut atemberaubend aussehen. Lebendigere Welten, scharfe und detaillierte Texturen, wie man sie lange nur aus gerenderten Zwischensequenzen kannte. Auf der Haut von Jack Joyce, Hauptprotagonist aus Quantum Break, kann man sogar einzelne Poren entdecken und Lara Croft wird in ihrem letzten Abenteuer noch dreckiger als auf der normalen Xbox One oder der PlayStation 4 Pro sein.
Microsoft entdeckt Spiele für Familien wieder
Vielleicht liegt es daran, dass ich vor einigen Monaten Vater geworden bin, aber mir gefällt die Tatsache sehr, dass Microsoft Spiele für Familien wiederentdeckt zu haben scheint. Oftmals mussten andere Hersteller dafür sorgen, dass auch Kinder und Familien etwas altersgerechtes auf der Xbox One zu spielen hatten, von Microsoft selber kam diesbezüglich eher weniger. Jetzt fährt der Redmonder Konzern allerdings eine regelrechte Offensive.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei ganz klar auf den 3D-Plattformer Super Luckys Tale, welcher zum Release der Konsole die Xbox One X entern wird. Darin muss man als Fuchs Lucky das Buch der Geschichte seiner Schwester aus den Händen des Bösewichts Jinx retten. Neben versteckten Rätseln, Minigames und Hindernisparkours verstecken sich viele Anlehnungen an die Blütezeit von RARE und Spielen wie Donkey Kong Country. Am auffälligsten sind hierbei sicherlich die versteckten Buchstaben LUCKY zu nennen, welche es so ähnlich auch beim bereits genannten Donkey Kong Country gab.
Nicht ganz neu, trotzdem spaßig sind die beiden überarbeiteten 360 Kinect-Spiele „Rush: Disney Pixar Abenteuer“ und „Disneyland Adventure“, welche neben Kinect nun auch mit dem Controller gesteuert werden können. Der spielerische Anspruch hält sich aufgrund der Zielgruppe zwar in Grenzen, trotzdem haben die Entwickler hier ganze Arbeit geleistet. Dass es sich dabei ursprünglich um 360-Spiele handelt ist nicht auszumachen, die Grafikqualität hat einen enormen Sprung gemacht. Schade, dass meine Tochter noch zu klein ist, dies wären zwei Spiele, die ich ihr ohne weiteres zum Spielen geben würde.
Forza Motorsport 7 als Highlight
Das größte Highlight des ganzen Trips sollte für mich zum Schluss kommen. Kai, der deutsche Kontakt für die anwesende Presse, bot mir spontan noch einen Slot an, um den Karrieremodus von Forza Motorsport 7 anzuspielen. Wie der anwesende Entwickler mehrmals betonte, ist es zwar die aktuellste Version der Vollversion, allerdings sei das Spiel noch nicht fertig. Gemerkt hat man es unter anderem an den ein oder anderen Ruckler, den sich Turn 10 bis zum Release des Spiels sicherlich noch annehmen wird.
Nachdem man seinen digitalen Rennfahrer erstellt und sich entschieden hat, ob man als Mann oder doch lieber als etwas zu sehr mit der Arsch wackelnden Rennfahrerin durchstarten will, geht es auch bereits auf die Piste. Beim Gameplay und Fahrgefühl sucht die Forza-Reihe nach wie vor seinesgleichen. Project CARS 2 konnte im Gegensatz zum erste Teil zwar Boden gut machen und hoffentlich geht es auch für Gran Turismo bald wieder in die richtige Richtung, trotzdem kommt man als Racing-Fan immer noch nicht an Forza vorbei. Daran hat sich auch beim siebten Teil der Motorsport-Serie nichts geändert.
Besonders beeindruckend sind die äußeren Einflüsse wie das Wetter oder Sand, der über die Strecke geweht wird. Bei Forza 6 wirkte das auf der Strecke stehende Wasser in Form von Pfützen noch, als wenn man durch Kleber fährt. Viel zu abrupt und stark wurde das Auto abgebremst. Im neusten Teil fühlt sich dies deutlich authentischer an und sieht es vor allem auch aus. Bis auf die bereits erwähnten Ruckler, lief das Spiel absolut flüssig bei einem unglaublichen Detailgrad. Ich lüge nicht, wenn die Automodelle und das gesamte Geschehen nicht wenige für ein echtes Autorennen halten würden, anstatt für ein Videospiel.
Auch wenn es bei einer Rennsimulation nicht so sehr ins Gewicht fällt und das Gameplay beziehungsweise Fahrgefühl deutlich im Vordergrund steht, haben sich die Jungs von Turn 10 auch viel Mühe in der Inszenierung gegeben. Der Karrieremodus wirkt durchdachter und nicht mehr so generisch wie zuletzt, außerdem gibt’s deutlich mehr Möglichkeiten seinen Fahrer und Auto nach seinen Wünschen zu gestalten. Man darf sich auf ein rundes Gesamtpaket freuen, welches Racing Herzen höherschlagen lässt.