Toby: The Secret Mine im Test – Ein würdiges Limbo-Tribut?

Vielen geht es vermutlich ähnlich wie mir, wenn sie die ersten Bilder von Toby: The Secret Mine sehen. Es schießt einem unwillkürlich ein Titel von Playdead Studios in den Kopf, welcher schon für einiges Aufsehen gesorgt hatte, und zwar ein Plattformer, eine komplett in Schwarz gehaltene Umgebung inklusive Spielfigur. Klar, die Rede ist von Limbo, was aber hier nicht das Thema sein soll, auch wenn man sehr schnell sieht, woher Lukas Navratil seine Inspiration für Toby: The Secret Mine her hat.

Denkt doch an die Kinder

Direkt zu Beginn wird ein Kind aus dem Dorf von Toby entführt und wir nehmen die Verfolgung auf. So laufen und springen wir hinter dem Entführer her. Dabei gilt es allerhand Fallen und anderen Gefahren auszuweichen, um nicht den digitalen Tod zu erleiden. Während unserer Reise finden wir immer wieder eingesperrte Kinder, die wir befreien. Dabei gilt es versteckte Wege zu finden und verschiedene Hebel- und Kistenrätsel zu lösen. Leider sind die Rätsel selten wirklich schwer und es fehlen die richtig harten Kopfnüsse. Man entwickelt auch sehr schnell ein Gespür für die geheimen Gänge, die uns zu weiteren gefangenen Kindern führen oder uns einen Weg an unüberwindlichen Fallen vorbei bieten. Bei der Verfolgung des Entführers durchqueren wir mit Toby eine nicht zusammenhängende Spielwelt und versuchen eine Story aus dem Spiel herauszulesen. Ob durch Wüste, Dschungel, Schneegestöber oder einer Mine, storytechnisch wird uns im Grunde nur etwas über den Verlauf der Verfolgung gegeben. Dem Titel fehlt es hier an Eindringlichkeit und Nachhaltigkeit. Wir wissen eigentlich nur durch die Spielbeschreibung, dass es Kinder sind, die wir auf unserer Reise befreien. Im Spiel müssen wir auf narrative Elemente aus dem Bereich Ton oder Text verzichten. Das wäre in Ordnung, wären die Animationen nicht immer dieselben. So ist das Animations-Repertoire der fremden Gestalt lediglich auf Weglaufen und Pfeil abschießen inklusive anschließendem Weglaufen bereits erschöpft. Hier fehlt es an Abwechslung. Viel flacher ist allerdings die Nachhaltigkeit des digitalen Ablebens. Während in Playdead’s Limbo es für fast jeden Tod eine eigene Animation gibt, fällt Toby beim Ableben lediglich um, worauf wir uns denken: Ok einfach nochmal. Es fehlt Toby aber auch einfach an Charakter, wir wissen zu wenig über den Protagonisten, als dass wir eine emotionale Bindung aufbauen könnten. Limbo hat durch die Charakterisierung der Story und durch die Hintergrundanimationen eine gewisse narrative Tiefe in das Spiel gebracht, während Toby: The Secret Mine diesen Eindruck komplett verpasst und weglässt. Auch der Schwierigkeitsgrad im Spiel benötigt wenig Anstrengung. Genannte Rätsel werden zum Ende kaum schwerer und die Plattformer Passagen werden auch auf einem relativ leichten Level gehalten. Die Passagen, in denen wir allerdings fahrbare Untersätze hatten, wie die Lore oder die fahrende Waage, brachten einen Lichtblick. Mit der Lore durch die Mine zu sausen und dabei immer wieder auf die Fallen zu achten, machte wirklich Spaß.

Trial & Error

Wirklich gelungen ist dagegen die Steuerung. Die Plattformer Passagen gehen wirklich gut von der Hand und wir können nach sehr kurzer Eingewöhnung präzise Sprünge und Bewegungen absolvieren. Schade, dass man bei den Puzzle Rätseln sich weniger Gedanken über eine Steuerung mittels Controller gemacht hat. Bei einem Rätsel, welches ein wenig an den Brettspielklassiker Mastermind erinnert, können wir die einzelnen Knöpfe nur in der Reihe durchschalten, was sich als fürchterlich umständlich erweist. Solche Rätsel kommen allerdings nur zwei bis dreimal im Spiel vor, wodurch sich das Ganze schnell relativiert, man aber auch hier ein wenig die Liebe fürs Detail vermisst. Da es doch häufiger sein kann, dass wir in dem ungefähr zwei Stunden langen Plattformer sterben, tut es gut zu sehen, dass mit Checkpoints nicht gegeizt wurde. Über das Hauptmenü können wir alle einzelnen Abschnitte noch einmal einzeln anwählen, wenn wir nochmal auf die Suche nach den restlichen Kindern gehen wollen.

Ein Klecks Farbe

Der Grafikstil, der sich durch Toby: The Secret Mine komplett zieht, möchte sich ein wenig von der Inspiration abheben. Zwar ist der Vordergrund größenteils in Schwarz gehalten, man ist aber durchaus im Stande mit den Elementen Feuer und Eis Akzente zu setzen. Der Schneeabschnitt ist in einem blendenden Weiß gehalten, wo nur unser Protagonist die sonst vorherrschende Dunkelheit verkörpert. So dunkel und eintönig der Vordergrund ist, so farbenfroher ist der Hintergrund. Um dem Spieler eine weite Strecke zu vermitteln, durchquert Toby auf seiner Reise verschiedene Territorien wie Wüste, Dschungel, Schneeberge und eine namensgebende Mine. Das Ganze wird durch farbenfrohe aber doch irgendwie leblose Hintergründe vermittelt. Wie schon erwähnt, fallen die Animationen recht sparsam aus und sind wenig abwechslungsreich. Die Soundeffekte passen zu den Animationen, Fallen und dem Geschehenen immer gut. Situationsbedingt wird auch der ein oder andere Jingle abgespielt. Treffen wir auf den Entführer, setzen zum Beispiel immer Trommelschläge ein, bis dieser wieder das Weite gesucht hat. Der musikalische Hintergrund kann über das gesamte Spiel überzeugen, bleibt aber für das Gesamtwerk nur ein kleiner Bonus.

Fazit

Schade Marmelade. Toby: The Secret Mine macht genau die Dinge falsch, die seine Muse doch so sehr ausgemacht hat. Einen Vergleich muss sich der Entwickler Lukas Navratil und Publisher Headup Games aufgrund der starken Ähnlichkeiten einfach gefallen lassen. Ein wirklich grundsolider Plattformer in einem lieblosen Flickenkleid ist dabei herausgekommen. Fans von Plattformern dürften zwar durchaus auf ihre Kosten kommen, aber es darf nicht erwartet werden, dass der Titel einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Toby: The Secret Mine
Grafik/Präsentation
63
Story/Atmosphäre
58
Gameplay
71
Spielspaß
65
Leserwertung6 Bewertungen
68
64