Die Krux mit dem Jugendschutz bei Videospielen

Vor kurzem kam die Pressemeldung: DOOM (2016) hat eine Freigabe “ab 18” – Keine Jugendfreigabe – von der USK, der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, bekommen, somit erscheint das Spiel hier komplett unzensiert. Dies hat mir den Anstoß gegeben, mich mit dem Thema Jugendschutz, Altersfreigabe und auch Indizierung zu befassen.

Was ist eigentlich Jugendschutz?

Jugendschutz hat die Zielsetzung, dass man Kinder und Jugendliche (also alle unter 18 Jahren) vor Gefahren und negativen Einflüssen in der Öffentlichkeit und in den Medien schützen will – So schreibt es das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Ihrer Homepage: http://www.jugendschutz-aktiv.de/. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag regelt im speziellen den Umgang mit elektronischen Medien und ist neben dem JuSchG (Jugendschutzgesetz) die Grundlage für die Alterseinstufungen von Spielen. Die Jugendschutzgesetze gelten in der Öffentlichkeit, also in Discotheken, Kinos, Geschäften oder auch Events wie die ESL-Veranstaltungen, Gamescom oder andere Videospielmessen. Hier regeln diese die Abgabe sowie den Zugriff – Das bedeutet, dass das Jugendschutzgesetz regelt wer ab wie vielen Jahren zum Beispiel Spiele kaufen darf (unabhängig von der Geschäftsfähigkeit – diese wird im BGB geregelt – Siehe Taschengeldparagraphen) und wer diese Spiele in der Öffentlichkeit (also zum Beispiel auf der Gamescom) spielen darf.

Ab wann darf ich denn nun was spielen?

USKGrundsätzlich sagt weder der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (kurz jmstv) noch das Jugendschutzgesetz aus, wann man ein Spiel spielen darf – Diese legitimieren die USK (die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) dazu, dass diese Spiele prüfen dürfen und anschließend eine Freigabe erteilen. Anhand dieser Freigabe wird festgelegt, wann man die Spiele erwerben darf – Egal ob nun gemietet oder ob man es kauft. Auch beim öffentlichen Spielen, also zum Beispiel im Rahmen von Veranstaltungen, wird damit festgemacht wer in die Bereiche darf oder nicht. Ob man die Spiele zu Hause unter der Aufsicht der Eltern und Aufsichtsberechtigten spielt, besagt der Vertrag oder das Gesetz nicht direkt – Eltern werden aber generell immer dazu angehalten, dass diese ihre Kinder und Jugendliche nur Medien zugänglich machen, die für diese auch geeignet sind.

Felix Falk - Geschäftsführer der USK
Felix Falk – Geschäftsführer der USK

USK? Wer sind die? Und wie prüfen die?

Die USK ist, wie schon geschrieben, die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle – Hier, geführt durch Felix Falk, dem Geschäftsführer der USK, werden pro Jahr ca. 2000 Spiele und Spieleversionen getestet. Die Prüfung läuft dabei so ab, dass unabhängige Experten, genannt Sichter, die Spiele, die der USK vorgelegt werden, spielen und im Anschluss daran dem USK Beirat vorstellen. Sichter geben dabei aber keine Empfehlung bzgl. der Alterseinstufung ab. Anschließend prüft der Beirat das Spiel im Rahmen des Jugendschutzgesetzes und gibt eine Empfehlung an den ständigen Vertreter der obersten Landesjugendbehörde (kurz OLJB) ab – Dies ist aktuell Lidia Grashof.

Lidia Grashof - Ständige Vertreterin der Obersten Landesjugendbehörden bei der USK
Lidia Grashof – Ständige Vertreterin der Obersten Landesjugendbehörden bei der USK

Die Altersempfehlungen orientieren sich dabei an den Alterseinstufungen des Jugendschutzgesetzes §14, welche eine Freigabe ohne Altersbeschränkung (0 Jahre), 6 Jahre, 12 Jahre, 16 Jahre oder keine Jugendfreigabe (Ab 18 Jahre) vorsieht. Der Vertreter nimmt dann im Anschluss diese Altersempfehlung an oder aber falls er bzw. sie einen Mangel sieht, kann der Vertreter auch ein Veto einlegen und der Beirat muss nochmals eine Empfehlung abgeben. Der Beirat wird aus verschiedenen Personen aus Politik, Kirche, Jugendbereichen aber auch Wirtschaft und Industrie zusammengesetzt. Sollte kein Veto mehr eingelegt werden, bekommt das Spiel eine Jugendfreigabe und kann, seit 2003, dann nicht mehr indiziert werden und erscheint mit dem Siegel auf dem Markt.

Indiziert – Was ist denn das schon wieder?!

Indiziert werden Spiele die jugendgefährdend sind – Aber nicht von der USK, sondern von der BPjM – Der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit Sitz in Bonn. Hier prüft die BPjM in einem ähnlichen Verfahren wie die USK Medien (unter anderem Filme, Musik und auch Spiele) auf jugendgefährdende Inhalte. Wenn die USK einem Spiel eine Jugendfreigabe verwehrt hat, bedeutet das für den Hersteller nicht automatisch, dass dieser das Spiel in Deutschland nicht vertreiben darf oder dass Händler das Spiel nicht verkaufen dürfen – Es bedeutet nur, dass das Spiel keine Freigabe von der USK erhalten hat (nicht zu verwechseln mit der „Keine Jugendfreigabe“-Freigabe). Naja „nur“ ist dabei vielleicht etwas zu lasch ausgedrückt – Da die USK nicht einfach so die Alterseinstufung verwehrt, sondern nur wenn ein Spiel jugendgefährdend ist – sollte ein Spiel jugendbeeinträchtigend sein, dann bekommt es dagegen noch eine Freigabe im Sinne der „Keine Jugendfreigabe“. Jugendgefährdung oder Straftaten im Sinne des Strafgesetzbuchs, können dagegen zur Indizierung führen.

Indizierungen teilen sich bei Videospielen, die man im Handel findet, prinzipiell auf Liste A, B und E auf (es gibt auch noch weitere Listen, die aber für den ersten Moment nicht relevant sind):

  • Liste A beinhaltet alle Medien die „jugendgefährdend“ sind
  • Liste B beinhaltet alle Medien die nicht nur „jugendgefährdend“ sind, sondern auch eine Straftat beinhalten
  • Liste E beinhaltet Medien von vor der Reform des Jugendschutzgesetzes von 2003

Sollte ein Spiel auf einer der Listen landen oder stehen bedeutet das nicht automatisch, dass man als Erwachsener diese Spiele nicht mehr spielen darf – Das ist eine falsche Annahme – Generell wird Niemandem (also Niemandem, der erwachsen ist von Seiten des Staates) verboten die Spiele zu spielen oder zu besitzen. Spiele, die auf Liste A stehen, dürfen sogar in Deutschland regulär an Erwachsene verkauft werden – Die Spiele die auf dieser Liste stehen dürfen nur nicht mehr an Kinder und Jugendliche ausgehändigt werden oder überhaupt öffentlich beworben oder verkauft werden. Dies führt leider zu der Problematik, dass diese Spiele für den Großteil des Einzelhandels uninteressant werden. Die Spiele dürften zum Beispiel unter der Ladentheke auf Nachfrage verkauft werden oder aber, wenn man einen „Ab 18“-Bereich wie in einer Videothek betreiben würde, dann dürfte man dort die Spiele bzw. die Medien generell ausstellen und verkaufen und vermieten – Dies ist für die meisten Händler aber unattraktiv, da diese sich in den wenigsten Fällen zwei abgetrennte Kundenbereiche leisten können und der Problematik, dass bei einem Verkauf unter der Ladentheke der Kunde hier erst aktiv nach dem Produkt fragen muss.

Spiele auf Liste B dürfen in Deutschland gar nicht vertrieben werden – Also nicht verkauft, verliehen, vermietet oder verschenkt werden. ABER die Spiele dürfen sehr wohl für den eigenen Bedarf importiert werden und man darf diese (prinzipiell) spielen. Prinzipiell habe ich nun mal in Klammern gesetzt, da ich nur von den gängigsten Spielen rede und nicht von gelegentlichen Sonderfällen, wo der Staat auch ein Besitzverbot aussprechen könnte, weil diese Spiele doch Inhalte haben die ein Besitzverbot rechtfertigen – Zum Beispiel Inhalte wie Kinderpornographie. Die Hauptgründe für eine Indizierung von Spielen auf Liste B sind vor allem Gewaltverherrlichung (siehe dazu auch unsere Kolumne “A History of Violence”) im Rahmen von §131 StGB und das Thema: Verfassungswidrige Symboliken (§§ 86 und 86a StGB). Letzteres wird aber von vielen Seiten immer wieder stark kritisiert unter anderem von Konstanin Ewald, Partner der Kanzlei Osborne Clarke, in einer Publikation für das Magazin Gamesmarkt (06/2010).

Grundsätzlich wird also keinem Erwachsenen durch die BPjM oder aber die USK ein Spiel verweigert oder aber man bevormundet die volljährigen Spieler auch nicht, da diese das Spiel in jedem Fall importieren, besitzen und auch spielen dürfen.

Wie läuft denn eine Indizierung ab?

Eine Indizierung bei der BPjM läuft im Grunde ganz ähnlich ab wie eine Prüfung bei der USK – Es gibt einen Sichter und es gibt ein Entscheidungsgremium. Das Entscheidungsgremium besteht in der Regel aus 12 Personen, auch wieder aus Kunst, Wirtschaft, Religion (also kann als Beispiel auch aus der jüdischen Gemeinde sein und muss nicht zwingend aus einer christlichen Institution stammen), Jugendhilfen und Lehrerschaften und Politik. Sollte ein Spiel dabei offensichtlich Jugendgefährdend sein, dann kann auch ein 3er Gremium zusammentreten und eine Entscheidung fällen – Dies passiert in der Regel dann, wenn eine neue Version von einem Spiel indiziert werden soll, die keine signifikanten Änderungen hat. Bei dem großen Gremium bedarf eine Indizierung einer 2/3 Mehrheit während bei dem 3er Gremium die Entscheidung einstimmig sein muss. Sollte keine Einstimmigkeit entstehen, wird das große Gremium zusammengerufen. Der Hersteller kann natürlich immer bei den Verhandlungen teilnehmen und sollte er mit der Entscheidung nicht einverstanden sein, kann er gegen diese am Verwaltungsgericht eine Klage einreichen. So wurden in der Vergangenheit auch schon einige Klagen gewonnen und Spiele, die auf Liste B gesetzt wurden, wurden auf Liste A eingestuft und Spiele, die auf Liste A eingestuft wurden haben eine „Keine Jugendfreigabe“-Freigabe bekommen.

Gründe für eine Indizierung?

Gründe für eine Indizierung sind grundsätzlich jugendgefährdende Inhalte. So geht es nicht zwingend um Blut, Massaker und Brutalität, sondern auch um den Kontext in dem ein Spiel spielt. 2003 wurde zum Beispiel das Spiel Command & Conquer: Generals von Electronic Arts indiziert. Einer der Hauptgründe dafür war, dass der Konflikt zwischen USA, China und GBA (einer Fraktion die an Al-Qaida oder anderen Terrororganisationen erinnert) kriegsverherrlichend wäre – Gerade in Verbindung mit dem zweiten Irak Krieg und dem Krieg in Afghanistan.

Ist Deutschland alleine im Jugendschutz?

Nein – Das ganz bestimmt nicht. Deutschland hat aber mitunter die verbindlichsten Regeln. In anderen Länder gibt es aber auch Jugendschutz und so dürfen in China Zombies nicht mit offenen Wunden dargestellt werden, wodurch das Spiel „World of Warcraft“ für China überarbeitet werden musste. Australien hat erst 2013 ein Gesetz eingeführt, was es erlaubt Spiele für Erwachsene zu veröffentlichen. Spiele, die Straftaten beinhalten wie zum Beispiel Hotline Miami 2 können sogar dort komplett auf dem Index landen – Dort ist dann nicht nur der Verkauf strafbar, sondern auch der Import und der Kauf – Somit wird auch dem erwachsenen Spielern die Möglichkeit genommen, das Spiel zu erwerben.

Abschließende warnende Worte

Wie schon gesagt wird der Spieler grundsätzlich nicht bevormundet was er wie zu spielen und zu besitzen hat – Aber, man sollte trotzdem die Gesetze beachten, gerade wenn man Spiele wiederverkaufen oder verleihen möchte.

Spiele auf Liste B dürfen nicht verbreitet werden, also auch nicht an Freunde ausleihen, verkaufen, vermieten und auch nicht verschenken – Das gilt nicht nur für gebrauchte Spiele – auch Sammelbestellungen und Sammelimporte wie: „Ach ich teile mir das Porto mit 5 Freunden und wir bestellen zusammen“ können zu Problemen führen.

Spiele auf Liste A können natürlich so importiert werden und auch verschenkt, vermietet und auch verkauft werden – Hier solltet ihr aber Plattformen nutzen wo sichergestellt ist, dass keine Kinder und Jugendlichen Zugriff haben und bekommen – Onlineplattformen sind hier generell fraglich, da hier nicht im Rahmen des Jugendschutzgesetzes ermittelt werden kann, wer wirklich vor dem PC, dem Smartphone oder der Konsole sitzt, somit kann das Anbieten in einer Facebookgruppe oder auf einer Webseite auch nicht ohne Konsequenzen sein.

Ich hoffe, ich konnte mit dem Artikel Euch ein wenig den Jugendschutz näherbringen und etwas genauer erklären.

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